: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 28. Oktober 2009

Nicht mein Beruf

In den letzten Tagen hatte ich etwas Zeit zum Nachdenken. während andernorts wenig erfreuliche Dinge geschahen. Es ist ja nicht so, dass mich die Kündigungen bei der Süddeutschen Zeitung betreffen, und die offenkundigen Zahlungsprobleme von Medienpreisveranstaltern stören mich auch nicht weiter. Was mir zu denken gibt, ist dagegen die Kündigung eines wirklich guten Autors mit der Begründung, dass er keine Lust hat, für seine - im Übrigen klar übertarifliche Bezahlung - in einem Umfeld zu arbeiten, das ihm nicht gefällt. Und ich muss sagen: Sobald ich auf meine journalistische Tätigkeit angesprochen werde, falle ich auch in eine Verteidigungshaltung, es wären eben keine Medien, sondern eine ganz bestimmte Zeitung, für die man sich nicht schämen müsste, es gäbe keine Vorgaben und keinen Werberdruck, ich könnte frei schreiben - einfach, weil die äussere Erscheinung des Berufes sehr, sehr schlecht ist. Weil ich nicht will, dass man mich mit dem Rest in einen Topf wirft.



Im Branchenschnitt ist die Bezahlung der Leute so erbärmlich wie ihre Leistungen. Man muss einen Redakteur einer Lokalzeitung als Mieter gehabt haben um zu verstehen, warum die durchschnittliche Zeitung so unfassbar mies und dumm ist. Hunger ist nicht gut für das Denken. Soziale Unsicherheit ist nicht gut für die Recherche. Kostendruck ist keine echte Motivation. Zusammen mit der weitgehend elenden Verbohrtheit von alten Knackern und Nachwuchs, das Internet betreffend, ist es insgesamt ein sehr übles Arbeitsumfeld. Anders gesagt: Ich empfinde gegenüber dem Journalismus die gleichen Vorbehalte, nur stärker, wie bei meiner Heimat. Ich bin kein Bewohner der kleinen, dummen Stadt an der Donau, mein Haus steht in dieser Stadt. Ich bin kein Journalist. Ich bin Autor und schreibe ein Blog bei einer angesehenen Zeitung. Und das nicht unbedingt aus finanziellen Interessen.



Ich habe Zeit und muss nicht um 7 Uhr raus, ich muss keine Klickstrecken formen und Polizeiberichte kopieren, ich werde nicht mit schlechten Häppchen vergiftet und von PRlern telefonisch belästigt. Trotzdem hatte ich nie vor, Journalist zu werden, und angesichts dessen, was gerade geschieht, muss ich sagen, dass diese alte Haltung angesichts dieser wirklich - man muss es so sagen - armen, gierigen, "notigen", würde man in Bayern sagen - Szene ihre Berechtigung hatte. Das Schielen auf Nebenjobs, auf Kontakte und Netzwerke, dazu noch diese impertinente Einbildung, keine Veränderungen zu brauchen - ich würde mich privat nicht mit Typen abgeben, die dem journalistischen Durchschnitt entsprechen. Das ist nicht meine Welt. "Edelfeder" stand vor Kurzem in einer Abwerbemail, aber das heisst wenig. Und seitdem ich wieder mehr professionell schreibe, werde ich auch wieder ungnädiger, wenn ich all den Müll der Medien sehe.



Es wird dem Printfeudalismus ergehen wie dem echten Feudalismus, ein paar Paläste werden stehen bleiben und gegen Geld zu besichtigen sein, aber die Kaschemmen wird man wegreissen, weil es weder finanzierbar sein wird, noch gefragt. Irgendwann wird auch der Trick einer Berliner Tageszeitung nicht mehr laufen, Leute umsonst arbeiten zu lassen - weil die Leute irgendwann verstehen, dass in dem Beruf nur für wenige etwas zu holen ist. Die Qualitätsdebatte kann man sich vor diesem Hintergrund sparen, und es ist kein Zufall, wenn man gleichzeitig schon beginnt, die Bedeutung von 140-Zeichen-Müll für den Journalismus diskutiert. Die Medien haben vollkommen vergessen, wie man die Menschen fordert, es ihnen nicht leicht macht, ihnen etwas beibringt und neue Sichtweisen vermittelt, sie sind nicht mal mehr ideologisch, sondern nur noch profitmaximiert. Nicht meine Welt. Wirklich nicht.

Wenn ich das mal nicht mehr mache, werde ich Kronleuchterputzer in Bayreuth und schreibe nebenher Romane.

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