Warum ich Werber verabscheue
Ich habe gestern abend einen neuen Telefonanschluss beantragt. Ich schloss die Verwendung meiner Daten für Werbezwecke aus, ich untersagte den Eintrag in Telefonbücher und verwahrte mich gegen die inverse Suche bei der Auskunft. Das ist die Zukunft. Das Telefon ist das Einfallstor für Diebe, Kriminelle, Abzocker und Abschaum, den man nicht sehen will. Das ist der Grund, warum ich so wenig Telefon wie möglich haben möchte. Es geht keinen was an, ausser meine Freunde. Denen kann ich die Nummer sagen. Aber die Vorstellung, dass irgendwelche Callcenterdreckschweine meine Daten ausgraben, analysieren, ein Profil machen und mich dann an meinem neuen Wohnsitz mit ihrem Schmutz belästigen, ist keine erfreuliche.
Das ist, historisch betrachtet, eher seltsam. Mein Urgrossvater war ein sehr fortschrittlicher Mensch, der jede technische Neuerung begeistert begrüsste und sich schon in jungen Jahren wenig Freunde bei seinem Radsportverein machte, als er dort mit dem ersten Motorrad aufkreuzte. Meine Grossmutter hatte - bittschön, tiefstes Bayern in den späten 20er Jahren - kaum Probleme, von ihm auch so ein Knatterding zu bekommen. Elektrifizierung und fliessendes Wasser war hier schnellstens installiert, und mit der unausgereiften Technik von damals habe ich bis heute zu kämpfen. Fernsprecher und das Fräulein vom Amt waren ebenfalls sehr früh vorhanden, und man war stolz, eine Telefonnummer zu haben.
Als meine Eltern dann zusammenkamen, war die Beantragung des eigenen Anschlusses eine der ersten Tätigkeiten, und das Telefonbuch dieses Jahres haben sie mit Stolz aufbewahrt. Im Telefonbuch stehen bedeutete, dass man wer ist. Man hatte damit auch keine Probleme, denn es war Usus, Bekannte nur zwischen 9 und 12 und 14 und 19 Uhr anzurufen. Wer einen nicht kannte, rief nicht an. Warum auch. Man war sich ja nicht vorgestellt worden. Das Telefon machte alles einfacher, aber nichts schwerer. Es war eine gute Verbindung.
Heute ist es Belästigung, eine Konsumterrormaschine. Weniger, weil Leute auch mal spät anrufen, sondern vor allem wegen all der Callcenter- und Maschinenansagen. Ich kenne Leute, die einfach nicht mehr an das Telefon gehen, wenn sie die Rufnummer nicht erkennen. Ich kenne andere, die zurückrufen, wenn sie einen auf den Anrufbeantworter hören, aber nie rangehen. Das Telefon ist vom Freund zum Einfallstor der anderen, der Ungewollten, der Feinde geworden. Es hat aufgehört, ein Privileg zu sein, und wurde zum Mittel derer, die kein Nein, keine verschlossene Tür und keinen Papiermüll für ihr Gebrülle akzeptieren.
Ich bin der Meinung, dass Werbung jenseits der Produktinformation generell verboten und unter Strafe gestellt werden sollte. Zumal der Übergang von Werbung zu Betrug längst fliessend ist, und die, die es schamlos betreiben, kein Recht haben sollten, von unserer Gesellschaft zu profitieren. Eigentlich habe ich ein Recht, meinen Namen im Telefonbuch zu lesen. Ich und meine Freunde, wir haben ein Recht zu kommunizieren, ohne wegen der Belästiger Sorgen haben zu müssen. Die haben kein Recht, das für meine Zwecke zu missbrauchen. Schliesslich rufe ich auch nicht bei diesem Abschaum an und verlange, dass sie mir mein Konto füllen, mein Klo sauberlecken und mir ein Bleirohr zu schenken, falls ich mal Nachts am Medienhafen in Düsseldorf allein unterwegs sein sollte.
Das ist, historisch betrachtet, eher seltsam. Mein Urgrossvater war ein sehr fortschrittlicher Mensch, der jede technische Neuerung begeistert begrüsste und sich schon in jungen Jahren wenig Freunde bei seinem Radsportverein machte, als er dort mit dem ersten Motorrad aufkreuzte. Meine Grossmutter hatte - bittschön, tiefstes Bayern in den späten 20er Jahren - kaum Probleme, von ihm auch so ein Knatterding zu bekommen. Elektrifizierung und fliessendes Wasser war hier schnellstens installiert, und mit der unausgereiften Technik von damals habe ich bis heute zu kämpfen. Fernsprecher und das Fräulein vom Amt waren ebenfalls sehr früh vorhanden, und man war stolz, eine Telefonnummer zu haben.
Als meine Eltern dann zusammenkamen, war die Beantragung des eigenen Anschlusses eine der ersten Tätigkeiten, und das Telefonbuch dieses Jahres haben sie mit Stolz aufbewahrt. Im Telefonbuch stehen bedeutete, dass man wer ist. Man hatte damit auch keine Probleme, denn es war Usus, Bekannte nur zwischen 9 und 12 und 14 und 19 Uhr anzurufen. Wer einen nicht kannte, rief nicht an. Warum auch. Man war sich ja nicht vorgestellt worden. Das Telefon machte alles einfacher, aber nichts schwerer. Es war eine gute Verbindung.
Heute ist es Belästigung, eine Konsumterrormaschine. Weniger, weil Leute auch mal spät anrufen, sondern vor allem wegen all der Callcenter- und Maschinenansagen. Ich kenne Leute, die einfach nicht mehr an das Telefon gehen, wenn sie die Rufnummer nicht erkennen. Ich kenne andere, die zurückrufen, wenn sie einen auf den Anrufbeantworter hören, aber nie rangehen. Das Telefon ist vom Freund zum Einfallstor der anderen, der Ungewollten, der Feinde geworden. Es hat aufgehört, ein Privileg zu sein, und wurde zum Mittel derer, die kein Nein, keine verschlossene Tür und keinen Papiermüll für ihr Gebrülle akzeptieren.
Ich bin der Meinung, dass Werbung jenseits der Produktinformation generell verboten und unter Strafe gestellt werden sollte. Zumal der Übergang von Werbung zu Betrug längst fliessend ist, und die, die es schamlos betreiben, kein Recht haben sollten, von unserer Gesellschaft zu profitieren. Eigentlich habe ich ein Recht, meinen Namen im Telefonbuch zu lesen. Ich und meine Freunde, wir haben ein Recht zu kommunizieren, ohne wegen der Belästiger Sorgen haben zu müssen. Die haben kein Recht, das für meine Zwecke zu missbrauchen. Schliesslich rufe ich auch nicht bei diesem Abschaum an und verlange, dass sie mir mein Konto füllen, mein Klo sauberlecken und mir ein Bleirohr zu schenken, falls ich mal Nachts am Medienhafen in Düsseldorf allein unterwegs sein sollte.
donalphons, 15:13h
Donnerstag, 20. März 2008, 15:13, von donalphons |
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mark793,
Donnerstag, 20. März 2008, 15:42
Wenn Du Pech hast,
nehmen Sie Deine Daten trotz Widerspruch in die Verzeichnisse auf, und Du hast Lauferei ohne Ende, bis das abgestellt ist. Dann hat die Nummer aber schon die eine oder andere Runde gemacht. Frag nicht, ich war kurz davor, gleich ne neue Nummer zu beantragen.
Die SKL und andere notorische Telefon-Nervensägen brauchen Deine Nummer aber gar nicht, zum Teil wird da auch mit automatisch generierten Zufallsnummern gearbeitet, um auch Leute zu erreichen, die nicht im Telefonbuch stehen.
Die SKL und andere notorische Telefon-Nervensägen brauchen Deine Nummer aber gar nicht, zum Teil wird da auch mit automatisch generierten Zufallsnummern gearbeitet, um auch Leute zu erreichen, die nicht im Telefonbuch stehen.
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donalphons,
Donnerstag, 20. März 2008, 15:48
Ich habe Screenshots gemacht, und falls doch was rüberkommt, wird die Telekom ihren Spass mit mir und meiner kleinen Schwester haben.
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amelia,
Donnerstag, 20. März 2008, 16:04
Ich würde am liebsten auch meinen Briefkasten abschaffen. Da kleben mittlerweile zwei hervorragend sichtbare Aufkleber mit der Aufschrift "Bitte keine Werbung!" drauf. Trotzdem fische ich nach einer Woche Urlaub im Durchschnitt circa zehn Werbezettel, Broschüren und anderen Kram raus. Alles die so genannte "lokale Ökonomie", Pizzadienste, Schmuckhändler, Apotheken, Fitness-Studios etc. Wahrscheinlich würden die noch Welpenschutz für sich reklamieren, wenn ich mich bei denen beschweren würde.
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mark793,
Donnerstag, 20. März 2008, 16:07
Kannst dann ja spaßeshalber
dann mal nen Versuch machen, Deine Nummer bei der Aukunft zu erfragen. Hatte da auch nur aufgrund von kafkaeskem Kuddelmuddel angerufen (der Auftrag, aus dem unsere Rufnummer hervorging, war noch per Snailmail unterwegs, als der Monteur hier zugange war). Der dampfte dann ab, bevor der Anschluss richtig funktionierte, und um der Störungsstelle überhaupt was sagen zu können, brauchte ich die Rufnummer. Ich dachte eigentlich nicht, das ein Anruf bei der Auskunft diese Frage beantworten würde, aber so wars.
Und wir hätten es nicht mal gemerkt, wenn bei der Montage alles glatt gegangen wäre.
Und wir hätten es nicht mal gemerkt, wenn bei der Montage alles glatt gegangen wäre.
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drsno,
Donnerstag, 20. März 2008, 18:23
"Ich bin der Meinung, dass Werbung jenseits der Produktinformation generell verboten und unter Strafe gestellt werden sollte."
Wo kann ich das unterschreiben?
[p.S.: Bei Bezug einer Mobilfunknummer bleiben die Informationen den Werbern übrigens meist verwehrt... ]
Wo kann ich das unterschreiben?
[p.S.: Bei Bezug einer Mobilfunknummer bleiben die Informationen den Werbern übrigens meist verwehrt... ]
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first_dr.dean,
Donnerstag, 20. März 2008, 19:00
So schön es wäre, wenn sich Werbung wieder hin zur Produktinformation entwickeln würde, das Hauptproblem ist eher belästigende Werbung. Werbliche Anrufe in Privathaushalten sind so ziemlich das allerletzte.
Ich fände es gut, gäbe es eine Sondersteuer von 100 Prozent für jede Werbeform, welche keine Produkt/Preis-Informationen im Vordergrund hat. Dazu deutlich härtere Regelungen gegenüber Cold Calls. Aber wozu Imagewerbung verbieten?
Nicht, dass es im Verlustfall sonderlich schade wäre, aber man kann doch durchaus damit leben, wenn z.B. in der Glotze für streichfähige, parfümierte Wasser-Öl-Emulsionen (*) Imagewerbung betrieben wird.
Werbestalinismus ist auch kein Fortschritt.
(*) Lätta usw.
Ich fände es gut, gäbe es eine Sondersteuer von 100 Prozent für jede Werbeform, welche keine Produkt/Preis-Informationen im Vordergrund hat. Dazu deutlich härtere Regelungen gegenüber Cold Calls. Aber wozu Imagewerbung verbieten?
Nicht, dass es im Verlustfall sonderlich schade wäre, aber man kann doch durchaus damit leben, wenn z.B. in der Glotze für streichfähige, parfümierte Wasser-Öl-Emulsionen (*) Imagewerbung betrieben wird.
Werbestalinismus ist auch kein Fortschritt.
(*) Lätta usw.
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ez,
Freitag, 21. März 2008, 01:44
Nun, die Telefonspammer kann man leider nur mit ihren eigenen Waffen schlagen:
Stehle ihnen mehr Zeit als sie Dir.
Hier im Haus hat jeder die strikte Anweisung diesen Abschaum unverzüglich, aber freundlich zu parken:
"Oh, warten Sie kurz, die Milch brennt gerade an..." - und ab in die Parkposition der Telefonanlage.
Manche halten das dort dann tatsächlich über fünf Minuten aus.
Mit inzwischen erstaunlichem Ergebnis: Werbeanrufe kommen an sich in relevantem Maße nurnoch an Apparaten an die sowieso nie jemand hingeht und sie dementsprechend auch nicht stören (z.b. Keller) an.
Auf Blacklists zu landen kann also auch manchmal was gutes haben ;)
Stehle ihnen mehr Zeit als sie Dir.
Hier im Haus hat jeder die strikte Anweisung diesen Abschaum unverzüglich, aber freundlich zu parken:
"Oh, warten Sie kurz, die Milch brennt gerade an..." - und ab in die Parkposition der Telefonanlage.
Manche halten das dort dann tatsächlich über fünf Minuten aus.
Mit inzwischen erstaunlichem Ergebnis: Werbeanrufe kommen an sich in relevantem Maße nurnoch an Apparaten an die sowieso nie jemand hingeht und sie dementsprechend auch nicht stören (z.b. Keller) an.
Auf Blacklists zu landen kann also auch manchmal was gutes haben ;)
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juergen siebert,
Freitag, 21. März 2008, 10:27
Nichts gegen Deinen Hass auf Werber ...
... doch Fuenfwerken ist ein Designbüro. Grafikdesigner sind genetisch etwas anders veranlagt als Werber. Sie agieren meist weniger strategisch/gerissen ... um nicht zu sagen: sie reagieren teils naiv. So erkläre ich mir das Statement von Holger Schmidhuber.
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amazeman,
Freitag, 21. März 2008, 11:54
Schöne Analyse
Ich gehe nur noch Sonntags ans Telefon, da weiss ich dass es für mich ist, wenns klingelt ;-) Gut zu wissen, dass ich nicht der einzige bin, der sich darüber Gedanken macht - bisher verstehen wenige warum ich wenns Telefon klingelt nicht alles stehen und liegen lasse.
Das ist sowieso noch ein grosses ungelöstet technisches Problem, dass man, wenn man zum Hörer greift (und selbst anruft), sich in alles einmischt ohne vorher genaueres zu wissen - so als ob man im direkten Gespräch einfach vor die Nase des anderen springt und enttäuscht wäre, wenn er seine Aufmerksamkeit nicht sofort auf einen lenkt... Die meisten Anrufe verdienen diese Aufmerksamkeit nämlich nicht.
Das ist sowieso noch ein grosses ungelöstet technisches Problem, dass man, wenn man zum Hörer greift (und selbst anruft), sich in alles einmischt ohne vorher genaueres zu wissen - so als ob man im direkten Gespräch einfach vor die Nase des anderen springt und enttäuscht wäre, wenn er seine Aufmerksamkeit nicht sofort auf einen lenkt... Die meisten Anrufe verdienen diese Aufmerksamkeit nämlich nicht.
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donalphons,
Freitag, 21. März 2008, 13:24
Nun, im Vergleich zur Email, oder zum Chat, in denen jede Höflichkeit verschwunden ist, und man auch damit leben muss, dass der Inhalt nicht rezipiert wird, ist das Telefon fast schon sagenhaft effektiv. So, dass ich es keinesfalls missen möchte. Mitunter hat es auch eine sehr romantische Komponente, die ich im Internet eher vermisse. Es hängt immer davon ab, wer es tut, und den alten Apparat im Gang meines Hotels in Jaffa fand ich ganz, ganz toll.
Jürgen, so kann man es natürlich auch erklären. Dennich halte ich das Benehmen für typisch für diese Kreise. Wenn in der New Economy einer nicht mehr begriff, was er da tat, sprachen wir von "naturprall", und das kommt mir hier auch in den Sinn.
Jürgen, so kann man es natürlich auch erklären. Dennich halte ich das Benehmen für typisch für diese Kreise. Wenn in der New Economy einer nicht mehr begriff, was er da tat, sprachen wir von "naturprall", und das kommt mir hier auch in den Sinn.
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rainersacht,
Freitag, 21. März 2008, 15:59
"Ich bin der Meinung, dass Werbung jenseits der Produktinformation generell verboten und unter Strafe gestellt werden sollte. "
Sachichdoch.
Sachichdoch.
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loreley,
Freitag, 21. März 2008, 17:11
Anrufe ohne Angabe der Telefonnummer (anonym) kann man technisch blockieren. Dazu muss man allerdings Geld ausgeben. http://www.telepathic.nl/du/index.html. Aber dafür hat man seine Ruhe.
Die Telekom bietet einen ähnlichen Service an.
Die Telekom bietet einen ähnlichen Service an.
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kay,
Dienstag, 25. März 2008, 11:50
Bei der Ummeldung im Einwohnermeldeamt kannst Du die Weitergabe Deiner Daten verbieten lassen ("Übermittlungssperre"). Ansonsten dürfen standardmäßig einige grausame Kreaturen dieses Planeten darauf zugreifen (Adressbuchverlage, Parteien, Religionsgemeinschaften etc.).
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