Mysterium

Es gibt Menschen, bei denen es keine Rolle spielt, woher sie kommen. Sie sind anpassungsfähig, haben keine Eigenschaften, mit denen man sie verorten kann, keine Geschichte ausser dem Jetzt und keine Beziehung zu früheren Durchreisestationen. Sie sind in der Lage, sich überall einzufinden, ohne sich zu beteiligen, sie nehmen mit, was zu bekommen ist und wenn sie ihre Koffer packen, ist es nur wegen der Arbeit ärgerlich, die sie, wenn möglich, bezahlten Kräften überlassen. Dann gehen sie, kommen nie mehr zurück und arbeiten an einer neuen Gegenwart, die das Vorhergegangene ausblendet. Sie meinen das nicht böse, es ist ihnen einfach nur egal.



Und dann sind da die anderen, die gekommen sind, um zu bleiben. Auch sie reden ungern über ihre Herkunft, statt dessen erfinden sie sich neu und der Situation angepasst, ziehen an, was alle anziehen, sagen icke oder gehen auf reanimierte Volksbelustigungen, erklären die Tradition des Ortes für die ihrige und stellen alles in Frage, was dieses System in Frage stellt. Sie wählen CSU in Bayern und die Piratenpartei in Berlin, und irgendwann erfinden sie einen vierteladligen Opa aus dem Süden oder einen Roman, an dem sie schreiben.

Sonntag, 20. Juli 2008, 00:51, von donalphons | |comment

 
Identität zu haben ist eben genauso belastend wie eine eigene Vergangenheit zu haben.

Was wäre ich doch für ein toller und liebenswerter Mensch wen ich nicht ich wäre und meine Vergangenheit hätte.

Ich wäre prächtig, so reicht es kaum für ein mittelprächtig.

Vielleicht brauchen wir Ich-Verleihe und Vergangenheitsverleihe wie wir ja auch Kostümverleihe kennen.

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Kein Vorwurf. Ist mir nur grad eben wieder aufgefallen. Eigentlich wollte ich schon lang mal was über die modernen Formen von Assimilation, Akkulturation und Akultur schreiben, aber zu mehr reicht es nicht. Ich würde auch nicht sagen, dass mir solche Leute schlaflose Nächte bereiten, ich stehe, wenn es dann auftaucht, etwas fassungslos davor.

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Vielleicht brauchen wir Ich-Verleihe und Vergangenheitsverleihe wie wir ja auch Kostümverleihe kennen.

jeder sein eigener hauptdarsteller, jeder sein eigener biograf, so sieht das aus, wenn man zeitgenössisch unter zeitgenössischen lebt. die entsprechenden dienstleistungen dazu wären stilberatung und coaching.

wer direkt lügt, muss ein gutes gedächtnis haben. hilfsweise kann man, der lüge überführt, noch immer die vorwurfsvolle frage stellen: ja, seid ihr denn nie spontan?

schon eine gute idee, dass mit dem erfundenen roman über den erfundenen vierteladligen urgrossvater .

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Blogs sind doch für viele sowas wie "Ich-Verleihe und Vergangenheitsverleihe".

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Der Begriff "Heimat" ist in den Blogs ein seltener, wenngleich mist in Verbundung mit guten Überlegungen. Aber natürlich tendieren viele dazu, die erste Form gerade mit Blogs zu zelebrieren, austauschbar und unverortet wie eine Shoppingmall von Dubai bis Delmenhorst.

Es gibt da eine gewisse Parallele zu den Heraldikern vergangener Jahrhunderte, die bei der Suche nach vorzeigbarer Geschichte halfen. Allerdings ist dieses gesunkene Kulturgut der Trachtenjanker und Polyesterdirndl, der ruhmreichen Projekte der letzten Blase und was man da sonst noch anzubringen beliebt, kaum mit den Originalen zu vergleichen. Fälschermönche und Ahnenbeschaffer, Reliqienhändler und Urkundenfälscher hatten oft etwas Augenzwinkerndes.

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Wahrscheinlich sind die meisten Leute wirklich so, denn es ist schwer, irgendwo her zu kommen, wenn man viel zu oft umzieht, viel zu viele Sachen macht, und die ganzen Teile eines Lebens so unverbunden nebeneinander stehen, wie dies oftmals der Fall ist, wenn Leute hin- und hergeworfen werden, statt eigene Bahnen zu ziehen.

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Nicht unbedingt - ich fand München sehr angenehm, weil man da wirklich in Ruhe gelassen wird, ohne dass man deshalb gleich schlecht behandelt werden müsste. Es gibt Städte, die lassen vieles nebeneinander zu, zumindest scheint es mir so, aber dann sind auch immer wieder diese Leute, mit denen man viel gesprochen und gelacht hat, um sich am Ende zu fragen, was man von ihnen weiss: Gar nichts. Weil sie keine Vergangenheut haben. Sehr seltsam. Nicht oberflächlich, sondern einfach eine Fehlstelle als Vergangenheit.

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Ich weiß nicht, ich finde meine Vergangenheit nicht besonders schön, da lag einiges im Argen - aus irgendwelchen Gründen hatte ich eine sehr unerfreuliche Kindheit. Lieber gar keine Vergangenheit, als sich über das zu definieren. Aber ich merke schon, was mir fehlt. Wo immer ich hinkomme, habe ich das Gefühl, ich muss Wohlverhalten zeigen, Leistung bringen etc., um geduldet zu werden - Widerruf jederzeit möglich, falls ich dieses Wohlverhalten plötzlich nicht mehr zeigen sollte. Dieses Gefühl, dass alles okay ist, weil ich irgendwo hingehöre, das habe ich nie. Ein bisschen kann ich daher verstehen, wenn Leute versuchen, sich eine runde Identität einschließlich toller Vergangenheit zurechtzuzimmern.

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Ich stelle immer wieder fest, dass viele Menschen, die mich umgeben, sehr standardisierte Lebensläufe haben, Herkunft aus einer kleinen Stadt irgendwo in der Republik, behütete Achtziger-Jahre Kindheit, Abitur, Studium, ein Sudienortwechsel, ein Jahr Ausland, Referendariat mit den obligatorischen Stationen, die man so macht, wenn man einen ansehnlichen, aber unauffälligen Lebenslauf haben möchte, eine Freundin zu Schulzeiten und seitdem die zweite, und dann ein solider Job. Da ist einfach nicht viel, und entsprechend wird auch nicht viel referiert. Diese Leute finden ihre Herkunft ja selbst nicht so spannend. Die wiederum mit den spannenden Biographien, den Brüchen und den vielen Umzügen, sprechen oft, glaube ich, nicht gern drüber, weil es schmerzhaft ist, sich mit diesen Dingen erneut zu beschäftigen.

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Das Problem ist, dass viele Erfahrungen, die man beim Herumdriften auf der Suche nach einem Platz im Leben so gemacht hat, als nicht besonders erzählenswert gelten. Exotische Länder - ja, das vielleicht schon. Aber auch da nur die oberflächlichen Dinge. Wie schwierig es schon in Deutschland ist, sich unter Menschen ganz unterschiedlicher Mentalität, sozialer Herkunft, Bildungshintergrund, politischer Einstellung etc. immer wieder einen Platz zu suchen, ohne sich selbst zu verbiegen, das interessiert die wenigsten. Die meisten Freunde, die ich habe, haben sich aus dem Kreis der "ihnen ähnlichen Leute" nie wegbewegt, selbst wenn sie mal im Ausland waren oder mal den Ort gewechselt haben. Den auch bei den Auslandssemestern trifft man ja heutzutage meist auf eine riesige Gruppe anderer ausländischer Studenten, die - wenn auch international durchmischt - oft doch sehr, sehr ähnlich ticken, auch wenn ihnen das selbst in der Regel gar nicht bewusst ist (das habe ich jedenfalls so erlebt).

Das alles hat dann manchmal den interessanten Effekt, dass bestimmte Dinge (Sexualverhalten, Einstellung zu Karriere, Religion o.Ä.) bei meinen einen Bekannten völlig selbstverständlich, bei den anderen dagegen völlig unvorstellbar sind. Und beide sich überhaupt nicht vorstellen können, dass es in ihrem eigenen Land Leute ihres Alters gibt, die eine ganz entgegengesetzte Auffassung ebenso selbstverständlich finden.

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Wenn man zu den Zwangsnomaden gehört, beruflich oder sonstwie bedingt, stellt man fest, dass sich kaum einer dafür interessiert, wo man denn herkommt.
So erzählt man es manchmal spät in der Nacht, nach einigen Gläsern, und am nächsten Morgen weiß es wieder keiner mehr, wie das Leben denn war in dieser kleinen Fachwerkstadt, mit den Evangelische innerhalb der Stadtmauer und den Katholiken in der Siedlung.

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Mein Opa
war der einzige meiner Großeltern, der nicht adlig war. Meinen Trachtenjanker habe ich vor einigen Jahren bei Ebay verkauft, denn ich brauchte das Geld.
Hat leider nicht viel gebracht.
Ich schleppe meine Familienvergangenheit ständig mit mir herum. Manchmal erstaune ich im Nachhinein darüber, wieviele Dinge sich bei mir genauso entwickelt haben wie bei meinem Großvater zum Beispiel.
Bei manchen meiner entfernten Bekannten kenne ich die Familiengeschichte besser als sie selbst - was immer wieder zu peinlichen Situationen führt, gerade bei Frauen. ("Warum weißt du soviel über mich? -äähh, nicht über dich, über deine Familie. Aber das sagt mir auch schon einiges").
In genealogischen Handbüchern findet man die schönsten Romane und auch die schrecklichsten Geschichten. Neulich entdeckte ich drei Brüder, die 1941 über Kreta absprangen und alle gefallen sind - am 21. Mai in Heraklion.
Leute, die denken, Geschichte hätte mit ihnen nichts mehr zu tun, machen mich wahnsinnig. Ich glaube auch, dass das eigentlich unrealistisch ist. Traditionsstränge wirken weiter, ob positiv oder negativ.

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Ja, sicher, die allermeisten treten entweder in die Fußstapfen ihrer Familie, oder sie versuchen bewusst, das Gegenteil zu tun. Itha hatte dieses Phänomen an irgendeiner Stelle hier vor kurzem auch mal nett formuliert, wenn ich mich richtig erinnere.

Wenn man mich und mein Leben so anschaut, dann gehöre ich wohl eher zu der Sorte Menschen, die versucht, alles anders zu machen als ihre Eltern. Geplant war das eigentlich nie, ich habe einfach immer das getan, was ich für richtig hielt. Aber im Rückblick bildet sich da trotzdem so ein gewisses Muster heraus. Liegt vielleicht auch daran, dass ich das Leben meiner Eltern für nicht besonders gelungen halte. Wahrscheinlich bin ich ihnen an manchen Stellen trotz allem aber auch ähnlich - was ich natürlich erst recht nicht wahrhaben will.

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die sache ist die: selbst in dem bemühen, alles anders zu machen, wiederholt man die muster der vorfahren. man _denkt_, man macht alles anders. und dann muss man doch etwas später feststellen, dass man alles haargenau so gemacht hat wie seine mutter (oder sein vater).

das ist aber nicht schlimm.

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Na ja, wenn ich auf meine letzten zehn Jahre zurückblicke und die mit der Zeit vergleiche, als meine Mutter in meinem Alter war - sie hat sich von ihrem reichen Vater durchfüttern lassen, hat ihr Studium zur Partnerwahl genutzt und danach vom Geld ihres Mannes gelebt, ohne je selbst zu arbeiten. Heute behauptet sie felsenfest, die Emanzipation sei unnötiger Unsinn, weil man als Frau ja ohnehin im Leben alles erreichen könne, wenn man es nur wirklich wolle und hart daran arbeite - und sie behauptet, sie selbst sei das beste Beispiel für diese Theorie.

Ich habe schon neben dem Studium viel gejobbt, bin jetzt seit Jahren im Beruf, arbeite ziemlich viel, bin alleinstehend - und materiell besitze ich wesentlich weniger, als meine Mutter damals hatte. Für mich ist es sehr schwierig, da ein gleiches Muster zu erkennen. Mag sein, dass es unterschwellig schon noch Ähnlichkeiten gibt, aber die dürften dann anders gelagert sein.

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ja, verstehe. die sache ist natürlich bisschen komplexer als ich das einfach mal so larifari hinschrieb. was ich meinte, war eher: oftmals machen kinder ja deshalb "gerade das gegenteil" von dem einen oder anderen elternteil, weil sie einen unbewussten wunsch (psychologische sichtweise) oder einen unerfüllten plan (geschichtliche oder soziologische sichtweise) der eltern damit verwirklichen. solchen kindern gelingt zwar eine nach außen hin sichtbare "kehrtwende", nicht unbedingt aber eine persönliche emanzipation. die deutungen oder interpretationen der familie halten die person in abhängigkeit von ihr, und es gibt - im extremsten fall - keine originären handlungsmuster mehr, nach denen sich z.b. erfolgserlebnisse als durchweg eigene erfahren ließen.

nach dem, was du so über deine mutter schreibst, fällt mir folgender möglicher zusammenhang ein: mutter hat minderwertigkeitsgefühle aufgrund mangelnder selbständigkeit und berufstätgkeit - tochter übernimmt unbewussten emanzipationswunsch der mutter - mutter neidet tochter die nach außen hin sichtbare oder gelungene emanzipation - tochter vermisst anerkennung durch die mutter, deren eigenen wunsch sie doch realisiert! und verweigert im gegenzug solidarische anteilnahme.

erwähnte ich schon, dass ich hobby-psychologe bin?

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Ob Hobby oder nicht - Deine Interpretation ist wahrscheinlich 100-prozentig korrekt.

Verschlimmert wird die Lage allerdings noch dadurch, dass meine Mutter mir Zeit meines Lebens eingeredet hat, ich sei vollkommen lebensuntüchtig und außerdem unfähig, mit anderen Menschen umzugehen (ich habe deswegen lange selbst geglaubt, ich hätte autistische Züge), und ich bräuchte erst gar nicht zu probieren, einen Beruf zu ergreifen, weil ich sowieso scheitern würde. Ich müsse quasi froh sein, dass sie sich um mich kümmert, weil ich selbst nie in der Lage sein würde, ein selbständiges Leben zu führen. Das nehme ich ihr so übel, dass ich mich heute überhaupt nicht mehr dazu überwinden kann, irgendwelches Verständnis für sie aufzubringen. Denn jedes Mal, wenn ich mich mit ihr (auch nur gedanklich) beschäftige, kommen die alten Erinnerungen wieder hoch - und meine alte unendlich große Angst zu versagen.

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Letzten Endes mache ich mit meinem Leben genau das, was sie mit aller Macht verhindern wollte.

Die Frage ist natürlich, ob ich selbst dabei glücklich werde, wenn ich dieses Verhalten auf die Spitze treibe. Eher nein. Womit wir bei dem Punkt wären, dass es so unheimlich schwer ist, sich von alten Mustern ganz und gar zu befreien.

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es hilft aber schon sehr, wenn man solche muster bei sich selbst überhaupt erst mal erkannt hat!

deine mutter scheint ja 'ne supernette zu sein. "du brauchst gar nicht erst versuchen, einen beruf zu ergreifen", mmh... pädagogisch wertvoll, möcht' ich mal sagen. dann aber heimlich die tochter doch damit unter druck setzen: klasse double-bind! wenn man sowas konsequent genug durchhält, werden kinder später schizophreniker.

ich glaube, diese vererbte selbstunzufriedenheit wird auch teilweise von tradierten geschlechterrollen und/oder der verunsicherung damit unterstützt, so dass eine generation, die mit beidem zu kämpfen hat, doppelt damit belastet sein kann. du bist jedenfalls ganz und gar nicht die einzige, sondern etwas in der art scheint für die frauen zwischen 30 und 50 heute repräsentativ.

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Besonders schlimm wurde es, als ich mich als Teenager dazu entschlossen habe, gegen meine damalige Sozialphobie, totale Unselbständigkeit und Weltfremdheit anzukämpfen und (relativ spät schon, aber doch noch) zu lernen, irgendwie mit der Welt da draußen zurechtzukommen. Sie hat mir dann über Jahre hinweg die miesesten Sachen an den Kopf geworfen, und sie ist nicht müde geworden, mir einzureden, dass all diese Bemühungen völlig aussichtslos seien.

Diese Jahre waren aus verschiedenen Gründen absolut grauenhaft. Ich habe sie übrigens nie angeschrien oder beleidigt oder so, ich habe bloß auf stur geschaltet und versucht, ihr Gerede an mir abperlen zu lassen, auch wenn es innerlich noch so sehr weh getan hat. Aber sie wirft mir all die Ereignisse damals heute noch vor. Nach ihrer Behauptung bin ich eine miese, böse Egoistin, und sie kann mir mein stures Verhalten damals nicht verzeihen. Kein Wort davon, dass ich es - entgegen ihrer ständig wiederholten Behauptungen - wohl eindeutig geschafft habe, ein ziemlich normaler, anerkannter und selbständiger Mensch zu werden.

Ich glaube langsam nicht mehr, dass ich ihr noch etwas schuldig bin.

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Beliebte Masche meiner Mutter war auch folgende: Sie versuchte, das übliche Du-schaffst-das-nicht-Blabla auf mich abzulassen, ich brach daraufhin in Tränen aus, und sie sagte: "Guck mal, du weinst ja. Das zeigt doch, dass du unglücklich bist und dass dein Weg, den du da gehen willst (normal werden, selbständig werden, Kontakt zu anderen Menschen suchen), falsch ist".

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Familie
ist eine terroristische Vereinigung mit Zwangsmitgliedschaft.

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*Lach*. Obwohl es ja eigentlich nicht zum Lachen ist. Oder vielleicht doch...

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nein nein... als kind kann man sich nicht rausziehen, aber als erwachsener mensch sehr wohl. in irgendeiner form trägt man ein erbe mit sich herum, das ist wohl wahr. aber deshalb muss man bei zwangsneurosen nicht auch noch mitmachen und für sowas lebenslang den dafür benötigten gegenspieler abgeben. zumal solche doublebind-spiele grundsätzlich unauflösbar sind, nach dem motto: wasch mich, aber mach mir den pelz nicht nass. amelia könnte in diesem zusammenhang egal was machen, es wäre aus der sicht einer mütterlichen neurotikerin immer das falsche: karriere? dann bist du eiskalt und nicht weiblich genug. nicht arbeiten? das habe ich dir immer schon gesagt, dass du das nicht schaffst.

nach meiner erfahrung gibt's bei leuten, die sich ganz davon distanzieren wollen, häufig das problem, dass man bei der ablösung plötzlich nicht mehr "weiß, was ich eigentlich will". die negative identifikation mit dem familienauftrag hat man schon solange gelebt, dass man unsicher hinsichtlich der frage wird, welche absichten und wünsche die ureigensten sind und welche indirekt aufgezwungen. natürlich besteht dieser zusammenhang immer, ist also was völlig normales. nur haben kinder aus anerkennenden und bestärkenden elternhäusern nicht die schwierigkeit, dass sie ihn in frage stellen müssen. andererseits sind kinder aus dysfunktionalen familien gerade deshalb oft auch erfindungsreicher und autonomer und probieren neue sachen aus, wie amelia es ja auch beschreibt. und wenn man damit schon als teenager angefangen hat, braucht man sich da eigentlich keine sorgen zu machen.

auf die anerkennung, zuwendung, liebe seiner eltern kann man sehr gut verzichten, wenn man andere bezugspersonen hat, von denen man sie bekommt. freunde zum beispiel. nach meiner überzeugung sind nur zwei kategorien von personen dafür eher ungeeignet: arbeitgeber und ehemänner. wer da sucht, sucht meist an der falschen stelle!

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Nein, Ehemänner bzw. Lebenspartner wirken eher nicht stabilisierend, sondern man braucht im Gegenteil sehr viel seelische Stabilität und Robustheit, um so eine Beziehung unbeschadet zu überstehen. Sehr subjektive Erfahrung von mir wahrscheinlich, ich Zynikerin. Aber vermutlich der tiefere Grund, weshalb ich schon seit einiger Zeit Single bin. Leider ist es aber so, dass ich mir lange eingebildet habe, dass meine Mutter mich endlich akzeptieren würde, wenn ich es nur schaffte, einen vorzeigbaren Mann fürs Leben zu finden. Und dass ich nur, wenn ich einen Partner hätte, von mir behaupten könnte, sozialkompetent und "normal" zu sein.

Arbeitgeber stellen natürlich auch keine gute Schulter zum Anlehnen dar, und direkte Kollegen auch eher weniger. Eigentlich muss man, um bei der Arbeit zufrieden zu sein, wohl dafür sorgen, dass der Arbeitgeber immer ein wenig der Abhängige ist... Sprich, dass er das Gefühl hat, dass er einen zumindest nicht so ganz leicht ersetzen kann.

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