Dies illa.

Das sind die nackten Fakten, Freund der Blasmusik: Angesichts weiterer Bankenpleiten in den USA ist es nur eine Frage der Zeit, wann dem Sicherungsfonds der Banken das Geld ausgeht, und diejenigen, die noch etwas anderes als Schulden bei der Bank haben, zum Run ansetzen. Mich wundert es, dass es noch nicht so weit ist - wenn alle rennen, ist es zu spät.

Die Angestellten des Staates Kalifornien jedoch werden zwangsweise auf ihr Erspartes zurückgreifen müssen. Arnold ""der Grosse aus dem kleinen Schurkenstaat" Schwarzenegger zeigt beispielhaft, dass knallharter Kommunismus in Form von staatlich verordneten Minimaleinkommen von lumpigen 4,5 Euro/Stunde prima mit knallhartem Kapitalismus - gefeuert wird, wen man eben mal so eben feuern kann - auf seine Bediensteten anzuwenden ist. Angeblich, weil wegen der Kreditkrise Millardenausfälle zu erwarten sind. Tolle Sache: Wenn die Immobilienbesitzer unter diesen 200.000 Angestellten ihre Hauskredite nicht mehr bezahlen können - und das können sie bei diesem Macjobniveau ganz sicher nicht - wird das, höflich gesagt, mittelfristig eher die Kreditkrise verschlimmern.

Und nur ein paar Bergketten und den Steuerhinterzieherstaat Liechtenstein weiter ist die Schweiz mit ihrer ebenfalls desolaten Bankenlandschaft, bei der man sich besser nicht mit den Bilanzen auseinandersetzt, sondern brav als Medium die Pressemitteilungen abschreibt. Alles toll, solange kein Blogger kommt.



Nach menschlichem Ermessen also sieht es nicht gut aus, wenn ich den Blick etwas über den von Bergen, Wolken und darunter fressenden Kühen von meiner Terasse begrenzten Tellerrand erhebe. Offen gesagt, ein wenig makroökonomische Panik wäre nicht wirklich unangemessen, egal was man den Medien erzählt von wegen, dass die Krise jetzt vorbei sei, wie auch schon vor 9, 6 und 3 Monaten. Wir haben bisher noch nichts erlebt.

Und da hätte ich gerne die Lässigkeit des steinalten Ehepaares bei meiner bevorzugten Konditorei. Alt, wirklich alt, bleich und voller Altersflecke, beide jenseits von gut, böse und Schönheits-OP. Ziemlich tattrig, nicht wirklich viel Klang in der Stimme und erheblich gebückt. Sie nahmen jeweils ein Viertel von vier Torten, liessen es sich ein eine wirklich grosse Tortenschachtel verpacken, bezahlten mit einem 200-Euro-Schein und zitterten über die Strasse zu einer schon gut 20 Jahre alten 500er S-Klasse in Champagnergold. Die Torte kam in den Kofferraum, und dann knallte er am Steuer mit einer Rücksichtslosigkeit in den Verkehr, die man nur kennt, wenn man entweder jung und dumm ist, oder nichts mehr zu verlieren hat und die meisten anderen Verkehrsteilnehmer in die Böschung rammen kann. Vorne links war die Stossstange eingedellt - vielleicht hat da wirklich jemand unvorsichtigerweise auf seiner Vorfahrt bestanden.



Was hilft an solchen Tagen, ist der Weg von der Konditorei zum See, wo gebadet und gepaddelt wird, während die Schiffe alte Tanten zum Geld verschwenden nach Bad Wiessee schippern. Mögen die Wolken auch drohen, es bleibt warm, sonnig und sicher, denn das alles lebt bislang noch von sich selbst und den alten Säcken in den S-Klassen, die aus guten Gründen so leben, als gäbe es kein Morgen mehr. Der See, die Berge und der Himmel, sie alle werden immer da sein, egal wo welche Bank vor die Hunde geht, und ich kann hier immer sein und bleiben. Ausser morgen früh - da muss ich zum sparen auf den Flohmarkt in Pfaffenhofen.

Sonntag, 27. Juli 2008, 01:55, von donalphons | |comment

 
Du gehst
mit manchmal derart was von auf die Nüsse mit deinen Ansichten, aber deine Artikel sind einfach herrlich. Kompliment. Nach Lektüre diverser Handbücher bereits vor 8.00 MEZ hast du mir gerade den Morgen gerettet....

Hast du ein Foto von den älteren Herrschaften beim losfahren ?

Have fun
Otaku

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Es gab in der jüngeren Geschichte in Industriestaaten ja schon mehrere größere Bankkrisen, und zwar in den 70er Jahren. Vielleicht erinnert sich noch jemand an den Zusammenbruch des Bankhauses Herstatt. Bei uns ging das relativ glatt über die Bühne, in den USA wurde tief in eine korrupte Immobilienbank-Szene reingeschnitten, am schlimmsten traf es allerdings Japan, in letzteren Fall auch deshalb, weil Japan von den USA über viele Jahre gewungen wurde, eine "keynesianistische" Wirtschaftspollitik zu betreiben. Anders allerdings, als es die US-Wirtschafts"experten" vorausgesagt hatten, führte das Hochjagen unproduktiver öffentlicher Ausgaben nicht etwa zu einer guten Konjunktur, sondern zu einer zusätzlichen Lähmung der japanischen Wirtschaft.

Im Gefolge dieser diversen Bankkrisen kam es zu "Basel I". Die Industriestaaten begannen mit den Verhandlungen hinsichtlich einer internationalen und einheitlich geregelten Bankregulation bereits 1974, benötigte allerdings 14 lange Jahre, um sich auf den sog. "Basler Akkord" zu einigen. 1988 war man dann so weit.

Wenn die Damen und Herren damals geahnt hätten, dass die nationalen Bankenaufsichten im neuen Jahrtausend im Rahmen eines Deregulierungswahns die sogenannte "Kreditverbriefung" sogar noch aktiv unterstützten (u.a. durch Einfluss auf die jeweiligen Regierungen) und auch die Auslagerung von Bankrisiken außerhalb der Bankbilanzen duldeten - sie hätten vermutlich ihre Nachfolger präventiv ermordet.

Reinweg aus Verantwortungsgefühl.

Dabei war der Grundgedanke so einfach wie richtig: Die Absicherung und Eigenkapitaldeckung einer Bank muss mit den Risken, die sie nimmt, ansteigen. Bank-Lobbisten (zuammen mit korrupten Regierungvertretern) sorgten sich jedoch - im Namen des Profits -sehr stark darum, dass diese Maßnahmen mit Hilfe von Basel II so angepasst wurden, dass das den Banken höchst unangenehme Eigenmittelerfordernis im Gesamtsystem gesenkt wurde, während man zugleich dafür sorgte, dass der Durchgriff der Bankenaufsicht auf das Bankgeschäft verringert wurde.

Einmal war der Basler Akkord den Banken unangenehm, weil er die Bankprofite senkte, andererseits - ein durchaus ernstes Problem - wirkte die gefundene Regulation teils sogar krisenverschärfend bzw. "prozyklisch".

(Man übersah allerdings, dass man mit "Basel II" an Stelle der prozyklischen Wirkung andere Probleme eintauschte)

Mit "Basel II" (2004) sollte gezielt eine für die Banken "kostengünstige" Lösung gefunden werden (ein Riesenirrtum wie wir jetzt sehen), vor allem, um weltweit tätigen Bankkonzerne mit neuen Finanzinstrumenten das Geschäft zu erleichtern. Man wollte den Banken die Kosten zur Risikovorsorge ersparen und ihnen z.B. den Umgang mit komplexen Risiken und Finanzderivaten erleichtern, auch im Vertrauen auf die Zusicherungen von Bank-Lobbyisten, dass "risikosensitive", intern entwickelte Riskosteuerungssysteme eine ausreichende (und: teure) Eigenkaptaldeckung problemlos ersetzen könnten.

An Stelle von mehr Bankenaufsicht und die Unterbindung wuchernder komplexer Risiken setzte man auf Selbstverpflichtungen und - natürlich - "die unsichtbare Hand". Das Vertrauen auf quasi-magische Kräfte hat sich gerächt - jetzt haben wir den Salat.

Es gibt seitens der Verantwortlichen in der Politik allerdings nicht die geringste Einsicht. Beispielsweise unserer oberste Kreditverbriefungs-Liberalisiererin, Frau Zypries, äußert sich zu solchen Fragen auch nur höchst ungern öffentlich.

Was sie in ihrem Tätigkeitsdrank nicht hindert. So hat sie z.B. den einheimischen Banken für die vermeintliche "Wettbewerbsfähigkeit" ganz nach Banken-Wunsch Dinge in Gesetz geschrieben - zu Lasten der Kunden und zu Lasten der gesamten Wirtschaft -, die u.a. die Systematik des Vertragsrechts vollständig sprengen. Auch wurde - als ob wir das bräuchten - die Tätigkeit von Reits erleichtert. Der größte Skandal - noch unter Schröder: Firmenaufkäufer wurden weitgehend steuerfrei gestellt. Gewinne aufgrund von Firmenverkäufen sollen (!) steuerfrei sein.

Ein großartiger "Erfolg" des Seeheimer Kreises, übrigens.

Parallel zu dieser heftigen Begünstigung des Großkapitals werden im Gegenzug die kleinen und mittleren Anleger hart rangenommen: Jeder Kursgewinn (und erfolgt durch diesen nur ein Inflationsausgleich) wird künftig besteuert.

Wie das zusammen passt??

Ich denke, es passt schon. Es passt, wenn man sich einmal etwas gründlicher fragt, warum Leute wie Zypries sich trotz einer skandalösen Amtsführung so lange halten können. Es passt, wenn man einfach darauf vertraut, dass sich die politischen Eliten vom eigentlichen Souverän (das sind: wir, die Bürger) bereits recht gründlich verabschiedet haben - und sich im Gegenzug von Großkapital-Lobbyisten und EU-Vertretern bereitwillig ficken lassen.

Falls man noch einmal lachen möcht - das hier war es, was man sich mit dem liberalisierenden "Basel II" versprochen hatte:
- Stärkere Risikoorientierung (gemeint: mehr Flexibilität)
- Eine höhere Stabilität der Finanzmärkte
- Senkung des regulatorischen Eigenmittelerfordernisses
- Verbessertes Risikomanagement der Banken
- Internationale Entmachtung der Banken- und Aufsichtslandschaft ("Verringerung der internationalen Unterschiede")

Die gegenwärtige Bank-Krise ist übrigens auch ein (übler) Qualitätserweis der Tätigkeit der EU-lobbyistischen Bürokratur. Man wollte untätige nationale Bankaufsichten.

Wegen der superduper tollen "Integrationswirkung" und - auch als Ergebnis der willigen Zusammenarbeit mit Banken-Lobbisten und Interessenvertretern auf EU-Ebene. Falls das tröstet: In den USA ist korruptive Durchdringung der staatlichen Aufsichten, Exekutive und Legislative noch übler.

Und keine Umkehr ist in Sicht. Die Verantwortlichen tippen um Dunkeln bzw. nehmen - in gelegentlichen Einzelfällen - blaue Umschläge entgegen.

Das hier war meiner.

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Schöne Analyse von Dean!

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"Meine Kollegen sind in den vergangenen Tagen in der Lunchbreak zu ihrer Bank gegangen, um ihre Einlagen umzuschichten" (...) Auf die Frage, was er mit seiner Mittagszeit anfängt, während die Kollegen ihre Konten umschichten, lautete die Antwort des Händlers, er habe auch Geld abgehoben.

www.ftd.de/boersen_maerkte/aktien/marktberichte/:Wall
%20Streeter%20Lunchtime%20B%F6rse/387189.html

Schaun mer mal, was da noch so kommt...

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eine freundin, mit der ich heute am strand lag, arbeitet bei fortis und erzählte: fortis hat aufgrund der bankenkrise jetzt schon ca. 40% (!) des eingelegten kapitals verloren. insiderwissen, das ich hier vorbehaltlich poste. aber es wird noch doller kommen. das alles ist erst der anfang.

wir werden uns alle noch wundern.

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Fortis? Ist das nicht so eine Art Kreuzung aus Göttinger Gruppe, Commerzbank und Hamburg-Mannheimer? So eine etwas zu groß geratene "Allfinanz"-Drückertruppe mit angeschlossenem Bankgeschäft? So´nen ulkiger Verein, wo man auf der Webseite groß von "Verantwortung" quakt, aber als letzten (!) Geschäftsbericht den des 1. Quartals 2007 hat.

Öhm: Wer hier ein paar Parallelen kennt, der hat bestimmt eine Idee, was da los ist. Im Aufsichtsrat knirscht es, die holländische Bankaufsicht ist eingeschaltet und momentan wird Fortis von den Rating-Agenturen abgewertet. Das Fortis Bankgeschäft steht bei Moodys nur noch bei Aa3.

(noch...)

Die Deutsche Bank hat sich bei Fortis bereits bedient und das Commercial Banking Geschäfts von ABN AMRO und Teile des Factoring-Geschäftes (ein dicker Happen von Fortis, würde ich sagen) für 709 Mio Euro gesichert. Der Hedgefond-Manager IAM (rund 4,3 Mrd. verwaltete Gelder) ist auf dem Wege eines "Management Buyout", ähm, preisgünstig entsorgt worden.

Fortis wird gerade filetiert. Es kokelt im morschen Gebälk, denn der Laden benötigt zur Zeit vor allem dringend Liquidität. Nichts von dem, was ich schreibe ist Insider-Information.

Ich bin neugierig, ob es Fortis in einem Jahr noch gibt. Am 4. August ist für Fortis jedenfalls ein erster Tag der Wahrheit (VÖ Halbjahr 2008). Meine Meinung: Das schöne Wort "Wahrheit" sollte man zur Zeit nicht in allzu großer Nähe zu hakeligen Bankgeschäften formulieren. 40% Abschreibungen auf das Kreditgeschäft sehe ich aber nicht - bzw, sagen wir mal: Das Eigenkapital von Fortis würde ich um diesen Betrag vermindert sehen.

Das wäre bitter genug. Ich denke aber, dass Fortis überleben wird, wenngleich nicht in alter Pracht.

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das denke ich auch. ich weiß aber nicht viel mehr darüber, als was mir heute persönlich erzählt wurde, und über weitere details schweige ich mal fein still. gute nacht! ich habe urlaub und muss früh ins bett.

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Jaja, Fortis. Überfressen und dann plötzlich festgestellt, dass es keine Nahrungskette mehr gibt. Ich sage mal: Aufspaltung und Verkauf der Brocken vor November.

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