Nicht schön

Es gibt Menschen, die Ruhe und Kontemplation hassen. Die Stillstand nicht ertragen können, Leere und Stille. Die Welt, aus der ich komme, war voll von diesen hyperaktiven Stillstandshassern, denn Stillstand bedeutete in ihren Augen Niedergang, Verlust, Faulheit und Versagen. Never stop, always go, move, starting, way to, speed, das waren die Bestandteile der Claims dieser Welt. Dynamik war per se gut.

Seit dem Ende der New Economy gibt es eine Gegenbewegung des Schlichten, Reduzierten, Leeren. Es ist wieder möglich, wenig in viel Raum zu präsentieren, denn die Räume stehen oft leer. Schlicht ist ein Qualitätsbegriff geworden. Es empfiehlt sich, mit dem Horror Vacui der eigenen Highspeed-Soul umzugehen zu lernen, wenn man Geschäfte wie das "schön" sieht, wo wenige Möbel mit viel Abwesenheit darum drapiert sind.



Nicht alle werden damit fertig, was sie wohl zwingt, einen der vielen losen Pflastersteine von Berlin Mitte zu nehmen und damit dynamisch die Fensterscheibe zu zertrümmern. Geschwindigkeit gegen das Nichts, als Manifestation der Existenz, die etwas braucht, Krach, Splitter, Risse.

Man könnte nun sagen, sie ertragen die Leere nicht, weil sie darin die Leere in ihren Seelen erkennen, aber ich wage das allein wegen der Wortwahl zu bezweifeln. Seele ist ein sehr leerer, blütenrosaner Begriff, und wurde so oft mit dummer, belangloser Bedeutung gefüllt, dass er ausgeleiert ist wie ein mehrfach benutztes Kondom.

Sie werfen nicht gegen die Stille, sie werfen für das Laut, das Schnell und das Klirren. Diese Steineschmeisser sind es dann auch, die, wenn die Geldnot sie gewandelt hat, sich meist als die willigsten Apologeten der herrschenden dynamischen Klasse erweisen. Aber ich schweife ab.

Montag, 20. September 2004, 19:14, von donalphons | |comment

 
ich wünsche ihnen ein leben neben dem internetz, das ihnen gefällt und in dem sie sich wohl fühlen können.

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