Kunst für Aufsteiger
Dass sich dieses Kunstwerk nicht in Berlin, Köln, Hamburg, München oder Düsseldorf findet, wo die Prediger des schnellen Geschäfts, der hohen Zuwachsraten und der Spitzenposition geifern; und auch nicht in Frankfurt, wo es mit den Highflyern zu den Stars des Börsenhimmels geht; dass das hier also in einer Altstadtgalerie der Provinzstadt steht, hat einen gewissen, seltsamen Beigeschmack.
Denn hier ist es eine Tugend, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Wer durch die Decke geht, riskiert seinen Ruf als ernstzunehmender Geschäftsmann. Konsequenterweise zieht es die selbsternannten Raketenmänner der Provinz nach München, oder genauer: Die einzigartige Munich Area. Die Haffas von EM.TV stammen aus einem Kaff, nur 25 Kilometer südlich von hier. Auch die Elite-Studenten fliegen nach dem Studium aus, und weil sie sich inzwischen an die bayerische Lebensart, die Schönheit der Landschaft und die wirtschaftliche Prosperität gewöhnt haben, ist auch für sie die Munich Area das erste Ziel. In einer Zeit, als Institute noch meinten, mit ihrer exorbitant hohen Gründerquote protzen zu müssen, wurden hier die Boden-Boden-Raketen für die Area entwickelt: In Rekordzeit zum mattschimmernden, dunklen Anzugträger, und dann abgefeuert in den New Economy Kriegsschauplatz, um es mit den CRM- und CMS-Sprengköpfen den alten Schweinen des produzierenden Gewerbes zu zeigen, und sie mit dem Data Mining auch noch in ihren Bunkern zum zerschmelzen zu bringen.
Das klingt heute alles etwas seltsam, strange, aber es gab 1999 tatsächlich ein paar Philantropen, die angesichts der globalisierten, virtuellen Räume sorgenvoll nachdachten, was man denn mit dem nicht E-kommerziellen Wirtschaftszweigen machen sollte. Nicht alle würde man zum Webdesigner oder Content Manager umschulen können. Zum Beispiel: Was wird aus den Bäckermeistern, wenn wir alle unser Brot aus grossen Fabriken im Netz bestellen? Auch Zukunftsberufe gerieten in Gefahr - was wird aus den Radiomoderatoren, wenn wir alle nur noch Streams mit Audio on Demand und Personal Profiling hören? Vielleicht Berater des CEOs, wie man mit fester Stimme die Powerpoint macht?
Den Aufsteigern, den living Baseheads, den tradenuclear Weapons war das egal. Man hatte die Börse im Sturm genommen, der Rest war ein Spaziergang, es ging nur noch ans Plündern, bei einem Nemax von 6000 war die Party gelaufen, und die meisten jubelten ihnen zu, wenn sie die aus dem Intranet Abteilungen bei Daimler-Chrysler und Siemens mit ihren E-Strategien und .Com-Trainings rockten. Wer nicht wollte, konnte sich verpissen. It´s looooooooting time, brüllte mal jemand am Buffet, eigentlich nur zum Spass, und alle verstanden es und kamen angerannt - und der, der da gerufen hatte; das war ich.
Diese Jungs von damals hätten sich diese leicht verständliche, auf sich anwendbare Kunst sicher gern gemocht. Sie ist heroisch und gleichzeitig verspielt, raumgreifend, eingangshallenkompatibel, und für die Putzfrau sehr viel pflegeleichter als so verhungerte Typen von dem Tschackametti oder wie der heisst. Sie sagt alles über ihre Ansprüche, vielleicht hätte jeder Gründer noch ein Namensschild auf einer Rakete bekommen, und jede Niederlassung in London, NY, SF, Shanghai, Kuala Lumpur und Johannesburg hätte einem Sternbild entsprochen.
Jetzt treiben die Helden von früher treiben als ausgebrannte Trümmer durch das eisige Nachfrage-Nichts des OpenBC-Spaces, und dieses Objekt steht in einer Galerie in der Provinz. Nicht mehr lang, vermutlich. Denn etwas südlich von hier, in einem Wald in der Ebene, ist ein flaches, unauffälliges Werk, in dem an Raketen, Satteliten und milliardenschweren Rüstungsprojekten gebaut wird. Sehr bodenständig, mit geringen Wachstumsraten, aber enormen Gewinnen. Die haben auch einen Etat für Kulturankäufe; die nehmen das ganz sicher.
Und bei denen passt es auch.
Denn hier ist es eine Tugend, auf dem Boden der Tatsachen zu bleiben. Wer durch die Decke geht, riskiert seinen Ruf als ernstzunehmender Geschäftsmann. Konsequenterweise zieht es die selbsternannten Raketenmänner der Provinz nach München, oder genauer: Die einzigartige Munich Area. Die Haffas von EM.TV stammen aus einem Kaff, nur 25 Kilometer südlich von hier. Auch die Elite-Studenten fliegen nach dem Studium aus, und weil sie sich inzwischen an die bayerische Lebensart, die Schönheit der Landschaft und die wirtschaftliche Prosperität gewöhnt haben, ist auch für sie die Munich Area das erste Ziel. In einer Zeit, als Institute noch meinten, mit ihrer exorbitant hohen Gründerquote protzen zu müssen, wurden hier die Boden-Boden-Raketen für die Area entwickelt: In Rekordzeit zum mattschimmernden, dunklen Anzugträger, und dann abgefeuert in den New Economy Kriegsschauplatz, um es mit den CRM- und CMS-Sprengköpfen den alten Schweinen des produzierenden Gewerbes zu zeigen, und sie mit dem Data Mining auch noch in ihren Bunkern zum zerschmelzen zu bringen.
Das klingt heute alles etwas seltsam, strange, aber es gab 1999 tatsächlich ein paar Philantropen, die angesichts der globalisierten, virtuellen Räume sorgenvoll nachdachten, was man denn mit dem nicht E-kommerziellen Wirtschaftszweigen machen sollte. Nicht alle würde man zum Webdesigner oder Content Manager umschulen können. Zum Beispiel: Was wird aus den Bäckermeistern, wenn wir alle unser Brot aus grossen Fabriken im Netz bestellen? Auch Zukunftsberufe gerieten in Gefahr - was wird aus den Radiomoderatoren, wenn wir alle nur noch Streams mit Audio on Demand und Personal Profiling hören? Vielleicht Berater des CEOs, wie man mit fester Stimme die Powerpoint macht?
Den Aufsteigern, den living Baseheads, den tradenuclear Weapons war das egal. Man hatte die Börse im Sturm genommen, der Rest war ein Spaziergang, es ging nur noch ans Plündern, bei einem Nemax von 6000 war die Party gelaufen, und die meisten jubelten ihnen zu, wenn sie die aus dem Intranet Abteilungen bei Daimler-Chrysler und Siemens mit ihren E-Strategien und .Com-Trainings rockten. Wer nicht wollte, konnte sich verpissen. It´s looooooooting time, brüllte mal jemand am Buffet, eigentlich nur zum Spass, und alle verstanden es und kamen angerannt - und der, der da gerufen hatte; das war ich.
Diese Jungs von damals hätten sich diese leicht verständliche, auf sich anwendbare Kunst sicher gern gemocht. Sie ist heroisch und gleichzeitig verspielt, raumgreifend, eingangshallenkompatibel, und für die Putzfrau sehr viel pflegeleichter als so verhungerte Typen von dem Tschackametti oder wie der heisst. Sie sagt alles über ihre Ansprüche, vielleicht hätte jeder Gründer noch ein Namensschild auf einer Rakete bekommen, und jede Niederlassung in London, NY, SF, Shanghai, Kuala Lumpur und Johannesburg hätte einem Sternbild entsprochen.
Jetzt treiben die Helden von früher treiben als ausgebrannte Trümmer durch das eisige Nachfrage-Nichts des OpenBC-Spaces, und dieses Objekt steht in einer Galerie in der Provinz. Nicht mehr lang, vermutlich. Denn etwas südlich von hier, in einem Wald in der Ebene, ist ein flaches, unauffälliges Werk, in dem an Raketen, Satteliten und milliardenschweren Rüstungsprojekten gebaut wird. Sehr bodenständig, mit geringen Wachstumsraten, aber enormen Gewinnen. Die haben auch einen Etat für Kulturankäufe; die nehmen das ganz sicher.
Und bei denen passt es auch.
donalphons, 20:51h
Sonntag, 21. November 2004, 20:51, von donalphons |
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nase,
Sonntag, 21. November 2004, 23:40
"Dass sich dieses Kunstwerk nicht in Berlin, Köln, Hamburg, München oder Düsseldorf findet, wo die Prediger des schnellen Geschäfts, der hohen Zuwachsraten und der Spitzenposition geifern..."
m c m l a b m i t r w s i t i e t i h a p o l m ? (Editiert, D.A.)
m c m l a b m i t r w s i t i e t i h a p o l m ? (Editiert, D.A.)
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donalphons,
Montag, 22. November 2004, 00:03
@ Nase: So, jetzt hab ich bei Dir halb gemacht, Meister, wie gewünscht - was war jetzt nochmal Dein Problem?
@ cloclo: Ja, sehr nett, der 3 Minuten Kunst Zwischenstopp. Ausserdem im Moment an den Wänden: Besenbilder, und weitere Skulpturen aus Industrieschläuchen. Die Raketen haben mir jedoch wirklich zugesagt.
@ cloclo: Ja, sehr nett, der 3 Minuten Kunst Zwischenstopp. Ausserdem im Moment an den Wänden: Besenbilder, und weitere Skulpturen aus Industrieschläuchen. Die Raketen haben mir jedoch wirklich zugesagt.
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pathologe,
Montag, 22. November 2004, 11:31
Mein erster Eindruck
beim Anschauen des Bildes (noch vorm Lesen): Tim und Struppi, black only, multiplied.
Nach Durchlesen des Textes verstärkt sich noch der Eindruck, aus der hübschen, rot-weiß gestreiften Rakete ist eine Ansammlung verbrannter Objekte geworden. Zu heiß war wohl die Nadel, die das gestrickt hat.
Wie in der NE, und die Welt blickt danach jahrelang auf rauchende Trümmer. Der Mensch dahinter verschwindet. Was wohl Archäologen davon hielten, grüben sie diese Objekte in einigen tausend Jahren aus?
Nach Durchlesen des Textes verstärkt sich noch der Eindruck, aus der hübschen, rot-weiß gestreiften Rakete ist eine Ansammlung verbrannter Objekte geworden. Zu heiß war wohl die Nadel, die das gestrickt hat.
Wie in der NE, und die Welt blickt danach jahrelang auf rauchende Trümmer. Der Mensch dahinter verschwindet. Was wohl Archäologen davon hielten, grüben sie diese Objekte in einigen tausend Jahren aus?
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donalphons,
Montag, 22. November 2004, 14:43
Sie würden sagen: Kultisch. Wahrscheinlich Verehrung von Leistung und Geschwindigkeit. Archäologen sind mit dem Wort "kultisch" extrem schnell.
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donalphons,
Montag, 22. November 2004, 15:22
"Geburtenrückgang in Zeiten des Internets" oder die Kultur der kleinen, bewegten Bildchen, wird man dann sagen.
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donalphons,
Montag, 22. November 2004, 18:19
Das Ziel klar vor Augen
Ausrottung des "Gründer-Gens", former knows as "kriminelle Gschaftlhuber-Gen".
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hella,
Montag, 22. November 2004, 18:15
Hat was imperialistisches:
Doch dann wurde es mir auf der Welt zu klein, drum zog ich in den Himmel rein. Ich liebte ein Mädchen auf dem Mars, ja das war's.
Insterborg & Co
Doch dann wurde es mir auf der Welt zu klein, drum zog ich in den Himmel rein. Ich liebte ein Mädchen auf dem Mars, ja das war's.
Insterborg & Co
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donalphons,
Montag, 22. November 2004, 18:26
Ich liebte ein Mädchen bei der Kastanienallee.
und kochte zuvor Halloumi mit Pilzsauce.
und kochte zuvor Halloumi mit Pilzsauce.
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noergler,
Montag, 22. November 2004, 23:55
Ich liebte ein Mädchen, die surfte grad',
und trieb es danach mit dem SörfeGaad.
und trieb es danach mit dem SörfeGaad.
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