Dazulernen

Immer, wenn ich solche Beiträge wie den über die Methoden der Textdiebstahlanalyse in der FAZ lese, fühle ich mich mit meinen eher dummen Plaudereien ganz schlecht, klein und unwissend.

Ich lese dann immer andere Blogs, das rückt mir die Verhältnisse wieder zurecht. Aber die werde ich hier nicht verlinken. (Irgendwann jedoch mache ich mal eine grosse Gegenüberstellung von "Wir wissen wie Medien das im Internet machen müssen"-Sagern und dem haltlosen Geschwafel, das von diesen Netzvordenkern dann den Medien angedreht wird)

Donnerstag, 4. August 2011, 13:31, von donalphons | |comment

 
Ad fontes!
Als ich meine Dissertation schrieb, kritisierte man mich noch dafür, dass ich mir Archivtexte aus Polen in Kopie per Post von dort zuschicken ließ und nicht selbst in Polen die Archive durchforstete. Ansonsten wurden Quellen, die 1805 im Original erschienen waren eben im Original gelesen, per Fernleihe, und Briefe und Tagebucheinträge im Original aus Familiennachlässen und nicht etwa aus bereits veröffentlichtem Material. Und das würde ich als Standardmethode für eine geschichtswissenschaftliche Dissertation bezeichnen: Nicht nur nicht abschreiben, Material für die Dissertation müssen zumindest teilweise noch nie veröffentlichte Originalquellen sein, darunter ist eine Arbeit nicht prüfungsfähig.

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Das ist auch heute noch die Standardmethode für eine geschichtswissenschaftliche Dissertation.

Mir ist schleierhaft, wie Frau Koch-Mehrin ihre Dissertation bei Sellin durchgebracht hat, ich habe zu der Zeit an seinem Institut in Heidelberg gearbeitet. Warum überhaupt Sellin? Sellin ist Mentalitätshistoriker und hat mit der Lateinischen Münzunion nichts zu schaffen. Es gab damals jedoch eine Reihe Promotionsstipediaten der Friedrich-Naumann-Stiftung bei Sellin, das ist nicht nur mir aufgefallen, weil es ungewöhnlich ist: normalerweise "gehört" das Historische Seminar in Heidelberg der Friedrich-Ebert-Stiftung, die ganze Forschungsbereiche, Professuren und Bibliotheken finanziert.

Und was ist mit dem Zweitgutachter, Herrn Clemens Zimmermann? Der ist Medien- und Stadthistoriker, hat mit Lateinischen Münzunionen naturgemäß auch nicht viel zu tun, sitzt dafür aber zusammen mit dem Mitglied des Europäischen Parlaments (FDP), Dr. Jorgo Chatzimarkakis, sowie dem FDP-Landesvorsitzenden Christoph Hartmann in der "Saarländischen Gesellschaft für Kulturpolitik".

Das stinkt doch zum Himmel.

EDIT: Verzeihung, ich sehe gerade, daß der Herr Chatzimarkakis ja auch kein Doktor mehr ist, weswegen Frau Koch-Mehrin erst seine Nachfolgerin im EU-Forschungsausschuß wurde. Das ist also das Milieu, in dem europäische Forschungspolitik gamacht wird.

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@untoterostgote
sicherlich alles keine Zufälle!

Guttenberg hatte zum Beispiel im 1. Juristischen Examen 6,8 Punkte ( befiedigend).
In der Regel sehen die Promotionsordnungen der Juristischen Fakultäten als Voraussetzung mindestens 9 Punkte (vollbefriedigend) vor. Es sei denn die besondere wissentschaftliche Befähigung wird anders nachgewiesen.
Kann schon sein, daß darunter auch subsummiert wird, Bundestagsabgeordneter und Politiker zu sein.
Honni soit qui mal y pense !

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Es ist kein Geheimnis, daß die deutsche Geschichtswissenschaft von politischen Parteien durchdrungen ist, gerade auch in Heidelberg. Es gibt ganze Gelehrtenbiographien, die im Windschatten der Friedrich-Ebert-Stiftung verlaufen, Heinrich-August Winkler ("Der lange Weg nach Westen") als prominentestes Beispiel.

Geschichtswissenschaft ist unausweichlich Legitimationswissenschaft, sie befaßt sich mit dem, was faktisch geworden ist und deswegen unreflektiert-naiv oder sogar ausdrücklich als zu Recht vorhanden und damit gut gilt. Sie legitimiert sich durch gesellschaftlichen Bedarf und dient als Bestandteil der sozialen Konstruktion von Wirklichkeit in erster Linie zur Orientierung und Stabilisierung gesellschaftlicher Ordnungen. Das wissen auch die Parteien. Selbst an der "Gesellschaftsgeschichte" Hans-Ulrich-Wehlerscher Prägung ließe sich zeigen, wie aggressive Kritik mit der Übernahme von Machtpositionen und fortschreitendem Alter in eine konservativ-legitimatorische Haltung umschlägt.

Die Legitimationsfunktion gilt auch für linke "Barfußhistoriker" oder feministische Historikerinnen der Unterdrückung der Frau seit der Jungsteinzeit, nur daß deren Arbeiten nicht legitimieren wollen, was gewesen ist, sondern das, was erst werden soll.

Koch-Mehrin stellt jedoch offensichtlich etwas Anderes dar: bloße Spezlwirtschaft.

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Tja, und der Teil des Göttinger MPI für Geschichte, der sich mit Alltagsgeschichte beschäftigte verstand diese als Geschichte von unten aus der Sicht von Lieschen Müller und hatte, wenn überhaupt eine gesellschaftspolitisch definierte Klientel diese in Form der neuen sozialen Bewegungen. Das ist so in etwa die Ecke, wo ich meine roots habe.

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Im gleichen Blatt (im "Deus ex machina" Blog) werden Professoren, die windige Doktorarbeiten unerkannt quasi "durchwinken" auch noch verteidigt; es wären ja nur ein paar "Schwarze Schafe".
PS:
Huch, das IST ja exakt der Artikel, um den's hier geht.

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Bin mittlerweile selbst an einem MPI (Bildungsforschung in Berlin, "Geschichte der Emotionen"). Die Göttinger Kollegen machen heute das, was seit Osterhammel plötzlich irgendwie alle machen: "Globalgeschichte", neue "narratives", neue "Meistererzählungen" erfinden. Dafür gibt es jetzt Fördergelder.

Klientel sind dann vermutlich nicht "neue soziale Bewegungen", sondern "überlaute Talkshowgesichter, unverantwortliche Politikberater, [...], Fernsehansager, Wohlstandsverwahrloste, ungewaschene Berliner Großmäuler und anderes hochgespültes Personal", um einmal den Autor dieses Blogs zu zitieren.

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Die Kollegen sind schon großenteils nicht mehr dort, einen hat es bis Seoul verschlagen. Machen tun sie noch immer das Gleiche, die sind sich sehr treu geblieben. Eher so feststehend in der eigenen Prinzipentreue, dass das etwas weltfremd wirkt.

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Was ist ein "MPI"?

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Sind wir im Internet oder im "Goldenen Blatt"?

http://www.google.de/search?q=MPI

... also echt.

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@jeeves

MPI = Militär Polizei Imanmarsch

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Gurkenhobel, die korrekte URL ist http://lmgtfy.com/?q=mpi

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Immer, wenn ich Ihren Namen lese, wird es mir warm ums Herz.

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Das wurde es mir neulich auch, als vor meinem inneren Auge das Bild eines Don Alphonso erschien, wie er an den Gestaden des Tegernsees Lenins "Was tun?" liest und über die Lage der arbeitenden Klassen sinniert.

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Das ganze Problem ist übrigens nicht neu, man lese Theodor Mommsen über die "deutschen Pseudodoktoren" aus dem Jahre 1876:

"Schreiende Mißstände in unserem deutschen Vaterlande haben wir lange Zeit nicht geduldig, aber schweigend ertragen; die Hoffnungslosigkeit macht nicht beredt und der deutsche Bundestag hatte allerdings Ursache weder an das große noch an das kleine Unkraut zu rühren."

Volltext hier: http://de.wikisource.org/wiki/Die_deutschen_Pseudodoktoren

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