Real Life November 2001 - Business English

Als die Flugzeuge in die Hochhäuser rasten, war alles vorbei. Der September 2001 sagte Schluss mit Lustig, und all die spassigen Ideen der Startups und ihr immerwährender ideologischer Frühling wirkte plötzlich auch den überzeugtesten Propheten schal und unpassend. Aber wie das Schicksal so spielt: Aufgrund des Flubverbots musste ein Münchner Netzwerk ihren internationalen Summit absagen. Die freiwerdenden Fördergelder wurden statt dessen in Ermangelung von Alternativen in ein jährliches Startup-Treffen in den Bergen gesteckt. Das hatte eigentlich wenige Tage zuvor kurz vor dem Ende gestanden, und wurde jetzt wieder zum Top Event promotet.

Man darf nicht undankbar sein: Diese Tage in den Bergen gehörten immer zum Intensivsten, was ich in diesen Jahren erlebt habe. Die Jahre davor war es voller grenzenloser Zuversicht - 2001 war alles vorbei, und jeder wusste es. Nur der Typ, der als Success Story eingeladen war und mir beim Abendessen gegenüber sass, meinte noch Grund zum Lächeln zu haben. Ja, Software, nein, kein E-Commerce, sondern Dienstleistung für einen immer noch boomenden Markt. Am nächsten Morgen sollte er was über den internetionalen Markt erzählen, den er bediente, und begleitet von seiner Pressesprecherin aka PR-Managerin, machte er an mir gewissermassen die Generalprobe. Er war sehr stolz, dass er gleich nach der ersten Finanzierungsrunde Englisch als Firmensprache eingeführt hatte; neben so tollen Geschichten wie Aktienoptionen und amerikanischer Vergütung für das Management. Die Anlaufverluste bei der Durchsetzung der neuen Firmensprache bestritt er nicht, aber sein US-Office sprach sowieso Englisch, und seine Coder beschaffte er sich vom internationalen Markt. Englisch war Pflicht, auch beim Mittagessen. Auf seiner Website war Deutsch nicht die Regel, sondern nur eine Option. Und weil zwei Tage zuvor so ein Gimpel seinen Pitch auf auswendig gelerntem Englisch runtergerattert hatte, überlegte er sich, ob er seine Key Note nicht ebenfalls in Englisch to the public adressen sollte - vor einem Publikum, das sich ausschliesslich aus Deutschen zusammensetzte.

Zweieinhalb Jahre später war alles vorbei. Der CEO hatte im Lauf der Jahre und der Finanzierungsrunden praktisch seine gesamten Anteile an die diversen VCs übergeben. Die PR-Managerin war schon längst in Richtung Home Office und Stundensatz outgesourced worden. Man sägte ihn nicht ab, weil sich das Einarbeiten eines Nachfolgers an Bord des unrentablen Wracks, das seine Firma geblieben war, nicht mehr lohnte. Man schoss den Laden nicht ab, weil man keine Ausfallbürgschaft vom Bund bekam, und weil es die Hoffnung gab, doch noch vielleicht einen Exit hinzubekommen. Es war die Zeit, als schon die kleinste gute Meldung eine Sensation während des Massensterbens in der Munich Area war. Letztlich kaufte dann ein US-Unternehmen, das bislang ein Hauptkunde gewesen war, die Firma, schloss die Münchner Operation und verleibte sich die US-Tochter mit zwei Tekkies ein, und die wenigen überlebenden Bizz-Websites feierten den Erfolg, und der CEO, sagte man, suchte jetzt einen Job bei einer Beratungsfirma oder Ähnliches.

Wenige Tage später war ich bei einem VC zu Gast, der ebenfalls Geld in der Firma gehabt hatte - und nur einen Teil wieder bekommen hatte. "Wissen Sie", sagte er, "wir können eigentlich alle froh sein, dass es vorbei ist. Besonders der CEO. Eigentlich ein netter junger Mann, er sass auch oft hier, auf dem Stuhl neben Ihnen. Aber ... irgendwie konnte man dem nichts sagen. Diese ganze Spinnerei mit dem internationalen Markt hätte man auch anders machen können. Das waren vielleicht Kosten. Aber er wollte unbedingt selbst und überall Weltmarktführer werden, und wenn er dafür seine Anteile verschleudert, gut, seine Sache." Draussen, im Himmel über der einzigartigen Munich Area, zeichneten Flugzeuge mit weissen Kondensstreifen abstrakte Gemälde in das unendlichen Blau. Und ich war froh, dass es vorbei war.

Donnerstag, 13. Januar 2005, 13:23, von donalphons | |comment

 
"Internetional". Mußt Du Dir patentieren lassen! ;-)

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intern-E-tional ;-)

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@ business-englisch
Als der Immobilienmakler noch lernte, musste er ein Praktikum bei einer ortsansässigen Niederlassung eines amerikanischen Großkonzerns absolvieren.

Lustig waren die Telefonkonferenzen mit der US-Mutter, 7 Deutsche hier und im weiteren Bundesgebiet und 1 perfekt der deutschen Sprache mächtiger Amerikaner.

Ratet mal in welcher Sprache die Konferenz geführt wurde ;-)

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Englisch - und auf der anderen Seite des Atlantiks lachten sich die Abteilungen den Magen wund. Die MP3-Files davon werden järlich zu Fasching abgespielt.

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