Es war ein kalter Winter

Heute ist der zweite Juni, auf dem wallberg, auf dem Hirschberg und den ganzen Weg nach Italien liegt noch Schnee, an den Nordhängen klar bis unter die Baumgrenze, bis zum Alpenhauptkamm.



Das letzte Mal, dass ich in Italien war, dachte ich mir, machen wir einen Schwerpunkt zur Natur, zu natürlichem Leben, seien wir nett mit der guten, alten Mutter. Mitunter können einem an der Charakterisierung schon auch Zweifel kommen: Sicher, die Natur gibt das Leben, aber sie nimmt es auch wieder.



Der Mensch ist mit seinem miesen Verhalten nicht allein auf dieser Welt, mag mir scheinen. Letzthin kam ja in Sachen Gentechnik die Frage auf, was denn der Natur so alles gegen den Menschen einfallen könnte. Mehr als uns lieb sein kann, ist die Antwort, die ich mir an Tagen wie diesem gebe.



Das bekommen die Menschen im Tal, in den Städten gar nicht so mit, da lebt man viel drinnen und das Klima machen die Abgase, aber das Grosse, Ganze, das kann auch ganz anders, und dann werden alle staunen, wie anders das sein kann. Nicht so Kinderkram wie Wasser in Asse, das dort nie dorthin kommen sollte, wo verstrahlter Dreck ist, der dort nicht sein sollte.



Ich bin bei den Vorarbeiten für den Auftrag hier auf eine wahnsinnig, naja, lustig kann man nicht sagen, aber spassige Sache mit der Erwartungshaltung gegenüber der Natur gestossen. 1117 war das grosse Erdbeben von Verona. 1570 war das grosse Erdbeben von Ferrara. 2008 errechneten Wissenschaftler, dass in dieser Grossregion in den nächsten 450 Jahren - so lange wie zwischen Verona und Ferrara und heute - nochmal so ein heftiger Rums mit ca. 6 auf der Richterskala kommen könnte, und zwar mit 10% Wahrscheinlichkeit.



Man mache sich einen Reim drauf, wenn der nächste Forscher sagt, dass wir dieses und jenes schon in den Griff bekommen werden. Für die einen ist es eine Formel für das Versicherungswesen, für mich ist es ein schlimmer Grund, nach Italien zu fahren.



Und das reicht mir dann auch. Ich möchte ungern in 20 Jahren lesen, das die geschmierte Johurnaille beim Genfood und der Harmlosigkeit nur so mittelrecht hatte, ich möchte - oh, ein Erdbeben, moment - stundenlang war hier nichts, und jetzt geht es wieder los, vielleicht sollte ich die Teetasse wegstellen, das macht doch etwas nervös, wenn das dauernd schwappt - jedenfalls: Geschäfte, in denen statistisch irrelevante Anomalien zum Geschäft hören, möchte ich eher nicht abschliessen.



Denn die Natur macht keinen Unterschied zwischen Schuldigen und Unschuldigen, die nimmt alles, wie es gerade so kommt, hier wackelt ja auch gerade der Korrupti der Lega Nord wie ich. Und das, obwohl die menschliche Rasse nun wirklich eine saubere Sache sein könnte. Das ist vielleicht das wirkliche Elend: Man könnte so viel tun. Gemacht wird dann aber das andere.



Ich bin übrigens so frei, diesmal wieder die Ellbögenstrecke zum Brenner zu fahren, wenig Verkehr und Mensch, und das ist an Tagen wie diesen doch sehr angenehm. Da ist man schön allein mit den Gedanken, und weil ich die Strecke mittlerweile auswendig kenne, ist das eine schöne Mischung aus Kurven, Kontrolle, schönem Wetter und langsamer Annäherung.



Ich habe es gar nicht so furchtbar eilig, und letztlich komme ich auf die Minute punktlich an. Ich störe eine Hochzeitsgesellschaft, aber ich bekomme das, was ich will, und das, von dem ich die ganze Strecke dachte, das wird sehr schwierig, wie mache ich es nur. Und dann war es ganz leicht. Erzähle ich morgen.



Morgen geht es mit einem Hilfstrupp in die rote Zone, "wohin kein Journalist kommt". Ich glaube, danach will ich etwas Nettes schreiben. So wie das mit dem Brautpaar heute.

Sonntag, 3. Juni 2012, 01:46, von donalphons | |comment

 
um das umherreisen beneide ich sie ja heiß.

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Ich habe heute Dinge gesehen, die keinen Spass machen.

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