Nur eine weitere höhere Tochter
Der üblichen Unsitte des Double datens fügte die diesbezüglich sehr ausschweifende P. an jenem regnerischen Frühjahrsabend in der einzigartigen Munich Area eine neue Variante hinzu: Das Date mit Chauffeurdienst-Unterbrechung. P. hatte eine Freundin, das Ännchen, die an diesem Abend in München ankam, um hier, in den hohen Türmen östlich der Isar, ein Praktikum zu beginnen. Das Ännchen hatte keine allzu gute Zeit hinter sich: Die Trennung von ihrem Freund, ihr Hass auf die Provinz, der sie bislang nicht entkommen war, und auch die Angst vor dem beruflichen Versagen. Zum Glück hatte Ännchens Papa gute Beziehungen zu einer gewissen Bank, war wohl auch Kunde bei deren Fondstochter, und so erhielt Ännchen eine Zusage für ein High Potential Internship und über P. auch gleich den Galan, der den Transport und die Schlepperei zur neuen Behausung besorgte. Es machte ihm sicher nichts aus, auf dem Weg zwischen Cafe und Restaurant mal kurz eben, oder? Ne? Gut, schön.
Ännchen war sehr lang, rotblond und stupsnasig, hatte pazifikblaue Augen und einen verträumten Blick, der so gar nicht zu dem Business passte, das sie am nächsten Morgen antreten sollte. Ich kannte ein paar ihrer zukünftigen Kollegen von den üblichen Events, die es damals noch hin und wieder gab - typische Fondsmanager eben, mit der Sentimenatlität einer Wasserstoffbombe und Autos - Uhren - Frauen, in dieser Reihenfolge, als Freizeitbeschäftigung. Das Beste an ihnen war ihre unerschütterliche Direktheit, die Dotcomtod damals zu einigen schönen Insidern verhalf. Und dort wurde Ännchen hineingeworfen.
Ännchen war dann oft das Thema, wenn ich mit P. Essen ging. Ännchen bekam sofort den noch warmen Stuhl eines Assistenten, der irgendwie nicht mehr da war, ausserdem auch noch ein Aufgabengebiet, und sass jeden tag 12 Stunden im Turm und weitere 3 Stunden beim Afterwork mit den Managern, was P., die mitunter etwas besitzergreifende Anwandlungen hatte, nicht gefallen konnte. Sie fand, dass sich Ännchen bsser an unseren Lebensstil anpassen sollte, aber...
Weisst Du, sagte ich zu P., Ännchen wird den Weg machen, der ihr jetzt vorgeschrieben ist. Sie ist jung, sie wird jetzt billig eingearbeitet, dann wird plötzlich eine Stelle dfrei, und weil sie im Moment neu ist, niemanden kennt und deshalb alle Zeit in der bank verbringt, wird sie als die beste Kandidatin erscheinen. Sie werden also einen teuren Kerl über ihr feuern und sie für ein Drittel seiner Bezüge die Arbeit machen lassen. Und sie wird es tun, weil es gerade in ihre Lebensplanung passt. Von aussen sieht der Fond gut aus, von innen auch, und keiner da drin glaubt daran, dass die Krise noch bis 2007 anhalten wird. 2003, ist dort das Credo, geht es wieder nach oben, und dann werden auch wieder die kühlen Gänge der Zentralen in München, Frankfurt und Berlin voller glücklicher Menschen sein, glücklich wie sie.
P. glaubte, Ännchen besser zu kennen. Aber nach ein paar Monaten verschwand sie endgültig aus ihren Erzählungen. Wenn ich nachfragte, kamen nur unverbindliche Phrasen; P. wusste, dass sie in ihrem Job aufging und ganz begeistert war, aber sonst gab es nichts zu erzählen. Ännchen wurde zur Episode, zur Randglosse, zum vergessenen Detail, bis heute vormittag.
Es gibt jemanden in meinem Umfeld, der liebt solche Neuigkeiten. Die Krise ist für diese Person der Motor des Geschäfts, und dieser Motor brüllt gerade, so laut, dass die Vibrationen bis zu mir durchdringen. Manchmal schickt die Person lieber einen Journalisten vor, statt selbst hier und da anzurufen, und als ich heute dann in den untersten Schichten der Hierarchie von einer aufgeschreckten Stelle zur nächsten weiterverbunden wurde, war da plötzlich Ännchen in der Leitung. Sie erkannte mich nicht, und hatte wohl auch genug andere Probleme, als irgendwelche alte, flüchtige Bekanntschaften zu erneuern.
Da, wo sie jetzt ist, wird sie wohl nicht mehr lange bleiben. Vielleicht sollte ich P. dezent darauf hinweisen, dass sie sich mal wieder bei Ännchen melden sollte. Sie wird es brauchen.
Ännchen war sehr lang, rotblond und stupsnasig, hatte pazifikblaue Augen und einen verträumten Blick, der so gar nicht zu dem Business passte, das sie am nächsten Morgen antreten sollte. Ich kannte ein paar ihrer zukünftigen Kollegen von den üblichen Events, die es damals noch hin und wieder gab - typische Fondsmanager eben, mit der Sentimenatlität einer Wasserstoffbombe und Autos - Uhren - Frauen, in dieser Reihenfolge, als Freizeitbeschäftigung. Das Beste an ihnen war ihre unerschütterliche Direktheit, die Dotcomtod damals zu einigen schönen Insidern verhalf. Und dort wurde Ännchen hineingeworfen.
Ännchen war dann oft das Thema, wenn ich mit P. Essen ging. Ännchen bekam sofort den noch warmen Stuhl eines Assistenten, der irgendwie nicht mehr da war, ausserdem auch noch ein Aufgabengebiet, und sass jeden tag 12 Stunden im Turm und weitere 3 Stunden beim Afterwork mit den Managern, was P., die mitunter etwas besitzergreifende Anwandlungen hatte, nicht gefallen konnte. Sie fand, dass sich Ännchen bsser an unseren Lebensstil anpassen sollte, aber...
Weisst Du, sagte ich zu P., Ännchen wird den Weg machen, der ihr jetzt vorgeschrieben ist. Sie ist jung, sie wird jetzt billig eingearbeitet, dann wird plötzlich eine Stelle dfrei, und weil sie im Moment neu ist, niemanden kennt und deshalb alle Zeit in der bank verbringt, wird sie als die beste Kandidatin erscheinen. Sie werden also einen teuren Kerl über ihr feuern und sie für ein Drittel seiner Bezüge die Arbeit machen lassen. Und sie wird es tun, weil es gerade in ihre Lebensplanung passt. Von aussen sieht der Fond gut aus, von innen auch, und keiner da drin glaubt daran, dass die Krise noch bis 2007 anhalten wird. 2003, ist dort das Credo, geht es wieder nach oben, und dann werden auch wieder die kühlen Gänge der Zentralen in München, Frankfurt und Berlin voller glücklicher Menschen sein, glücklich wie sie.
P. glaubte, Ännchen besser zu kennen. Aber nach ein paar Monaten verschwand sie endgültig aus ihren Erzählungen. Wenn ich nachfragte, kamen nur unverbindliche Phrasen; P. wusste, dass sie in ihrem Job aufging und ganz begeistert war, aber sonst gab es nichts zu erzählen. Ännchen wurde zur Episode, zur Randglosse, zum vergessenen Detail, bis heute vormittag.
Es gibt jemanden in meinem Umfeld, der liebt solche Neuigkeiten. Die Krise ist für diese Person der Motor des Geschäfts, und dieser Motor brüllt gerade, so laut, dass die Vibrationen bis zu mir durchdringen. Manchmal schickt die Person lieber einen Journalisten vor, statt selbst hier und da anzurufen, und als ich heute dann in den untersten Schichten der Hierarchie von einer aufgeschreckten Stelle zur nächsten weiterverbunden wurde, war da plötzlich Ännchen in der Leitung. Sie erkannte mich nicht, und hatte wohl auch genug andere Probleme, als irgendwelche alte, flüchtige Bekanntschaften zu erneuern.
Da, wo sie jetzt ist, wird sie wohl nicht mehr lange bleiben. Vielleicht sollte ich P. dezent darauf hinweisen, dass sie sich mal wieder bei Ännchen melden sollte. Sie wird es brauchen.
donalphons, 14:49h
Freitag, 21. Januar 2005, 14:49, von donalphons |
|comment