Awareness former known as bullshit

Anfangs des Jahres war ich mal auf einem Podium, und ein Businessgimpel neben mit krähte in Mikrophon: Awareness ist die neue Währung des Internets. Um gleich nachzuschieben, dass seine alterschwache Medienfirma, die ihn als Ersatz für eine feige PR-Sau geschickt hatte, die nach einem erregten Vorgespräch Angst vor mir hatte, da ganz gross mitspielen würde. Ende des Jahres wollte er massenhaft awarenessziehende Projekte aufgebaut haben. Ich stand daneben und fragte mich, was das Publikum sagen würde, wenn ich da rüberginge und meine innere Befindlichkeit in eine bayerische Tätlichkeit umsetzen würde. Manche sagen ja, dass ich reiche, um so ein Podium zum Kippen zu bringen - die wissen nicht, wie es eigentlich wirklich in mir aussieht.

Awareness also. Schmarrn. Awareness ist was für Sickos. Wie diesen Typen auf dem Podium, der letztes Jahr nichts gerissen hat. Die nach Awarenss geifernden Schleimbatzen mit Blogsoftware, deren Namen man hier nicht erwähnen muss, laufen auf dem Stoff, wenn die Pillen und das Koks alle ist. Ansonsten ist Awareness eher ein Klotz am Bein. Sie ist das imaginäre Augenpaar, das einem virtuell über die Augen schaut, die Hemmung, die manche haben, heute noch den Abschaum als Abschaum zu bezeichnen, der Hintergrund der dicken Zigarre, die sich manche Veteranen angezündet haben, wenn sie heute das mal berüchtigte Blog füllen. Awareness ist für die einen Crack und für die anderen das Fettpolster, und für manche beides, aber es ist kein Wert. Schon gar nicht im Internet mit den vielen strukturellen Analphabeten, dem superkurzen Hirn und der Unfähigkeit, Geschichten extensiv zu fahren.

Bestenfalls ist Awareness also wertlos und glücklicherweise sehr flüchtig. Wäre es eine Währung, müsste man von Hyperinflation sprechen, was den Einzelnen betrifft. Awareness ist nicht nachhaltig, es ist der komplett hochgeladene Ordner einer Speicherkarte, das dumme, miserable Photo, die Funpicseite mit Blondinen, die Denke der SPONacken, der hirnlose Kommentar, die Wichse der Werber, der Prostitutionslohn der PR, der hingeschmierte Kommentar, das Fehlen des Denkens, der Herdentrieb, das Fastfood, den alle fressen und am Ende jede Form von Scheisse, für die auf Dauer keiner irgendwas zahlt.

Das, was wirklich wertvolle Menschen als Lesezeit einem Blog schenken, ist keine Awareness, es ist Zuneigung - zumindest empfinde ich das so bei meinen Lieblingsblogs. Denen bleibe ich konstant erhalten, als Freund, als Bewunderer und mit verträumten, staunenden Augen. Sie sind mit Hauptmedium, Vergnügen, Freunde und noch vieles, was nie offen im Blog stehen würde. Das hält, da warte ich auf Neues und freue mich, von ihnen zu lesen.

Und dafür, für all das Schöne, egal ob von mir empfunden oder über mich gedacht, möchte ich mich hier bedanken. Feiert schön.

Freitag, 22. Dezember 2006, 21:15, von donalphons | |comment

 
Und der awarenesssaugende Rest: Fresst Scheisse und verreckt!

... link  

 
Au weia:
Da hat sich der Patrick dann aber mit Georg Francks “Ökonomie der Aufmerksamkeit” pfeilgrad das falsche Buch unter den Baum gelegt. :)

Kurz noch "Fachliches" und Belangloses aus meiner eigenen belanglosen Anschauungs- und Erfahrungsküche als Werberdepp (ausgebrannt, aber glücklich, davon gekommen zu sein), der auch mal in einer großen Agentur mitgemischt hat:

"Awareness" ist die Währung der old-school-Werber, die es nicht einmal hinkriegen, die Uralt-Deppen-Formel AIDA zu Ende zu deklinieren: sie schaffen mit Kreativ-Werbung oder sonstiger Aua-Ansprache nur das erste A (wie awareness/attention), dann brichts böse ab. Bis zu interest, desire und action langt es schon lang nicht mehr, ist auch schweeeer, die Armen (der Werbekunde sollte ihnen das Honorar streichen wegen Nichterfüllung). Viele Marketingleute betrachten Verbraucher nur respektlos als Clickrate-Vieh, mit dem man nicht zu kommunizieren braucht, man braucht es ja nur mit Provokation oder kreativen Einfällen wie die Kuh Ausfälle hat, anblöken, ähm anbloggen :( , schauen, ob das Klickvieh dann herguckt, äh klickt, und sich dafür dann vom Werbekunden bezahlen lassen. Das ist das kurzatmige Prinzip, das dahintersteckt. Im Grunde ist es nicht nur Belästigung der Bevölkerung, sondern zuvor schon platter Betrug am Werbekunden, dem da auf powerpoint-Folien potemkinsche Dörfer vorgegaukelt und damit halbe statt ganze Arbeit zelebriert und verkauft wird.

Das Beweihräuchern von "Awareness" als "ganz neue Währung" (formerly known as ganz alte, erfolglose Währung, so ungefähr seit den 70ern) ist dann schon richtig Chuzpe, dummdreist, alter Wein in neuen Schläuchen. Nur zu begreifen, wenn man stattgibt, dass möglicherweise allmählich komplette Verdummung und Merkbefreiung aller um sich gegriffen hat, und seelenlos vergessen wurde, dass alle Dinge und Äußerungen - und vor allem auch Blogs - Seele haben müssen, um in Hirne UND Herzen zu kommen

PR und Werbung hat unter Erfolgsdruck einen controllerischen Zähl- und Zahlenwahn entwickelt. Wir erinnern uns: Der Werbekunde als darin systemisch Beteiligter bezahlt seit dem NE-Unfall nicht mehr soooo gerne nette Juxereien, er will neuerdings wissen, ob es was bringt und fordert Werbeerfolgskontrolle. Lässt sich aber lustigerweise mit der Magermilchkontrollsuppe Clickrate-Kontrolle abspeisen, so beschränkt denkt er, und so beschränkt lässt er sich händeln. Dank der rechnerisch relativ leichten Trackbarkeit im Internet (im Gegensatz zu der Schwierigkeit Print-Erfolg zu messen, das ist viel teuerer) hat der Zahlenwahn der Buzz-Freaks noch mal einen Schub bekommen: Alles, was zähl- und berechenbar ist, Klicks, die "Awareness" beweisen, hat demnach einen "Wert" und wird hochgejubelt. Alles, was nicht in Zahlen und deren Tracking Tools ausdrückbar ist: Zuneigung, Wärme, Echtheit, Beziehung, wird ent_wertet, da sie sich nicht in Klicks ausdrücken lassen.

Da ich mittlerweile -gottseidank - mit kleinen mittelständischen Kunden zusammenarbeite und nicht mehr mit Coty, WMF oder Tempo: Der Mittelstand ist auch schon reichlich angekränkelt von diesem Zahlenwahn, weil sie halt auch im Internet Problemlösungen suchen, in diese Vorträge reinmarschieren und solche Dummbücher lesen. Es wird immer schwieriger, mit Vorschlägen, die Menschlichkeit, common sense und wits enthalten, dagegen anzugehen, immer schwieriger zu predigen, doch bitte eine echte nachhaltige Beziehung zum beworbenen Kunden herstellen zu wollen. Klingt jetzt leider wie Eigenwerbung, das ist nicht beabsichtigt. Könnte auch interpretiert werden mit: Ich bin ein Loser, bin am Ende meiner Nerven und komme mir wie ein alter Prediger vor, dem keiner mehr zuhört, und der mit einer Horde von Schmerz- und Denkbefreiten kämpfen muss. Hätt ich doch besser Schreiner g'lernt wie mein Vater.
Jetzt hab ich mein'n Käs.

... link  

 
@Vroni
Jetzt hab ich mein'n Käs.
Ach, solang ein passabler Würtemberger dabei ist, oder manchmal vielleicht gar ein Aigle, oder auch ein schlichter Apulischer - ach der Möglichkeiten sind viele... - und Zeit und Sinn ihn zum Käs' zu nehmen --
... komme mir wie ein alter Prediger vor, dem keiner mehr zuhört ...
-- solang lässt sichs aushalten im 'old europe'...

@Don
Das hält ...
Feiert schön.
Wurde hier oder in der Blogbar irgendwo schonmal gesagt, passt aber mehrfach:

Good night(s), and good luck.

... link  


... comment