Was kommen wird

Ich bin der Spross einer dem Auto nicht ganz abgeneigten Familie. Das erste motorisierte Zweirad stand schon vor dem ersten Weltkrieg im Hof und erregte eine gewisse Verärgerung beim Radsportverein des Stadt, der dieser Entwicklung kritisch gegenüber stand. Nach 1918 waren es dann schnell vier Räder, auf denen die Familie durchs Leben preschte, mit Ausnahme meiner Grossmutter, die es als 1. Motorradbesitzerin der Stadt zu einem weiteren Skandal brachte. Und einem Urgrossonkel, der es als Eintänzer zu einer steinreichen Frau gekommen war, und lieber in die Luft ging. Nach traumatischen Erfahrungen meiner Eltern mit Käfer Cabrios - aussen laubfroschgrün und innen sumpfnass - ging man kategorisch zu geschlossenen Fahrzeugen und einem vergleichsweise unprätenziösen Verhalten zu den Blechkisten über. Ein Verhalten, das in einer Autostadt nicht wirklich häufig anzutreffen ist, und erst wieder von meiner kleinen Schwester verändert wurde. Ich persönlich habe zu Autos kein besonderes Verhältnis, solange es fährt. Was damit zu tun hat, dass ich schon ziemlich viel gefahren bin, darunter auch Autos, die eigentlich auf Strassen nichts verloren haben.

Ich bin also genauso wurschtig wie meine Eltern. Dennoch gab es da eine Ausnahme; meine Eltern liebten Bücher mit dem Titel an sich sehr schönen Titel "Mit dem Auto wandern" aus dem Süddeutschen Verlag, auf denen meistens junge Paare mit schicken Coupes auf Alpenstrassen zu sehen waren. Passte auch irgendwie:



und nun ab zum schuhgeschäft!

In der Folge kam ich auf dem Rücksitz ziemlich rum und meine kleine Schwester, die den dynamischen Fahrstil nicht ertrug, zum Kotzen. Wir fuhren auf Berge und zu Seen, sahen Burgen und Kirchen, und überhaupt war jedes Wochenende was los. Fast immer unfallfrei, mit Ausnahme eines Ereignisses, das uns allen demonstrierte, dass es mit der angeblichen Sicherheit eines Mercedes nicht weit her ist - wir dagegen sassen im signalgrünen Audi 100.

Ich weiss nicht, wann die Bücher eingestellt wurden; vermutlich nach der Energiekrise mit ihren autofreien Sonntagen, als solche Titel nicht mehr opportun waren. Heute dagegen wirken sie fast grossväterlich, wenn man sich mal den Irrsinn auf der A9 oder die hässliche Fratzen und Totmacherformen moderner Autos anschaut. Der Ex-Werksfahrer in mir kriegt jedesmal Anfälle, wenn er diese Idioten sieht, die nie gelernt haben, mit diesen Maschinen verantwortungsvoll umzugehen. Ich habe das gelernt, und deshalb weiss ich, warum ich gerne mit Tempo 80 und 5 Liter auf 100 Kilometer über Landstrasse Richtung Burg und See zockle.



wo geht´s hier zum nächsten calzatore?

Ich denke, man sollte wegkommen von diesen allein auf Wichsereien über PS und Breitreifen angelegten Autoverherrlichungen. Darum geht es nicht, man ahnt es, wenn man Rasern zuhört - das macht denen keinen "Spass" im eigentlichen Sinn des Wortes. Ich glaube auch nicht, dass es die Mehrheit wirklich interessiert. Was nützt einem der schnellste Wagen, wenn man im Stau, in der Toskanareihenhaussiedlung oder in Düsseldorf ist. Vielleicht ist es angesichts der Energiepreise sinnvoll, wieder über das Wandern mit dem Auto zu reden. Über Ziele in der nähere Umgebung. Die meisten Münchner, die ich kenne, kommen sowieso kaum aus der Stadt raus, und das in einer der schönsten Regionen Europas. Sie nehmen es sich vor, aber die Alpen haben sie dann doch schon jahrelang nicht mehr gesehen.

Jedenfalls, to cut a long story - spätestens am 15. Mai bin ich wieder am Gardasee und in Breschia zu den Mille Miglia. Und zwar ganz langsam. Ich habe ja Zeit, und nachher ein paar gute Geschichten.

Dienstag, 9. Januar 2007, 00:51, von donalphons | |comment

 
witzig... endlich kann ich mal richtig angeben.
meine Urgroßmutter war die zweite Frau nach Martha Benz mit Auto; sie ist couragiert über die badischen Wege (Straßen waren es ja noch nicht so richtig) gebrettert.
Wenn der Sprit ausging, gabs einfach Alkohol vom nächsten Apotheker.

Für mich ist Autofahren eher Zeit zum Musikhören. Komischerweise fahre ich aber nach der italienischen Grenze vollkommen anders. Aber selbst die Popette sang ja schon, daß jeder irgendeinen Spanier in der Familie hat.

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Gibt's da Photos von? Wenn es kalt wurde, konnte man sich auch selbst innerlich mit dem Alkohol wärmen. Nehme ich an.

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Bei dem Text und den milden Temperaturen draussen musste ich daran denken, dass am 1. April das Cabrio wieder aus dem Winterschlaf geholt wird. Das hebt die Stimmung an so einem trüben Tag.

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Geht das Erdbeerkörbchen wieder? :-)

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Das Erdbeerkörbchen macht verdienten Winterschlaf in der Scheune. Selbst nach 7 Jahren Ruhe ist es letztes Jahr mit neuer Batterie sofort angesprungen.

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Ich vermute fast, es geht im Auto gar nicht ums schnell fahren, sondern lediglich ums schneller fahren. Da scheint der Urinstinkt, als Erster am erlegten Mammut anzukommen, so stark zu sein, dass heuztage im Strassenverkehr die neolithische Verbalkeule nur so rotiert. Und wer schon nicht unter den Ersten an der Beute ist, der will sich wenigstens durch individualisierte PimpKeuleKarre vom Rest des Rudels abheben.

Mei, wanns' schee an Scheich glücklich macht...

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Ich bin ja
sowieso für ein generelles Tempolimit auf deutschen Autobahnen.

120 reicht doch auch, um anzukommen ;-)

(ok, 70% der Strecken sind wahrscheinlich eh schon bei 100-120 gedeckelt ;-)

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@ drsno, macht nicht nur Scheichs glücklich, denn wir leben auch ganz gut davon. Auch dürfen viele von uns unsere Produkte auch selber fahren. Ein 911 Fahrer,
agerd at porsche punkt de

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120 wäre auch meine Zielvorstellung. Wobei ich zugeben muss, dass 120 nördlich von Leipzig dann doch zur Qual werden, aber gut.

Von mir aus dürften die aber auch gerne rasen - solang sie mehr für das Benzin zahlen (100% Raseraufschlag) und andere nicht gefährden. Aber genau das ist das Problem: Was so eine Rennsemmel kann und doch nicht kann - sich den Naturgesetzen widersetzen - merken die immer erst, wenn es passiert ist. In einem A8 fühlen sich 250 immer noch lässig an, aber das ist es nicht.

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es ist wunderbar dass du die binnennachfrage damit ankurbelst. danke agerd.

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Vater und Sohn
Das Foto ruft bei mir Erinnerungen daran wach, als ich 1963 das erste Mal meinen Vater auf meiner NSU Max von Ulm nach Günzburg fuhr.
In jeder, auch der sanftesten, Kurve geschuldeten Schräglage hielt er
sich senkrecht. Wir sahen in Kurven von hinten aus
wie ein durch zwei Körper gebildetes V.
Wäre die Rückfahrt nicht erforderlich gewesen, es
wäre seine letzte Fahrt als Sozius gewesen.
Er lernte es nie.
War auch gut so, ich fiel als verpflichteter Chauffeur künftig aus.
Und die folgenden vielen Kradlerjahre lassen mich
noch immer ganzjährig offen Cabriolieren.

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@agerd: Das mit den lustigen Scheichs, die sich von uns ihre Disneyinseln finanzieren lassen habe ich auf Dons 5 Liter Verbrauch geschrieben. Womit er wohl weit unter Durchschnitt liegt. Komisch dass so ein SUV mehr schluckt, oder?

Wie Porsche, Mercedes oder BMW von so einem gesteigerten Rohstoffkonsum profitieren kapier ich nicht so ganz. Aber wie für alles in der Automobilindustrie gibt's da sicherlich eine total einfache und einleuchtende Erklärung...

@Don: Die 120 auf der Tangentiale Bologna - Milano kommen mir übrigens immer wie knappe 250 vor...

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Ja, aber italienische 250!

Abgesehen davon muss man zur Poebene sagen: Landschaftlich 0, aber Essen 100. Man muss es eben so machne, dass man zwischendrin Risotto isst.

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@drsno: Ich währe froh wenn unsere Fahrzeuge auch nur 5 Liter verbrauchen würden, dann hätten wir es leichter mit einer einfachen und einleuchtenden Erklärung. Aber es macht trotzdem Spaß .

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Man könnte ja mal überlegen, ein Retro-Auto mit der Grösse und Motorisierung des kleinen 356 zu bauen. So ein kleines, sparsames Funmobil für zwei, das maximal 180 geht, sich ansonsten aber an den Rennversionen der 50er orientiert.

Weil, mal ehrlich: Der Cayenne ist eine Sackgasse, wie auch der Q7 und andere Dinger, die man in 5 Jahren nicht mehr wird anschauen können.

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Super Idee, kann ich mal bei Gelegenheit einkippen. Zum SUV muss ich Ihnen Rechtgeben, Don.
Aber die Käufer oder die es werden wollen, messen halt alles am 911er. Vor 20 Jahren hatte der Entwicklungsvorstand die Idee den 911 einzustellen und als Ersatz nur mehr den 928 zu bauen, alleine dafür wurde er fast gesteinigt.

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Hm... also, die Barchetta hat eine Vorgeschichte. Meine Eltern haben das Auto ja gekauft. Dass sie nicht auf den ebenfalls zur Debatte stehenden Boxter gewartet haben, lag daran, dass sie meiner kleinen Schwester keine Rennsemmel in die Hand drücken wollten, sondern etwas, das früher zu macht. Ich hatte da auch mal ein Gespräch mit einem Typen von BMW zu der Frage, warum und welchen Typ Mini Eltern ihren Kindern schenken. Immer das gleiche: Klein, schick, offen, halbwegs funktional, nicht so teuer, günstig im Unterhalt und nicht so schnell - jeder kennst schliesslich einen, dessen Kind sich derrannt hat.

Sprich, ein Auto, das nicht vernüftig aussieht, aber letztlich ein vernünftiger Kompromiss ist. Was dann auch übrigens der Grund für meine Schwester war, diesmal keinen 911er zu nehmen, sondern einen SLK350.

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Mit dem Auto wandern
habe ich letztes Jahr noch zu Weihnachten verschenkt. War allerdings auch ein reduziertes Exemplar und ich weiß nicht mehr wie aktuell. Allerdings höchstens 2 Jahre. Gibt es also noch.

Ansonsten bewege ich meinen 2.0l Turbo auch am liebsten sinnig durch die Gegend - allein schon wegen der 14l/100Km ;-) Am allerliebsten ist mir da die Vespa (selbstredend im Blechkleid, ohne Batterie und über 20 Jahre alt) ... die verbraucht weniger und Spaß hat man auch deutlich mehr, als in so einer Blechkiste.

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Ich habe heute nacht lange gesucht, ob es die Bücher noch gibt, aber ich habe nichts gefunden - schade eigentlich.

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"Mit dem Auto wandern"
Buchreihe von ca. 1964 - 1974
Das 1996er Exemplar ist vom Bertelsmann
via ZVAB

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Sind wohl zwei verschiedene Schuhe. Der Don meint die alte "Serie" und ich habe offensichtlich das hier http://www.amazon.de/Wandern-mit-dem-Auto-Deutschland/dp/3575220522 verschenkt. War dann wohl letztes Jahr auch schon ein Ladenhüter - wenngleich es gar nicht so schlecht aussah. Und als Geschenk auch ganz passend war ... zum neuen Cabrio ;-)

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Diese hier sind gemeint.

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Ja, sehr schade drum. Am besten ist der Band von Friedrich Springorum übers südliche Oberbayern erstmals 1969 erschienen: eine Mischung aus wohlgeplanten Kunsttouren, schön zu lesenden Beschreibungen (mein Favorit: Herr Springorum beschreibt Rott am Inn) und zum Abschluß des Autofahrertags lustige Abende in (wohl längst verblichenen...) Kneipen, Marke: 'ein kleines Gasthaus, in dem wir verweilend den Tag ausklingen lassen können'... und dann angeschickert mit dem BMW 1600 (der gehört für mich da einfach dazu) über die Autobahn nach Hause... goldene Siebziger.
Ein Buch, das zu unseren Urlauben immer unbedingt dazugehört.

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Historiker wissen: Die Geschichte ist nie vorbei.

Nie.

Solange sich jemand daran erinnert.

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Weil wir schon dabei sind: Die Fackel von Kraus ist jetzt komplett online.

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Nun, das werde ich nicht bieten können.

Das andere - nun, wir werden sehen...

:-)

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so cool
wer ist der nette herr mit den offensichtlich natürlich hochgezogenen mundwinkeln?

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Nur ein weiterer exzellenter Blogger :-)

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*g*

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