Die wahrhaft wichtigen Dinge des Lebens

Ein geschmierter Schreiberling wird nicht weiterbeschäftigt? Politknallchargen üben sich im öffentlichen Diskrepieren, statt die Sache ohne Dis-sen zum Staatswohl über die Bühne zu bringen? Und anything goes so weit, dass sich alle meine homosexuellen Bekannten inzwischen fragen, ob Hetentum wirklich so übel ist, wenn man damit den diversen Willwelles in der eigenen Peergroup aus dem Weg gehen kann? Kann sein, aber das alles ist mir egal. Denn ich habe meine Seelenruhe wiedergefunden, die ich am Samstag verlor. Und das kam so.

Nach diesem Glücksgriff war die Geschichte noch nicht vorbei, denn ein paar Tische weiter stand ein komplettes Speiseservice aus einer thüringischen Manufaktur. Und die belegte hier auch über 10 Jahre nach ihrer Insolvenz noch einmal, dass Industriespionage und Produktklau keine Erfindung des 20. Jahrhunderts und kein Monopol Fernasiens sind: Von aussen sah es aus, wie das originale, blaue Zwiebelmuster aus Meissen. Man musste schon genau hinschauen, um an der Oberfläche die Unterschiede zu erkennen, und die Porzellanmarke hinten gab sich die Mühe, Buchstaben als gekreuzte Schwerter erscheinen zu lassen. Billig war es ausserdem, 38 Euro für 20 Teile, mit Terrine und Fleischplatte, aber:

Blaues Zwiebelmuster. Das ist zwar ein Klassiker, und gründet sich formal auf den feinsten Produkten holländischer Fayenceproduktion - mit der sich zeigt, dass man auch in Meissen schon das stahl, was die Holländer wiederum den Chinesen abgeschaut hatten. Die Kette der Begehrlichkeiten jedoch reisst vor meiner Person, denn ich finde trotz meiner fast schon krankhaften Sucht nach asiatisch inspirierten Relikten des Rokoko genau dieses eine Muster wirklich nicht schön. Das heisst, bei 38 Euro fange ich langsam an, doch darüber nachzudenken, und als ich dann 30 Kilometer hinter Würzburg war, verfluchte ich mich für den Gedankengang, dass ich sicher noch was Besseres finden würde, und beim mir der Platz langsam eng wird. Bei nüchterner Betrachtung ist tatsächlich in rund 4 Tafelservicen für 12 Personen definitiv Schluss, und da hätte ich eben doch lieber Roter Drache, Streublumen, Weinlaub, Hutschenreuther Empire und - was? Schon voll? Grausame Welt! Aber doch, wie lange dauert es, bis ich das Gewünschte finde, und in Veitshöchheim stand es als Zwiebelmuster da, für mich, günstig und praktisch neu, und wer weiss: Vielleicht würde es mir gefallen, wenn ich es besässe. Ganz sicher sogar, und die Farbe würde vielleicht schon - mit passender Tischdecke - ins Esszimmer passen, und so fuhr ich mit leicht gekränktem Glück über das erstandene Silber nach Hause. Am nächsten Morgen fluchte ich meiner Sparsamkeit, stieg in den Wagen, fuhr zum nächsten Flohmarkt, und was soll ich sagen:



Hutschenreuther Maria Theresia Weinlaub, es ist eine echte Schande, dass sie es nicht mehr machen, denn es ist das Herbstdekor schlechthin. Davon jedoch stand ein komplettes Service mit Terrine, Salatschale, Sauciere - eine doppelhenklige Sauciere mit zwei Schnäbeln, manieristischer geht es kaum! - diversen Platten und kleinen Tellern für 6 Personen auf schwarzem, höchste Preise befürchten lassendem Samt, weshalb ich wahrscheinlich der erste war, der zu fragen wagte. Der Preis? Nun, kein Zehntel dessen, was man neu zahlen würde, und ein weiteres gefülltes Fach im PrunkRundschrank. Wo es in Weiss und Grün perfekt zu den Farben des Raumes passt.



Das ist wirklich wichtig, das war die Neuigkeit des Tages. Und im Gegensatz zu den Vorbesitzern, die in den vergangenen 70, 80 Jahren nicht das kleinste Kratzerchen auf den spiegelnden Innenflächen hinterlassen haben, wird es hier auch benutzt.

Montag, 19. November 2007, 17:22, von donalphons | |comment

 
Das ist nun aber wirklich traumhaft. Ich sollte mal wieder bei Dir zum Essen kommen ;-)

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Solange Du keine argentischen Steaks oder fränkische Hechte am Spiess, Berliner Brattelegehirne oder Rossbraten im Steingarten nach Austart willst, kann es mir nur recht sein.

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... alles schoen und gut wenn doch nur endlich mal was vernuenftiges auf den Tisch kaeme. Geschirr waere mir wurscht - aber immer, immer, immer diese Seniorenresidenzverpflegung ... das schlaegt doch aufs Gemuet.

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Ein Jammer. So ein schönes Porzellan und dann kein anständiges Stück Fleisch darauf.

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Wieviel Kreuzfeld-Jakob hätten´S denn gern?
Heute Abend: Gratin.

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... eben, strappato - von dicken Rouladen mit schwerer Bratensosse bis zu einer schoene Gaenseleberpaste - allerlei Koestlichkeiten aus Tierkadavern waeren dort praechtig aufgehoben - und was gibt es ? Duennes rotes Tomatensueppchen ...

Schwester? .... S c h w e s t e r!!! ... isch mist amol uff de Glo ... S c h w e e e e e e ster ...

[Edit] Gratin ist keine Loesung, nur Beilage ...

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@Kreuzfeld-Jakob: Das war auch so eine Panikkampagne der Pilzzüchter und Grashalmfetischisten, an die sich nur die Älteren unter uns noch erinnern können.

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Das sind dann auch die, die sich wegen Datenschutz beschweren. Weil sie es ohne Alz noch nicht vergessen haben, und ohne Gicht die Kiefergelenke auseinanderbringen.

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Ich führ Euch gleich einen Foodporneinlauf ein, dass Ihr bedröpst auf Euren Aldi-Wurschtaufschnitt glotzt.

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Was ist dieses Aldi?

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Stimmt, das kennt man nicht, wenn man sich Dosenwurst im Internet bestellt...

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Was ist Dosenwurst?

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Da gibt es ganz leckere Sachen.

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Ja sind wir hier denn im Iran?
"Was ist dieses Aldi "erinnert mich jetzt an ein Gedicht von Said Soltanpur: "Was ist dieser Kerker? Was sind diese niedrigen Mauern? Nichts als brüchige Hindernisse im Weg einer reißenden Strömung, einer Strömung, die alles entwurzelt. Hinter dieser langen Nacht, dieser greisen, gebrechlichen Nacht, wird sichtbar der klare Morgen des Volkes, der Tagesanbruch des Erwachens."

Aber vielleicht ist Aldi dem Gourmet-Geschmack ja auch das Gleiche wie dem oppositionellen Dichter ein iranisches Gefängnis ;-)

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Na wartet!

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Berliner Brattelegehirne auf dem Teller wären für mich sogar ein Grund, vegan zu werden.

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vegan? ja gehts noch ... ?

aber mal im Ernst Genossen, fahrts mal dahin wo wirklich gute Gegessen wird - also sagen wir mal zum Beispiel in die Gascogne - und dann begegnet dem Maitre des Hauses mit dieser laeppischen Vegetarierattituede ... das geht dann ganz fix: 2l Flasche Floc ueber die Birne, Fusstritt ins Gesaess und dann habt Ihr euer Gruenzeug ... draussen vor der Tuer, bei den Gaensen und Enten ...

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Der Maître wird schon nach Aufnahme der Aperitifbestellung das Zepter an die Küchenhilfe übergeben. Earl Grey, sérieusement?

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Dumdidum
Das wird dann das südfranzösische Gratin.



Jaja.

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Und jetzt zeigt mal, wie Euer Fleisch so ausschaut.

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hutschenreuther? en masse. so gut wie alles. dazu meissner und alles andere. :-)

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Und damit es fair ist: Ich gebe auch keinen Punktabzug, wenn es nur versilbert ist, und das Imari aus dem frühen 20. Jahrhundert stammt. Alles bis zur Taishō-Zeit ist legitim, da bin ich nicht so.

Zumindest in der Küche...

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leider liegt das alles in einem sehr schönen großem schrank in einer anderen stadt. aber es ist wirklich schönes porzellan! :-)

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Ich gebe es ja nur ungern zu, aber das Bild hat was.

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Das ist natürlich suboptimal. Ich kenne das, das Familienporzellan ist ebenfalls in so einem Schrank, deshalb kaufe ich ja zu.

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... beim Suedfranzosen ist das Gratin eine kleine Beilage zu einem ordentlichen Lammsteak (zB.) ...

... das ist doch alles "chichi" .... huhuhuhu suedfranzoesisches Gratin ... kennt man in Suedfrankreich doch gar nicht ...

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Die Gläser sind mal wieder schööön!

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Franz! Hosen runter und zeig den Schinken, den Du isst!

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... heute nix Schinken, heute Merguez/Frites



... und Geschirr brauchts auch nicht ...

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Täusche ich mich, oder ist dieses Bild kleinlaut?

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besser?

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Und ist das die grandiose Küche der Gascogne? Falls ja, hat sie von der Pariser Randzonen gelrnt, mag mit scheinen.

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Ui, die Gabel ist ja tres chique!

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poehh - mit ein wenig Bildung haettest Du erkannt das das ein Bild aus Belgien ist ...

Frage : woran erkennt der Fachmann das sofort?

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Die hundescheissefarbene Sosse, würde ich sagen.

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Falsch, noch zwei Versuche ...

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Du lenkst ab.

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Du bist kein Fachmann ... also, woran erkennt man es?

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Natürlich nicht! Aber ich kenne mich mit altem Porzellan aus, und das ist ganz sicher kein Imari und auch kein Seladon, sondern klopapierähnliche Verpackung. So nicht, bitteschön.

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poeh ... die Merguez sind die totale Negation der kulinarischen Seniorenresidenz - scharf gewuerzt, von verschlagenen Arabern aus Eselsabfaellen und Saegemehl zusammengedengelt, jedes Wuerstchen entspricht 1200293993 Broteinheiten .... genau so!

Loesung der heutigen Preisfrage: nur der Belgier fuellt seine Fritten ins Baguette.

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@Franz, das mit den Fritten im Baguette (ohne Merguez!) habe ich auch in den Außenbezirken von Paris gesehen, in einem unverdächtigen Bistro.

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... ja, belgische Exilanten haben diese uralte wallonische Volkskunst nach Frankreich eingeschleppt ... insofern kann das durchaus sein ...

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Von aussen sah es aus, wie das originale, blaue Zwiebelmuster aus Meissen

da gab es auch einmal die firma teichert, ebenfalls in meissen, die das zwiebelmuster in lizenz verwendete.

weinlaub, streublumen und vieles mehr: die staatliche porzellanmanufaktur hat am 19.04,2008 und am 18.10.2008 tag der offenen tür.

und auch der dom zu meissen ist sehenswert, wie meissen überhaupt.

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So, hier komme ich
Nach 20 Uhr bitte nicht mehr stören ;-)


http://che2001.blogger.de/stories/971622/

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Das Salzglas oben links auf dem ersten Bild und die Tischplastikdecke führen zur Disqualifizierung. :-)

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