: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 13. September 2004

FAZankleber

OK, er ist eigentlich selber schuld. Er hätte ja auch einfach eine Banklehre machen können, wie Sabine. Die hat jetzt ein Haus in der Vortadt und leitet die Filiale gleich gegenüber. Aber das war ihm zu doof. Er hatte mehr im Kopf, er war smarter. Die Wirtschaft war ein Haifischbecken, klar, aber er würde vorankommen.

Das heisst, immer zu Semesterbeginn wurde er unsicher. Da waren noch so viel andere BWLler. Zum Glück verteilten hübsche Hostessen an der Mensa den Frankfurter Allgemeinen Hochschulanzeiger. Der sagte ihm, wo es lang ging. Dass er doch die richtige Entscheidung getroffen hatte. Dahinter steckt immer ein smarter Kopf.

Klar, dass er die FAZ dann auch bestellte, neben der FTD, weil Handelsblatt ist was für Opas. Als er dann sein Startup gründete, lag auf dem Empfangstisch auch noch die Brand1. Die Mädels hinter dem Schalter sahen so aus wie die FAZ-Hostessen, auch so schniecke angezogen, blond, clean und tough. Als die ersten Probleme auftauchten, orderte er das Managermagazin und kassierte immerhin noch die Uhr als Prämie, die er heute trägt. Als es scheiterte, bestellte er doch noch das Handelsblatt, weil es doch irgendwie seriös ist.

Heute liest er gar nichts mehr. Er liest schon beim Plakatieren genug. Und dann zu Hause, natürlich die Stellenanzeigen für Sachbearbeiter.



Aber mit dem abgebrochenen Studium und dem privaten Offenbarungseid wird das nicht so einfach. Sachbearbeiterposten sind heute heiss begehrt, bei BWL-Absolventen. Besser als arbeitslos sein. Was auch schlimmer ist als Plakatieren.

Plakatieren ist halbwegs sicher, zumal, wenn es für eine Zeitung ist, hinter der ein smarter Kopf steckt, und es an Orten geschieht, wo sehr viele noch nicht mal so einen Job haben. Das Leben ist eine Baustelle, wo viele platte Parolen verbreitet werden. Und die Karriere ist die angesägte Gasleitung, die bald hochgeht.

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