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Montag, 22. November 2004
Grob gesagt
ist es so: Die Bevölkerung der Provinzstadt ist bis heute durch den Wohnort sozial determiniert. Früher, im 19. Jahrhundert, war es wichtig, ein möglichst grosses Haus in den besseren Vierteln der Stadt zu haben. Diese simple Regel teilte die Bevölkerung in 10% Besitzende, die mehr hatten, als man zum Leben braucht, 30% Habende, die ihren Wohnraum besassen, und 60%, die in den grossen Häusern der Besitzenden die oberen, schlechteren Stockwerke mieten musste. Es gab unter ein und dem selben Dach Kinder, die mit Goldmünzen Schusser spielten, und andere, die in Besenkammern schliefen. Der Besitz von grossen Häusern in der Stadt ist heute, in Zeiten der Mieterrechte und des Anspruchsdenken kein wirkliches Kriterium mehr. Das Kriterium ist heute, ob man zu Fuss zum Naherholungsgebiet im Auwald gehen kann, oder ob man mit dem Auto fahren muss.
Dieses Areal entstand aus dem Kiesabbau im Eichenwald, der bis heute die Ufer des grossen Flusses ziert. Es wurde Anfangs der 70er Jahre zu einer grossen, nur manchmal von den örtlichen Tennisclubs durchbrochenen Seenlandschaft aufbereitet, und damit zu einem Anziehungspunkt für die gesamte Stadt. Ein schmaler Streifen Land entlang des Überflutungsgebietes wurde zur Bebauung freigegeben, und die Grundstückspreise sowie gewisse, historisch bedingte Beziehungen der Verkäufer garantierten, dass man hier unter sich blieb. Und so gab es Kinder, die nach der Schule mal schnell schwimmen oder Tennis spielen gingen, und andere, die dort nur schlecht hinkamen, weil es natürlich nur Schulbusse für die Anwohner gab, und es mit dem Fahrrad schon ziemlich weit war.
Aus den Kindern wurden Erwachsene, aus den Fahrrädern wurden Autos, aus den schlechteren Vierteln wurden Viertel mit Doppelhaushälften, was nach Ansicht mancher weniger als die Summe der einzelnen Teile ist. Diese Leute wohnen immer noch am See, auf 200 Quadratmeter aufwärts, und machen von der Haustür aus Nordic Walking auf dem Uferweg. Es sind ja nur fünf Minuten, und über diejenigen von ausserhalb, die in sich in ihren Blechhaufen über die enge Strasse zu einem viel zu kleinen Parkplatz quälen, könnte man eigentlich nur lächeln, wenn man die zur Kenntnis nehmen würde. Tut man aber nicht, denn man kennt nur wenige Leute, die nicht in diesem Viertel wohnen. Der See gehört allen, aber manche haben ihn immer, und andere nur, wenn sie sich den ganzen Stress mit der Parkplatzsuche antun, die auch Ende November noch eine Qual ist.
Natürlich lässt sich diese Regel nicht immer und auf jeden anwenden. Natürlich sind diejenigen, die aus ihren Doppelhaushälften oder Mietwohnungen mit dem TT an den See kommen, keine Grattler - würde hier auch niemand behaupten. Aber es ist eben doch etwas anderes, da ist man sich hier ziemlich sicher. Keine endgültigen Vorurteile, ach was, denn die beiden Viertel beim See sind viel zu klein, um wirklich alle aufzunehmen, die wohlhabend oder vermögend sind. Am Krankenhaus und dem daneben liegenden Golfclub, in einem Dorf weiter westlich, das ebenfalls so einen See hat, gibt es ähnliche Leute und vergleichbare Häuser. Aber wer zu Fuss zum See gehen kann, ist der sicheren Seite, und bei den nicht laut bezifferten 10%, denen man angehören sollte, wenn man hier etwas gelten will.
Dieses Areal entstand aus dem Kiesabbau im Eichenwald, der bis heute die Ufer des grossen Flusses ziert. Es wurde Anfangs der 70er Jahre zu einer grossen, nur manchmal von den örtlichen Tennisclubs durchbrochenen Seenlandschaft aufbereitet, und damit zu einem Anziehungspunkt für die gesamte Stadt. Ein schmaler Streifen Land entlang des Überflutungsgebietes wurde zur Bebauung freigegeben, und die Grundstückspreise sowie gewisse, historisch bedingte Beziehungen der Verkäufer garantierten, dass man hier unter sich blieb. Und so gab es Kinder, die nach der Schule mal schnell schwimmen oder Tennis spielen gingen, und andere, die dort nur schlecht hinkamen, weil es natürlich nur Schulbusse für die Anwohner gab, und es mit dem Fahrrad schon ziemlich weit war.
Aus den Kindern wurden Erwachsene, aus den Fahrrädern wurden Autos, aus den schlechteren Vierteln wurden Viertel mit Doppelhaushälften, was nach Ansicht mancher weniger als die Summe der einzelnen Teile ist. Diese Leute wohnen immer noch am See, auf 200 Quadratmeter aufwärts, und machen von der Haustür aus Nordic Walking auf dem Uferweg. Es sind ja nur fünf Minuten, und über diejenigen von ausserhalb, die in sich in ihren Blechhaufen über die enge Strasse zu einem viel zu kleinen Parkplatz quälen, könnte man eigentlich nur lächeln, wenn man die zur Kenntnis nehmen würde. Tut man aber nicht, denn man kennt nur wenige Leute, die nicht in diesem Viertel wohnen. Der See gehört allen, aber manche haben ihn immer, und andere nur, wenn sie sich den ganzen Stress mit der Parkplatzsuche antun, die auch Ende November noch eine Qual ist.
Natürlich lässt sich diese Regel nicht immer und auf jeden anwenden. Natürlich sind diejenigen, die aus ihren Doppelhaushälften oder Mietwohnungen mit dem TT an den See kommen, keine Grattler - würde hier auch niemand behaupten. Aber es ist eben doch etwas anderes, da ist man sich hier ziemlich sicher. Keine endgültigen Vorurteile, ach was, denn die beiden Viertel beim See sind viel zu klein, um wirklich alle aufzunehmen, die wohlhabend oder vermögend sind. Am Krankenhaus und dem daneben liegenden Golfclub, in einem Dorf weiter westlich, das ebenfalls so einen See hat, gibt es ähnliche Leute und vergleichbare Häuser. Aber wer zu Fuss zum See gehen kann, ist der sicheren Seite, und bei den nicht laut bezifferten 10%, denen man angehören sollte, wenn man hier etwas gelten will.
donalphons, 14:50h
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