: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 1. November 2005

The place not to be

eine gute sache am bloggen ist, dass man da all das reintun kann, was zwar im seelischen raum steht, aber nur bedingt gesellschaftsfähig ist, wenn man im anschluss wo eingeladen ist und bei der gelegenheit vielleicht auch noch halbwegs entspannt einen schlusspunkt hinter eine geschichte setzen muss, die zu lange dauert - und wenn man es doch wieder nicht schafft, dann stört es wenigstens nicht bei der gestaltung des unausweichlichen

Zu eng, zu krumm, immer das gleiche, nach einer Stunde kennt man jede Strasse, und wir, die wir hier gross geworden sind, kennen jeden abgetretenen Pflasterstein. Und so ziemlich alle standesgemässen Möglichkeiten für das Eine, die Gymnasien sind ja nicht weit auseinander. Die entsprechenden Viertel liegen auch nebeneinander, von der Altstadt zum Fluss, dann raus zum ersten Kaff am Golfplatz vorbei und am Krankenhaus, durch das Ärzteviertel und dann wieder zurück an den Rand des alten Kerns. Alles ist für uns mit dem Rennrad zu machen, alles das gleiche, in allen Häusern die gleichen Andenken an die Reisen, die Doppelgaragen und immer teure Säfte im Kühlschrank für junge Gäste, das Gesundheitsgift dieser Welt, nur die Konzentrationsmittelchen sind, wenn nötig, der eigenen Brut vorbehalten.

Manche von uns kommen ganz schön rum. Mit der Tante auf die Malediven, ins Ferienhaus bei Massa oder nach Freyus mit dem Golfclub auf Turniere, mit den Brettern nach Sylt oder den Lago, mit den Ruderern zu den Rennen, und im Winter mit allen anderen nach Chamonix. Nirgends sind die Strassen so eng, die Häuser so verschachtelt wie daheim, wo der Nebel ein Dauergast ist und sich auch in die Hallen und weitläufigen Wohnräume auszubreiten droht, wenn wir im Winter lüften, damit die Eltern nichts riechen, wenn sie vom Konzertverein kommen.



Manchmal gehen wir mit der sauberen Tochter einen Bankenchefs durch diese engen Strassen, nach irgendeinem Ball, fühlen die Wärme und nehmen uns trotzdem vor, es bleiben zu lassen, denn irgendwas passt nicht: Vielleicht die Ahnung, dass es Ernst werden könnte und uns dann hier hält, was so ziemlich das Letzte ist, was wir wollen. Für die Schönheit und das Mass bleibt kein Blick, und Jahre später, irgendwo in einem Laden, der weit entfernt und bald wieder geschlossen ist, Dorian Grey, wenn das noch einer kennt, treffen wir einen, der uns erzählt, dass sie es tatsächlich nicht raus geschafft hat. War klar, denken wir uns und reden über Schalkrägen von Gaultier und die andere, die drall war und eine Granate im Bett. Nicht dass wir es erlebt hätten, aber sie sah so aus und wir waren neidisch auf die, die es zu wissen vorgaben, und dann trinken wir zum Wohle der Frau, die es ganz sicher geschafft hat, in die geschichtslose Welt und die weltumspannende Klasse, auf die wir vorbereitet wurden.

Zumindest zeitweise. Machmal dauert es ein Jahr oder länger, bis die Neuigkeiten zu uns dringen, dazu müssen wir auch erst mal eine Weile hier sein, aber dann treffen wir doch die Tochter des Bankchefs, und die erzählt uns dann etwas von der, an die wir die ganze nacht im Dorian Grey denken mussten und an die verpassten Chancen, die jetzt für immer verpasst sind, und das uns dazu bringt, ganz gegen den eigenen, vollkommen fremdartigen internationalen Ritus, an diesem Tag zu der besagten Reihe und der Nummer zu gehen, die, ironisch genug, nur durch eine Mauer von dem Areal getrennt ist, das unsereins gehört. Sogar hier sind die Viertel noch irgendwie intakt, aufgereiht wie südlich davon die Häuser der Lebenden am Fluss die grossen Namen der kleinen Stadt, die nur auf denen lasten, die sehen, wissen und vielleicht gerade deshalb hier verbleiben. Grosse Kerzen für die Rebellen wie für die Angepassten sind selbstverständlich Ehrensache, nur nicht negativ auffallen, und nichts auf dem Marmor erklärt, warum es so kam.

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Vor etwas mehr als drei Jahren

war ich ein wenig spät dran. Ich hatte nach einem leicht psychodelischen Abend, der der letzte mit einer bestimmten Person werden sollte, verschlafen. Ihr Photo vom Wahlabend im Kreisverwaltungsreferat hat sie nie gesehen. Sie schickte mir eine SMS, die in eine andere Richtung wies, als es letztendlich gehen sollte, und ich sprang auf und machte mich auf den Weg zur CSU-Zentrale. Die Grünen-Plakate am Königsplatz hatte die Parteijungend mit "Willkommen daheim, Edmund" überklebt, und hinter mir kam er auch schon, in seinem schwarzen Limousinenkonvoi. Ich konnte gerade noch das Rad an der Hecke neben der Einfahrt zur Zentrale abstellen, da stieg er auch schon aus. Mit einem Gesichtsausdruck, den ich nie vergessen werde; nicht aus Bosheit oder Häme, sondern weil ich ihn da zum ersten Mal in der Öffentlichkeit privat sah. Gefasst, aber innerlich gebrochen.

Ich denke, es war diese Fahrt, dieser Moment vor der Meute daheim, im Kernland, die der ausschlaggebende Grund dafür sind, dass Edmund Stoiber auch diesmal in Bayern bleibt. Vielleicht ist es ganz gut so, für ihn. Schade, eigentlich; ich hätte dem Merkel den Stoiber als Minister gewünscht.
und die rechte bagage wird auch das nicht dazu bringen, endlich in ihr geleastes nuttenflitscherl zu steigen und in die schweiz abzuhauen, um dort zu blochern, statt dessen werden sie jetzt wieder schwampeln

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Medientage: Der Nachtrag

des Moderators zur Blogdiskussion und den anderen Nachträgen. Ich hoffe, ich wirke nicht nachtragend. ;-)

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Hat irgendwer eine hübsche Geschichte

sonst noch in den Blogs zu Allerheiligen/Halloween gelesen/geschrieben?

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Welche Geister?

Wie ist es denn so, Allerheiligen in so einem alten Haus? fragt eine etwas unbedarfte Frau, während sich vor dem Fenster des Lokals Nebelschwaden zusammenballen.

Wie soll es schon sein. Der berühmteste Tote des Hauses liegt sicher in einem Schrein in Altötting, da kann nichts passieren. Von den anderen Verbrechern war hier nur die zweite Reihe, die Illuminaten, die hier wohnten, waren gar nicht so wie allgemein behauptet. Faustus himself wohnte nicht hier, sondern 50 Meter die Strasse runter. Johannes Neydecker hatte allenfalls lokale Bedeutung, und gerade wegen Leuten wie ihm wird doch sicher kein Umtrieb sein, ich mein, das Haus stinkt doch bis heute nach der Gesellschaft, das mögen Geister nicht. Dass die Bodenplatten früher Grabsteine waren, ist nur der Sparsamkeit der Bauherren zu verdanken, die in die Fussböden als Bauopfer eingebrachten Katzen haben wir entfernt, und die Dolche im Dach, da würde ich mir nichts denken, damit hat man wohl längst zerfallene Fledermäuse angepint, Mordwaffen versteckt man besser und ausserdem wussten die früheren Bewohner, dass Bücher viel wirksamer sind als Stahl. Und ausserdem lukrativ, nicht umsonst konnten sie sich die lebensfrohe Rokokokirche daneben leisten.



Das ging nur, weil sie so berühmt waren - dank ihrer aufgeklärten Haltung. Das waren mit die ersten im Katholizismus, die mit den Legenden über Leichen aufgeräumt haben und nachschauten, was da nun drin ist. Gut, die Sache mit den Todesurteilen für Malefizpersonen auf dem Scheiterhaufen, die in Enthauptung umgewandelt wurden, wenn sie ihren Körper zu medizinischen Zwecken freigaben, das war kein Ruhmesblatt, aber: Immerhin war man sich nach über 100 Jahren Untersuchungen und vielen toten, aufgeschnittenen Frauen recht sicher, dass Hexentum den Körper innen nicht verändert. Hey, das war damals eine akademische News, die sich von diesem Haus in die Welt verbreitete!

Bleibt nur die Sache mit dem Keller. Der lief mal voll, wegen eines Wasserrohrbruchs. Aber als dann die Feuerwehr da war, war das Wasser schon wieder verschwunden. Durch den Fussboden. Einfach so. Man geht davon aus, dass darunter noch was kommt, und man sieht auch, dass die Treppe früher noch weiter nach unten führte, ein Bogen des Zugangs ist noch erkennbar, wenn man die alten Grabsteine - ja, wir haben Grabsteine im Keller, na und? Keine Ahnung wieso, die waren schon da, als wir das Haus vor 150 Jahren, also wo war ich, genau, also, dahinter ist eine vermauerte Tür, da geht es in einen weiteren, tieferen Keller. War auch irgendwo logisch, denn irgendwo mussten Orban und seine Kumpels ja ihre alchemistischen Experimente... Orban? Nur ein weiterer Fanatiker, jedenfalls, nachdem im Convikt nebenan nichts dergleichen ist, haben sie das alles wohl da unten gemacht. Na so Sachen halt. Orban war ein echter Freak, was sowas anging, skupellos und ehrgeizig, vornerum sehr gläubig, hintenrum dagegen... Aber immerhin, das ist nun mal der Beginn der Naturwissenschaften.

Also nix unheimlich, christliche Aufklärung Galore. Du kannst ja nachher mitkommen, dann zeige ich Dir mal den Wandschrank mit der weissen Frau, die aber immer nur kommt, wenn jemand stirbt, da brauchst Du keine Angst haben, ich hab sie jetzt schon seit 5 Jahren nicht mehr gesehen... nein? Ach komm, man gewöhnt sich an alles in so einem alten Haus. A propos weisse Frau: Habe ich eigentlich schon mal die Geschichte von der grossen Tuberkoloseepedemie erzählt, als es das ganze Hinterhaus hingerafft hat, aber aber, kein Problem, ich mein, als die Toten draussen waren, hat man gleich danach wieder eine Bäckerei reingebaut, da hat sich doch kein Mensch was bei gedacht, alles locker, also ...

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