: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 8. März 2007

Real Life 08.03.07 - Deutsche Elite

Er ist dir schon vor dem Hotel aufgefallen, in dem die Besprechung stattfindet. An der vorletzten Ampel war er neben Dir, und er ist dir aufgefallen, weil Leute mit der Fluppe rechts und Handy links eigentlich keine S-Klasse durch den Verkehr bewegen sollten. Die letzte Ampel vor dem Hotel schaltete dann um auf Gelb, Du hast gebremst, und er drückte seinen Blechberg seelenruhig über die Kreuzung, obwohl es längst rot war. Jetzt sitzt er vorne rechts und will mitreden. Schliesslich ist es sein Geld, das da drin steckt, und weil es sein Geld ist, meint er auch das Recht zu haben, seine Position zu vertreten. Selbst wennn hier diejenigen sind, die er noch nicht bezahlt. Bezahlt hat er eine grosse Kanzlei, die seinen Alleingang in der ersten Instanz in den Sand an der Ostsee gesetzt hat.

Diese Abzocker. Seine Einschätzung der bisherigen Rechtsberater hat er schon im Vorfeld mal kund getan, jetzt sollen es die Haifische richten. Mit Hilfe der anderen Betroffenen. Gemeinsam sind sie stark, aber er hat noch nicht mal bis zum Ende des eigentlichen Vortrags abgewartet, um zu zeigen, dass mit ihm jetzt der neue Leitwolf da ist. Frau G. hat zwar noch mehr Geld drin, aber sie ist erkennbar am Ende, denn sie hat keine Reserven mehr. Und der Herr aus dem Osten, der sein Vermögen mit Billigzähnen zu Vollpreisen gemacht hat und es gerade wieder verschwinden sieht, ist nach dem 2. Herzinfarkt auch nicht mehr der Macher, der er mal war, als er dir vor Äonen in Berlin vorgestellt wurde. Da kam er frisch aus dem Club des Fondchefs und meinte, dass er noch jedes Mal sein Geld bekommen habe. Die Gewissheit ist ihm inzwischen gründlich vergangen.

Der Typ aus der S-Klasse macht seinen dummen Einwurf, den er nicht hätte machen brauchen, wenn er die ganze Zeit da gewesen wäre. Aber hier herrscht Rauchverbot, und deshalb war er draussen, als der Punkt erklärt wurde, von dem er glaubt, man hätte ihn übersehen. Man erklärt es ihm nochmal. Man ordnet es für ihn ein, und die Haifische haben längst aufgehört, sich über den neuen Mandanten zu freuen. Das ist einer von denen, die dann plötzlich, kurz vor dem vorteilhaften Ausgang, ausscheren und eine aussergerichtliche Sondervereinbarung treffen. Einer, dem man tunlichst alle Tricks und Wendungen verschweigt. Genauso könnte man nämlich die Gegenseite anrufen und es ihr erzählen.

Er schaut dem Servicepersonal ungeniert auf den Hintern, er hat keine Tischmanieren, was sich beim Essen an den kleinen Stehtischen als Urgrund der Peinlichkeiten erweist, sein Maul hängt tief über dem Teller und du kannst nicht anders, als angewidert die kurzen Borsten anzusehen, die über den Hemdkragen scheuern. Um ihn herum herrscht angesichts der neuen Fakten Trauer und Entsetzen, aber er weigert sich, die Realität anzuerkennen. Er sieht eine Bedienung, macht mit vollem Maul laut Mmmmhhmm, so dass sie sich umdreht, winkt sie zu sich und zeigt auf das nicht ganz leere Weinglas. Als sie ihm einschenkt, hat er die Brocken verschluckt und besteht auf einem randvollen Glas. "Weil Sie so selten vorbeikommen". Du stehst schräg dahinter und wunderst dich über das Zustandekommen der Berichte über dieser Person, die du im Netz gefunden hast. Ein Ausbund an Selbstbewusstsein, inmitten der Tristesse des leicht überdurchschnittlichen Müncher Edelhotelfrasses.

Später dann, als alles vorbei ist und du zu deinem Wagen gehst, fährt er an Dir vorbei, diesmal wieder eine Fluppe in der Hand, und das Handy wird sicher auch gleich ergriffen. Über dir ist dieser wunderbare Münchner Himmel, der Italien verheisst, dazu dieser Platz, der nach italienischem Muster entworfen wurde, und zu deinem Glück italienischer Art würde es nur noch fehlen, wenn aus dem dunklen BMW, der neben ihm an der Ampel hält, ein paar junge Männer in Schwarz steigen und ihn bitten würden, sie doch für ein paar Fragen zu begleiten.

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Kapitalistische Globalisierungsgegner

Wenn man sich solche Seiten über Heiligendamm anschaut, dann geht man gleich sehr viel leidenschaftsloser in Sitzungen, wo Anleger um ihr Geld und Hilfe gegen die bösen Banken und die bösen Fondmanager betteln. Steuern sparen, Altes vernichten und, von der Globailiserung profitieren wollen, aber dann winseln, wenn es um den eigenen, hässlich zusammengerafften Schotter geht.

Wenn die HVB nach dem grossen Gipfel dann den Stecker zieht, haben sie wenigstens die Garantie, dass ihr Investment noch über Wochen und Monate Gesprächsstoff bietet. Einer der heute Anwedenden empfindet es als besonders gemein, dass er jetzt schon seit Jahren immer da hoch fährtin "sein Hotel", um sein Investment zu unterstützen - und jetzt soll er schon wieder geschröpft werden. Wer etwas über das Funktionieren der deutschen Elite - Zantechniker, Mittelständler und Rechtsanwälte - wissen will: Würde ich heute eine Videokamera mitnehmen, könnte man einiges dabei lernen.

So, I´m not in it for the mony, I´m in it for the fun. Und zum Bloggen ist es auch was.

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