: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 22. Januar 2008

Eigenartig

Einkaufslisten machen. Es ist so gewesen: "Fortschritt" war in den frühen 70er Jahren in der Provinz der Gedanke, dass Männer nicht mehr zwingend damit rechnen können, ab dem 20. Lebensjahr die letzte Partnerin ihres Lebens in der Küche stehen zu haben. Wenngleich sich das bei vielen Bekannten später so ergab, war und bleibt das in meinem Fall anders. Diese moderne Ansicht in meinem Clan hatte aber nicht zur Folge, dass mir erklärt wurde, worauf ich beim Personal zu achten hätte, denn damals war schon abzusehen, dass diese Beschäftigungen die neue Zeit nicht erreichen würden. Auch wurde mir nicht beigebracht, wie man in der Zeit jenseits ehelicher Bindungen möglichst viel Erfüllung mit wechselnden Partnerinnen findet, nein, es bedeutete schlichtweg, dass ich alles selbst zu können hatte; darunter Dinge, die in der langen Reihe donalphonsinisch-männlicher Vorfahren undenkbar waren: Kochen beispielsweise. Tisch decken. Klingt banal, aber ich meine hier nicht das auflegen von Messer und Gabel, sondern mit dem grossen Besteck für 12 Personen und 5 Gänge decken. Abspülen. Bis heute spüle ich gern ab, weil ich dabei meine Gedanken sortieren kann. Wenn ich eine Schreibblockade habe, koche ich, und beim Abspülen fällt mir immer etwas ein.

Und natürlich auch das Verfassen eines Einkaufszettels. Damit sind wir bei den wenigen, nicht ganz gelungenen Punkten meiner Erziehung angekommen, neben meiner notorischen Konfliktunfähigkeit und meinem sanften Harmoniebedürfnis, in dem ich aus der Art geschlagen bin. Denn bei uns brauchte niemand einen Einkaufszettel, die Frauen des Hauses hatten das immer im Kopf. Weil Männer jedoch als beandadsig (bärentatzig im Sinne von grobmotorisch ungeschickt) und mit einem Hian wia a Vasitzgruam (Hirn wie eine Jauchegrube*) gesegnet galten und deshalb lieber zuviel vom Falschen, als zu wenig vom Richtigen einkauften, wurde mir beigebracht, alles Nötige auf einen Zettel zu notieren.

Es war überflüssig. Komplett überflüssig. Einerseits, weil ich immer genau weiss, was ich brauche und was fehlt. Andererseits, weil sich so nicht einkaufen lässt. Ein Einkaufszettel kollidiert zwangsweise mit dem Angebot des Wochenmarktes - nur mal ein Beispiel: Ich schreibe "Spinat" auf, sehe dann aber, dass es auch bunten Mangold gibt, der ebenfalls für meine Tarte passt. Und ich habe gerade mehr Lust auf Mangold. Nimmt man aber den recht intensiv schmeckenden Mangold, sollte man auf Gorgonzola als Käse eher verzichten, wenn man Gäste hat, und lieber Frischkäse kaufen. Den man wiederum als Unterlage nehmen kann, wenn man ein Baguette mit einer gebratenen Zuchinischeibe und Grana Padano uberbäckt, weshalb man jetzt noch keinen Parmesan braucht, denn der reicht dann noch, aber eben Zuchini. Und an Bedasui (Petersilie)!

Im Endeffekt kombiniere ich also männliche und weibliche Familientugenden: Ja, ich kann kochen, einkaufen und habe die perfekte Orientierung für Zutaten. Und kaufe bei der Gelegenheit dann auch meistens zu viel ein. Was dann weg muss, weshalb hier oft die jungen Damen kommen, die nicht durch das rigide Regiment der Kaltmamsellschen Frau Mama oder der Porcamadonnischen Haushälterin gegangen sind, und deshalb weder Einkaufslisten schreiben noch kochen können, und ohne mich möglicherweise Hunger leiden müssten.

* daher auch das beliebte "Homs da ins Hian neigschissn", das ich zwar kenne, aber bekanntermassen in meiner notorischen Harmoniesucht auch nia ned oana dreggadn, hundsvareggdn Drigamibrundskache an den Kopf werfen würde.

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Empfehlung heute - Schwarze schauen Dich an

Ich muss diesmal etwas weiter ausholen.

In den letzten Monaten wurde mir von mehreren Seiten erzählt, was in führenden geheimen Newslettern führender deutscher Multiuserblogs so über mich drin steht. Die Erwähnung von "Bayern" oder meiner Heimatstadt reicht aus, um im Norden der Republik hinlänglich die Bedrohung zu charakterisieren, die darzustellen mir unterstellt wird. Ich kann damit leben, und sollte ich tatsächlich dazu beigetragen haben, dass es mit der Kommerzialisierung der Blogs nicht vorangehen mag, so ist das nichts, was ich bedauern würde - wenngleich ich die mindere Qualität des Marktes als die eigentliche Ursache ansehen möchte. Es sind diese Äusserungen, die dafür verantwortlich sind, dass meine Heimatstadt in deren Kreisen einen ähnlich negativen Klang hat, wie weiland schon in der Schwarzen Romantik. Und ja, ich gebe es zu: Mag ich auch nicht das Monster sein, für das mich manche halten, so könnte man hier doch in finstrer Nacht die interessanteren Szenen aus dem Film Tanz der Vampire mit Originalrequisiten besagter Zeit und altem Gemäuer mit finsterster Vergangenheit nachstellen.



Aber das Grauen, das schwarze Grauen dieser Stadt findet man hier nicht. Und nur, wer Nerven aus Stahl und Magenwände aus Glas besitzt, möchte diesen Link zusammenfügen und sich erstklassigen Premiumcontent der schwärzesten Sorte, inklusive aller amatösen Verbrechen, die man an der Kamera begehen kann, antun.

http://www.sta ttzeitung.in/content/view/306/16/

Das ist das wahre Grauen der Stadt, wenn man schon darüber reden will. Und ausserdem ein hervorragender Grund, weshalb ich glaube, dass Lokalberichterstattung im Netz bestenfalls als entstellende und verschönernde Literatur, nie aber als Abbild der Realität funktionieren kann.

(Das Wesen in dem katatastrophal würstelnden, rosa Verbrechen ist übrigens die CSU-Generalsekretärin. Sage bitte kein CSUler je wieder etwas gegen konservative Latexhandschuhe)

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