: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 28. September 2012

Überitalienisch

Mein türkischstämmiger Gemüsehändler ist inzwischen längst Deutscher und hat auch keinerlei Interesse mehr, in die Türkei zurückzukehren. Er hat sie nicht wegen der Arbeit verlassen, sondern wegen seines Berufes; als Journalist bei einem sozialdemokratischen Blatt wurde es ihm irgendwann zu gefährlich. Er kam nach Deutschland, arbeitete eine Weile bei der Autofirma und machte sich dann mit seinem Laden selbstständig. Und früher sah der Laden so aus, wie die Gemüseläden in Italien eben so aussehen, laut und schrill und immer etwas gammlig, wie etwa mein Gemüseladen an einer Ausfallsstrasse von Mantua, den ich aber über eine kleine Radtour entlang des Mincio und dann über die Felder, die Stasse nach Brescia querend, erreiche.





Von aussen sieht der Laden wirklich nicht sonderlich vertrauenserweckend aus, und auf Gestaltung wurde auch keinerlei Wert gelegt. Er ist leicht zu reinigen, an der Decke baumeln Neonröhren, und das Angebot ist so, wie ich es mag: Regional, und einiges ignoriert auch sicher die ein oder andere EU-Verordnung. Manches würde es sicher nicht in einen deutschen Supermarkt schaffen, und ausserdem habe ich auch noch nie drinnen die Trauben für einen Euro das Kilo gesehen, die es an der Kasse angeblich geben soll.





So ähnlich war auch mein Gemüseladen daheim, aber wenn man alles zusammenrechnete, war es jenseits der Wochenmärkte einfach das beste Angebot. Ausserdem konnte und kann man mit meinem Händler immer schön plaudern. Der ist zwar links, aber auch sehr deutsch und ordnungsliebend. Er wird mit den violett lackierten Fingernägeln seiner Töchter nicht fertig und hofft, dass sich das im Studium irgendwann legt. Und nach drei Renovierungen hat er seinen Laden inzwischen auch so gestaltet, wie man sich im Norden idealtypisch einen italiensichen Gemüseladen vorstellt. Mit italienischen Fähnchen, Feinkostschwerpunkt und dem sommerlichen Modeessen Nummer 1 in der deutschtürkischen Gemeinde: Mozarella in diversen Sorten. Das Fleisch ist zwar halal, aber der Rotwein kommt aus Italien. Seine Töchter sagen sehr südländisch Ciao und haben LV-Taschen.





Und weil mein Händler so ordnungsliebend ist und genau weiss, wo was zu sein hat, ist es vielleicht ganz gut, dass er in Deutschland ist. Hier würde er fraglos die Leute belehren, was sie falsch machen, wie sie ihr Sortiment erweitern müssen, wo die Kühltheke zu stehen hat und überhaupt, diese Schilder da draussen sind ja eher abschreckend. Das muss dezenter werden, würde er ihnen erklären. Er hat natürlich recht: Der durchschnittliche italienisch wirkende Laden in Deutschland ist viel schöner und delikater, als der Durchschnitt der italienischen Läden, sobald man einmal die touristischen Zentren verlassen hat.





Trotzdem bekommt man in Deutschland nicht die Trauben, die man hier am Lenker nach Hause schaukelt. Es mag falsch wirken und es könnte besser sein, aber es ist, wie es ist, und es ist auch richtig so.

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Der Stil fährt keinen Opel Astra

Irgendwie ist es kein Wunder, dass es den Autoherstellern so schlecht geht. Alles so glatt, so einfallslos, so frei von Charakter. Und weil immer alle Fenster verschlossen sind, und die das Glas reflektiert, nimmt man auch die Menschen nicht mehr wahr. Das Auto ist nichts mehr, was den Menschen herzeigt, der Mensch ist nicht mehr die Kirsche auf dem Blechkuchen, sondern der Mageninhalt eines Roboters. Und daher: Alte Autos und Räder. Das hatr Zukunft. Aber nicht der Opel Astra.
























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