: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Donnerstag, 18. Mai 2006

Nachtrag Dienstag: Sirmione

Das Witzige an den Grotten des Catull ist, dass es sich dabei weder um Grotten noch um Besitz des berühmten Dichters und Zeitgenossen Cäsars handelt. Allein, was noch zu sehen ist, ist der Keller einer hundert Jahre jüngeren Villa, von der sonst fast nichts aufrecht Stehendes erhalten ist. Das aber, und das rechtfertigt den Besuch und die Belästigungen der Anreise, in wirklich sagenhaft schöner Landschaft.

Hier, auf einem Sporn im Gardasee gelegen, hatte man von der Terasse einen exquisiten Blick über den See, und mit ein wenig Dunst konnte man sich auch an einem Tal am Meeresrand wähnen. Sollte Catull, der aus Verona stammt und im Gesang XXXI angibt, ein Haus in Sirmione besessen zu haben, tatsächlich hier gewohnt haben, dürfte es ihm ein Leichtes gewesen sein, hier die Damen der römischen Gesellschaft flachzulegen. Nicht, dass es ihm schwer gefallen wäre, einen Ersatz für die ungetreue Lesbia zu finden, allein es ist eine un bestreitbare Tatsache, dass Urlaub in einer schönen Gegend freimütige, mitunter getrennt reisende Paare zur Übereinkunft bringt, dass Urlaub in der Liste anderer Liebschaften nicht zählt. Hier oben, da bin ich mir sicher, wurde sehr oft nicht gezählt.



Dass einem solche Gedanken nicht durch reale Menschen vergällt werden, ist ein weiteres Glück dieses Ortes. Sirmione ist voll von deutschem Plebs, das lieber Sandalen trägt, als ein paar läppische Schmerzen in normalen Schuhen zu ertragen, und sich dann wundert, wie ekelhaft so ein am Stein eingeschlagener Zeh schmerzen kann. Abwechslung bringen schwabblige Freibäuche des weiblichen Nachwuchses, umschlossen von rosa, orangen und weissen Fetzen, oft auch mit Glitzeraufdruck, und die Hardrockfreaks, die mit ihren schwarzen Surfershorts zum schwarzen Korn-T-Shirt noch eine Ecke gewollt ungutbürgerlicher aussehen, als daheim in Passau, Lenggries oder Altötting. Sirmione, das zieht sie dennoch an, es ist ein ekelhaftes Kitschkaff, die überlaufene Scaligerburg am Ortseingang ist ein bedeutungsloser Steinhaufen, aber der Ort nutzt mit seinen winkligen Gassen und der aufgestauten Hitze und dem Tegestouristenmief ab. Gegen Ende, Richtung Grotten, nimmt der Strom der schlecht gekleideten Leute, die Italiener nicht umsonst angeekelt betrachten, merklich ab.

Kurz vor der Villa, in der eine Zeit Maria Callas residierte, warten dann kleine, scheussliche Elektrozüge auf fussfaule Pauschaltouristen. Ein Euro kostet das Oneway-Ticket, vielleicht in der Hoffnung, dass sich das Pack angesichts der Schönheit und vielleicht auch der Eleganz des Park Hotels der Verzweiflung an der Spitze des Vorsprung hingeben möchte und, gleich den Verurteilten des tarpejischen Felsens, seiner Schmach mit einem Sprung über die Klippen ein Ende setzen will. Dann braucht man natürlich keine Rückfahrgelegenheit.

Allein, der Obolus ist schon demotivierend genug: Die letzten versprengten Reste der Höllenausgeburten sehen die Preistafel, überlegen, wie weit man wohl für einen Euro mit dere deutschen Bahn kommen würde - locker 5 Kilometer - und denken, dass es auch bei der nötigen Begrenzung der üblichen Touristenabzocke sicher 2 Kilomter sind, die in ihren Latschen zu bewältigen nach dem fiesen Pflaster von Sirmione kein Vergnügen ist. So kehrt der Deutsche um, kauft einen kombinierten Flaschenöffnher/Korkenzieher aus Messing mit dem Abbild Catulls sowie ein Stück Pizza aus der Microwelle, ist seines erbärmlichen Daseins froh und erlaubt mir, einsam auf der Spitze der Halbinsel meinen Gedanken über eine untreue Lesbia und diese meine Zeit nachzuhängen.



Salve, nec minimo puella naso
nec bello pede nec nigris ocellis
nec longis digitis nec ore sicco
nec sane nimis elegante lingua,

decoctoris amica Formiani.
ten provincia narrat esse bellam?
tecum Lesbia nostra comparatur?
o saeclum insapiens et infacetum!

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Nachtrag Montag: Bei Gonzaga denke ich immer an Gorgonzola

Tod, wo ist Dein Stachel? Hölle, wo ist Dein Sieg? will ich verächtlich an diesem Abend des 15. Mai in die laue Abendluft kurz hinter Garda rufen, hinein in das Farbenspiel aus Blau, Violett, Rot und Rosa, das sich über die Hügel von Torbole bis Salo erstreckt, so schön, so unabbildbar grandios ist dieser Sonnenuntergang. Sieg? murmelt die verschlafene Hölle, moment, ja, da hätten wir was im Angebot, Ihre Bilder von diesem Abend, bittschön, allesamt unsagbar kitschig geworden, da haben sich unsere Bildwandlerbeamten aber auch alle Mühe gegeben, macht 20 Karmapunkte Bearbeitungsgebühr, da bitte.



Dabei hatte alles so prächtig angefangen. Dottore Porcamadonna, sagte meine Wirtin am Frühstückstisch, ein Anruf, ein Anruf für Sie! Komisch, dachte ich, so schnell geht das mit dem Kontoüberziehen doch nicht, ausserdem, die Bank hat doch die Nummer gar nicht... Es war denn auch der Vater von Pauline und Maximilian, der gleich etwas verdruckst klang (in Klammern immer das, was ihm seine Frau vorgekeift hat: Guten Morgen. (Nach Mantua? Mit dem? Der sich im Konzertverein mit dieser Iris da zeigt und was mit ihr hat? Niemals). Es ist so: (Sag mal, wie kannst Du Dich überhaupt so selber einladen. Dia gfeits ächt a bissal am Gschpür. Wia schau ma denn do aus. Des ko ma ned mocha) Wegen Mantua.



Also. (Es is mia scheissegoi ob des amoi dei Freind wao. Des duad ma einfoch ned. Oiso, I foa do ned hi. Sog eam wosd wuisd) Meine Frau, ähem, die fühlt sich heute nicht wohl, zu viel Sonne wegen dem Cabrio glaube ich. (Des heds ois ned brachd wennst ned imma so bled dohearedn dadst) Also, deshalb bleiben wir heute wohl doch in Brescia, zumindest wir beide. (Wos hosd gmocht? Du hosd es de Kinda vaschprochn? No frogs do, obs seiba foan woin, owa i foa do nia ned hi.) Ich würde aber, wenn möglich, den Kindern das Auto geben, weil die müssen ja auch nicht den ganzen Tag in Brescia rumsitzen. Ginge das? Moment, ich geb Dir schnell Maxl, dann könnt ihr euch verabreden (Des oane sog I dia: Von mia aus kenna de foan, obe den lod i auf da Schanz ned zum Essn ei...) Und so kam es, dass ich nur zwei junge Leute statt einer Familie in die Geheimnisse des Zentrums der Gonzaga einführte.



Das Wissen um diesen Gesprächsverlauf verdanke ich dem Umstand, dass Pauline und Maximilian trotz des schlechten Geschmacks ihrer Eltern bei der Namensgebung doch zu Hoffnung verleiten, dass dieser meiner Heimatstadt könnte noch etwas anderes entstammen als dumpfe Autoverschweisser. Nach einer gewissen Aufwärmphase verstanden beide Seiten, dass das Vortäuschen von Lokalpatriotismus und Diskretion ebenso unangebracht war wie meine Befürchtungen, ahnungslosen Dummbratzen die Wesensmerkmale des Übergangs zwischen Renaissance und Manierismus erläutern zu müssen. Sie wussten, dass der Palazzo Te eines der Hauptwerke des frühen Manierismus und der Saal von Amor und Psyche das Hauptwerk Giulio Romanos ist. Die fette Mortadella von Zeus und das zugehörende, weit geöffnete Schenkelpaar, das - vielleicht aus Absicht? - im dunkeln Bereich des Saales war, kannten sie bereits aus Abbildungen. Der Saal der Giganten, da waren wir uns einig, wird dagegen überschätzt, und der geheime Garten, in den sich fast nie ein Tourist verirrt, ist ein zu Unrecht vergessenes Kleinod.



Übrigens ist das einer der grossen Vorteile am Montag: Da haben die meisten Museen geschlossen, nur eben nicht der Palazzo Te. Weil aber Montag ist und alle glauben, auch der Palazzo Te wäre geschlossen, kann man Raum für Raum alleine anschauen. Man muss schon sehr unempfindlich für Kunst sein, wenn man glaubt, den Palazzo Ducale mit dem Hauptwerk Andrea Mantegnas (Hochrenaissance), den Dom von Alberti (Spätrenaissance) und den Palazzo Te an einem Tag bewältigen zu können. Die Sinnenfreude des überaus weltlichen, ja geradezu antichristlichen Palazzo mit seinen Fickereien, den galanten Festen, den Pferden, der Lust am Ornament und Detail, die Liebe zu Licht und Luft und dem Traum vom Leben ausserhalb der Stadt mit all seinen Rustikoquadern, Teichen und Gärten in der Zeit um 1540 zu verstehen, verlangt nur nach einem Besuch des Domes auf der anderen Seite der Stadt.



Der Dom, das 50 Jahre ältere Meisterwerk von Alberti, nimmt in seiner schaurigen Grösse und seinen zum Gottesdienst vergewaltigten römischen Anleihen die finstere Epoche der spanisch-österreichischen Herrschaft über Norditalen vorweg, mit dem tridentinischen Konzil und dem Ende aller Freiheiten, die diese Region in den 500 Jahren davor gross gemacht haben. Man braucht nach dem Licht des Sommers eine halbe Stunde, bis das Auge für die im Dunkel verborgenen Formen und Farben geschärft ist. Hier ist die Kapelle von Abdrea Mantegna, aber sie enthält nur wenig von des Meisters Hand, was sich gegen das finstere Loch behaupten könnte. Das Chiaroscuro wurde hier architektonisch vorweg genommen, wenige Lichtreflexe im grossen Dunkel, eine Absage an die überbordende Spätphase der Gotik mit ihren im gleissenden Licht erstrahlenden, verschnörkelten Gewölben, statt dessen ist alles schlicht, monumental, und, unter uns gesagt, so schaurig, dass man schon als Kunstgeschichtler abstrahieren können muss, um die wahre Bedeutung dieses grossen Lochs bar jeder Freude zu erkennen.



So wanderten wir also durch die Gassen dieser Stadt, die im Mai noch recht verschlafen ist, und ich log lustig eine Geschichte zusammen: warum der Gorgonzola seinen Namen von den Gonzaga hat: Es ist, behaupte ich, nämlich so, dass die Gonzaga in ihrer Frühzeit des 15. Jahrhunderts noch kräftige, dunkle Italiener waren, lustig im Leben und brutal als Condottieri, das Plündern liebten und dem Sex zugetan waren. Im 16. Jahrhundert nun fand man sie auf Seiten des spanisch-österreichischen Habsburger, also auf der Seite der Sieger. Wie es damals üblich war, festigte man den Bund zwischen Gonzaga und Habsburg durch eine Ehe. Nun hat das Habsburger Gen ausser den Habsburgern selber noch niemand gut getan, und die Gonzaga waren keine Ausnahme: Aus den prallen Gestalten des Manierismus wurden hässliche, aufgequollene Figuren mit weisslich-grünlicher Gesichtsfarbe, krank und verschimmelt und an einen Käse erinnernd, der die gleiche schleimige Konsistenz in Grün und Bleich hatte. Und deshalb nannte man diesen Schimmelkäse nach diesen Schimmeladligen, die im 18. Jahrhundert nur ein auf einer sumpfigen Halbinsel modernder Abglanz früherer Grösse war: Gorgonzola, zu deutsch "Ganz wie Gonzaga". Danach gingen wir essen - handgemachte Ravioli in Gonzaga äh Gorgonzolasosse - sagten ein paar Artigkeiten, die nicht gelogen waren, und wir fuhren heim, sie auf ihrer ersten eigenen Reise im Audi Cabrio gen Brescia zur sicher immer noch wütenden Mama, und ich in den Sonnenuntergang, hoffend, dass Pauline im Kunst-LK den letzten Teil meiner Ausführungen nicht für bare Münze nimmt.



Übrigens, eines noch: Ich habe mich entschieden, nicht ans Meer zu fahren, sondern hier zu bleiben. Zum einem, wie die Mailänder fatalerweise 1159 vor der Plünderung ihrer Stadt durch Friedrich II. so schön sagten: juravimus quidem, sed juramentum attendere non promisimus - Wir haben es zwar geschworen, aber wir haben nicht versprochen, uns an den Schwur zu halten. Zum anderen, denke ich, dass der Teil "Mit Don Alphonso in die Marken" auch später stattfinden kann.

Und nun - zu den Gärten des Catull!

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Vier Abende in Malcesine

Montag: Das "Internetcafe", ein irisch tuender Pub mit 56k-Onlineanschluss und damit dem Monopol zwischen Rovereto, Brescia und Verona, um den sich zwei amerikanische Professoren, des einen Frau und ich uns jeden Abend lange Wartereien antun, hat zu.

Dienstag: Das Cafe schliesst gerade auf, aber auf meine Frage, ob ich mich der entwürdigenden Prozedur unterordnen dürfte, meine persönlichen Daten für die Nutzung des Netzes rauszurücken (Fuck You Silvio), heisst es: The Internet is broken. Auf meine Frage, wann es denn wieder ging, bekomme ich mitsamt den leidlich entsetzten Professoren, die auch schon geiern, die Antwort: Tomorrow. Maybe.

Wittwoch (=Tomorrow): Ich bin etwas später dran und treffe auf dem Hinweg den Single-Professor, der mir mitteilt, dass das Internet immer noch broken ist und es tomorrow maybe wieder geht. Wir trinken zusammen einen Tee, erklären das Problem dem anderen Professor und seiner Frau, und wir reden etwas über die aktuellen Themen, etwa, dass die Italiener ihre Truppen aus dem Irak abziehen werde. ich fange an zu glauben, dass die rechtsextreme/neoconazistische/ Redneck Arschlochdichte der deutschen Blogosphäre in jedem Fall höher ist als in den zivilisierteren Gegenden Nevadas, die ich auch so ganz gut kenne.

Donnerstag (=Tomorrow II=heute): Der Laden hat gegen Mittag schon offen, aber the Internet is immer noch broken. Ich frage, ob ich mir das mal anschauen kann. Prego, aber der Rechner geht nicht mehr. Dachte ich mir. Ich zücke den Thinkpad. Jetzt geht das Internet wieder. An der Tür sehe ich das bekannte Gesicht eines amerikanischen Professors. Wir machen einen Deal: Sie können heute Nachmittag ran, ich heute abend. Kann sein, dass einige amerikanische Studenten Mails bekommen, bei denen z und y vertauscht sind. Aber heute Nacht habe ich freie Datenbahn.

Ich bin zurück.

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Montag, 15. Mai 2006

Laufen ja, Verstecken nein

Ich komme prima mit mir selber aus. Ich muss nicht den ganzen Tag quatschen. Mitunter bin ich zufrieden, wenn ich ein, zwei Wochen keinen höre und sehe. Es gibt Phasen, da bin ich Menschenfeind. Oder ich will zumindest meine Ruhe, wenn ich auf den Kieseln des Strandes sitze und nach Nordwesten schaue.



Genügt mir völlig. Auch ist es eine grossartige Sache, an einem Tag, da jeder Tourist nach herumstehenden Oldtimern schaut, in ein Museum zu gehen, wo man ganz allein ist. Gerade am Sonntag sind italienische Städte halbwegs leer und still. Ich kann mir in aller Ruhe und in allen Details die bei Kunstgeschichtler berühmte, bei normalen Venedigtouristen mit Palladiodünkel und dem Traum, so einen Portikus an die eigene Butze im Donausumpf zu klatschen aber völlig unbekannte Loggia in Breschia ansehen.



Überhaupt hat Breschia das Pech - oder das Glück? - von Touristen kaum wahrgenommen zu werden. Es liegt nicht auf dem Weg aus dem Norden, Mantua und Verona haben viel zu bieten, und wer nicht gerade nach Mailand oder Turin über den Brenner fährt, müsste einen grossen Umweg in Kauf nehmen. Breschia hatte Pech: Für Venedig war es die hinterste Ecke des Festlandbesitzes, für die Österreicher eine Kasene und Ort der Unterdrückung, und heute ist es von einer sauren Schale der Industrie umgeben, die den süssen Kern des Centro von aussen nicht erahnen lässt. Ntürlich wird man hier etwas rabiater mit dem italiensichen Grossstadtleben konfrontiert, als in Siena oder Venedig. Drei mal in den ersten Stunden: Da war dieses surreale, korpulente Paar, von dem der Mann einen verkrüppelten Bonsai-Baum mit sich herumtrug. Irgendwann drehte er sich zu mir herum und fragte etwas, das ich nicht verstand. Verstanden habe ich dagegen die Fragen der beiden Afrikanerinnen, nur war mir nicht, siehe oben, nach Zweisamkeit. Und ein drittes Mal wurde ich angesprochen, diesmal von einem, der mir irgendetwas anbieten wollte. Offenbar wirkte mein Englisch abschrecken genug. So ist das, jenseits der Touristenströme, hart und direkt. Die bewegte Geschichte äussert sich beispielsweise auch in der Damnatio Memoriae, mit der die Bürger am Palazzo de Governo die Wappen und Hoheitszeichen der hiesigen Besatzer ausgelöcht haben.



An dieser Stelle nun wurde ich zum 4. Mal angesprochen, aber diesmal mit meinem deutschen Namen. Es war wohl etwas zuviel erwartet, nach Breschia während der Mille Miglia fahren zu können, ohne auf einen Mann der Heimat zu treffen. Auch der heimatliche Global Player hat sein Museum ausgeräumt für dieses Ereignis, und so sind wohl auch irgendwo ein paar belanglose hässliche Eisenbomber im Schaulaufen so ziemlich aller schöner Ferraris, Lagordas, Lancias, Austin Healeys und Abarths gnadenlos untergegangen.



Der, der mich ansprach, ist ein paar Jahre älter als ich, an der gleichen Schule und im gleichen Literaturzirkel, wo er vor allem nichts sagte und erfolglos eine frigide bessere Tochter anstarrte. Der Tag, an dem sie ging, war auch sein letzter Tag in dieser Runde. Dennoch, man kennt sich, zumal er die übliche Karriere gemacht hat: Studium, Job bei der Autofirma, Heirat und jetzt schon zwei gerade erwachsene Kinder, Pauline und Maximilian, die von der längst aus allen Fugen gegangenen Mutter in Konzerte, Bälle und auch Urlaube mitgeschleift werden. Manchen Einladungen kann man sich nicht entziehen, was soll aus so einem kleinen Tee schon werden, denkt man sich - und ist dumm genug, vor diesem ungebildeten Geschmeiss fern der Heimat vom morgen anstehenden Palazzo Te zu erzählen, Guilio Romans Meisterwerk, nur um dann zu erfahren, das die Familie nicht im Firmentross nach Hause tingelt. Sondern noch da bleibt. Und nach drei Tagen Breschia nicht mehr weiss, wo sie noch hin soll. Aber Mantua, das wäre was, da könnte man sich doch morgen treffen, wenn ich schon da bin, als vermutlich einziger der Schule, der jemals in einem kunstgeschichtlichen Seminar war.

Man kann davonlaufen, aber sich nicht verstecken. Immerhin, das Gesicht von Paulines Mutter, wenn ich der Tochter und dem Sohne erkläre, warum es in der Malerei des Manierismus zulässig ist, wenn Zeus sein fettes Gerät in fleischige Weiber knallt - im Gegensatz zu seinem Lehrer & nicht bildhaften, aber mutmasslich tatsächlichen Knabenfreund Michelangelo - ist die Sache vermutlich wert.

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Rebellen mit Gewehr

Dazu leise, ganz leise, denn wir sind ja im Diozösanmuseum von Breschia, wenngleich auch ganz allein, der Wärter war überrascht, ja geradezu düpiert, dass oberhaupt einer reinwollte, er musste uns extra aufsperren und das Licht einschalten, wir haben also all die Gemälde, Miniaturen und Paramente ganz für uns allein, aber es sind auch Kameras hier, und man will keine der Heiligen stören, also ganz leise, piano vor sich hinpfeifen, dieses nette kleine Lied:



Se vuol ballare, signor contino,
il chitarrino le suonero, si,
se vuol venire nella mia scuola,
la capriola le insegnero, si.

Sapro, sapro, ma piano,
meglio ogni arcano.

dissimulando scoprir porto.
L'arte schermendo, l'arte adoprando,
di qua pungendo, di la scherzando,
tutte le macchine rovesciero.

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Lebendige Sepulchralkultur

In Verona, am Rande der alten römischen Stadt, steht auf einem ehemaligen Gräberfeld die Kirche der 12 Apostel. An sie angebaut ist eine Grabkapelle zur Verehrung der Märtyrer der Stadt. Die übliche Geschichte: Eusebius von Cesarea, ein vermutlich recht korrupter Bischof aus der heutigen Türkei, schreibt seine Historia Ecclesiae, in der es vor allem um - für vernünftige Menschen - wenig erbauliche Arten des zu Tode Bringens von Christen ist. Man könnte das natürlich auf die wüsten Römer schieben, allein, die zynische moderne Forschung hat nachgewisen, dass Eusebius nicht nur miese Quellen verwendete, sondern auch zur historischen Legitimation recht locker war im Umgang mit der Wahrheit. Am Beginn des 4. Jahrhunderts musste und wollte jede Gemeinde möglichst schauderhaft umgekommene Märtyrer haben, nur dann galt man was. Jetzt, da das Christentum Teiil des Establishments war und selber An dersgläubige ausrottete, ganz gleich ob Isisanhänger, freigeistige Philosophen oder Juden, gefiel man sich immer noch als Opfer und erfand die Lügen, die heute noch wider besseres Wissen an manchen retardierten Neger- und Anderebayenrschulen gelehrt werden.

Aber damals sollte es noch 1000 Jahre dauern, bis die ersten Denker begannen, den Eusebius auf den Müll zu kippen. Auch in Verona veranstaltete man den üblichen Zinnober, sprich Heiligenkirche mit wundersam gefundenen Reliquien, bei denen es ziemlichz unmwichtig war, ob es in Wirklichkeit nicht vielleicht doch ein phrygischer Sklave oder eine hier hängengebliebene siculische Hetäre war. Ein mittelalterlicher werdender Tote wusste zwei Dinge: Desto näher man bei den Reliquien begraben ist, desto näher ist man am Heil. Und desto besser ein Grab sichtbar ist, desto eher bekommt es etwas von den Gebeten der Pilger ab. In der Folge sah im hohen Mittelalter, bevor Bestattungen in der Kirche auch für Laien möglich waren, der Idealfall so aus:



Man grub alte römische Sarkophage aus, bestattete darin den, der sich solches leisten konnte; immerhin wiegt der Deckel so eines Trumms schnell mal 300 Kilo, das gar antiert, dass man nicht so schnell ausgeleert wird wie andere Gräber im Boden bei der nächsten Lage Kadaver. Wäre ja noch schöner, den tollen Platz bei der Kirche zu haben und dann nach 20 Jahren für den nächsten, besser zahlenden Toten in die Etsch vor der Kirche gekippt zu werden. Und man baute Dächer darüber, um einen besseren Schutz vor dem Wetter zu besorgen, und, noch wichtiger, organischer Teil der Kirche selbst zu werden. Da konnte man auch als Mercutio in Sünde verflucht die Seele ausspeien, in der Form gelangte man im Fegefeuer auf die Überholspur zum Himmel.

Man kann über derlei Aberglauben heute nur noch lachen, und selbst die Kirche hat mit solchen Thesen Schluss und damit einen Stich durch die Rechnung derer gemacht, die im festen Glauben an die ewige Wirksamkeit der Deals sicher nicht wenig für derlei Vorzüge bezahlt haben. Aber auch so kommt kein Pilger mehr, um an den Gräbern zu beten, und wer drin war, ist heute auch vergessen. Da fehlte noch die passende Inschrift, oder gleich das Non plus Ultra des Prunkgrabes, mit aufgemeisselter Figur des Toten:



Dass die an sich schmucklosen Särge dennoch immer Nachts aussehen, als hätte eine hilfreiche Hand den Kadaver des Stifters hinzugefügt, und dass es bisweilen auch so riecht, ist allerdings keiner überirdischen Gerechtrigkeit zu verdanken, sondern schlicht irdischer Not: Wie man an den hier in der Nähe deponierten Kissen und Matratzen sieht, nutzen Obdachlose die Vordächer als nächtlichen Schutz auf. Da liegen sie dann, ersetzen den letzten, fehlenden Triumph der Sepuchralkultur mit ihren vielleicht ausgemergelten, vielleicht alkoholzerstörten Körpern, zum Hohne aller Versprechen vom liebreizenden Reliquienduft, dem Andenken hoher Herren und dem Irrglauben, dass man mit dem Schicksal oder dem Jenseits irgendwelche Deals machen kann. Unabsichtlich wurde hier Gutes getan, von denen, die ihre heutigen Bettnachbarn mit Peitschen hätten vertreiben lassen, und gerecht wäre es, wenn sie nur einen Augenblick aus dem ewigen Nichts erwachen könnten und sehen, was aus dem Trost ihrer letzten Stunden geworden ist.

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Sonntag, 14. Mai 2006

Erstaunlich

Es gibt welche, die auf der Gardesana unbedingt rasen und überholen müssen und dafür



keinen Blick haben. Echt.

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Azuro

Am Südende verliert der Gardasee viel von seinem Reiz. Die Berge, an denen sich im Norden immer noch in den Gipfeln der Schnee festkrallt, treten zurück, werfen bei Garda noch eine Steilklippe auf, und gehen dann in ein mit Freizeitparks und Busparkplätzen verschandeltes Hügelland über. Was aber bleibt. ist der azurblaue, grandiose Himmel, und ein paar Kilometer weiter, Richtung Verona, kommen auch azurblau gekleidete Mädchen dazu, käuflich von dem Freier im azurblauen Auto, eine Orgie in Azur, aber die Hauptpersonen nicht halb so käuflich und nicht im mindesten so amoralisch wie die dreckigen Medienhuren jenseits und diesseits der Alpen.



Und sicher schöner und ehrlicher, selbst wenn es nicht zwingend eine schöne Geschichte ist. Nur die Schleife, die den Autofahrern von Ferne das Vergnügen verheisst, ist rot. Aber so ist es nun mal. Wer etwas anderes über Lebenswelten lesen will, mag rüberclicken zur Freundin. Da gibt es andere Angebote mit Autos und - wenngleich moeglicherweise erfundenen - Frauen. Die Typen scheinen in der abkotzenden Version zumindest echt zu sein.

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Der Adapter

Im Allgemeinen ist es früher so gewesen: Vor jedem Urlaub hat uns Frau Mama angerufen und ist die Checkliste durchgegangen: Pflaster, Reisetabletten, Schere, Nadel und Faden, Adapter, Küchenmesser, Fön... damals haben wir zu solchen Anlässen oft die Familienkutsche genommen. Heutre brauchen wir das nicht mehr, weil in unseren Roadster sowieso nichts hineinpasst und Reduktion das Gebot der Stunde ist. Aber Mutter ruft uns auch mit der Checkliste nicht mehr an, wir sind ja alt genug, nur nicht überholen und nicht schneller als 120, das gibt sie uns mit auf den Weg.

Und wenn wir dann ankommen, ist ohnehin alles vor Ort, Handtücher, Fön, das alles stellt das Hotel, auch Steckdosen gibt es an jeder Ecke - nur sind es schlanke italinische Steckdosen. In die die fetten deutschen Stecker der deutschen Netzteile nicht passen. "Akku vor der Reise aufladen" wäre einer der Ratschläge gewesen, um den wir Muttern dankbar gewesen wären, aber die Vorstellung, dass man einen Laptop in den Urlaub mitnimmt, erscheint ihr so abwegig wie uns Nadel und Faden. Wir können nicht nähen, sie kann den Rechner nicht einschalten. Ausgleichende Gerechtigkeit, bis auf den Umstand, dass wir mit einem völlig leeren Dell und einem fast leeren IBM vor drei obskuren Löchern in der Wand sitzen.

Nun ist Norditalien nicht die Sahelzone und Adapter durchaus zu beschaffen. Normalerweise würden wir den nächsten Elektrohändler aufsuchen, aber wenn wir zum Fenster rausschauen, sehen wir das.



Von Campagnola aus sind es nur 4 Kilometer nach Malcesine mit dem nächsten grösseren Laden, der auf Vergessliche wie uns wartet. Aber zufälig sind wir nicht nur in einer der schönsten Ecken der Welt, wir haben auch Richtung Norden, nach Riva, eine der schönsten Strassen der Welt. Das ist kein Mehrweg, das ist mehr Genuss. In Torbole, bei einem Campingshop, finden wir den Adapter, und haben beim Bezahlen den Gesichtsausdruck eines Heroinkonsumenten, der nach drei Tagen endlich ein Besteck in die Hand bekommt. Während man sonst auf der Gardesana um sein Leben rennen muss, um über die Strasse zu kommen, geleitet uns hier ein Vertreter der Policia Minicipale über den Zebrastreifen auf dem Weg zum Parkplatz. Vor ihm bleiben die Raser respektvoll stehen. Er begleitet uns auch zur Kurzparkzone und schreibt andere auf, die nicht so schnell waren. Ein paraktisches Volk, die Italiener. Touristen beim Weg über die Strassen retten, damit sie nachher das Ticket zahlen können. Tote Deutsche zahlen keine Tickets.

Wir waren schnell wieder da, haben uns die 30 Euro gespart und beschliessen, sie nach nicht ganz alter Väter Sitte auf den Kopf zu hauen. Gleich hinter Torbole geht es in das Sacratal nach Arco und Dro, eine reizvolle Strecke zwischen hoch aufragenden Felsen. Nach 8 Kilometern ist auf der linken Seite ein Ort, den zu besuchen bei den Urlauben mit unseren Eltern wir nie umhinkonnten: Der berüchtigte Supermarket della Calzatura.



Berüchtigt, weil... Es ist so: Wer wie wir Problemfüsse hat, kann in Deutschland lang und ergebnislos nach schönen Schuhen suchen. Die Zeiten, als es noch Grössen wie 44 1/2 gab, sind selbst bei besseren Firmen lange vorbei. Hier findet man sie noch. Und wenn wir mit unseren Eltern hier durchkamen und neben den Weinflaschen unseres Vaters und der Öl- und Essigflaschen unserer Mutter - wir erinnern uns, es war in den 70er und frühen 80er Jahren, da gab es selbst in mittelgrossen Städten kein Olio extra Vergine und keinen Wein aus den Colli Eogani - noch Platz war, dann hielten wir hier an. Hier bekam man einen halben Kofferraum italinischer Schuhe für den selben Betrag, den man in München für zwei Paar Bally-Schuhe, damals der Gipfel der Extravaganz, ausgeben musste. Das Benehmens des Nachwuchses deiner Eltern war kaum vornehmer als das der deutschen Horden beim Sacco di Roma.

In den Kofferraum des Roadsters passen keine zwei Tragl Bier - oder, für mitlesende Elitessen Mineralwaser - und deshalb sind wir diesmal bescheiden. So bescheiden man eben sein kann, wenn man beim Auspacken am Vorabend festgestellt hat, dass man von Muttern täglich frische Socken bekam, in zweifacher Ausfertigung, hell für den Tag und dunkel für den Abend, aber selbst keinerlei Schuhe eingepackt hat. So ist das, wenn sich unsere Mutter nicht um alles kümmert, hören wir sie im Geiste sagen. Wir kaufen ein zwei paar klassische Halfbrokes, eines in braun und eines in schwarz. Wir finden die spitzen hellbraunen Schuhe fragwürdig, die in dieser Art sicher vom geschassten Premier Berlusconi getragen wurden, als er noch auf zweitklassigen Kreuzfahrtschiffen in der Touristenklasse mit seiner goldenen Zunge alte Weiber aus Travemünde und Bad Oynhausen für 2.000 Lire gele als Sänger tätig war. Andererseits, es ist Italien, der Wagen ist sowieso schon überfüllt, also, was soll´s. Wir setzen uns in den Roadster und fahren diesmal nicht nach Torbole, sondern einen der schönsten Umwege der Welt:



Nach Riva. Unter dem dünnen Leder unserer neuen Schuhe des jungen Sivio Berlusconi fühlen wir das Gaspedal vibrieren. 15 Kilometer den See hinunter, warten zwei hungrige Notebooks, aber uns ist das jetzt egal. Wenn wir dort sind, werden wir etwas schreiben, auf unserer kleinen Privatterasse mit Blick zum See, einen leichten Hauch der beginnenden Ora um uns, um die mittagliche Hitze zu vertreiben. Neben uns schläft eine Hauskatze auf dem weissen Kalkstein. Wir trinken aus der mitgebrachten Silberkanne ein Glas Tee. Das Leben ist schön.

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Freitag, 12. Mai 2006

Da war diese Wolke

Kurz hinter Gries am Brenner verschwand die Sonne hinter einem Wolkenschleier und tauchte die Landschaft in ein surreales, farbreduziertes Licht, ein heller Schleier, der alles wie gleissend weisser Staub bedeckt, fast wie die Bilder aus dieser Region wahrend des grossen Krieges, der nachtraeglich nur der erste werden sollte. Und ploetzlich sticht der Verfall und die Schaebigkeit des Landes in die Augen, der Alte mit dem blauen Schurz, der betrunken durch Sterzing torkelt, die Frau mit ihren Tuetenbergen, die bei Bozen am Strassenrand eines Kreisverkehrs sitzt, wo sicher keiner kommt, um ihr zu helfen oder etwas zu geben. Fuer die Tour durch das Sarntal und den Passuebergang ist es heute einfach zu kalt. Der Schleier bricht nur selten auf, an der Salurner Klause ist auch im Sueden jedes Blau verschwunden.



Im Arcotal, von Trento kommend, ist dieser kleine See mit dem Schloss, das heute ein wirklich gutes Restaurant beherbergt. Normalerweise von barocker Pracht, wirkt es heute wie das Moorschloss der Familie Ushero.



Hinter Torbole versinkt der gelbe Fleck, der nur entfernt mit der Sonne verwandt zu sein scheint, eine tuberkoloese Nichte zweiten Grades vielleicht, hinter den Bergen. Morgen, das wissen Gardaseekenner, wird es anders sein, dann putzt der Vento aus dem Norden das Grau weg wie ein gerade dem Tode entronnener Lustgreis ein Freudenmaedchen, mal schaun, ob seine Kraft fuer einen Tag reicht, oder ob er schon gegen Mittag verroechelt.



Ich werde es sehen. Allein schon wegen dem Blick aus meinem Fenster. Es ist das Fenster, das ich hier immer habe, mit dem immer gleichen Blick himueber nach Limone. Schoen ist es hier, eine Terasse habe ich auch - und es gibt Katzen. Fuer einen Blogger ein nicht yu unterschaetzender Standortvorteil.

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Wo man nicht begraben sein moechte

Draussen vor dem Tor quengelt ein Bergbauernkind, dass es auf keinen Fall da rein will. Die Zeiten aendern sich auch im schoenen Tirol, da wo Oskar Panizza seinen Kindertotenchor herkommen laesst, im Liebeskonzil. Als ich ein Kind und wegen Asthma in den Bergen war, liebten es die Eingeborenenkinder noch, durch die Schmiedeeisenkreuze zu rennen und dabei schaurige Geschichten zu erzaelen, als der Opa im Winter gestorben war, es aber keiner bemerkte, weil er auf dem langen, runden Kachelofen lag und einfach nicht kalt wurde.



Drinnen ist es dann ruhig. Aus dem Tal gibt es nur drei Ausgànge, Nord, Sued und nach unten. Es sieht nicht so aus, als ob sie die richtige Wahl getroffen haben, aber man kann es sich nicht immer aussuchen. Ich schon. Noch. 10 Kilometer weiter ist Italien, und der Tod hat darauf verzichtet, sich mir ungefragt in einer Kurve der Brenner Staatsstrasse vorzustellen, als Birra Forst Transporter vielleicht, oder als geschmackloses Muenchner Nuttenflitscherl mit einem dummdreisten Raser und Standardblondina an seiner Seite. So Typen wie das Jung&Froehlichgeschmeiss, das gerade im Club hinter mir mit eimergrossen Longdrinks verlaengerte Semesterferien feiert, wo die Stunde Internet 5 Euro kostet. Kurz: Ich bin angekommen.

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Donnerstag, 11. Mai 2006

Was wir verlassen

wissen wir erst, wenn wir weg sind. Manches wahrscheinlich, nicht alles, denn das Schlimmste der Heimat, sich selber hat man immer mit dabei. Es wird immer mit uns ankommen, es bleibt nie am Strassenrand zurück, es lümmelt sich im Beifahrersitz und macht dumme Bemerkungen. Uns fällt nichts ein, was wir darauf sagen könnten. Bestenfalls hält das Schlimmste einfach eine Weile die Fresse und geniesst den Sonnenuntergang, bevor es uns den Tip gibt, heute Abend nicht im Decamerone zu lesen, sondern in der Lobby oder auf der Terasse jemanden anzugraben. Wenn es sich aber langweilt, weil auf der Terasse niemand ist, erzählt es uns alte, schlimme Geschichten, in denen wir nicht wirklich gut ausgesehen haben.



Italien ist gespickt mit Orten, wo es sich heimisch fühlt, das kennt es alles schon, keine Stadt ohne Enttäuschung und vergeblichem Sehnen. Die seltenen Ausnahmen wurden von einem halben Kind besucht, das wir heute etwas nervig empfinden würden, leidenschaftslos und auf Dinge wie Surfbretter und Rennräder fixiert. Aber wer weiss, vielleicht steigt es am Brenner aus, das miteingeschleppte Selbst, wir vergessen es in Sterzing, es verläuft sich im Gedrängel Veronas, bleibt zu lang an einem Antiquariat in Mantua stehen, um uns dann auf der Rückreise an einer Landstrassentankstelle wieder aufzugabeln, wo wir mit Tempo 80 hingetingelt sind.

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Drecksversiffter Agenturenjohurnaillenmashup

Das kommt davon, wenn man aus Agenturmeldungen zusammenklatscht, bei der Qualiätszeitung Süddeutsche:

Das defizitäre Unternehmen hatte im vergangenen Jahr einen Verlust von 116 Millionen Euro bei einem Umsatz von 1,2 Milliarden Euro erwirtschaftet.

Die Fluggesellschaft, die rund 2700 Mitarbeiter beschäftigt und 73 Ziele in Europa und Nordafrika anfliegt, will mit dem Geld vor allem bereits bestellte Airbus-Flugzeuge finanzieren und ihre Flotte von derzeit 56 Maschinen verdoppeln. Im vergangenen Jahr erwirtschaftete Air Berlin noch einen Verlust von 116 Millionen Euro bei einem Umsatz von 1,2 Milliarden Euro.


Edit: Sie haben offensichtlich jemanden, der lesen und ändern kann - jetzt ist der letzte Satz gestrichen.

Wer kauft eigentlich Aktien von so einer Firma? Noch übler ist nur die mit dem Kerner verbandelte Bande vom SPON, die das Papier heute wegen einer einzigen Analystenmeinung als "Vom Risikopapier zum Superschnäppchen" titelten. Zum Kotzen, das Pack.

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Real Life 07.05.06 - Paid Sex in the City

Danach tretet ihr aus der Kirche, wo schon die Honoratioren stehen und den neuesten Tratsch austauschen. Noch im Dunkel der Vorhalle setzt du die Sonnenbrille auf, um die meisten angemessen und höflich ignorieren zu können; irgendwelche Pseudofachkunde über die Sangeskunde der nächsten Generation der gegenüber liegenden Schule für bessere Töchter sind das letzte, was du jetzt brauchst. So ein Chor bügelt jede individuelle Stimme platt, jedes Kompliment an Frau D. juniorissama wäre eine einfache, platte, dumme Lüge. Ausserdem stehen da ein paar Leute, mit denen du definitiv nicht gesehen werden willst. Und reden schon mal gar nicht, weil du dann wieder den Mund nicht halten kannst. Iris an deiner Seite, gerade aus schauend, pro forma nickend, unverbindlich aber doch so, dass es als Gruss ausgelegt werden kann, brichst du durch den Halbkreis auf der Strasse. Zur Haustür sind es ja nur ein paar Meter.

An besagter Haustür stehen welche beim Weinstock. Du kennst sie, sie kennen dich, und sie labern dich an. Könnte schlimmer sein, die Welt ist voller religiös-fanatischer Arschgeigen, manche lauern hier unten, weil sie mal reinschauen wollen. Da waren schon welche, die im bekannten Raum mit dem berühmten Kadaver auf die Knie gegangen sind und ihren christofaschistischen "An unserem Wesen soll die Welt genesen"-Dreck abgezogen haben. Seitdem bist du vorsichtig, und lässt keinen mehr rein. Manchmal musst du auch so Freaks aus dem Hausgang zerren, die sich reingeschlichen haben. Du bist nicht tolerant, es gibt auch keinen Grund, gegenüber dieser Bande tolerant zu sein, für die nächsten 2 mal 1000 Jahre.

Die da, die dich anlabern, sind auf ihre Art, na, fragwürdig. Er ganz in Beige mit lachsfarbener Krawatte, Mrs. Beige in rosa und schwarz Miss beige junior 1 und 2 in schwarz, schliesslich haben sie gerade gesungen. Der alte Mr. Beige, der Vater von Mr. Beige, galt in den 50er Jahren als Playboy, hat erst kurz vor der Geburt geheiretat, widerwilig, sagt man, sein Sohn hat schnell geschwängert und ist mitsamt Töchtern auf der anderen Seite angekommen. Es gibt hier keine schlechten Gymnasien, wer seine Blagen hier in eine katholische Schule schickt, ist entweder ein bigotter Spiesser und/oder weiss um den Umstand, dass notorische Sitzenbleiber anderer Schulen hier zu Stars werden. Die Klosterschule verhält sich leistungsmässig zu normalen Gymnasien wie Hamburg zu Bayern. Wenn´s hoch kommt. Es kommt alles wieder hoch. Bei dir. Während er dich zutextet. Wie schön dass doch ist, dass du dich kümmerst, ein Juwel in der Stadtmitte. Wo es doch alle Touristen sehen wollen.

Du sagst ihm, dass es noch viele andere Juwele zu machen gäbe, einfach die Strasse runter, da sind ein paar Bruchbuden, die auf die Restaurierung warten und nachher sicher besser sind als Vorstadthäuser, zumal die Töchter zur Schule nur über die Strasse müssten. Nein, wo denkst du denn hin, sagt er, er ist der einzige der etwas sagt, seine Frau schweigt wenn der Mann spricht und die Töchter sind angeödet, in die Stadt, da würde er nie ziehen, zu laut, zu wenig Freiraum, und ausserdem, also, das mit dem hm Bordellähbetrieb, der hier, also hast du schon gehört?

Es ist das grosse Thema. Keiner, der in der Stadt wohnt, konnte es übersehen. In der Fressgasse der Stadt, wo sich ein Lokal an das andere reiht, und in direkter Linie mit dem Rathaus, am hinteren Ende in idealer Lage, war ein Haus, bei dem die Tür am Abend offen war. Und rotes Licht im Eingang. Jeder wusste es. Es hat nur drei Wochen gehalten.



Vielleicht hatten sie einfach nicht die richtige Stammkundschaft. Jedenfalls marschierte nach drei Wochen die Polizei auf und stellte fest, dass in diesem Haus sexuelle Handlungen gegen Bezahlung vorgenommen wurden. Im Industriegebiet vor der Stadt ist ein Bordell am nächsten, aber das hier war als Partnervermittlung registriert, und das darf nicht sein.

Ist doch abartig, nicht wahr. Sowas. Mitten in der Stadt. Das darf nicht sein, sagt Mr. Beige, nachdem er dir die Geschichte auch erzählt hat, weniger deutlich in der töchtertauglichen Version. Und schaut dich beifallheischend an. Du, der du hier Miete kassierst, musst ein Interesse daran haben, dass es so etwas nicht gibt. Offenbar weiss er nicht so viel über dich, wie du über ihn. Dabei hat das in den 50er und 60er Jahren die Runde gemacht, denn von deiner Grossmutter ging der Untergang des Abendlandes aus.

Deine Grossmutter war nach 45 beyond everything und hat sich um ihr Ansehen bei den Mördern, die dein Grossvater leider nicht den Amis überstellen konnte und sich auch nicht zufällig zu Tode gestürzt hatten, was zwischen 45 und 48 ziemlich oft passiert ist, einen Dreck gekümmert. Irgendwann meldeten sich die zugezogenen Schauspieler vom Stadttheater, die keiner nehmen wollte, weil die ja andersrum sind, ned woa, auf eine Annonce bei ihr und fragten, ob sie eine Wohnung haben könnten. Und, ahem, ob Männerbesuch erlaubt sei. In der Folge liess deine Grossmutter die Räume ausbauen, in denen du jetzt wohnst. Es war DER Skandal der frühen 60er Jahre. Die lokale Schwulenbewegung hatte ihren erstes festes Quartier in der Stadt. Und alle alten Naziweiber, alle Besuche der Kirche und der lokalen Würdenträge konnten nichts daran ändern.

Irgendwann in den späten 70ern hatte man sich an all das gewöhnt, auch wenn das Abendland der alten Nazis tatsächlich, wie befürchtet, untergegangen war. Das oberste Geschoss blieb weiterhin vermietet, einer hielt es sich aus nostalgischen Gründen, aber die Zeit der wilden Orgien, deren Relikte du beim Restaurieren gefunden hast, war vorbei. Offenbar gibt es ein paar Leute, die heute wieder anders denken. Na schön.

Nun, sagst du mit den gespitzten Lippen des Kulturhistorikers, es ist eigentlich daran nichts auszusetzen, denn wir wissen aus dem christlichen Mittelalter, dass man damals die Prostitution innerhalb der Stadt haben wollte. Nicht nur wegen der Steuereinnahmen. Es war eine gute Gelegenheit, arme Witwen und unverheiratete Frauen unterzubringen; also durchaus vergleichbar mit der heutigen Hartz-IV-Prostitution. Das Hurenhaus in der Stadt erlaubte leichte Kontrolle der Zuhälter, die im übrigen, das mag Ihnen jetzt etwas komisch vorkommen, Mr. Beige, aber es war wirklich so in dieser Leitkultur, oft genug von der Kirche oder auch dem Synagogenvorstand gestellt wurden. Wenn Sie sich - wie ich - mit der Thematik beschäftigt haben, wissen sie, dass es eine ausgesprochen sinnvolle Einrichtung war.

Und auch heute sehe ich wirklich nur Vorteile. Wenn es in der Fressgasse ist, muss keiner der dortigen Säufer - sie wissen ja, wie das hier so läuft, gell - unter Alk ins Industriegebiet fahren. Es ist zentral, es gibt kurze Wege auch für die Bewohner die Innenstadt, Sex macht hungrig, das ist gut für die Gastronomie. Ich sehe das also nicht ls Problem, sondern einfach als Rückbesinnung auf die alten, vom gesunden Menschenverstand geprägten Werte des Abendlandes.

Und sagst du schnell noch dazu, als er den Mund aufmacht, um eine Entschuldigung zu suchen, die ihm die Flucht erlauben würde, früher war das doch auch normal, bis Mitte der 80er war da, wo das Stadtcafé ist, doch auch ein Bordell, das Bxxxx ist zwar heute eine Bar, war früher aber auch ein Puff, ach so, und sie kennen doch das Eckhaus da vorne, wenn sie da runtergehen gleich rechts, da war sogar noch Anfang der 90er ein grosses Bordell, das nur aufgehört hat, weil der Herr K., dem das Bxxxx bis heute gehört, na sie wissen, der FW-K., ist der nicht auch bei Ihnen draussen im Gemeindevorstand, das alles an einen Investor verkauft hat, doch, das hat der K. damals vermietet, doch, das können sie mir glauben, meine Oma war da bestens informiert, jedenfalls ist das ein Schritt zurück in die Normalität, und es ist absolut zu verurteilen, wenn man dergleichen sinnvolle Einrichtung jetzt dergestalt schliesst. Nicht wahr? Ein Skandal. Wo es doch so schwer ist, ordentliche, korrekt zahlende Mieter zu finden. Schönen Sonntag, Mr. und Mrs. Beige, ihre Töchter haben ganz wun-der-bar gesungen, am Mitwoch dann im Konzertverein, Ciao, servus, tschüssi!

Weisst du, sagt Iris, igendwann werden sie dich teeren, federn und auf dem Scheiterhaufen verbrennen.

Oder noch schlimmer: Mich nicht mehr zum Tee einladen und aus dem Konzertverein ausschliessen, sagst du. Jetzt aber die Torte.

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Fixtermine

vorbehaltlich Asthma, Heuschnupfen etc. - allerdings bin ich vor allem gegen deutsches Zeug allergisch, im Süden hatte ich noch nie Probleme.

Donnerstag, 11.5.: Packen, Auto waschen, Sommerreifen, rote Nummer 13 aufkleben

Freitag, 12.5.: München - Innsbruck - Sterzing (Apfelstrudel) - Sarntal - Bozen - Gardasee

Samstag 13.5.: 1 mal aussenrum

Sonntag 14.5.: Gardasee - Breschia (Mille Miglia) - Gardasee

Montag 15.5: Gardasee - Verona - Valeggio sul Mincio - Mantua

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Mittwoch, 10. Mai 2006

Wenn es langweilt

müsst Ihr es nur sagen. Ich werde es dann lesen und mir sagen, kann Dir doch scheissegal sein, was die sagen über die Abendstimmung vor der Dachterasse.



Und weitermachen. Zumindest morgen. Noch. Dann nicht mehr. Für ein paar Tage.

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Dorin Popa, der Trackbackschleimer aus dem Hause Burda

wurde gerade nachhaltig bei der Blogbar vor die Tür gesetzt, nachdem er meinte, mit einem DreckTrackback Awareness für ein kommerzielles Freundin-Blog ergattern zu müssen. Dorin Popa klingt ja ohnehin wie einer der Kunstnamen, die uns dort dauernd günstiges Viagra offerieren. Vielleicht wird das auch mal ein gutes Zusatzgeschäft für absaufende Medienkonzerne.

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Wissensmanagement

Internet in Italien als Tourist, im Bereich zwischen Sterzinger Apfelstrudel und Lumachelle all’urbinate, und zwar abseits der ganz grossen Zentren, nur kurz in Verona, Mantua etc.. Ich habe ein Notebook (IBM T20 mit XP) dabei, ein Modem, Netzwerk und WLAN an Bord. Ich will auch Bilder hochladen. Mein Telefonino ist dafür zu alt und geht sowieso nicht.

Gibt es kostenlose Hotspots in ausreichender Menge? Gibt es Internetcafes? Lohnt sich die Anschaffung eines UMTS-Handies als Dauerverbindung? Ich war zu lange schon nicht mehr dort, ich kenne den aktuellen Stand der Dinge nicht.

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Dienstag, 9. Mai 2006

Hardcore Ecclesiastica

Nackte und Leichen



Die Tittenmaus



Die Ketten im dunklen Raum



Der Masturbator mit dem grossen Ding



Sie will das Blut



Kann mir mal jemand erklären, wieso sich die Kirche bei diesem hauseigenen Bildprogramm eigentlich über Kindereien wie Popetown aufregt?

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Moderne Zeiten

Manchmal muss ich laut auflachen, wenn ich hier in der Provinz den Briefkasten aufmache und sowas finde. Nein, das ist wirklich zu komisch. Was haben die nur für ein Menschenbild.



Vielleicht sind sie tot, und wissen es noch nicht. Oder ich bin schon ein Web2.0-Zombie, und habe es nicht begriffen.

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Killer on the Blogsite

Hey, wie es ausschaut, habe ich mit einigen anderen Archiv-Blog.de, das neueste Klauprojekt aus dem Umkreis des Blogspammers Thomas Promny mit dieser Rechnungsdrohung umgebracht. Kurz nachdem sie mir die Löschung bestätigt haben, ist das Projekt vom Netz verschwunden und durch die neue Suchmaschine oodu.de (dooler Name) ersetzt worden.

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Montag, 8. Mai 2006

Verschwendet

weil sie es nicht sehen, sie schauen auf den Boden, als sie zu ihren Wägen hetzen, um heimzukommen zur Glotze und zur hirnfreien Abendgestaltung, oder zum nächsten hardcore Learning für die nächste Prüfung. Nach 20 Minuten ist das Spektakel sowieso vorbei, vom gleissenden Gelb im Westen bis zum tiefen Blau der frühen Nacht im Osten, und das Photo ist ein Dreck gegen die Realität.



Die Sonne scheint nicht für alle, nicht für die Dummen, Gemeinen, Verbohrten und Abgelenkten gleichzeitig, sie scheint nur für die happy few, und erlöst sie kurz von der Niederung, der Schlechtigkeit und der Banalität des Daseins. In hundert Jahren sind wir alle tot, die Festplatte dieses Blogs ist längst zerfallen, nichts wird bleiben, und andere werden es nicht sehen, nicht hier und nicht draussen, sondern sich anderweitig unterhalten, es wird neue Lösungen, Ideen und Trends geben, die das besser können als alles, was wir heute kennen.

Verfickt, geht raus, haut ab, ich will die nächsten Monaten bei schönem Wetter hier keinen von Euch bei was anderem als Vermeidungssurfen sehen.

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Aussicht auf die Ponte Vecchio

Als ich die ersten alleinigen Skiurlaube, nun nicht mehr in der piekfeinen Schweiz oder dem ordentlichen Sütirol, sondern im rabaukenverträglichen Österreich absolviert hatte, mir oder anderen daselbst keine Knochen gebrochen hatte und immer noch keinen Alkohol trank oder rauchte, da wurde es Frühling, und mein Vater meinte, es sei an der Zeit, dass ich jetzt selber mal auf eigene Faust Urlaub machen sollte. Ohne sie und den Wagen. Ganz allein. Hatte er auch gemacht. Er drückte mir einen Rucksack in die Hand, einen Packen American Express Reiseschecks, ein paar Bündel Lirescheine in einem langen, rechteckigen Couvert von der Sparkasse und meinte, ich wisse ja, wo der Bahnhof und Florenz sei, seinen Orientierungssinn hatte ich geerbt, wie man Moped fuhr, wusste ich, ansonsten immer nur Ilford-Filme nehmen, und 50mm-Objektive reichen aus, wenn man gut ist.



Es war richtig, nur mit Ilford zu photographieren. Man sieht nicht, dass das Lacoste-Hemd auf dem Bild knallgrün ist. So war das aber damals, in den mittleren 80ern, als die beiden Kameras, eine Kleinbild und eine Mittelformat noch rein mechanische, silberne und klobige Wertgegenstände waren, die Züge wie in den frühen Filmen Fellinis aussahen und man extra Münzen kaufen musste, um nach Hause zu telefonieren. Was ich übrigens erst tat, als ich schon wieder in München war. Postkarten habe ich auch keine geschrieben, damals. Aber viele Bilder gemacht, 7 Filme in zwei Wochen, ein photographisches Tagebuch einer Zeit zwischen Traum und Erfüllung.

In nächster Zeit werde ich wieder aufbrechen, so wie damals, ich werde aufstehen, sagen, dass es der Tag und die Stunde ist, und dann bin ich weg. Die Barchetta wird das Moped ersetzen, ich werde eine Digicam dabeihaben und ein Notebook, um hier ein wenig Notdienst zu machen. Wann genau, keine Ahnung, die Leserschaft wird es schon merken. Vielleicht kaufe ich mir sogar wieder ein Lacoste-Hemd. In einem dezenteren Grün, diesmal.

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Hat da jemand OINK gesagt?

Eine komische, unvollendete Oper in Don Alphonsos Festspielhaus

Ouvertüre: Don "Der Schweiger" Alphonso v. Kleinbloghausen verkneift sich bislang jeden Kommentar zu Burdas Blognetzwerk bei der Freundin. Dann endlich, weil er schon namentlich erwähnt wird, gibt er dazu einen Kommentar bei Cavaliere Thomas Knüwer ab, Rezitativ: Die Blogs sind schlecht und werden bald sterben. Prompt geht ihn einer von den gedungenen Burda-Bloggern mit dem Katzbalger von der Seite an, sie singen über gekreuzte Klingen das kleine Beleidungsduett "Bei Villon im Puff, da hab ich Dich gesehen".

1. Akt, 1. Szene: Don entdeckt, dass bei den Burdablogs Bilder aus einer kostenlosen Quelle verwendet werden. Das überrascht erst mal, schliesslich weiss er, dass Burda mit viel Aufwand expandiert. Und dann ist kein Geld für Bilder da? Naja, er schreibt das mal im Burdabuffo Bariton:
"Oh weiser Hubert, der Du den Mammon tust besitzen,
müssen Deine Büttel Bilder andernorts stiebitzen?"
2. Szene: Ein Burdablogger Dorin Popa läuft auf und singt die Arie:
"Drum preiset alle unser Herrns Geschick
Entsagung gibt nen geilen Kick"
in der er den jugendlichen Bloggerwiesenhopser gibt, der alles nur aus Lust an der Froihoihoide tut. Don Alphonso kehrt auf die Bühne zurück und bringt presto:
"Die lauter Absicht, Freund, die tu ich Dir nicht glahauben
im Gegenteil, mir deucht, bei Nestlé ihr wollt sahaugen".
3. Szene: Die Grosse Rechtfertigungsarie des Dorin Popa:
"Nur der Blogkunst weiht ich mein Leben,
uns tut gar niemand einen Euro geben
einen Etat, den will hier keiner haben,
an unserm freien Tun soll sich der Burda laben"
wird gegen Ende begleitet vom kritischen Kommentarchor
"Ach wie faul tut dieses riechen
dieses freiwillige Kriechen..."

2. Akt, 1. Szene: Auftritt des Bravo Roberto Basicio aus Franco Forto, der den Dorin Popa im Versteckt belauscht hat. Er singt die Dolchstossarie:
"Ohne Geld, da würde ich nie stechen
willste Mord, musste mir blechen
auch das Bloggen sollste zahlen
sonst geb ick Dir dit letzte Amen!"
Was sein gemischter Räuberchor bejubelt und sich wundert, warum bei der holden Freundin dieser Ausgezehr üblich zu sein scheint.
2. Szene: Don Alphonso in der Lanu Palast. Nach kurzem Rezitativ "Oh Holde gib mir 120 Punkte" trägt er die Arbeitsrechtlerarie vor:
"Bei Burda herrschen raue Sitten
und Ausgezehr an Freundin Titten
der Geldes Milch die mag nicht fliessen
des Schreibers Konto bleibt im Miesen"
worauf Lanu ihm die 120 Punkte überreicht.
3. Szene: Don Alphonso betritt seinen Blogstadtpalast, erfreut sich an den Punkten und singt Richtung Publikum:
"Ach es ist der Schweine Quieken
das diesen Tags mein Herz erfreut
mag kommentierend einer pieken?
Da unten ist viel Platz bereit.
Ist die Oper doch nicht vollendet
Szenen, Akte, Stretten fehlen
von der hohen Koloratur geblendet
will ich glücklich sein. Verhehlen
will ich deshalb nicht das Begehr:
Bringet Eure scharfen Saufedern her.
Gebt ihnen dicke und nicht zu knapp
denen machen wir Haxn - zack zack zack!

3. Akt: Ihr seid dran.

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