Eigenartig

Einkaufslisten machen. Es ist so gewesen: "Fortschritt" war in den frühen 70er Jahren in der Provinz der Gedanke, dass Männer nicht mehr zwingend damit rechnen können, ab dem 20. Lebensjahr die letzte Partnerin ihres Lebens in der Küche stehen zu haben. Wenngleich sich das bei vielen Bekannten später so ergab, war und bleibt das in meinem Fall anders. Diese moderne Ansicht in meinem Clan hatte aber nicht zur Folge, dass mir erklärt wurde, worauf ich beim Personal zu achten hätte, denn damals war schon abzusehen, dass diese Beschäftigungen die neue Zeit nicht erreichen würden. Auch wurde mir nicht beigebracht, wie man in der Zeit jenseits ehelicher Bindungen möglichst viel Erfüllung mit wechselnden Partnerinnen findet, nein, es bedeutete schlichtweg, dass ich alles selbst zu können hatte; darunter Dinge, die in der langen Reihe donalphonsinisch-männlicher Vorfahren undenkbar waren: Kochen beispielsweise. Tisch decken. Klingt banal, aber ich meine hier nicht das auflegen von Messer und Gabel, sondern mit dem grossen Besteck für 12 Personen und 5 Gänge decken. Abspülen. Bis heute spüle ich gern ab, weil ich dabei meine Gedanken sortieren kann. Wenn ich eine Schreibblockade habe, koche ich, und beim Abspülen fällt mir immer etwas ein.

Und natürlich auch das Verfassen eines Einkaufszettels. Damit sind wir bei den wenigen, nicht ganz gelungenen Punkten meiner Erziehung angekommen, neben meiner notorischen Konfliktunfähigkeit und meinem sanften Harmoniebedürfnis, in dem ich aus der Art geschlagen bin. Denn bei uns brauchte niemand einen Einkaufszettel, die Frauen des Hauses hatten das immer im Kopf. Weil Männer jedoch als beandadsig (bärentatzig im Sinne von grobmotorisch ungeschickt) und mit einem Hian wia a Vasitzgruam (Hirn wie eine Jauchegrube*) gesegnet galten und deshalb lieber zuviel vom Falschen, als zu wenig vom Richtigen einkauften, wurde mir beigebracht, alles Nötige auf einen Zettel zu notieren.

Es war überflüssig. Komplett überflüssig. Einerseits, weil ich immer genau weiss, was ich brauche und was fehlt. Andererseits, weil sich so nicht einkaufen lässt. Ein Einkaufszettel kollidiert zwangsweise mit dem Angebot des Wochenmarktes - nur mal ein Beispiel: Ich schreibe "Spinat" auf, sehe dann aber, dass es auch bunten Mangold gibt, der ebenfalls für meine Tarte passt. Und ich habe gerade mehr Lust auf Mangold. Nimmt man aber den recht intensiv schmeckenden Mangold, sollte man auf Gorgonzola als Käse eher verzichten, wenn man Gäste hat, und lieber Frischkäse kaufen. Den man wiederum als Unterlage nehmen kann, wenn man ein Baguette mit einer gebratenen Zuchinischeibe und Grana Padano uberbäckt, weshalb man jetzt noch keinen Parmesan braucht, denn der reicht dann noch, aber eben Zuchini. Und an Bedasui (Petersilie)!

Im Endeffekt kombiniere ich also männliche und weibliche Familientugenden: Ja, ich kann kochen, einkaufen und habe die perfekte Orientierung für Zutaten. Und kaufe bei der Gelegenheit dann auch meistens zu viel ein. Was dann weg muss, weshalb hier oft die jungen Damen kommen, die nicht durch das rigide Regiment der Kaltmamsellschen Frau Mama oder der Porcamadonnischen Haushälterin gegangen sind, und deshalb weder Einkaufslisten schreiben noch kochen können, und ohne mich möglicherweise Hunger leiden müssten.

* daher auch das beliebte "Homs da ins Hian neigschissn", das ich zwar kenne, aber bekanntermassen in meiner notorischen Harmoniesucht auch nia ned oana dreggadn, hundsvareggdn Drigamibrundskache an den Kopf werfen würde.

Dienstag, 22. Januar 2008, 22:08, von donalphons | |comment

 
nach neuerem verständnis klingt das wie der perfekte ehemann. ein mann, der keinen einkaufszettel braucht! du solltest längst unter der haube sein!

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Nix da unter der Haube sein. Auf gar keinen Fall! Wegen der Magie und den Zauberfähigkeiten, die dann vielleicht wegfallen.

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achso, ich vergass. ja dann: klar.

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Dank einiger, hier verschwiegener Details zu meiner Person darf ich behaupten, dass ich hier auf dem Affenfelsen vollkommen unvermittelbar bin und auch bleiben möchte. Zu einem Mann gehört definitiv mehr dazu.

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...der perfekte ehemann. ein mann, der keinen einkaufszettel braucht

Wenn diese Eigenschaft bei Frauen gefragt wäre, dann wüsste ich das...

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nunja, sagen wir: diese eigenschaft ist vor allem bei ehemännern gefragt. das ist natürlich vollkommen unerotisch. wahrlich ein dilemma.

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Ich schrieb ja auch "Frauen" und nicht "Ehefrauen"... ;-)

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Wenn wir schon beim Haushalt sind:
Gibt es in sexuller Hinsicht ausser dem fragwürdigen Klempner eigentlich eine männliche Entsprechung zum Dienstmädchen?

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Gärtner, vielleicht? Wildhüter gibt's ja nicht mehr so viele.

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Ich kenne mich da nicht so aus. Köche sind ja eher selten geworden, und sehen auch in der Regel nicht knackig aus.

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Wenn es Männer außerhalb des eigenen Haushalts sein sollen, dann womöglich Automechaniker. Ein Freund von mir arbeitete mal bei so einer Werkstattkette aus Weiden, der hat mir irgendwann einmal erzählt, dass da sehr viel gehe. Er bekäme häufig Telefonnummern und eindeutige Angebote, eine ganze Reihe seiner Kollegen ebenfalls. Bei ihm konnte ich das ja noch nachvollziehen, aber da waren auch Kollegen dabei, von denen ich das nie, nie gedacht hätte, dass denen eine Frau die Telefonnummer zusteckt. Die meisten dieser Frauen seien verheiratet, meinte er dann noch.

Er sagte, die meisten Frauen kämen genervt oder aufgelöst in die Werkstatt. Wenn man ihnen erst einmal zuhöre, sie dann etwas beruhige und sie vor allen Dingen nicht herablassend behandele, als seien sie doof, habe man schon halb gewonnen. Die kämen als Kundinnen auch immer wieder.

Nachtrag: Ich habe es dann später sogar einige Male mitbekommen, wie solche Zettel rübergeschoben wurden.

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Friseure sollen ja auch eine in dieser Hinsicht sehr gefragte Berufsgruppe zu sein. Sowohl, alsauch.

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@Arboretum: Diese Werkstattkette hat aber auch viele nette Automechaniker. Das habe sogar ich schon manchmal gedacht - obwohl ich nicht zu den Frauen gehöre, die ständig auf "Beutesuche" sind, und ich auch noch nie irgendwo Telefonnummern verteilt habe.

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Schornsteinfeger sind übrigens auch eine unterschätzte Klientel. So wie überhaupt Handwerker. Zumindest, was die Attraktivität beim ersten Eindruck angeht. Vielleicht, weil sie nicht so arrogant rüberkommen wie viele "Platzhirsche" in typisch männlichen Prestigeberufen, aber trotzdem wegen ihrer Fähigkeiten Respekt einflößen. Damit meine ich jetzt kein weibliches Eigennutz-Kalkül nach dem Motto "der könnte mir ja dies oder das im Haushalt reparieren...", das funktioniert rein unwillkürlich.

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Ach so, der Klempner wurde oben schon erwähnt. Aber wieso "fragwürdig"?

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Schornsteinfeger? Also auf die Idee wäre ich jetzt nicht gekommen. Und bei jener Werkstattkette habe ich auch schon ausgewachsene Deppen getroffen, allerdings eher im Verkauf als in der Werkstatt. In einer auswärtigen Filiale hat einer sogar mal versucht, meine jüngere Schwester über den Tisch zu ziehen. Er wollte ihr statt des nötigen Pfennig-Artikels gleich ein teures Ersatzteil verkaufen, aber da war er an die Falsche geraten. Meine Schwester hatte an dem Auto schon den Motor selbst zerlegt und wieder zusammengesetzt, die kannte sich aus.

Aber es stimmt, viele sind dort sehr nett, obwohl sie zum Teil keine so tollen Arbeitsbedingungen haben.

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Besagte Werkstattkette schiebt einem auch auf dem Formular, das man unterschreiben muss, wenn man Winterreifen einlagern lassen will, die Erklärung unter, dass man damit einverstanden sei, dass die eigenen Daten zu Werbezwecken verwendet werden. Ganz unscheinbar. Ich habe das in der Hektik wegen der langen Schlange hinter mir an der Kasse natürlich nicht bemerkt, sondern erst, als es zu spät war - aber ich habe gekocht vor Wut. Ich weiß gar nicht, ob das in der Form rechtens ist.

Deswegen meinte ich auch nicht die Verkäufer. Sondern wirklich nur die Mechaniker.

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dass man sich auf dem Markt inspirieren lässt - ja klar. aber wenn man erst daheim in der Küche merkt, dass das Mehl nicht mehr für die Quiche reicht, ist das doof. Dafür gibt es dann den Einkaufszettel, man kann ja nicht immer bei der Nachbarin läuten...

wenn das Mehl ausgeht, ist es die eine Geschichte, aber wenn das Klopapier ausgeht...

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Es war vor allem das Klopapier, was mir das WG-Leben verleidet hat. Irgendwann habe ich in meinem Zimmer einen Notvorrat gebunkert, weil meine Mitbewohner nicht dazu in der Lage waren, rechtzeitig für Nachschub zu sorgen, wenn sie an der Reihe waren. Das kann doch nicht so schwierig sein???

Dass ich mich darüber so aufrege, zeige meine mangelnde Sozialkompetenz, behaupten manche. Aber sorry - das ist mir egal.

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Ich habe nur mal kurz einer WG als Gast angehört, aber da frage ich mich schon, ob Sozialkompetenz in dergleichen überhaupt hilfreich ist.

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WGs wirken auf mich immer wie verlängertes Schullandheim, nur eben ohne limitierenden Lehrkörper.

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Ich habe nun 14 Jahre in WGs gelebt (überlege mir auch, das mal wieder zu tun, dann aber als Edel-WG mit mehr als einem Zimmer pro Person) und glaube nicht, dass sich da eine Regel aufstellen lässt. Von Studentenwohnheim-Athmosphäre bis zu einem Wohnkollektiv von berufstätigen Mittdreißigern mit integrierter gemeinsamer Kindererziehung ist alles dabei. Oder eine WG von Leuten um 50 (auch mit Kindern), die eine gemeinsame Firma betreiben.

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Auf Einkaufszettel gehören doch sowieso nur die Dinge, die man immerimmer im Haus haben muß, so wie Mehl z.Bsp., für den Rest schlendert man dann wie beschrieben durch den Supermarkt über den Wochenmarkt und läßt sich inspirieren, vom Angebot und dem Appetit, der Lust und den Farben. Hat man sich dann für bestimmte Kochvorhaben entschieden, geht es erst richtig los, dann werden nochmal die Regale Stände abgegrast und am Ende war man überall fünfmal, bis alles beisammen ist, fällt nach dem Einkaufen halbtot um und MUSS eines der geplanten Gerichte kochen lassen ... wat bin'ick froh, daß der Karpate ungefähr so einkauft wie der Don es beschreibt, da darf ich dann immer Zeugin der Komposition sein und mir beim Aussuchen schon ausmalen, was wir die nächste Woche über essen. Hach, lecker, Männer die kochen können (und es auch gern tun!) sind schon großartig!

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Man kann jederzeit umdisponieren und was anderes kaufen. Ist doch logisch. Als ob man was Gutes liegenlassen würde, das sich anbietet.

Ich habe auch lange keinen Einkaufszettel gemacht. Habe aber festgestellt, dass es das Hirn total entlastet, wenn man sich die Sachen aufschreibt.

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In meinem Bekanntenkreis gibt es eigentlich keine Männer, die nicht kochen können (abgesehen von meiner Elterngeneration, die sind 70+). Sind wir so etwas Ungewöhnliches?

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Ich gestehe!
Ich führe Einkaufslisten :-)

--> manueller Trackback
http://www.vital-genuss.de/geniessen/mein-einkaufszettel.html

Allerdings kann es schon mal vorkommen, dass durch Spontankäufe das eigentlich geplante Kochvorhaben dann neu angepasst werden muss...

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