Ganz grosser Auftritt

Nur falls man sich wundert, warum das bürgerliche Lager so geschmacklos, so schiachschäublisch, so westerschmierig daherkommt: Es mangelt nicht nur an Geist und Bildung und jener unflexiblen Moral, bei der man wenigstens wusste, woran man war. Es mangelt auch an der richtigen Sachkultur:



Früher etwa brauchte man zum Tortenheber natürlich auch ein Tortenmesser, um dieselbe zu zerschneiden, und eine Vorlegegabel für anderes Gebäck. Weil die Einladungen gross waren und die Torten nicht Stückerl, sondern eben: Ganze Torten, entweder heimisch gebacken oder bestellt. Dann kamen aber auch mehr Leute. Einmal hatte man den Stress mit dem grossen Auftritt, dafür brauchte man auch entsprechend üppiges Besteck, weil es jeder sehen sollte, weil jeder anwesend war. Die nächsten 10 Wochenenden war man woanders eingeladen und konnte vergleichen, ob andere mithalten können. Oder einen überflügelten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass dieses Silberbesteck nicht auf dem Flohmarkt landete, weil eine Hausfrau aufzurüsten beschloss. Die Erben haben abgerüstet - wie auch damit:



Natürlich ist Wiener barock nicht jedermanns sache, aber ich frage mich schon, warum da keine Enkel sind, die das von ihrer Oma haben möchten. Kinder, denke ich, müssten dergleichen doch lieben und in ehrendem Andenken behalten, aber da bin ich wohl hoffnungslos veraltet. Nachfolgende Generationen jedenfalls scheinen nicht mehr so arg scharf darauf zu sein: 85% war der Materialpreis, 15% das Aufbewahren über 120 Jahre und der Verkauf. Nun ja. Andere haben andere Preisvorstellungen und verkaufen gar nichts, wie jene Frau, die für eine Brokatdecke 200 Euro wollte. Dafür waren die alten Federballschläger nachgeworfen.



Ich mag ja diese hölzernen Schläger, hier sogar mit roten Ledergriffen. Und für meine Art, damit Sport zu treiben, reichen sie allemal aus.



Danach dann Torte und Gebäck. Allerdings noch nicht mit dem grossen Auftritt. Das kommt aber noch.

Montag, 26. Oktober 2009, 00:30, von donalphons | |comment

 
Dann aber auch Federbälle mit Federn dran. Kann man tatsächlich immer noch bekommen. Sie fliegen auch besser.

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Mir fehlt da etwas die Erfahrung, aber ich bin lernwillig.

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Ich finde es immer wieder spannend zu sehen, mit welcher Beute Du aus Pfaffenhofen zurückkehrst.

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Ich wollte schon fast auch nach PAF-town gestern.
Wär' ich nur gefahren. So einen Tortenbesteck hätte ich grad heute nachmittag gebrraucht!

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Ja, die Jagd, das ist schon immer recht spannend. Bei der jagd vergesse ich jeden Schmerz.
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Gelohnt hat es sich auf jeden Fall, es gab auch Delphinleuchter und noch einen sehr schönen, alten und grossen Ingwertopf. Das Besteck konnte ich nicht liegen lassen, das war zu fein, und mit 12 Euro (12 Euro!) auch zu billig.

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12 Euro? Ich fasse es nicht. Wenn ich so ein Besteck erben würde, gäbe ich es für kein Geld der Welt her.

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So geht mir das auch, aber ich würde es auch jetzt nicht mehr hergeben. Selbst schuld, die Leute.

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Ah, Señor Don, ich liebe es, wie sie der so genannten Elite immer wieder ihre Médiocrité um die Ohren hauen.

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Pirates of Bavaria
Yo ho and a bottle of rum ! Grossartige Beute, Chapeau!

Wie ist eigentlich der Markt in Aichach? Wenn er gut ist, dann könnten wir uns möglicherweise im Dezember dort als Konkurrenten gegenüberstehen, sofern es meine Termine zulassen.

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Sie schreiben:
"...aber ich frage mich schon, warum da keine Enkel sind, die das von ihrer Oma haben möchten. Kinder, denke ich, müssten dergleichen doch lieben und in ehrendem Andenken behalten..."

Darf ich höflich gegenfragen, ob Sie denn Kinder haben ?

Falls nein, steckt darin bereits eine (Teil-)Antwort auf Ihre o.a. Frage.

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Ich vermute mal, die Enkel waren diejenigen, die diese Dinge verscheuert haben.

Don Alphonso hat bereits angekündigt, zum gegebenen Zeitpunkt eine junge Dame zu adoptieren, die dann erbt. Ich hoffe, bis dahin wurde ein Jungbrunnen entdeckt, damit ich eine Chance habe, dafür in die engere Wahl zu kommen. ;-)

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"...aber ich frage mich schon, warum da keine Enkel sind, die das von ihrer Oma haben möchten. Kinder, denke ich, müssten dergleichen doch lieben und in ehrendem Andenken behalten..."

Nun, meine Oma hat ein paar Gegenstände, die in diese Richtung gehen. Selbstverständlich schäte ich diese! Nur sind es bei uns vielleicht ein Besteck-Set, ein paar Gläser und Platten -- nicht viel jedenfalls. Dort, wo Wohlstand seit Generationen vorhanden ist, ach -- sehen Sie sich doch einfach mal in einem dieser Internate um. Dort rauskommend, studiert man irgendetwas businessishes. Ferner könnte diese praktische Rational-Choice-Welt nicht von diesen Gegenständen sein. Sie sind einfach zu üppig, zu wenig Ikea, kurzum: das Problem ist genau das, worum dieses Blog immer wieder kreist. Kultur.

Das ZDF hat einen völlig unkritischen, widerlichen Beitrag in der Reihe 37° zum Thema Eliteinternet ausgestrahlt -- , inklsuve Kontaktadressen von Internatsvermittlerinnen und einen werbenden Beitrag des Schulleiters jenes Instituts. Typischerweise wimmelt es da nur so von dem oben beschriebenden Typus. Daneben wird aber auch noch ein Underachiever dargestellt -- er will einfach nicht, obwohl er am Ende selbst in einen Lernraum gesperrt und kontrolliert wird, schafft er das Examen nicht. In einer Szene sagt er: "Vielleicht werde ich ja Cirkusclown, wenn es das ist, was mich glücklich macht" (sinngemäß). Diese viel interessantere Geschichte erzählt der Beitrag natürlich nur als Kontrast zum Polohemden-Sieger.

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Als ich das Weibsbild gesehen habe, welches der kleine Polo Schnösel da an der Hand hatte,
na da hat er wohl schon bekommen was ihm zusteht.
Die Welt o. Gott ist eben manchmal noch gerecht.

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Ich könnte mir auch eine humane Erklärung dafür vorstellen, warum viele Kinder und Enkel diese Dinge nicht haben wollen. Manche fühlen sich vielleicht unbewusst durch die emotionale Kälte abgestoßen, die z.B. die vom Don beschriebene Silberschale - in jedenfalls einigen Familien - symbolisierte.

Allerdings wird es ihnen wohl kaum gelingen, ihre Welt durch den Kauf von Ikea-Ware wärmer und sympathischer zu gestalten. Wer das versucht, der läuft Gefahr, doch nur die Fehler der Vorfahren zu wiederholen. Wer den Mechanismus dagegen durchschaut hat, dem wird klar, dass das Unbehagen nicht von Gegenständen verursacht wurde, sondern von ganz anderen Faktoren, und lernt die alten Dinge am Ende vielleicht doch zu schätzen.

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@ heinrich.osbert, 17:45:
"eliteinternet" ist wunderschön.

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"Entschuldigung! Entschuldigung! Es war nicht so gemeint Es ist nur so: Ich bin seit heute Menschenfeind"
Und überhaupt all diese Tippfehler! Dabei habe ich einige schamvolle Sommertage in einer solchen Einrichtung zugebracht... ;-) Nützt offenbar ganz und gar nichts.

Amelia, ich wollte das auch gar nicht alleine darauf beschränken. Selbverständlich ist das nichts, was mit einem Grund allein zu klären wäre.

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Manche Formgestaltung, vor allem jene aus einer Zeit lange bevor es Design als Profession gab, erscheint vielen Menschen einfach zu üppig, schwer und träge. Und für die reale Anwendung solchen Bestecks bedarf es einer gewissen Hingabe; etwas was heute kaum noch jemand aufbringen kann.

Allen Ortes ist ein Niedergang der Kulturen erkennbar; ich selber nehme mich da nicht aus. Dieser Tage habe ich wieder mal meine Besteckladen geprüft und alle Werkezuge, welche nicht regelmäßig Verwendung finden abgeschoben, zu den anderen Sammlerstücken.

Manche Leute schieben das Zeug ganz ab; wenn die inzwischen ehemaligen Eigentümer jedoch nicht wissen, was das edle Werkzeug an Wert hat, so befinde ich dies als sehr amüsant!

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