Die Leute auf den Bildern

sind entweder schon ein paar Jahrzehnte tot, oder sie marschieren stramm in Richtung Altersheim. Wenn sie das mit dem, was die Drogen vom Hirn übrig gelassen haben, überhaupt noch mitbekommen, und sie nicht von ihren Enkeln in diese Richtung geschubst werden. Diese Enkel dürften in etwa so alt sein, wie der Durchschnitt der jüngeren Besucher dieser Bilder. Aber weil es eine angeblich nicht nur in Clubs Frauen und Männer swingende Stadt ist, sondern auch richtig swingend, kommen sie natürlich und schauen auf zu ihren alten, längst verrotteten Vorbildern, bei denen es noch rebellisch war, wenn sie keine Krawatte beim Gitarrenspiel trugen. Dafür erweist man ihnen bis heute die Referenz, und wenn die besseren Töchter zu Hause davon erzählen, wird Mami am Herd seufzen und daran denken, als sie 1970 keinen Minirock anziehen durfte, den sien auch jetzt als Hausfrau in der Vorstadt nicht mehr tragen würde.



Da sind sie also, die Heroen von damals, deren Musik längst das Beste der 7oer Jahre ist für den Dudelfunk und für die 12-CD-Box von Past Death für 99 Euro rufen Sie jetzt an und hören Sie die Lieder Ihrer Jugend. Da sind sie, die Heroen, und grinsen von den Wänden wunter und freuen sich, dass man ihr Geschrubbel plus die paar Steineschmeisser heute als Goldenes Zeitalter betrachtet. Sie sind Götzen einer untergegangenen Revolte, die genauso von ihrem mickrigen Image leben wie der arbeitslose Berater durch seine Angeberei in den üblichen social networks - nur dass die einen auf dem Weg in die Unsterblichkeit sind, für immer umlächelt von den Schönen der Incrouds, und die anderen sehen am Abend das gefrustete Gesicht ihrer mittelalten PR-Partnerin, die am Küchentisch Gegendarstellungen formuliert.

Gerecht ist das im ersten Fall nicht unbedingt.

Mittwoch, 12. Januar 2005, 22:06, von donalphons | |comment

 
Was ist schon gerecht ?
Mit Entsetzen musste ich vor kurzem feststellen dass mir die Musik im Radio (auf der Autobahn) gefiel - und das in HR1. Das ist einfach das Alter - wenn Dir die Musik im Radio gefällt - hast Du`s hinter Dir.

Zur Zeit höre ich gerne "Nightwish" - die Sängerin hat ne klasse Stimme. Kommt doch meine Tochter (17) runter und verlangt von mir dass ich das "gelärme" leiser stellen möge. Zur Zeit spielt alles nur einfach verrückt .... (kopfschüttel, leise Wein, schnüff)

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Ja, die Bälger können wirklich grausam zu ihren Eltern sein, wenn die so infantile Kindergartenmusik hören - weswegen ich keine Kinder habe und deshalb im Auto lauft bei Fatboyslim mitgrölen kann.

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Zum ernsten Teil der Nachricht
Arbeitslose Berater - warum kenne ich die nicht ? Ich suche händeringend Leute die die Gesetze der New Economy begriffen haben. Keiner meiner Ansprechpartner ist bereit in Projekte zu investieren - nicht Geld nur Arbeitszeit (gegen eine satte Erfolgsbeteiligung natürlich). Derzeit breche ich mir einen (eher mehrere) ab um ein Marketingkonzept (typische NE Geschwafel auf der ersten Webseite) zu formulieren - ich verspreche Provisionen etc. aber niemenad ist bereit etwas zu riskieren. So kanns doch nicht sein - auf der einen WSeite jammern und auf der anderen Seite den lebeslang gesicherten Angestellten (mit vollem Lohnausgleich bei reduziertem Stundenaufwand) raushängen lassen.

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Versuch´s man bei Open BC, das ist gewissermassen die Arbeitsagentur für sinnlos gewordene Mittdreissiger. Wenn Du Deine Ansprüche nur ordentlich unten hältst - auch 3 Jahre ohne reguläre Beschäftigung, Alk statt Koks und ausgeleierte Hosen - findest Du wen. 5 Euro auf die Kralle ist bei denen Bier und Fluppen und deshalb beliebter als Provision.

Aber es stimmt schon, gute Leute sind schwer zu finden; die haben immer was zu tun. Meine Liebste etwa sieht sich im Moment nicht mehr ein und aus vor lauten aufzusexendem multinationalem Geschwafel....

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Diene Liebste
muß eine seeeehr interessante Person sein :-))

Danke für den Tip

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@nervers: Warte, warte nur ein Weilchen. Der Irrsinn sattelt gerade wieder auf. (Helfen wir ihm schwungsvoll in die Bügel, auf daß er auf der anderen Seite wieder herunterkommt! ;-))

@don. Äh ja. Mittlerweile bereue ich fast es ein wenig, unter Klarnamen dort reingeschuppert zu haben! ;-))
(Fast. Weil's eh egal ist.)

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Bündig nicht einverstanden
Die 60er/70er Jahre Revolte, ihre Musik, ihr Lebensentwurf waren definitiv besser, als alles, was danach kam. Abgesehen davon, dass Subkulturen und Musik seither nur in Form ihrer Perpetuierung, Kopie oder Negation überhaupt existent sind.

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@Che - Der große qualitative Unterschied zwischen den Möchtegernrevolten der 60/70er und den studentischen Subkulturen, die es schon vorher gab, leuchtet mir nicht ein. Was 68 angeht, kann von einer Befreiung doch keine Rede sein, das war in aller Regel eine karnevalistische Geschmacksdiktatur, garniert mit ein bißchen Bürgerschreckrhetorik.

Den großartigen Lebensentwurf dieser Epoche sehe ich im übrigen auch nicht. Weder den sozialen noch den emanzipatorischen Anspruch haben die Protagonisten auch nur halbwegs eingelöst, wo es ihnen möglich war: e. g. verachtete der 68er den Arbeiter im Gegensatz zu seinem Vater nicht für seine schlechten Manieren, sondern für sein fehlendes Bewusstsein, und unter sexueller Befreiung verstand er die ständige Verfügbarkeit jeder Frau. Den Staatsstreich proklamieren und sich dann beschweren, wenn der Angegriffene den Revoluzzer nicht verbeamtet. - Nein, der Lebensentwurf dieser Leute ist nichts, was in irgendeiner Form Vorbildfunktion haben kann.

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Die "studentischen Subkulturen, die es schon vorher gab", wie sahen die denn aus? Erzähl mal.

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Mir muß man das nicht erklären; der m. schon.

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Soso
@ modeste: De Gaulle ikognito in eine Kaserne in Deutschland geflüchtet, Panzer bereit, den Aufstand von Paris niederzuschlagen, brennende Straßenzügen in Newark und Chikago, Studenten in Berekeley und Stanford im Schützengraben, bereit, ihren Campus gegen die Nationalgarde zu verteidigen, der Aufstieg Allendes, das war 68, am Rande auch das Revöltchen in Deutschland, abgesehen davon, dass ich von der Revolte der 60er und 70er sprach, also ein komplexeres Ereignis meinte. Die studentische Subkulturen vorher haben nie auf andere soziale Millieus ausgestrahlt, die Apo wurde aber zum Vorbild für Lehrlings- und Schülerbewegungen, abgesehen davon, dass es sich bei der Subkultur um eine subkulturelle Revolte des Mainstreams der 14-30 jährigen und nicht um eine Studentenbewegung handelte.
@karnevalistische Geschmacksdiktatur, Bürgerschrecksrhetorik: Jau, die Bürger waren rrichtig erschrocken, als der Karnevalsverein RAF Heydrichs rechte Hand Schleyer zur Hölle schickte.

Die neue Frauenbewegung ist überhaupt nur ex negatio aus den sexistischen Strukturen der Apo hervorgegangen und hat mit dem klassischen Suffragettentum nichts zu tun. Der großartige Lebensentwurf wurde nicht eingelöst bzw. verraten, war aber im Grundsatz eben großartig. @verbeamten: Sebst wir haben uns in den 80ern noch von Mitbewohnern 24 Stunden im WG-Zimmer einschließen lassen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was Einzelhaft ist, weil wir damit rechneten, diese Erfahrung machen zu müssen, und unsere Revolte war durchaus ernst gemeint. Einige haben ihr Leben dafür gelassen, und auch ich habe schon in eine entsicherte Dienstpistole geschaut und mit den Bullen die Stöcke gekreuzt. Also, überleg Dir, über was Du in welcher Gesellschaft ablästerst.

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@ großartige Lebensentwürfe: Eben diese Großartigkeit sehe ich nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass die Zwanghaftigkeit der Subkulturen hinter derjenigen der alten Eliten zurückbleibt. Das ist in meinen Augen kein freierer Lebensstil, sondern lediglich ein anders kodierter.

Über politische Utopien spreche ich nicht. Das ist nicht mein Thema. Und ob jemand irgend etwas ernst meint und dafür Opfer bringt, besagt vielleicht etwas über die Strahlkraft der Idee, nicht aber über ihre Qualität. Die Religion wird ja auch nicht wahrer, nur weil ein paar Tausend Leute in Lourdes auf dem Boden robben.

Im übrigen habe ich nicht das Gefühl, dass die tatsächliche Macht sich zu irgendeinem Zeitpunkt durch Subkulturen hat einschüchtern lassen; die Angst vor der RAF wurde bewusst geschürt und unverzüglich operationalisiert. Und der größere Teil der Subkulturen war nie besonders politisch.

Faktisch ist das, was von den vorbenannten linken Subkulturen geblieben ist, die Woodstock-DVD und Jürgen Trittin. Und der jüngst verstorbene und demnächst proper augestopfte radical chic.

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Großartige Lebensentwürfe
Aber Utopien sind nunmal mein Thema, und wenn ich von Entwürfen rede, meine ich Utopien - abgesehen davon, dass das Leben in der autonomen Szene zumindest phasenweise besser war als mein Heutiges (ich rede hier nur in der ersten Person). <ironiemodus>Und auch Du wirst eines Tages vor einem schwarz-roten Stern, ausgerichtet als Pentagramm der linken Hand, niederknien und ausrufen: "Meine Güte! Das ist die Wahrheit!" </ironiemodus> Es ist viel mehr von dieser Revolte übriggeblieben, hätte sie nicht stattgefunden, wäre die Geschichte nämlich anders verlaufen. Noch nicht einmal Caés, in denen die Leute draußen sitzen, gäbe es hierzulande, und auch keine undeutschen Speisen. Ich rede von historischen Prozessen, an Phänomenen sichtbar gemacht, nicht von den Biografien einzelner Personen oder dem Oeuvre bestimmter Kapellen.

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Über den Dönermultikulturalismus der Linken kann ich auch aus persönlichen Gründen aus dem Stegreif Tiraden produzieren, die länger sind als das "Kapital" und fast genauso langweilig. Das werde ich aber nicht hier tun, sonst wirft mich der Don noch raus. Ein Auszug aus "Modestes Goldenen Worten zur deutschen Nation" vielleicht demnächst einmal bei mir.

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Ich rede auch nicht von Dönerbudenmultikulturalismus, sondern beziehe hier Dinge wie Latte Macchiato, Caipis , Saltimbocca und Seeteufelfilet mit ein, abgesehen davon, dass ich das "Kapital" für ein sehr spannendes Buch halte. Hätten einige Jungunternehmer und VCs es gelesen, wären bestimmte Dinge nicht passiert.

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In Angelegenheiten dieser Art ist und bleibt Che der Top-Richtigsteller. Ich brauche da gar nicht erst anzufangen.
Nur um das Wissen unserer Expertin noch perfekter zu machen, weise ich darauf hin, daß die Studentenbewegung mitnichten aus den „Hippies/Gammlern“ hervorging. Die „68er“-Initialzündung war vielmehr der 2. Juni 1967: Schahbesuch, „Prügelperser“, tätige Solidarität der Polizei mit den Schlägern, und der kreuzbrave und stockharmlose Student Benno Ohnesorg (nicht mal seine Teilnahme an der Demo ist gesichert) erschossen. Aus der universitären Minderheitenposition der Demonstranten wurde, durch die Empörung, eine Mehrheitsposition. Die nachfolgenden Demonstrationen zeigen junge Damen in adretten Kostümen und junge Herren mit Anzug, weißem Hemd, Krawatte, Typus ideale/r Schwiegertochter/-sohn, also doch eher weniger vergammelt.
Ein weiterer historischer Wink: Der „Dönermultikulturalismus“ kann für die Vietnam-Demonstrationen kaum ursächlich gewesen sein, da es zu dieser Zeit in Deutschland noch keine Döner gab.
Ob modestes „Tiraden“ langweilig sind, kann ich nicht beurteilen, da ich jedenfalls diese Tiraden nicht kenne. Allerdings kenne ich das „Kapital“ recht genau. Es ist eine nicht einfache und intellektuell anspruchsvolle Lektüre, deren Inhalt sich vollständig nur erschließt, wenn man die erkenntniskritische Tradition von Aristoteles bis Hegel kennt, in der Marx zuhause war. Wer all das so schnell und locker begreift, daß ihm dabei langweilig wird, der muß ein geradezu nukleares Intelligenz-Ereignis sein, das Einstein wie einen Sonderschüler aussehen läßt.
Ich muß da passen; mit so was kommt mein IQ nicht mit. Beneidenswert, modeste, beneidenswert!

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Als Bewohnerin einer Stadt, in deren Ostteil die ersten guten Restaurants von den Mitgliedern der gerühmten Subkulturen erst einmal kaputtgeschlagen wurden, will mir die These schon aus diesem Grund nicht einleuchten. Mir scheint, dass die internationale Küche in Deutschland eher ein Verdienst des bevorzugt süddeutschen und österreichischen Bürgertums ist, dem die französische und italienische Küche schon immer vertraut war.

Was das "Kapital" angeht, kenne ich zwar nur Auszüge, fand diese aber dermaßen ermüdend, dass ich nie wieder den Versuch unternommen habe, hinter die Geheimnisse des Marxismus zu kommen. Da lasse ich mich aber gerne belehren. Sag´ mir einfach, wo der spannende Teil anfängt, dann versuch ich´s nochmal.

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@noergler: Nein, Expertentum spreche ich mir da gar nicht zu. Ich bin keine Historikerin, ich bin keine Intellektuelle, und Politik ist mir herzlich egal.

Den Bogen zu den Hippies/Gammlern vermag ich nicht nachzuvollziehen. Diese waren bisher nicht Gegenstand der Auseinandersetzung. - Dass 68 auf eine verkrustete Gesellschaft traf, gebe ich indes gerne zu. Die alternativen Lebensentwürfe, die sich in den genannten Subkulturen in den nächsten Jahren verbreiteten, sprechen mich aber nicht nur nicht an - ich halte sie auch nicht für besonders progressiv oder liberal.

Ich habe in einer meiner Tiraden im eigene Blog vor ca. zwei Wochen einen kurzen Beitrag zur Kindererziehung der 68er gepostet, das werde ich hier nicht wiederholen.

Den Dönermultikulturalismus halte ich keineswegs für eine Ursache, sondern höchstens für eine Folge von 68, Und zwar für keine besonders angenehme.

Und was Marx angeht - wieso um alles in der Welt sollte mich das interessieren?

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„Und was Marx angeht - wieso um alles in der Welt sollte mich das interessieren?“ Wieso um alles in der Welt sollte mich die Antwort auf diese Frage interessieren?
Ja, diese Auszüge; sie sind ein Unglück. Damit kommt man natürlich nicht weiter. Wie bei allen guten Sachen, so beginnt der spannende „Teil“ ganz vorne, und er endet ganz hinten. Mit dem „Marxismus“ hat Marx nichts zu tun. Die „Marxisten“ haben nämlich auch immer nur Auszüge gelesen.
„Den Bogen zu den Hippies/Gammlern vermag ich nicht nachzuvollziehen.“ Aber die Formulierung von den „Subkulturen, die es schon vorher gab“ stammt doch von Dir. Also.
Wenn Du bestimmte Themen nicht magst, hilft Dir vielleicht dieser Tip weiter: Thematisiere sie einfach nicht!
Unangenehmer Dönermultikulturalismus: Sicherlich, es gibt sie, diese unerträglichen schwarzverbrannten Fettplocken. Aber diese Dönerbuden, die so was anbieten, die meidet man doch. Ich gehe auch nicht zu einem Friseur, der mir eine bunte Transen-Tolle dreht, wenn ich für die Kumpels von der Wehrsportgruppe eine frisch rasierte Glatze brauche.
„Expertentum spreche ich mir da gar nicht zu.“ Das überrascht mich jetzt. Denn mächtige Worte und weitreichende Beurteilungen wie „Möchtegernrevolten“, „ karnevalistische Geschmacksdiktatur“ und „Bürgerschreckrhetorik“ klingen doch sehr nach dem Anspruch auf den Volldurchblick.
Es ist immer der bessere Weg, einen Anspruch, den man nicht erfüllen kann, gar nicht erst zu erheben. Das erspart es, ihn wie eine heiße Kartoffel fallen lassen zu müssen, wenn’s eng wird.

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Lebensentwürfe - Sie waren jung, sie brauchten die Revolution
Na, da muß ich doch mal modeste etwas den Rücken stärken.

Fakt ist doch, die 68er haben es verbockt. Ja, das Nachkriegsdeutschland war fällig, war überreif für Veränderungen. Es ist verändet worden. Allerdings nicht so, oder so weit, wie es sich die 68er gewünscht haben.

Warum wurden die Ziele nicht erreicht? Zum Teil konnte man sich nicht mal auf Ziele einigen. Es ist einfach, sich darüber zu definieren, was man nicht haben möchte. Nur, das reicht nicht. Nach "Utopie" kommt "Blödsinn", und davon hatten sie reichlich. Das Wort "Karneval" paßt da durchaus. "Ausgemachter Schwachsinn" trift es bei einigen Dingen auch. Zum Teil war es Unerfahrenheit. Sie waren jung, sie brauchten die Revolution.

Von der ausgesprochenen Intolleranz der 68er gegen all diejenigen, die den eigenen Lebensentwurf nicht teilten, wollen wir gar nicht reden. Da unterschied man sich nicht ein Jota vom Establishment.

Die 68er haben durchaus zu positiven Veränderungen in Deutschland geführt - und zu negativen. Was wir nie erfahren werden ist, ob sich diese Veränderungen nicht im Laufe der Zeit auch ergeben hätten. Evolution statt Revolution.

Die Nachfolger haben es übrigens auch gründlich verbockt. Die Grünen feiern gerade Geburtstag. Lustig anzusehen. Leute wie Fischer damals und heute. Heute im Maßanzug, wie so viele Alt-68er die sich etabliert haben, im und vom System leben. Das sogar durchaus gerne. Getarnt wird das dann mit allerlei Ausreden. Warum man im Herzen doch ein Revoluzer geblieben ist. Warum man sich nicht hat verbiegen lassen (sind ja immer nur die anderen, die der Idee untreu wurden). Warum man den Job im System macht. Genau so wie Opa die tollen Geschichten vom Krieg erzählte, erzählen sie die tollen Geschichten von der Revolution. Genau wie Opa den Russen hätte alleine aufhalten können - wenn man ihn nur gelassen hätte -, hätten sie die Revolution allein hinbekommen, wenn, ja wenn ...

All das ist lustig anzusehen. Schade nur, daß mir noch kein Alt-68er über den Weg gelaufen ist, der ehrlich zugibt, daß er seinen Lebensentwurf von damals aufgegeben hat und das es ihm heute so gefällt wie es heute ist. Statt dessen sind die Ansprüche, die sie an die Lebensführungen und Gesinnung anderer stellen größer, als die, die sie heute an sich selbst stellen.

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@noergler: Eine Antwort auf die Frage, wieso mich Marx interessieren sollte, steht noch immer aus. Es mag sein, dass Du das sujet des "Kapital" an sich spannend findest, diese Einschätzung teile ich jedoch sozusagen überhaupt nicht. Zumindest nicht in einem Maße, dass es sich gelohnt hätte, den nicht sonderlich luziden Stil des Werkes zu ignorieren.

Mit den studentischen Subkulturen meine ich nicht Hippies/Gammler. Ich dachte da eher an die Burschenschaften 1848, die deutsche Jugendbewegung im Kaiserreich und die Bünde der Weimarer Republik. Bevor Sie sich erregen - es geht hier nicht um die politische Haltung. Sondern um den betont unkonventionell-provokanten Lebensstil, die Verachtung gegenüber den "Philistern", die Neigung zu alternativen Lebensformen und teilweise auch die Neigung zu radikalen Lösungen politischer Probleme.

Der Begriff des Dönermultikulturalismus hat mit dem gleichnamigen Abfallfleischprodukt nur indirekt zu tun. Der Döner steht vielmehr für eine Haltung, die die Offenheit gegenüber anderen Kulturen auf kulinarische Fragen, Bauchtanz und Trommelgruppen beschränkt und Ausländern in einer letztlich paternalistischen Haltung gegenübertritt, um sich an vermeintlichen Exotismen zu ergötzen.

Und was das Expertentum angeht, sind Sie doch sicherlich nicht Vertreter einer Haltung, die das Recht zur pointierten Äußerung denjenigen vorbehalten sehen möchte, die Ihre Auffassung teilen?

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Tatütata, der Klarsteller ist wieder da!
@ modeste, gibsmir: Zur internationalen Küche etc. ist einmal zu sagen, wie denn die deutsche Alltagskultur vor jenem partiell gesellschaftsverändernden Prozess aussah, innerhalb dessen 68 eine Arrt Fanal darstellte. Unter einem Festessen verstand man Eisbein mit Sauerkraut oder Kotelett mit Spargel, für Vegetarier gab es gar nichts (oder einen Rohkostteller bzw. einen grünen Salat), unter einem guten Wein vertsand man Rheinhessen Spätlese. Das Sexualleben unterlag noch staatlicher Kontrolle, für Homosexualität kam man in den Knast, und Wirte und Hotels waren gehalten, unverheirateten Paaren die Übernachtung zu verweigern. Restaurants und Straßencafe´s, in denen man draußen sitzen konnte, gab es außerhalb der Münchner Biergärten so gut wie nicht, und draußen sitzen wurde als dem deutschen Ordnungsbegruiff widersprechend betrachtet, weswegen es so gut wie nicht stattfand. Noch aus Göttingen, Osnabrück oder Wolfsburg fuhr man am Wochenende nach Hannover, weil das Kröpcke im Umkreis von Hunderten von Kilometern der einzige öffentliche Platz war, wo man vor Lokalen draußen sitzen durfte. Trotz Wolhstand und Wirtschaftwunder herrschte eine Tristesse, die der DDR überraschend ähnlich ist, kein Wunder, ist sie doch aus dem gleichen knutogermanischen Geist erwachsen. Noch 1982 war es für einen Freund eine echten Meldung, dass in "Swinging Braunschweig" (das erst seit den Hausbesetzungen swingte) jetzt französische Verhältnisse einkehren würden - womit er vor Kneipen und Cafés draußensitzen meinte. Die Tatsache, dass es eine Popkultur gibt, die sich international sehr ähnlich ist, dass in der ganzen westlichen Welt inklusive Japan, den Maghreb, Ägypten und Israel weitgehend die gleiche Rock/Pop-Musik gehört wird, ist zwar Bestandteil einer Globalisierung des Kapitals (die in Kapital Band III im Kapitel zum tendenziellen Fall der Profitrate sowie im Kommunistischen Manifest als zukünftige Entwicklung bereits skizziert ist), ihr Sich-Durchsetzen ist aber weitestgehend von der Protestbewegung getragen und ermöglicht worden.
Als ich ein kleines Kind war, war die exotischste Speise auf deutschen Tischen Spaghetti mit Tomatensauce (dass die Spaghetti Napoletana hieß, wusste man nicht, statt Parmesan verwendete man geröstete Zwiebackskrümel oder Brokrumen), die erste Pizza habe ich linke Studentinnen zubereiten sehen. Der Döner wurde Ende der Siebziger in Berlin erfunden und war ursprünglich eine reine Deutschj-Türken-Speise.

Und ich bin ein alter 81er, Veteran der Anti-AKW-Häuserkampf- und vor allem Menschenrechtsbewegung (gegen Khomeini, gegen Pinochet, für Mandela, für die Sandinistas und die Lacondonas, gegen Marcos, und immer für ein freies Kurdistan), der voll und ganz zu allem steht, was ich getan habe, auch zu den illegalen Aktionen, und der sagt, das warrichtig so. Über diese Umfaller und Schmachgestalten wie Fischer und Trit-Ihn, dem wir noch 1993 Prügel angedroht haben, als er sich unserer Bundestagsblockade anbiedern wollte, kann ich nur lachen.

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Dass man unter den Preußen schlecht lebt (wie generell in Norddeutschland), braucht mir keiner zu erzählen. Als Bewohnerin einer Stadt, in der Speiselokale tatsächlich und verdientermaßen auf den Namen "Eisbeineck" hören, kenne ich die deutsche Tellertristesse. Dass der Ruihm der Neuen Linken in der Eröffnung internationaler Schankwirtschaften besteht, wäre mir allerdings neu; und erscheint auch als eine etwas - sagen wir: gewagte These. - Und angesichts der regelmäßigen Lebensmittelskandale weiß ich auch nicht, ob man heute besser isst als Anfang des Jahrhunderts. Die ziemlich vergilbten handgeschriebenen Kochbücher in Sütterlin in meinem Küchenschrank sprechen da eine durchaus andere Sprache. Ich gäbe einiges für den perfekten Topfenstrudel. Schlechte Italiener hat diese Stadt genug.

Ihr Beharren auf dem "Draußen-Sitzen" als einer linken Errungenschaft erklärt mir allerdings, wieso hier bei 10° C sich alles frierend vor die Kaffeehäuser wirft. Es geht also gar nicht um die Aussicht (und wieder hat ein Mysterium des Alltags Aufklärung gefunden).

Aber darum geht es ja auch nicht. Und auch nicht um das gute Essen. Letzten Endes werden Sie und ich keinen Konsens finden. - Mein erstes politisch bewusstes Erlebnis war der Mauerfall. Und mein erstes politisches Erlebnis eine Demonstration im Bonner Hofgarten. gegen den Nato-Dopplebeschluss. Da habe ich meine Eltern verloren und musste ausgerufen werden. Und Parmesan habe ich auch erst im Vorschulalter kennengelernt. Weil es auf Goa keinen gab.

Ich bin nicht der Meinung, politische Differenzen seien durch Generationenunterschiede zu erklären. Aber meine Referenzgruppe ist letztlich wohl einfach eine andere. Und die Wahrheit - ist irgendwo dort draußen.

Ich geh´ mal nachschauen - Sie haben das letzte Wort.

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Nur um Mißverständnisse zu vermeiden, weise ich darauf hin, daß ich an keiner einzigen Stelle „68“ auch nur andeutungsweise verteidigt habe. Ich habe lediglich modeste angegriffen. Das ist nicht dasselbe. In diesem Sinne:

„Es ist einfach, sich darüber zu definieren, was man nicht haben möchte.“ Stimmt schon, Vorschläge zur Rentenreform und zur Frage der steuerlichen Absetzbarkeit des häuslichen Arbeitszimmers haben die nicht gemacht.

Den Neologismus „Lebensentwurf“ kann ich nicht leiden. Er entstammt dem Jargon der Eigentlichkeit, wie er in ev. Akademien gepflegt wird.

Die Intoleranz (mit einem „l“, da nicht von „toll“, sondern von lat. tolerare = dulden hergeleitet) gegen die Ordinarien-Universität führte dazu, daß später ich sie als Student nicht mehr erleben mußte. Hochschulpolitisch aktive Studenten hatten schon seit Beginn der 50er Jahre (!) die Reform der Uni gefordert: Argumente, Konzepte, Debatten, Forderungen, Initiativen … Es fruchtete nichts. „Im Laufe der Zeit“ hatte sich dann fast 20 Jahre lang gerade mal gar nichts ergeben: Beton statt Evolution. Und so wäre das weitergegangen. Erst als die Farbeutel in Richtung Professoren und die Akten aus dem Fenster flogen, kam Bewegung in die Sache.
Was meinst Du, gibsmir, wie die Reaktionen aussehen, wenn Du vor Ex-DDR-Dissidenten und -Montagsdemonstranten die Worte sprichst: . „Was wir nie erfahren werden ist, ob sich diese Veränderungen nicht im Laufe der Zeit auch ergeben hätten. Evolution statt Revolution.“ Eine Krankenhauskosten-Zusatzversicherung für Einzelbettzimmer und Chefarztbehandlung sollte da vorhanden sein.

„Heute im Maßanzug … im und vom System leben.“ Ja, in und von welchen System denn sonst? Es gibt doch kein anderes! Und wer den Anzug von der Stange kaufen möchte, darf das doch auch tun, oder höre ich da beim „Maßanzug“ einen Oberton von Neid?

Oder meinst Du vielleicht damit, die aufrechte Gesinnung werde von Dir als glaubwürdig dann anerkannt, wenn der „Alt-68er“ pflichtschuldigst und überzeugungsfest ein Dasein als schwerkranker Stadtstreicher fristet? Ich kann Dich beruhigen: Diese Leute gibt es, haufenweise. Wolfgang Neuss war/ist nicht der einzige. Auch Fritz Teufel war als Träger von Maßanzügen eher weniger bekannt. Rainer Langhans existiert aktuell von einem Monatsbetrag, der bei mir nicht 3 Tage reicht. Auf Fischer (der in seinem Leben ca. 378 mal die Option gewechselt hat, und jedesmal als Verkündiger heiligster Wahrheiten auftritt, und zur Rede gestellt, den Opportunismus als „Lernprozeß“ verkauft) sind die Kameras gerichtet. Aber „die im Schatten sieht man nicht“, heißt es in der „Dreigroschenoper“.

Die Phase der Ausreden hat es tatsächlich gegeben; auch die Veteranentreffen mit den Heldengeschichten, die Clodwig Poth in den 70ern in seinen Cartoons durch den Kakao zog. Ich habe das damals denen reingerieben, und sie haben mich dafür gehaßt. Als „Die Grünen“ gegründet wurden, haben ich an der Uni Hannover öffentlich prophezeit, daß sie als banale normalkarrieristische „Altpartei“ (so nannten sie damals die anderen Parteien) enden werden. Die Reaktion war phantastisch: Langhaarige, hohlwangige Parka-Träger und unförmige Lila-Latzhosen-Trägerinnen, die sich von den Hohlwangigen ersichtlich nicht hinreichend gepimpert fühlten, schrieen, drohten, kamen mir bedrohlich nahe, und hätte es den bürgerlichen Staat nicht gegeben, der Mord unter Strafe stellt, sie hätten mich verbrannt.
Aber seit Ende der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts ist das vorbei. Was mir seit ca. 3 Jahren auffällt, ist die „68er“-Wiederbelebung – nicht durch „68er“, sondern durch die ehemaligen Gegner und deren Mentalitäts-Nachfolger. Voller Stolz blicken wir hier etwa auf den Herrn Dieckmann von der „Bild“-Zeitung, dem nicht mal eine nach Farbbeuteln geradezu verlangende Lusche wie dieser Trittin zu billig war, um nicht ein Foto zu fälschen.

Was Du von „Leute wie Fischer“ bis „wenn, ja wenn“ schreibst, ist richtig und falsch. Richtig, weil es das gegeben hat; falsch, weil es das seit 25 Jahren nicht mehr gibt. All die schimpfenden „68“-Wiedererwecker kommen ein Vierteljahrhundert zu spät. Da zieht mir der üble Geruch eines Nachkarten-Wollens durch die Nase.

Lautete nicht eben noch der Vorwurf an den Opa – seine Darlegung, er hätte Cholm, als der Iwan bei minus 42 Grad durchbrach, hätte halten können, wenn die OHL auf ihn gehört hätte – seine Geschichten seien Unfug? Hat man mir hier nicht gerade eben noch erklärt, wie in gleicher Weise vorgebliche „Alt-68er“ rückwärtsgewandt seien?
Und wie bewerten wir dann das aktuelle rückwärtsgewandte Beschwören einer „Alt-68er“-Phantasmagorie? Was halten wir davon, wenn Leute des Jahres 2005 glauben, die Schlachten von 1968 nochmal schlagen zu müssen? Die Parallelen zum Nazi-Opa und zum „68er“ werden deutlich. Sie werden aber noch deutlicher.
Denn wie palle muß man sein, um sich über fast 40 (!) Jahre alte Pädagogik-Konzepte zu erregen? Klare Frage, klare Antwort: so palle, wie der Nazi-Opa.

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Ist das so schwer zu verstehen? Jener Mentalitätswandel, der dazu führte, dass Deutschland vom Lebensgefühl, von der Alltagskultur her zu einem europäischen Normalfal lwurde und kein postfaschistisches Hinterwäldlerland mehr war, wurde durch jenen gesellschaftlichen Transformationsprozess ermöglicht, dessen treibende , wenn auch durchaus heteronome, Protagonisten die -weltweite - Jugendbewegung waren, zu denen man heute die "68er" rechnet. Und dazu gehörte ebenso Beat und Rock und Subkultur. Die Revolte war das Ferment, das den Umwandlungsprozess der soziokulturellen Strukturen in Gang setzte, aber eben ein reiner Katalysator, nicht der Prozess selber. Und die Rebellen ohne Markt, über die Don (jeder Satz ist Ironie, und der Mann , der sich hinter dem Avatar verbirgt, keinesfalls mit diesem identisch) haben keinen gesellschaftlichen Prozess entferntestens vergleichbarer Wirkungsmacht in Bewegung besetzt, spielten aber immerhin als nützliche Idioten in der Laborphase des neoliberalen Umbaus eine gewisse Rolle.
P.S.: Mein erstes politisches Erlebnis war eine von mir organisierte Kinderdemo gegen den Vietnamkrieg, 1968. Mein erstes bewusstes politisches Erlebnis war die Ermordung Bubacks. Meine erste Haue-Demo war 1982. Ich gehörte zur ersten Reihe des Schwarzen Blocks, aber zugleich auch zur Redaktionsgruppe eines linksintellektuellen Mediums.

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Vom Grundsatz
Ja, Che. Im Grundsatz. Cum grano salis. Nicht in allem stimme ich Dir zu. Aber in der Line ist es korrekt. Hau rein!

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Schau, Mausilein, es verhält sich nämlich so: Brunzdämliche Fragen dem noergler zu stellen, ist nicht ganz die gute Idee. Mein Vorschlag: Pippi machen, es einfach unten rauslassen, und oben nicht so tun, als habe unten man es doch nicht gemacht.

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@noergler: Ich darf doch davon ausgehen, dass Ihre letzte Äußerung nicht auf mich zielt?

@che: Ich denke, wir sind uns einig, dass diejenigen, die sich selber zur jungen ökonomischen Leistungselite zählen, keine besonders progressive Gruppe darstellen. Es ist gut möglich, dass die erwähnten Subkulturen einen intensiveren gesellschaftlichen Umbau eingeleitet und letztlich auch erreicht haben. Ich bezweifele lediglich, ob dieser Umbau in jeglicher Hinsicht positiv zu bewerten ist.

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@ Che: Waas den Wandel gebracht hat, waren nicht die 5% Spinner in den K-Gruppen, sondern die über 50% Wähler, die sich für eine Koalition unter Willy Brandt engtschieden haben, und damit auch gleich gegen die APO. Worauf jeder auf seine Weise den Marsch durch die Institutionen aufnahm und als mehr oder weniger gequirlte Scheisse, um das mal deutlich in Richtung gewisser S******-Redakteure zu sagen, unten wieder rauskam. 68 war da eher überflüssig, und ist allenfalls so eine Art Eisernes Kreuz für die, die kein Eisernes Kreuz mehr bekommen konnten und die es aus ebenjenem Grunde bis heute so hochhalten.

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Don, bei allem Respekt und aller Freundschaft, das ist jetzt gequirlte *********. Bin aber leider auf dem Sprung und lasse mich dazu später nochmal ein.

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68er...
da würde ich doch differenzieren. Nichts war überflüssig Don. Jede Epoche (jede Generation) hatte seine kulturellen und teilweise facettenreichen Ausprägungen - mal positiv - mal absolut negativ (die 20er Generation z.B.). Aber - interessante Diskussion hier. Fehlen nur noch diverse Anekdoten wie z.B., wo der Ausdruck "alles Paletti" herstammt (vom Besuch eines Lotta Continua Funktionärs bei Fritz Teufel in der Kommune I, der sich wunderte, dass die Matratzen auf Paletten lagen etc., etc.).

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Was ich damit sagen möchte: Es gab seit dem Ende der Bundesrepublik ein Nicht-Adenauer-Deutschland. Da war sehr viel dabei, von ganz links bis Mitte FDP. Das alles arbeitete sich langsam über Wiederbewaffnung, Spiegeläffaire und Schahbesuch hoch und mündete dann in die sozialliberale Koalition, die den Adenauerrost wegsprengte - takräftig behindert durch die Kreise, die heute das alles auf "die 68er" begrenzen wollen. Einerseits, weil sie eine demokratische Evolution im Vergleich zu ihrer Revolte lahm finden, andererseits, weil sie gewonnen haben wollen.

Und natürlich haben sie leichtes Spiel, weil sie tatsächlich die letzten Schreihälse, Sympis und Spontis waren, als die allermeisten einfach froh waren, dass es geklappt hatte. Also backen die "68er" jetzt ihre Legenden, ganz gleich, was aus ihnen geworden ist, und seis ein Kleinunternehmer mit K-Gruppe oder der Aufbau-Verleger. Als Beteiligter mag man sich solche Sentimentalitäten leisten, aber als Histotiker sollte man nicht unbedingt auf Eigenpropaganda hören - die sie "68er" ja durchaus kultiviert haben, Zeit genug hatten sie ja.

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Stimme ich zu - das ist Dualismus - auf Bewegung folgt Gegenbewegung...und Legendenbildung gibt es überall - liegt in der Natur des Menschen - manche Legenden tauchen dann bei TV-München als Mumien in einem BigBrother-verschnitt auf (die Reiner Langhans WG - Kotz Würg)...

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Nichts zerstört den Mythos nachhaltiger als

- Artikel von Reinhard Mohr bei Spiegel-Online
- ein Gespräch mit Jutta Ditfurth oder ihren alten Frankfurter Feinden
- und aktuelle Phots von früheren RAF-Leuten oder ihr Auftreten in Dokus.

68 ist einfach furchtbar alt, verbraucht und unansehlich wie ein 60er Jahre Porno. Ich kann 68 einfach nicht ernst nehmen.

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Brötchen & Mausi & Sonstige I
„Ich darf doch davon ausgehen, dass Ihre letzte Äußerung nicht auf mich zielt?“
Nein, Mausi, davon ist durchaus nicht auszugehen. Pubertäre Brunzverblödungen, gerne auch camoufliert, sind Degustationen.

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Linke Degustationen
Nun, Herr noergler, was machen Sie eigentlich, wenn man Ihnen gegenüber sitzt und Ihre Meinung nicht teilt? Hauen Sie dann? Oder unterstützen Sie die Macht Ihrer Worte in solchen Situationen durch eine der ganzen Wahrheit angemessenen Lautstärke?

Und sagt Ihnen der Begriff des Meinungsaustausches etwas?

Mausi

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Brötchen & Mausi & sonstige Freizeitgestalter II
„68 ist einfach furchtbar alt, verbraucht und unansehlich.“ Das kann man so sagen. Aber aus dem Mund eines Wackersdorf-Intellektuellen klingt es seltsam. Mutmaßlich kann hier ein Heldengeschichten-Erzähler andere Heldengeschichten-Erzähler nicht gut leiden. „Ich kann 68 einfach nicht ernst nehmen.“ Hat aber sein eigenes Wacki-Nümmerchen selbst doch ernst genommen. Wie wollen wir das verstehen?
Hinterher ist man immer schlauer, sagt ein alter Spruch. Der Nörgler war allerdings schon vorher schlauer, als er nämlich den Demo-Beflissenen damals in den 70ern an der Uni Hannover sagte, sie seien nur Spaziergänger und Freizeitgestalter. Was die Wut der Spaziergänger steigerte, war meine Erläuterung, was ich arbeite, während sie spazierengehen: Übersetzung des Aristoteles aus dem Griechischen, und Studium der „Grundrisse der Kritik der politischen Ökonomie“. Bereits damals ahnte ich, daß ich damit richtig liege. Heute weiß ich es wirklich.

Es wurde mir hier die Frage gestellt, ob der „Begriff des Meinungsaustausches“ mir etwas sage, und ich beantworte diese Frage mit Ja. Die Verwender dieses Begriffs sehe ich in der selbstgegrabenen Jauchegrube. Das Mieseste, das ein Mensch haben kann, ist „Meinung“, oder „Standpunkt“. Insoweit darf „modeste“ dann ihre selbstproduzierten Fäkalien schlürfen.

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Herr Nörgler, halten wir einfach fest, daß Sie mit ihren Bemerkungen ausfallend geworden sind, und zu persönlichen Angriffen übergegangen sind, als ihnen die Argumente ausgingen.

Sie fahren das ganze leidige Programm der Linken auf. Das rumhacken auf den eigenen Genossen, weil die nicht radikal genug für den Geschmack des Herrn Nörgler sind. Die Vorwürfe, daß alle anderen - nur Herr Nörgler selber nicht - die Idee verraten haben. Die alten Kriegsgeschichten. Ihre Fäkal-Beschimpfungen der Leute mit abweichenden Positionen. Das Zusammendrechseln nichtexistierender Zusammenhänge. Die Diffamierung Nichtintellektueller.

Also seit 40 Jahren nichts neues an der Revolutions-Front.

Wissen sie was, Herr Nörgler? Das ist gut so. Leute wie Sie sind der Grund, warum das mit der Revolution, die niemand braucht, nichts wird. Und Leute wie Sie sind der Grund, warum man nur froh sein kann, daß die diversen angedachten Revolutionen gescheitert sind. Von Haß zerfressene Niemande, die plötzlich an der Macht riechen können, haben sich schon häufiger als willfähige Henker zur Ausrottung nicht ideologie-konformer Andersdenkender geeignet.

Danke, daß Sie mithelfen, daß uns Unwürdigen die Revolution erspart bleibt. So, und nachdem Sie sich ausreichend öffentlich blamiert haben, lohnt es sich nicht, sich weiter mit Ihnen zu befassen. Während Sie weiter Ihr vom Haß zerfresses Leben fristen, erfreuen wir uns an den Annehmlichkeiten des Systems (ohne die Nachteile zu vergessen). Keine Angst, sollten Sie scheitern, wird unser soziales Netz Sie schon auffangen. Wir sind da gar nicht so, wir stellen nicht sofort jeden an die Wand.

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Wer Jude ist, bestimme ich
sagte Göbbels, und wer ein Linker ist, bestimmt gibsmir.
Wenn ich jetzt erkläre, wie ich damals den Linken – die meine Gegner und nicht meine Genossen waren – erklärte, warum das mit der Revolution nichts wird, dann sagt mir gibsmir gleich wieder, ich wäre ein Linker und würde alte Kriegsgeschichten erzählen. Tut mir ja echt leid: Da hat er sich jetzt so viel Mühe gemacht, um auf den Nörgler einzustürmen, und rennt daran vorbei. Die Wand dahinter hat er freilich nicht verfehlt, denn:
Wo, bitte, habe ich beispielsweise jemandem einen Vorwurf gemacht, er habe eine Idee verraten? Das, mein Lieber, hast Du gerade frei erfunden, weil so ein kleiner Kleinbürger-Moritz sich einen „Linken“ nun mal so vorstellt. Und da gibsmir entschieden hat, ich sei ein „Linker“, wird munter drauflosdenunziert. Tschulligung, daß ich in Deine Spießer-Projektionen nicht reinpasse.
Was mich nun aber wie ein Springteufelchen aus der Kiste hüpfen läßt, ist die Sprechblase „Diffamierung Nichtintellektueller“. Dazu ist erstens zu sagen, daß ich Nichtintellektuelle nur dort diffamiere, wo sie sich überheben und mit ihren grenzdebilen Äußerungen einen Intellektuellen belehren möchten. Meine Bewunderung für Menschen, die ihre eigene Unbildung auch noch mit Stolz vor sich hertragen, hält sich nach wie vor in Grenzen. Auch das haben mir die Linken und andere Kleinbürger immer verübelt.
Zweitens ist zu sagen, daß ich damals – Achtung! Heldengeschichte! – den Linken gerade ihre Ranschmeiße an die Nichtintellektuellen vorwerfen mußte. Es brannte die Luft im Audimax, als der Nörgler erklärte, warum die Arbeiter die linken Flugblattverteiler teils ignorieren, teils verprügeln.
Eine aktuelle Erhebung, die zu den Dingen gehört, die ich mir beruflich antun muß, sagt, daß in den Ost-Bundesländern die Ausländerfeindlichkeit dort hoch ist, wo der Ausländeranteil besonders niedrig ist. Der Spitzenreiter ist, ungelogen, ein Ort, in dem es keine Ausländer gibt. So ist das auch mit den „Linken“. „Also seit 40 Jahren nichts neues an der Revolutions-Front“, was insoweit nicht ganz stimmt, als es diese Front seit Ende der 70er nicht mehr gibt. Anstatt die Inexistenz der Linken nun erfreut zur Kenntnis zu nehmen, wird eine nicht vorhandene Linke durch die Sorte Dieckmann/modeste/hella/gibsmir beschworen.

Ausländerhaß ohne Ausländer, Linkenhaß ohne Linke, Judenhaß gegen Juden, die nichts Böses getan hatten – der Kleinbürger bleibt sich treu.

Ich komme nun zu meinem Lieblingsthema, dem Ton, für den ich als gelernter Violoncellist und – Achtung! Kulturelle Minderleister-Verachtung! – mehrfacher "Jugend musiziert"-Preisträger ein besonderes Ohr habe.
Dein Ton, gibsmir, ist mir vertraut. Mit den 1,5 Metern schnittfestem Schaum vor dem Mund und mit der Eindimensioniertheit Deines Weltbildes hättest Du gut zu den K-Gruppen (Maoisten, Stalinisten, Trotzkisten) gepaßt. Ich erkenne den Ton, wenn ich ihn höre. Leiden konnte ich ihn noch nie, weil nämlich der terminus ad quem das Gas war.

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Super 8
Also: wir haben uns neulich gemeinsam so einen alten Super 8 Film aus diesen Jahren angeschaut und der einzige, einhellige, von den Nachkommen bereitwillig akzeptierte kollektive Ausruf war "mein Gott, waren wir schön!".

Ja, das waren wir.

Langbeinig. Hellhäutig. Schlaflose Ringe unter den Augen. Dreifachlagen über und unter den Trenchcoats. Gnadenlos wir selbst: mit guten Köpfen, guten Genen und entschlossen diese ordentlich durchzumischen, dabei sahen die vorzeitig aus den Schalen geschlüpften Küken auch nicht so verloren aus, wie Don es uns immer wieder glauben machen möchte, von der Gefahr am Abgrund mal abgesehen, die sich darin äusserte, daß man mit jeweils einem Kleinstkind an der Hand vor dem Unikindergarten bei 20 Grad minus auf einer gefrorenen Pfütze ins Rutschen gekommen ist und ehe man lang hinschlagen konnte, eilten aus geöffneten BMW Türen durchtrainierte Männer herbei und riefen "keine Angst wir sind schon da, BKA!". Uns hat es trotzdem gefallen, es war so konspirativ, so aufregend, BankräuberInnen als KindergärtnerInnen und vieles andere mehr, leider hat es dann den einen oder anderen erwischt, aber uns - die wir uns auf dem Super 8 Film so anmutig ausnahmen - eher nicht, so ungerecht ist das Leben...

Oder:

Ich habe seinerzeit Protokolle geschrieben (ungefähr so wie Don hier seinen Blog, nur viel genauer, wortwörtlich, was echt gemein war) bei den Elternabenden im Unikindergarten. Die habe ich noch. Man hat mir dann verboten Protokolle zu schreiben, obwohl es jedesmal einen Auflauf gegeben hat, wenn sie dann am nüchsten Morgen am Eingang hingen ("...sagte Ulla, daß sie aus einer so großbürgerlichen Familie käme, daß sie es begrüssen würde, wenn die Kinder auf den Tisch scheissen würden, daß sie aber zu Hause das nicht hinkriegen würde, weil sie so eine Sauberkeitsphobie hätte...etc. etc.) alles auf meiner kleinen Reise-Gabriele getippt, dessen eiliges Geklappere immer alle genervt hat... ("das hört sich so agressiv an...").

Oder:

Im Treppenhaus in einem der bürgerlicheren Häuser in Schwabing aus einem Kampfgespräch ins Treppenhaus geflüchtet (ich bin immer einfach mittendrin weggelaufen, das bringt noch heute alle zur Raserei) und höre hinter mir die Türe auffliegen, den Mülleimer aus dem vierten Stock hinter mir her durch Treppenhaus scheppern, der Inhalt langsam dem Abgrund entgegensegelnd und dazu ein Wort, das noch heute in mir nachhallt "Du Unmensch!" (wegen des Mittendrinweglaufens, interruptus ohne Schonfrist).

Oder:

In die Arbeit gegangen (Buchhändlerin bei Montanus in der Leopoldstrasse) mit dem neuen Liebhaber und weil man den Liebhaber nicht einfach an der Türe abstellen wollte und dem verblüfften Chef nach vier oder fünf Tagen die Argumente ausgegangen sind, warum wir unsere Arbeit immer zu zweit machen, bzw. wenn ich nicht gekommen bin, mein Liebhaber gekommen ist und das dann eben ein zweigeteilter Job mit einem Gehalt wurde und dagegen einfach kein Schwein sich etwas zu sagen getraut hat, weil die Zeiten nunmal so waren, daß man das einfach gemacht hat - und es hat dann Einmischungen von Kunden gegeben, die bei Beziehungsgesprächen an der Kasse (1 Hustler, 1 Spiegel, 1 Kursbuch, 1 Pink Floyd) mir auf kleinen Briefchen mitgeteilt haben, daß ich nicht so hart zu "ihm" sein soll, jeder Blinde könnte SEHEN, daß er mich liebt...

Oder:

in einer kleinen Wohnung alle Türen ausgehängt, darin gewohnt mit dem Liebhaber, dem besten Freund des Liebhabers (sah auch sehr schön aus und darüberhinaus einer von diesen linken Adligen, die auf ihr Erbe verzichtet haben, aber an der Türe musste Freiherr von...stehen, soviel Zeit muß sein) und den Kindern aus der ersten Beziehung - also alle Türen ausgehängt, auch die vom Klo und dann darin so gewohnt, daß niemand länger als zwei Stunden am Stück in der Wohnung geblieben ist und spätestens dann irgendwas besorgen gehen musste, in Wirklichkeit jedoch beim Italiener gegenüber in Ruhe aufs Klo gegangen ist...man war ja frei, locker und es machte überhaupt nichts aus, daß man voreinander nichts eigenes hatte, auch kein Klo....

Und noch viel mehr, aber: Solange es Entrechtete und Verfolgte gibt und Erniedrigte, hat sich nichts erledigt, aber Spaß muß auch sein (und den hatten wir). Es gibt nichts zurückzunehmen.

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Ich habe im Knopfloch meines Jackets genau gesucht, aber eine Träne konmmte ich da nicht entdecken, noch nicht mal eine Krokodilsträne. Nun, ich hatte nur das Vergnügen, Ende der 80er die letzten dogmatischen Reste dieser Generation kennerzulernen. Spannend, aber eine Wiederholung muss nicht sein.

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P.S.: Liebe Beate, das ist viel zu schön geschrieben, um im Kommentar zu versauern, bitte mach doch auch ein Blog auf.

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