Das Tor zur Hölle

Hm - also: Der akademische Nachwuchs gehört bekanntlich zu denen, die ein langfristiges Wachstum der Ökonomie dieses Landes fördern. Insofern ist es eigentlich nur logisch und nachhaltig, wenn dieses Land die Ausbildung dieser Leute fördert. In diesem Land wird viel gefördert, was weitaus weniger Sinn macht. Ausserdem hat es sich in den letzten gut 60 Jahren als mitunter vorteilhaft herausgestellt, wenn eine solche Fortbildung unterschiedslos allen Menschen aller Schichten zur Verfügung steht. Das hob zwar die Schranken und Borniertheiten der besseren Gesellschaft nicht auf, schuf aber eine bürgerliche Mittelschicht, die diesen Staat zu einer sehr stabilen Grundlage verholfen hat.

Kann sein, dass wier 2040 spassige politische Verhältnisse in Deutschland haben; nicht unähnlich der Oligarchie im Athen vor 27 Jahrhunderten. Weit, das kann ich aus meiner Erfahrung als Abkömmling der sogenannten besseren Gesellschaft sagen, ist da sowieso nicht mehr hin, und obwohl ich fraglos einer der begünstigten dieses faktischen Systemwechsels wäre, gefällt es mir nicht. Aber weil ich heute nirgends in Berlin eine spontane Zusammenrottung der weit über 100.000 Studenten dieser Stadt gesehen habe, wird es wohl auch so kommen.

Ich habe gerade mit einem Freund telefoniert, der heute seinen Studenten eine BWL-Prüfung abnimmt. Alles ruhig. Ich bin nicht enttäuscht, ich habe nichts anderes als diese Stille erwartet. Denn die Tore zur Hölle sind bekanntlich gut geölt.

Mittwoch, 26. Januar 2005, 13:23, von donalphons | |comment

 
Was mich persönlich am meisten an der Entwicklung betrübt ist, dass die, denen sie wirklich schaden wird, noch zu jung sind, um was dagegen tun zu können. Gut, ist vielleicht bei vielen Sachen so, aber hier fällt's mir wegen der größeren Nähe besser auf.

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Wieso zu jung? Warum soll man als Abiturient nicht auf die Strasse gehen, wenn einem die Zukunft zugebaut wird und nur noch der schnell und gut studiert, der schon zum Abi den Porsche bekommt? Aber solange es nicht den richtigen Klingelton zur Revolte gibt, wird da nichts passieren.

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Das Tor
...ist schon lange offen. Der größte Teil der Akademiker kommt schon lange aus den mittleren und besseren Schichten - und zahlen tun dafür derzeit alle...

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Abiturienten könnten natürlich protestieren, aber so blauäugig wie die größtenteils ihre Studienfächer und -orte auswählen spreche ich denen zu großen Teilen pauschal das Interesse an den entsprechenden Themen ab. Wahrscheinlich warten die lieber auf die versprochenen großflächigen Stipendien oder hoffen, dass sich das irgendwie richten wird. Gut, vielleicht bin ich da zu verbittert und desillusioniert, aber irgendwie scheint das schon was mit einem gewissen Reifegrad zu tun zu haben.

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Letztlich ist es auch nur ein Teil der schleichenden Erosion des Sozialen durch die angebliche Wirtschaftlichkeit. Das Schlimme ist, dass die Bildung dadurch keinen Jota besser wird; das Geld wird in die Unis ghesteckt, die weniger vom Staat erhalten, der im Umkehrschluss dann Steuererleichterungen für Besserverdienende machen wird. Die Studenten haben in den letzten Jahren gelernt, dass Aufregen und Demonstrieren nichts bringt; oder zumindest weniger als Büffeln und Arschkriechen.

Ich war mal auf einem Kongress, da hat ein Institutsvorstzand seine Studenten vergeblich aufgefordert, eine Petition zur Verbesserung ihrer Studienbedingungen zu verfassen. Die Crowd wollte lieber auf die Party. Es waren alles - angehende Journalisten. Noch Fragen?

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Stimmt, zumindest das Gesamtbild, der Rest überwiegend. Allerdings auch nicht immer - wenn den einzelnen direkte, greifbare Nachteile drohen kriegen sie plötzlich doch den Arsch hoch. Nicht immer, aber gelegentlich. Als bei uns letztes Jahr Pflichtpraktika etc. auszufallen drohten waren auf der Demo (nach Polizei-Schätzung) 3000 Leute unterwegs, davon min 2000 Studierende; Bei unseren 6000 Präsenzstudis und dem an einer technischen Uni üblichen Desinteresse ist das ganz ordentlich. Das ganze hat die Lage sogar etwas bewirkt, mehr als wir für möglich gehalten hätten.

Der AStA hätte alleine übrigens nie so eine Menge Leute mobilisieren können, dazu haben die Studierendenvertreterzu wenig Rückhalt und die Masse zu wenig Engagement. Man kann die Massen bestimmt zum Rebellieren bringen, aber dann müssen sie gottverdammt verzweifelt sein und richtig übel Angst haben. 500 Euro pro Semester, 80 Euro pro Monat sind dafür wohl noch nicht genug.

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Die werden das hübsch scheibchenweise machen, es teilweise den Unis überlassen, und natürlich gern hohe Gebühren verlangen, denn desto weniger Studenten, desto weniger Kosten und weniger Arbeit. Mit dem späteren Arbeitsort hat das wenig zu tun. Fördern wird man nicht die Orchideenfächer, sondern das, was die Wirtschaft fordert: Vorgestern Internetjournaille, gestern Informatiker, heute Maschinenbauer. Und all das kann man wunderbar verdeckt tun, die Studenten aufspalten, keiner will dann der letzte sein, und am Ende werden sie brav funktionieren.

Sorry, ich war mal Streikrat und Fachschaftssprecher in München, auch damals gab es Arschkriecher, Feiglinge und Angepasste, aber die grosse Mehrheit selbst bei diesem Fach der zarten Pflanzen hat sich damals noch für ihre Rechte eingesetzt - und dabei ging es um einen aus heutiger Sicht lachhaften Kopierkostenzuschuss von 50 Mark und seine Verwendung für die Bib...

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Ja. Nein - solange ich noch meine Ämter habe will ich mir weiter die Illusion erhalten, dass nur der richtige Impuls fehlt, um die Leute zum kämpfen zu bringen. Wenn in zwei Wochen alles vorbei ist kann ich mir dann endgültig eingestehen, dass die Studenten in unserem FB nur deswegen so entgegenkommend behandelt werden, weil die Professoren das Aktionspotential weit überschätzen. Oder ich fange an, meine Generation nostalgisch zu verklären und die Fügsamkeit den jüngeren zuzuschreiben.

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Pffffhhh- gegen das Verfassungsgericht kämpfen? Irgendwann muss so ein Student auch wieder seine Scheine machen, und bei der geschichte wird es nicht allzu viel Unterstützung der Professorenschaft geben, die sich dann endlich mal wieder einen neuen Schreibtisch leisten können, oder ein wenig mehr Forschungsgelder für ihre Kulis im Sabbatical.

Aber wir werden sehen. Wenn es irgendwo eine Demo gibt, und ich bin in 20 km Umkreis, gehe ich da hin. Schlieslich sind es auch meine Studenten und mein Staat, um den es da geht.

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Die Betroffenheitsfalle:

Die heutigen Studenten meinen, dass der Kelch an ihnen vorüber geht, für die zukünftigen Studenten (Schüler) ist die Uni noch gefühlte Lichtjahre weit weg.

Die Unklarheit bezüglich: welche Unis, wieviel Knete, welche Stipendien hilft auch nicht gerade eine Betroffenheit zu erzeugen. Wenn die ersten Gebührenbescheide kommen, wird es zu einem Sturm im Wasserglas kommen, der nach einem Semester vergessen ist.

In Sachen Beteiligung der Gesellschaft an Entscheidungen und aktive Begleitung von demokratischen Entscheidungsprozessen ist dies alles ein Trauerspiel.

Aber auf der anderen Seite: Man kann es auch als Zuversicht der Jugend interpretieren, trotz Unwägbarkeiten und finanziellen Belastungen ein Studium durch zu ziehen und erfolgreich den Sprung ins Arbeitsleben zu schaffen. Und da ist mir die Zuversicht lieber als immer wieder neu aufgewärmte Berlin-Mitte-Agonie.

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Ich sehe bei meinen Praktis keine Zuversicht. ich sehe nur das fette Grinsen in meiner Peer Group, deren Youngsters sich jetzt auf weniger Konkurrenz beim Einnehmen der ihren Drecksärschen von der Vorhersehung bestimmten Leitungsposten freuen können.

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die Argumente...
...in dieser Sache sind zur Genüge ausgetauscht.

Ich fände Gebühren dach dem australischen Modell, mit 500 Euro pro Semester, ausgesprochen sinnvoll. Abgestottert wird das ganze erst nach Überschreiten einer Einkommensgrenze, damit der erste Maledivenurlaub nach dem Studium nicht etwa ein Jahr aufgeschoben werden muss.

Richtig unsozial finde ich den Status quo. Junge Mauer und Stadtreinigungskräfte zahlen Steuern, damit Herr und Frau Akademikerkind sich mit komfortabel in Leder gebundenen Klassikern als Kopfkissen im Stadtpark oder am Baggersee sonnen können. Nicht, dass ich es nicht genauso gemacht hätte.

Alles eine Frage der Perspektive. Das wird bestimmt nicht so heiß gegessen, wie es hier gekocht wird.

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Das ist nichts, was man mit einem höheren Spitzensteuersatz, Abschaffung von Abschreibungskriminalimöglichkeiten und ordentlichen Strafen für Steuersünder nicht auch besser und nachhaltiger hinbekommen würde.

Die bisherigen Regelungen zeigen jetzt schon eine Aufteilung in Studenten, die den schnellen Karrierestudiengang finanziert bekommen und denen, die sich das nebenbei erarbeiten müssen, länger brauchen, dann wiederum schlechtere Chancen haben.

Ich bin durchaus der Meinung, dass soziale Ungerechtigkeiten ausgeglichen werden. Aber ich komme aus Bayern und sehe, wie das dort einzementiert wird. Studiengebühren sind eine weiter Waffe im Arsenal der Westerwelles, und kein Beitrag zur sozialen Gerechtigkeit. Nicht hier in Deutschland. Hier wird man versuchen, alles auf ein Modell wie Witten-Herdecke oder Östrich-Winkeln umzumodeln. Weil es die Wirtschaft so will.

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Die Gefahr sehe ich auch, sicher. Aber ich sehe auch die Chancen. Allein das neue Selbstbewußtsein der Studenten gegenüber den Professoren: Ich bezahle Dich, ich bin Dein Kunde. Zu meiner Zeit kam man sich wie ein Bittsteller vor, der auf gnädige Beachtung hoffen musste, wenn man einen Herrn Professor für 2 Minuten in Anspruch nehmen musste, und man bewegte sich nach einer Audienz rückwärts auf den Knien robbend wieder zur Tür hinaus.

Das kostenlose Studium hat seine Chance gehabt, und eine gesellschaftlich ausgewogene Studentenschaft kann ich nicht erkennen. Einen Versuch in dem einen oder anderen Bundesland ist es allemal wert, und wer partout nichts bezahlen will, kann ja immer noch gratis in Potsdam oder Bremen studieren.

Und zu allerletzt wäre es gut gewesen, den Status quo durch ein ziemlich offensichtlich verfassungswidriges Gesetz zu zementieren.

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Mit Verlaub, nach meinen Erfahrungen im Unibetrieb auf Seiten der Lehrenden halte ich das für naiv. Früher hiess es: Du Student bist nichts. Jetzt wird es heissen: Du Student zahlst, aber wenn Du das Maul aufreisst, kriegst Du entweder keinen Platz im Seminar oder keinen Betreuer für dein Examen oder eine Bewertung, die sich gewaschen hat, und am Ende wirst Du nichts sein.

Ein Professor hat qua Amt die höchste Stufe des daseins erreicht und wird die Besitzstände mit allen Mitteln verteidigen. Und die Politik legt sich NIE mit den Professoren an. Wenn drei einen Kuchen neu verteilen müssen, gibt es immer zwei die mehr, und einen, der sehr viel weniger bekommt.

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...aber, aber, liebe Lehrenden: Das Vorbild Niederlande (?)
ob man mit der Habilitation bzw. mit einem Ruf die höchstmögliche Daseinsform erreicht hat, sei dahingestellt. Dennoch möchte ich den werten Dozenten das Feld nicht allein überlassen. Es gibt auch kritikfähige Studenten - trotz Klausurenphase, oder noch ärger, den Semesterferien.

Wie schon in der Überschrift angedeutet, bietet das Studienmodell der Niederlande eine sozialverträgliche und qualitativ hochwertige Alternative. Dort bezahlt ein Student pro Studienjahr 500 € und kommt dafür in den Genuss kleiner Seminare, technischer Höchstausstattung und mit aktueller Literatur ausgestatteter full-service-Universitätsbibliotheken. 500 € egal für welche Uni - das erzeugt ein gesundes Konkurrenzbewusstsein seitens der Hochschulen. Und weil in den liberalen (?) Niederlanden alle gleich sind, bekommt jeder Student eine finanzielle Studienunterstützung, unabhängig davon, ob Pappi König oder Sozialhilfeempfänger ist. Somit geht der Student erst einmal mit plus minus 0 aus dem Rennen. Trotz Studiengebühren verfügen die Niederlande über eine höhere Studienabsolventenquote, als es in Deutschland der Fall ist.

Dass ein niederländischer Professor volksnäher als ein deutscher ist, konnte ich allerdings nicht feststellen. Das wird in den Niederlanden zwar propagiert, ist aber sicherlich auch eine Typenfrage. Und an dieser Stelle, liebe Lehrenden, seid Ihr gefragt. Ihr habt es in der Hand, wie Ihr auf die Studenten zugeht. Beschwert Euch nicht über Arschkriecher, wenn Ihr sie Euch so erzieht. Der Mensch an sich ist träge. Er geht gerne den einfachen Weg. Wenn Jasagen der einfachste Weg ist, wird der eben gegangen. Wenn Euch unliebsame Denker nicht zuviel sind, gebt das den Studenten zu verstehen! In der Jugend lassen sich Menschen noch prägen, nur ganz ohne wegweisende Persönlichkeiten weiss der junge Erwachsene nicht immer, wohin die Reise gehen soll.

Zur Benachteiligung von Studenten, die "nebenberuflich" noch ihre Brötchen verdienen müssen, sich dadurch ihr Studienende verzögert und deshalb eine Benachteiligung entsteht, kann ich nur dementieren. Als permanente Nebenherverdienerin kann ich folgendes konstatieren: 1. Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. 2. Arbeitserfahrung ist erfahrungsgemäß ein Türöffner, egal für welche Branche. Hat man schließlich schon bewiesen, dass man mit einer Doppelbelastung zurecht kommt und sich zudem Softskills der Praxis aneignen konnte. 3. Mit fachspeziefischen Nebentätigkeiten kann man künftigen Arbeitnehmern nicht nur imponieren, sie verzeihen einem dafür auch das ein oder andere Zusatzsemester, wenn man die Mehrzeit begründen kann.

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Kann aber auch sein...
...dass 2040 70% der Bevölkerung im rustikalen Alter über 30 Jahre ist und esdesshalb enoreme Ressourcenprobleme an sogenannten "Humankapital" gibt. Dann braucht man kein Inolvenzregister mehr. Die Firmen "disapparieren" mangels Menschenmasse. Ob die 500 Euro Studiengebühren dieses Problem lösen wird. Oh la la!

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Dann müssen die alten Säcke eben länger arbeiten, oder früher sterben. Angesichts der Erosion der Sitten würde das eine wie das andere dann schnell und ohne grosses Trara umgesetzt, nur ich würde dann als Opa mit der MP in die Wälder gehen und, wie das ein alter Freund mir mal über die 40er Jahre erzählt hat, von der einen Seite kommen und auf der anderen Seite gehen.

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Das werden die alten Säcke...
...wohl oder übel tun müssen. Apropos alte Säcke. Emeritierte "alte" Professoren machen Karriere in den USA bzw. werden schon seit einigen Jahren massiv in die States abgeworben. Das nennt man Know-How Transfer (und wieder ein keines Mosaiksteinchen der Strukturschwäche und mit ein Grund für den Niedergang des Forschungsstandorts Deutschland).

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Warum wurde das Urteil wohl...
... mitten in der Klausurzeit gefällt und genau dann wenn es am kältesten ist?
Okay, ist ne faule Ausrede, ich gebs ja zu

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Semensterferien benden sowieso jeden studentischen Protest.

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