Personal-jetzt-nicht-mehr.de
Im Herbst 2000 änderte sich die Welt der Munich Area, wie sie die jungen Leute - Studenten, Anfang 20 - bisher kannten. Wer 97/98 nach München gekommen war, HTML buchstabieren oder Excel installieren konnte. oder 5 Wörter in die grammatikalisch richtige Reihenfolge brachte, war vom ersten Semester an begehrt. Überall wurde eingestellt, bei Kirch vor der Stadt in Unterföhring, bei den Werbe- und Marketingagenturen, bei den Zeitungsgründungen und den vielen Startups, die damals fabrikmässig gezüchtet wurden. Ältere Semester galten eher als unbrauchbar, zu verseucht mit den Regularien der Unis und eventuell schon vom Glauben an Sicherheit und eine kurze Karriere in der sterbenden Old Economy vergiftet. Studienabbrecher erzielten plötzlich Traumgehälter, wurden Gründer, holten selbst wiederum Kommilitonen aus den Seminaren und gingen pleite. Kein Problem, das nächste Startup schickte sofort seine Head Hunter los, kostet ja nur VC.
Im Oktober 2000, ein halbes Jahr nach dem Beginn der Krise, erreichten die Neugründungen den absoluten Höhepunkt, und blieben rund neun Monate auf diesem Niveau, bevor der Hochsommer 2001 das Ende brachte; spezialisierte Teams zogen damals durch die Stadt und machten platt, was noch irgendwie gewinnbruingend abgewickelt werden konnte. In dieser Zeit gingen die Investitionssummen drastisch zurück, und die Geschäftsmodelle konzentrierten sich auf kleine Geschäftsfelder im B2B-Bereich. Mit den bezahlunwilligen Endkunden wollte niemand mehr zu tun haben, deshalb brauchte man weder redaktionell erstellten Content noch ständig neue Webfeatures und komplexes Controlling, was die meisten ohnehin nie hatten - kurz, man brauchte nur noch ein paar gut ausgebildete Spezailisten, der Rest wurde billigen Praktikanten übergeben, und selbst dann war das Überleben plötzlich verdammt schwierig. Für die Studenten, die drei Jahre damit rechnen konnten, sich ihre 1000 Mark Miete irgendwie schnell zusammen zu arbeiten, waren die Folgen fatal, denn die Lebenshaltungskosten stiegen weiterhin an, während die Einnahmen wegbrachen. 50% weniger, von einem Tag zum anderen war bei gleicher Arbeitszeit völlig normal.
Ein paar der gescheiterten Gründer sahen darin sofort das nächste Geschäftsmodell mit Traumrenditen: Vorselektion der niedrigen Human Ressources, die die Läden am Laufen hielten. Aus dem Heer der geldgierigen, leistungswilligen Studenten die Besten herausfiltern und sie dann ihren alten Kumpels zur Verfügung stellen, die sich längst keine Assessment Center in Südfrankreich, wie von Infineon vorexerziert, mehr leisten konnten.
Es war ein Geschäft mit der Not der Leute. Datenschutz war nicht das Thema, der Weiterverkauf an gewisse Agenturen als instant Cashflow Teil der Value Chain. Wer sich in so eine Datenbank eingetragen hatte, bekam nicht nur oft Post von Spammern, sonmdern auch mitunter den Hinweis, dass man sich in der Datenbank auch kostenpflichtige Tipps zur Bewerbung runterladen konnte - die erfolgreich vermittelten Studis jedenfalls wären sehr angetan gewesen. Werbepartner offerierten Kurse für sicheres Auftreten, erfolgreiches Verkaufen und andere Qualifizierungen, die einem keine Uni mit auf den Weg geben würde.
Der weitere Niedergang der New Economy setzte auch diesen Hoffnungen ein Ende. Ende 2001 waren all die Ideen und HR-Firmen wieder vom Markt verschwunden, vergessen, oder in einem Fall auch vom Investor gezielt hinterrücks abgeknallt worden. Die Geschichte davor war für die meisten Beteiligten wenig spassig. Es gab da eine Firma mit einem Fragebogen, durch den aus ein paar Kombinationen geschlossen wurde, ob sich die Mädchen eventuell auch noch zu was anderem als nur Anschauen gebrauchen liessen. In den Augen des auf den einschlägigen Events mitunter recht laut nachdenkenden CEO war das sein Alleinsellungsmerkmal, was andere in dieser Szene bestritten - es sei doch meist offensichtlich, mit wem man gutes Afterwork treiben konnte. Soweit ich es erlebt habe, haben sie dabei nicht mehr gelogen, als sonst üblich - eher weniger.
So war sie, die einzigartige New Economy in der Munich Area, mit ihrem War für Talents, der direkt in der War of Talents und das Surviving of the Meanest überging. Und instinktiv musste ich an diese Zeit und diese Ideen denken, als ich im Staatsanzeiger von www.Personal-jetzt.de las. Es sieht nicht so aus, als ob die auch derartige fiese Ideen hatten, auch wenn der Firmennamen mit www vorne und GmbH hinten nach new economy at it´s best riecht. Aber Online-Datenbank für leistungsbereites Personal waren sie auch, und jetzt sind sie wie so viele eine Nummen: 92 IN 57/05 beim Amtsgericht Krefeld - und 120 Punkte für mich.
Im Oktober 2000, ein halbes Jahr nach dem Beginn der Krise, erreichten die Neugründungen den absoluten Höhepunkt, und blieben rund neun Monate auf diesem Niveau, bevor der Hochsommer 2001 das Ende brachte; spezialisierte Teams zogen damals durch die Stadt und machten platt, was noch irgendwie gewinnbruingend abgewickelt werden konnte. In dieser Zeit gingen die Investitionssummen drastisch zurück, und die Geschäftsmodelle konzentrierten sich auf kleine Geschäftsfelder im B2B-Bereich. Mit den bezahlunwilligen Endkunden wollte niemand mehr zu tun haben, deshalb brauchte man weder redaktionell erstellten Content noch ständig neue Webfeatures und komplexes Controlling, was die meisten ohnehin nie hatten - kurz, man brauchte nur noch ein paar gut ausgebildete Spezailisten, der Rest wurde billigen Praktikanten übergeben, und selbst dann war das Überleben plötzlich verdammt schwierig. Für die Studenten, die drei Jahre damit rechnen konnten, sich ihre 1000 Mark Miete irgendwie schnell zusammen zu arbeiten, waren die Folgen fatal, denn die Lebenshaltungskosten stiegen weiterhin an, während die Einnahmen wegbrachen. 50% weniger, von einem Tag zum anderen war bei gleicher Arbeitszeit völlig normal.
Ein paar der gescheiterten Gründer sahen darin sofort das nächste Geschäftsmodell mit Traumrenditen: Vorselektion der niedrigen Human Ressources, die die Läden am Laufen hielten. Aus dem Heer der geldgierigen, leistungswilligen Studenten die Besten herausfiltern und sie dann ihren alten Kumpels zur Verfügung stellen, die sich längst keine Assessment Center in Südfrankreich, wie von Infineon vorexerziert, mehr leisten konnten.
Es war ein Geschäft mit der Not der Leute. Datenschutz war nicht das Thema, der Weiterverkauf an gewisse Agenturen als instant Cashflow Teil der Value Chain. Wer sich in so eine Datenbank eingetragen hatte, bekam nicht nur oft Post von Spammern, sonmdern auch mitunter den Hinweis, dass man sich in der Datenbank auch kostenpflichtige Tipps zur Bewerbung runterladen konnte - die erfolgreich vermittelten Studis jedenfalls wären sehr angetan gewesen. Werbepartner offerierten Kurse für sicheres Auftreten, erfolgreiches Verkaufen und andere Qualifizierungen, die einem keine Uni mit auf den Weg geben würde.
Der weitere Niedergang der New Economy setzte auch diesen Hoffnungen ein Ende. Ende 2001 waren all die Ideen und HR-Firmen wieder vom Markt verschwunden, vergessen, oder in einem Fall auch vom Investor gezielt hinterrücks abgeknallt worden. Die Geschichte davor war für die meisten Beteiligten wenig spassig. Es gab da eine Firma mit einem Fragebogen, durch den aus ein paar Kombinationen geschlossen wurde, ob sich die Mädchen eventuell auch noch zu was anderem als nur Anschauen gebrauchen liessen. In den Augen des auf den einschlägigen Events mitunter recht laut nachdenkenden CEO war das sein Alleinsellungsmerkmal, was andere in dieser Szene bestritten - es sei doch meist offensichtlich, mit wem man gutes Afterwork treiben konnte. Soweit ich es erlebt habe, haben sie dabei nicht mehr gelogen, als sonst üblich - eher weniger.
So war sie, die einzigartige New Economy in der Munich Area, mit ihrem War für Talents, der direkt in der War of Talents und das Surviving of the Meanest überging. Und instinktiv musste ich an diese Zeit und diese Ideen denken, als ich im Staatsanzeiger von www.Personal-jetzt.de las. Es sieht nicht so aus, als ob die auch derartige fiese Ideen hatten, auch wenn der Firmennamen mit www vorne und GmbH hinten nach new economy at it´s best riecht. Aber Online-Datenbank für leistungsbereites Personal waren sie auch, und jetzt sind sie wie so viele eine Nummen: 92 IN 57/05 beim Amtsgericht Krefeld - und 120 Punkte für mich.
donalphons, 21:39h
Sonntag, 27. März 2005, 21:39, von donalphons |
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gibsmir,
Sonntag, 27. März 2005, 23:41
Irgendwas läuft da gerade in der Online-Jobbranche ab
Seit Jahren zu ersten mal schaltet Monster.de wieder TV-Werbung "Ich bin ein Monster". Stepstone ist mir kürzlich auch irgendwo mal wieder über den Weg gelaufen. Angeblich soll die Nachfrage nach IT-Spezialisen steigen - vielleich wittern ein paar Morgenluft oder es ist noch mal ein Aufbäumen.
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donalphons,
Sonntag, 27. März 2005, 23:45
Die Überlebenden keilen sich um die Märkte - und die Tageszeitungen wie FAZ und SZ, die einen grossen Teil ihrer Einnahmen den Stellenanzeigen verdanken, schauen möglicherweise in die Röhre. Wie auch immer, Monster will sich halt ins gespräch bringen, aber die Anzeigenkampagne ist eher grottig, abschreckend, negativ aufgeladen. Die hätten sich mal besser weg von dem blöden Namen rebrandet. Monster... New eco pur.
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booldog,
Montag, 28. März 2005, 00:01
Die könnten sich doch sicher noch einfach einkaufen, wie es stepstone mit jobpilot gemacht hat, und dann alles über diesen Brand laufen lassen. (Wenn es noch frei flottierende Jobbörsen vor der Übernahme gibt.) Aber es gibt schließlich noch blödere Brands.
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gibsmir,
Montag, 28. März 2005, 00:19
Der Name Personal-jetzt.de ist doch gerade frei geworden, bzw. dürfte billig zu bekommen sein :-)
Nein, was mich wundert ist, daß man (bzw. zumindest ich) jahrelang nichts mehr von Online-Jobbörsen gehört hat, und plötzlich zucken sie wieder. Was kommt als nächstes? Wieder die täglichen Headhunter-Anrufe? Obwohl ich für die eigentlich jetzt zu alt sein müßte.
Nein, was mich wundert ist, daß man (bzw. zumindest ich) jahrelang nichts mehr von Online-Jobbörsen gehört hat, und plötzlich zucken sie wieder. Was kommt als nächstes? Wieder die täglichen Headhunter-Anrufe? Obwohl ich für die eigentlich jetzt zu alt sein müßte.
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donalphons,
Montag, 28. März 2005, 18:56
Typen, die in 6 Monaten das an Kerriere nachholen wollen, was sie die 5 Jahre davor versaut haben? Deren einizige Qualifikation das in der IP gelernte Lügen ist? Ne danke.
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che2001,
Dienstag, 29. März 2005, 11:47
Damals gescheiterte NE-Gründer, die seit Jahren erfolgreiche Key-Account-Manager bei HP oder Projektleiter bei IBM oder SAP sind - das ist so die Art von Leuten, die ich kenne. Und diese ganzen Popkultur-Zeitgeist-Loser, von denen Du schreibst, habe ich nie näher kennengelernt (die Anjatanjas ausgenommen), sondern nur als Staffage auf der CeBIT und bei einem ministerpräsidentialen Bankett erlebt.
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