Abgerübt - der FT-Chef wird gegangen

Soso, der Herr Gowers muss wegen des miesen Geschäfts der Financial Times gehen - da fragt man sich doch, wie es wohl dem von ihm aufgebauten deutschen Ableger FTD gehen mag, nachdem das Blatt immer noch Verluste macht. Und selbst, wenn sich das ändern würde, wie lange würde es wohl noch dauern, bis die sagenhaften Anfangsverluste weg sind?

Disclaimer: Don Alphonso empfiehlt schon immer das Handelsblatt. Wenn schon kapitalistisch, dann richtig trocken und konservativ statt Gaudi Economy und Generation Golf.

Donnerstag, 3. November 2005, 15:35, von donalphons | |comment

 
Naja...
also ich habe beim Schreiben für die FTD doch weit mehr verdient als mit den paar Kröten, die die Düsseldorfer immer so raustun. Aber im Ernst: Das heutzutage noch Freie von solchen Honoraren leben können und auf eigene Faust recherchieren, das wage ich zu bezweifeln. Und die Spiegelhonorare (Print!) sind auch nicht mehr so wie weiland zu Zeiten des quellenden Glücks...

Ich würde mir wünschen, dass die Qualität der Zeitung weiterhin derart rapide bergab geht. Dann wird auch schneller und konstruktiver über die Zukunft des guten Bloggens entschieden...
;-)

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OT: Puppe
you've got mail.

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@moravagine:
Dann müssen Sie bei der FTD verdammt gut verhandelt haben oder ziemlich früh an Bord gewesen sein. Inzwischen unterscheidet sich das Standardhonorar von Handelsblatt und FTD nur noch um wenige Cent.

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Gesehen, danke. Sowas hatte ich erwartet.

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Schade wärs trotzdem
Die Pluralität der FTD im Kommentarbereich würde ich schon vermissen. Denn die reicht von neoliberal bis keynesianisch und findet so im Handelsblatt nicht statt. Dann schon eher in der FAZ, wo auch mal der Herr Bofinger eine ganze Seite am Sonnabend bekommen kann. Und ein Teil der FTD-Redaktion ist schon eine wichtige Stimme gegen rechte Reformpäpste wie etwa den Professor Sinn aus München.

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Indeed.
Und beim ach so seriöseren Handelsblatt weiß ich von ein paar Anzeigen-gegen-Redaktions-Deals, die in der FTD so nicht stattgefunden haben.

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Ulf Schlüter von der FTD erwähnte im Mai auf dem Medientreffpunkt, dass der FTD auch Kooperationen vorgeschlagen worden seien, die sie aber abgelehnt hätten. Eine andere Zeitung macht es jetzt, sagte er. Ich tippte damals auf ein Holtzbrinck-Blatt.

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Da werf ich auch meine zwei Cents in den Ring: Habe ich die Wahl zwischen HaBla und Financial Times Deutschland, liegt FTD meist vorne.

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Das ist doch Jacke wie Hose.
ich zitiere hier mal einen Kieler:
Und haett' ich einen letzten Wunsch frei, ich naeme ein Becks Rotkehlchen.

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Denn...
wer wirklich Durchblick hat liest ja wieso nur PARK AVENUE, GQ oder gar MONOPOL!
Und:
Solche Wirtschaftsblätter wie die beiden da oben können ja nicht bestehen gegen Feuer Zwei...räusper...weil dort echte Professoren aus renommeelosen Wirtschafts-Lehrstühlen aus Bitten/HerrDecke viel und lange herumschwafeln über Netze, Komplexität, Kontingenz und Delinquenz...

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Mir war die FTD immer zu ahnungslos, was Wirtschaft im Sinne von Nichtlifestyle mit ein paar irrelevanten Zahlen anging. Zu Beginn konnte ich ja noch ga nz gut beobachten, welche Munich Area Versager dort schrieben. Gewisse Artikel aus der Anfangsphase werden die heute sicher nicht mehr gern lesen.

Beim HaBla gibt es auch ein paar Kröten zu schlucken. Warum da ein Loddar "Egoman" Späth schreiben darf, ist mir nicht nahezubringen, schliesslich ist es kein Märchenblatt. Aber das HaBla hat seine echten Kompetenzen nicht in Stimmungsmache, Lügen und schwarze Propaganda für ehrgeizige Sachbearbeiter, sondern bei den Zahlen. Und das können sie, im Gegensatz zur FTD.

Und dass die unkäuflich ist... ach ja, lustig. höhö.

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Das hat ja keiner behauptet
Aber die Zahlenkompetenz beim Handelsblatt besteht (wie bei der FAZ übrigens auch) überwiegend darin, die Zahlen, die in Quartalsberichten und auf Bilanz-PKs gereicht werden, einigermaßen unfallfrei ins Blatt zu hieven und ein paar Sätze drumrum zu basteln, die meist keine erhellende Analyse und Einordnung bieten, sondern überwiegend Blabla vom Konzernlenker in indirekter Rede.

Im Vergleich dazu fand ich den Ansatz der FTD, mehr Geschichten zu erzählen als Zahlen runterzubeten aus Leser- wie aus Schreibersicht etwas spannender. Dass man sich dabei auch durchaus mal vergurkt hat, steht außer Frage. Aber Gewichse wie "die Zukunft liegt im E-Commerce" hat auch das Handelsblatt genug abgesondert.

Die Blätter haben beide ihre spezifischen Stärken und Schwächen. Möge ihnen beiden ein langes Leben beschieden sein - schließlich hab ich bei beiden eine Autoren-Nummer. ;0)

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Hey! Sooooo trocken sind wir ueberhaupt nicht!

Viele Gruesse vom Flughafen Singapur

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Vielleicht nicht in Singapur. Ist ja Monsunzeit.

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trocken vielleicht nicht, es interessiert nur bei steigenden Zwangsurlaubern immer weniger Leute.

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Schöne Grüsse in den Orient!

Doch, ihr seid trocken, ist doch prima. Das Gegenteil wäre schleimig, siehe FTD.

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Genau
her mit den Zahlen, wir wollen "Fakten, Fakten, Fakten" ;-)

Ne im Ernst. Ich habe nichts gegen Geschichten und finde Zahlen zweitrangig. Wenn ich mir ein Bild von einem Unternehmen machen will, dann will ich wissen: Wo kommt es her, wo will es hin, wie denkt der Chef, wie ist es aufgebaut, wie sind die Mitarbeiter drauf, welche Produkte werden wie entwickelt, etc. Das geht am besten über die narrative Struktur einer Geschichte.

Wie die Queen schon bei einem Besuch in der Sowjetunion zu Nikita Chruschtschow meinte: "Sie wollen mich doch wohl nicht mit Zahlen langweilen"

Oder wie Wedekind sagte: "Wir produzieren Autos, keine Zahlen."

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Zahlen sind kein Wert an sich,
ganz meiner Meinung. Die meisten (Unternehmens-)Zahlen, die mir HB und FAZ-Wirtschaftsteil auf den Frühstückstisch liefern, kann ich mir auch selber zusammensuchen wenn ich sie brauche.

Den Gegensatz von "trocken" und "schleimig" halte ich für etwas konstruiert. Geschichten im "Manager Magazin" beispielsweise sind ja in den allerseltensten Fällen schleimig, nur weil sie nicht trocken sind.

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eben,
und wer im Studium Rechnungswesen belegt hatte, weiß sowieso um die "Aussagekräftigkeit" solcher offiziellen Zahlen.

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*hust*
vade retro satanas. Wer Zugang zum Archiv des MMs hat, schaue sich mal die Autoren der Geschichten an, die die IPOs der Technologieholding "journalistisch begleitet" haben, also Brokat und Intershop. Oder die Werbung für Caatoosee, und die Berichterstattung. Oder mal schaun, was Experten wie German Incubator empfohlen haben. Da gab es so einige Leute, die im Mai 2000 freiwillig hätten kündigen sollen, ihrer Ehre zuliebe. Als die Mama Spiegel schon längst vor einem Platzen der Bubble warnte, gab das MM Vollgas bis 2002. Neben der Wiwo, die öfters auch mal den Höller lobten, hat kein heute noch lebendes Magazin m.E. so versagt wie das MM mit ihren gschmeidigen Gschichten.

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@ mymspro: Wer schon mal einen Blankoscheck für die Spesen seiner journalistischen Bemühungen in der Hand hatte, schätzt auch Zahlen - und schreibt nette Geschichten ohne nervende, langweilige Zahlen oder gar blöder Nachfragen.

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klar, journalistische Ethik und Anspruch seien hier mal aussen vor gelassen. Mein Punkt war nur, der Gegenüberstellung Zahlen = seriös, Geschichten = anbiedernd entgegenzutreten.

Daß gerade im wirstschaftsjournlistischen Bereich die korrumpierbarkeit sehr hoch ist, steht außer Frage.
(Allein schon wenns darum geht eventuelle Anzeigenkunden zu verprellen)

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Oh - diese Probleme gibt es auch in anderen Bereichen. Man nehme einmal eine Ausgabe der "Ärzte-Zeitung" zur Hand. Hier wird jede Pressemeldung der Pharmaindustrie gefeiert, dass man meint, das ewige Leben sei nun Realität, bar jeder wissenschaftlichen Basis. Korruption pur und das ohne den Hauch eines Skrupels.

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So isses.
Die Gleichung Zahlen=seriös ; Geschichten=schleimig stimmt vorne und hinten nicht.

Handelsblatt und FAZ haben ihre Fehlleistungen in Sachen NE-Berichterstattung vielleicht nicht ganz so spekakulär erbracht wie MM und Wiwo, aber nur, weil das im kleinteiligeren Tagesgeschäft nicht ganz so auffiel und in den Zahlenkolonnen besser versteckt war. Aber die trockenen Tageszeitungen haben NICHTS dazu beigtragen, den Hype abzuschwächen oder zu verhindern

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Das Problem könnte schon tiefer liegen. Vielleicht ist commerzieller Wirtschaftsjournalismus (wobei ich Pharmajournalismus mit einschließen möchte) schon grundsätzlich im Interessenkonflikt.

M.E. ideale Spielwiese für Watchblogs.... also Rebellmarkt... also DCT,.... ach vergesst es ;-)

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Das Handelsblatt hatte seine Peinlichkeiten weitestgehendst outgesourced, GH100 hiess das Ding, falls sich jemand daran erinnert. Und FAZ... ich erinnere mich da an eine prima Geschichte über das Venture-Lab von IVC in der Hanauer Landstrasse, da hat die FAZ eine unfassbar dümmliche, zahlenbefreite Wohlfühlgeschichte über das Startup Snacker.de und Frank Lichtenberg gemacht. Von einem FAZ-Mitarbeiter auf einem New-Economy-Kongress stammt übrigens der in Liquide oft zitierte Spruch: "Ein guter Journalist kostet selten mehr als ein gutes Mittagessen."

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Ach,
an Peinlichkeiten herrschte auch im HB-Hauptblatt und in den IT-Sonderstrecken kein Mangel. Sie waren halt nicht ganz so hoch gehängt wie MM-Geschichten.

Aber wie gesagt, in der Summierung der kleinen Peinlichkeiten haben die Tageszeitungen genauso ihr Teil beigetragen wie die Wirtschaftsmagazine.

Warum Dir das ausgerechnet beim Handelsblatt nicht so aufgefallen ist, kann ich mir nur mit einem blinden Fleck erklären.

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Wer eine wirklich trockene Zeitung sucht, ...
... soll doch gleich zur Börsenzeitung greifen. Aber so ein bißchen mehr einordnen, wie die FTD es vorgemacht hat, halte ich schon für sinnvoll.

Und wer das HB so lobt, sollte nicht vergessen, dass die erst durch die lachsrosa Konkurrenz sich gewandelt haben, und jetzt eine lesbare Zeitung geworden sind.

Was man der FTD vorwerfen könnte, ist dass sie zur rasanten Beschleunigung im Journalismus beigetragen hat. (Oder irre ich da?) Es muss halt immer ein Tick weiter gedreht sein. Und da unterlaufen schon mal Fehler.

Dagegen ist die FAZ ein richtiges Schnarchradio, wo man aber wenigstens noch erfährt was "wirklich" passiert ist, nur manchmal halt ein Tag zu spät.

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Beim Handelsblatt, wie gesagt, hat man die wirklich peinlichen Geschichten bei GH1o0 übernommen, einer HB-Tochter mit Beteiligung des Landes NRW. Das war PM-C+P pur, aber man hat sich die Hände nicht so direkt schmutzig gemacht, und beim HB stand GH100 als Quelle drunter.

Wenn ich meine damaligen Eindrücke zusammenfassen darf, war die Parole beim HB "Ecommerce kommt fett", bei der FTD "Bald gibt es nur noch ECommerce". Beide hatten Unrecht, aber beim HB hörte man von jungen Recken immer wieder Klagen über die "alten Säcke mit ihren mittelständischen Schraubenherstellern" - so hiessen damals die altgedienten Leute, die noch an was anderes dachten. Bei der FTD habe ich solche Klage nie gehört, die hatten diese Leute einfach nicht und hielten das erst mal für verzichtbar, weil bald alles ohnehin nur noch online, oder so. Mittelstand war da am Anfang ja eher ein Unwort.

Kennt eigentlich noch jemand das MM mit dem fetten blauen Kringel-E auf dem Titel? Das liest sich heute wie der Krankheitsbericht aus der geschlossenen Psychiatrie.

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@ q1fanty: Leute, die am Frühstückstisch mit einem im Verbandsblatt der bayerischen Metallindustrie lesenden Herrn Papa konfrontiert waren - und das war Mitte der 80er stilistisch ungefähr auf dem Stand hektographierter Flugblätter der roten Armee während des Bürgerkriegs - lernten die blumige Sprache des HB schätzen. Ich mochte im GK Wirtschaft die ruhige Schreibe der Leute. FTD empfand ich schon bei der ersten Ausgabe mit ihrem Siemens-Hoax unerträglich. Seicht, eingebildet, aufgeblasen.

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Ja, das Handelsblatt
behielt mehr Bodenkontakt, da ist was dran. Die OE-NE-Diskussionen gab es aber auch in der FTD. Und weil man sich vom HB halt wettbewerbstechnisch abgrenzen wollte, drehten Gowers und seine Paladine die Schraube noch mehr Richtung NE. Kritik an diesem Kurs wurde einfach abgebügelt.

Und als freier Mitarbeiter von diesen Blättern, Wiwo, Bizz und wie sie alle hießen hatte man dann irgendwann nur noch die Wahl, Geschichten anzubieten, die dem goldenen Kalb das Weihrauchfass schwenken oder es eben bleiben zu lassen und sich auf weniger hype-infizierte Themenfelder zurückzuziehen.

Ich denke nicht gern an diese Zeit zurück. Ich hab mir damals ne Menge Honorar entgehen lassen, weil ich dem goldenen Kalb nicht das Weihrauchfass schwenken wollte. Stattdessen habe ich mir den Luxus einer ausgewachsenen Sinnkrise geleistet. Und ich weiß nicht, ob ich mir wirklich was drauf einbilden soll, dass ich kaum NE-Peinlichkeiten in meiner VÖ-Mappe hab.

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@ donalphons: Viel schlimmer als das gedruckte manager magazin ist mittlerweile der Online-Ableger manager-magazin.de. Da geht es nur noch um Klicks. Traffic um jeden Preis ist die Devise. Von dem, was da mal an Qualität war, ist nichts mehr zu merken. Die liefern sich einen regelrechten Wettkampf mit Spiegel online in Sachen Boulevard-Journalismus.

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Die großen Tanten
Tante Zeit, Tante Handelsblatt, Tante Weltwoche, das sind die etwas behäbigen, informativen und gut zu lesenden Blätter. Wobei gut zu lesen bedeutet, dass man sie eher liest wie ein Sachbuch. Doch der Manager von heute kann gar nicht lesen, sondern überfliegt.

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Da war grad eben noch eine Frage nach mehr - aber die wurde vom Autor gelöscht. Trotzdem:

Soll das eine Anstiftung sein, weitere alte Interna zu verbreiten? Willste die Begründung hören, mit der sich ein führender MM-Mitarbeiter im Bereich Startups hochjubeln und dessen Neigungen zum Aktienhandel nicht ganz unbekannt waren, weigerte, Liquide zu besprechen? Oder wie sich mal 12 Leute als FTD-Mitarbeiter bei einem Mobile-Event eingeschlichen haben und sich nicht kannten? Wie ein Kampagne über Mobile Marketing und 12Snap in die Medien kam, und kein Mensch die genannten Zahlen kritisch überprüft hat? Sowas? Oder wie ein gewisser Verlag über eine gewisse Partnerschaft dafür sorgt, dass all seine Bücher positiv besprochen werden? Little Hint: Es ist mitunter ganz witzig, sich mit Verlegern über die Topliste des MMs zu sprechen.

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