Allein
Einer der Vorzüge der Reisen in Zeiten, da kaum Touristen unterwegs sind, ist die Ruhe, die man in Museen hat. Es gibt durchaus Museen, deren Ruhe auch im Sommer gewährleistet ist, weil sie den Massen nichts sagen, oder unbekannt bleiben. Aber die grösseren Attraktionen sind unerträglich, wenn nebenbei ein Führer platte Allgemeininformationen runterbetet, Touristengruppen durchdrängeln und überall Wachen so tun, als sei man ein Schwerverbrecher. Tiefpunkt in dieser Hinsicht war - übrigens auch ausserhalb der Reisezeit - Schönbrunn bei Wien. Ich bin wegen zwei Räumen nach Schönbrunn gefahren. Der eine war geschlossen, und der andere, das Porzellanzimmer, ist ein schmaler Durchgangsraum, in dem man durchgeschwemmt wird, ohne in Ruhe all die kleinen Chinoiserien betrachten zu können.
Auf dem Weg nach Berlin war es diesmal ganz anders. Ich war am Dienstag Nachmittag allein im Neuen Schloss in B.. Ganz allein. Ich warvermutlich so lange in der Fayenceausstellung, dass man in den markgräflichen Räumen wohl nicht mehr mit einem Besucher rechnete. Und so war da absolut niemand zu sehen. Es war bitterkalt; kein Wunder, dass dort niemand sein mag; aber auch einzigartig. Ich setzte mich auf den Boden, und sah lange, sehr lange an die Decken der Räume, die gar nicht so gross sind, wie man glauben möchte. Ich hatte Zeit, unendlich viel Zeit für jedes Detail. In der Stille ist die Konzentration sofort da, man muss sich nicht gegen den Lärm - THORBEN LASS DAS BITTE - abschotten, es ist, als gehöre einem all die Kunst und der Prunk, zumindest für die Stunden, in denen man alleine ist. Ich habe das nicht oft erlebt; vom Gefühl her ist es ein Unterschied zu massenverseuchten Rundgängen, wie zwischen echtem Sex und zotigen Männerwitzen.
Es ist ein ganz seltener Luxus, den nichts aufwiegen kann. Da sind so viele Drachen an der Decke, man kann sie vergleichen, in andere Räume gehen, neue Tiere entdecken und umkehren, um sie zu vergleichen, man kann überlegen, wo die Tische gestanden haben müssen, um den besten Blick zu haben, und überlegen, was die nach Bayern gezogene Preussin, die das alles geschaffen hat, damit eigentlich sagen wollte. Sicher nicht, dass die Horden durch ihr Teezimmer rennen. Erst wenn man allein ist, fühlt man die Intimität des Raumes, man ist ein Voyer, geduldet durch Unachtsamkeit und Zufall, solange, bis man im Hals das Kratzen und in der Lunge die Kälte nicht mehr erträgt, aber man hält es sehr, sehr lang aus, denn so eine Gelegenheit wird so schnell nicht mehr kommen, ganz allein bei der Markgräfin zu verweilen.
Auf dem Weg nach Berlin war es diesmal ganz anders. Ich war am Dienstag Nachmittag allein im Neuen Schloss in B.. Ganz allein. Ich warvermutlich so lange in der Fayenceausstellung, dass man in den markgräflichen Räumen wohl nicht mehr mit einem Besucher rechnete. Und so war da absolut niemand zu sehen. Es war bitterkalt; kein Wunder, dass dort niemand sein mag; aber auch einzigartig. Ich setzte mich auf den Boden, und sah lange, sehr lange an die Decken der Räume, die gar nicht so gross sind, wie man glauben möchte. Ich hatte Zeit, unendlich viel Zeit für jedes Detail. In der Stille ist die Konzentration sofort da, man muss sich nicht gegen den Lärm - THORBEN LASS DAS BITTE - abschotten, es ist, als gehöre einem all die Kunst und der Prunk, zumindest für die Stunden, in denen man alleine ist. Ich habe das nicht oft erlebt; vom Gefühl her ist es ein Unterschied zu massenverseuchten Rundgängen, wie zwischen echtem Sex und zotigen Männerwitzen.
Es ist ein ganz seltener Luxus, den nichts aufwiegen kann. Da sind so viele Drachen an der Decke, man kann sie vergleichen, in andere Räume gehen, neue Tiere entdecken und umkehren, um sie zu vergleichen, man kann überlegen, wo die Tische gestanden haben müssen, um den besten Blick zu haben, und überlegen, was die nach Bayern gezogene Preussin, die das alles geschaffen hat, damit eigentlich sagen wollte. Sicher nicht, dass die Horden durch ihr Teezimmer rennen. Erst wenn man allein ist, fühlt man die Intimität des Raumes, man ist ein Voyer, geduldet durch Unachtsamkeit und Zufall, solange, bis man im Hals das Kratzen und in der Lunge die Kälte nicht mehr erträgt, aber man hält es sehr, sehr lang aus, denn so eine Gelegenheit wird so schnell nicht mehr kommen, ganz allein bei der Markgräfin zu verweilen.
donalphons, 23:27h
Montag, 14. Januar 2008, 23:27, von donalphons |
|comment
christian geschkat,
Dienstag, 15. Januar 2008, 07:48
sehr schöner Beitrag. Danke. So beginnt man doch gerne den Tag :).
Es ist schade, dass man nur selten Gelegenheit bekommt Kunst in der Art genießen zu können. Und meistens ist man auch noch selbst schuld, weil man tausend andere Dinge im Kopf hat.
Es ist schade, dass man nur selten Gelegenheit bekommt Kunst in der Art genießen zu können. Und meistens ist man auch noch selbst schuld, weil man tausend andere Dinge im Kopf hat.
... link
donalphons,
Dienstag, 15. Januar 2008, 12:59
Da holft nur: Schloss kaufen und drin wohnen! ;-)
Oder zumindest eine Gemäldegalerie anlegen. Im Vergleich bzu dem, was Autos heute kosten, sind Holländer gar nicht so teuer.
Oder zumindest eine Gemäldegalerie anlegen. Im Vergleich bzu dem, was Autos heute kosten, sind Holländer gar nicht so teuer.
... link
christian geschkat,
Dienstag, 15. Januar 2008, 16:47
ich hatte für einen anderen Anlaß mal nach Schlössern im Großraum Ruhrgebiet gesucht und war erstaunt, wie viele es davon hier gibt. Dachte da hätte keines die Industrialisierung überstanden. Leider total unerschwinglich die Dinger :-D
Mein persönlicher Traum war ja mal die Guernica als Wandgemälde im Arbeitszimmer, aber da läuft es wohl auch auf selber den Pinsel schwingen hinaus. Vieleicht kommt dann auch was ganz anderes dabei heraus als Bilder zu kopieren. Hängt auch garantiert nirgendwo anders das Ergebnis, im Guten wie im Schlechten Sinne.
Mein persönlicher Traum war ja mal die Guernica als Wandgemälde im Arbeitszimmer, aber da läuft es wohl auch auf selber den Pinsel schwingen hinaus. Vieleicht kommt dann auch was ganz anderes dabei heraus als Bilder zu kopieren. Hängt auch garantiert nirgendwo anders das Ergebnis, im Guten wie im Schlechten Sinne.
... link
... comment
weltenweiser,
Dienstag, 15. Januar 2008, 09:57
Mit etwas Glück kann man dieses Gefühl auch im British Museum in London erleben, wenn man sich in die Räume begibt, in die sich nicht die Besucherströme zwängen. Ich fand mich dort mal mit meiner Begleitung, etwas verwundert, allein inmitten der Kulturschätze wieder. Noch interessanter war dies einmal bei den Beamtengräbern von Assuan, die nicht auf der offiziellen Route von Touristen liegen. Nur mit der eigenen Begleitung die Gräber zu erkunden, für uns wurde extra das Licht eingeschaltet, war großartig.
... link
donalphons,
Dienstag, 15. Januar 2008, 13:01
Im Louvre gibt es auch unbekannte Ecken. Das Problem mit den Schlössern ist, dass sie dazu gedacht waren, dass man bewundernd vin Raum zu Raum schreitet, und dabei nicht unbedingt über Schulklassen stolpert. Dafür hat sich dann auch die Kälte gelohnt. Denn da drin ist es wirklich, wirklich kalt.
... link
karan,
Dienstag, 15. Januar 2008, 21:24
Es ist eigentümlich: in Museen, deren Inhalt mich interessiert, nerven mich sogar dichte Besucherströme nach einiger Zeit nur noch marginal. Die Kunstwerke blenden sie aus. Ich bin immer sehr allein mit der Schönheit, die dort wohnt - außer natürlich, es begleitet mich jemand, der ebenfalls Augen hat, zu sehen. Aber das ist ja etwas anderes.
... link
... comment
andreaffm,
Dienstag, 15. Januar 2008, 14:51
Schönbrunn war mein absoluter Tiefpunkt in Sachen Betonköpfigkeit des Kassenpersonals. Einen Studentenausweis aus Frankfurt nicht anzuerkennen mit dem Argument, das sei ja Ausland und da bräuchte ich schon einen internationalen Studi-Ausweis, das ist mir noch nie passiert. Nicht mal im V&A.
... link
... comment