Über Überstunden

Deadlines werden meistens mit guten Gründen auf Montag gelegt. Dann kann man noch in aller Ruhe am Wochenende reinkommen, hängenbleiben, statt mit der sowieso zu kalten, offenen Karre durch die Stadt zu rasen, und später dann mit aufkommender Panik allein im Büro sitzen, sich die letzten Notizen machen und feststellen, dass zwei Seiten im Pflichtenheft irgendwie unter den Tisch gefallen sein müssen.



Und egal, was alle jetzt wieder sagen; eine Wirtschaft, die auf gestresste Typen aufbaut, sie Sonntags um sechs noch im mittelhellen, ungepflegten Industriebau unter ihren Artemide-Kopien sitzen, zu viel billigen Kaffee aus Plastikbechern trinken und ihren alten Mazda MX-5 peinlich genau sauber halten, weil es im Moment kein anderes Cabrio gibt, auch wenn sie sich in dieser Studentenschüssel inzwischen etwas peinlich fühlen; eine Wirtschaft, die 38.5 zahlt und 38,5 verlangt, plus sinnlose Meetings, sinnlose Team Sitzungen und sinnloses Afterwork mit irgendwelchem verzogenen Jungvolk, das sich zwar zahlen, aber nicht ficken lässt, während zu Hause das junge Familienglück Mangas auf RTL II guckt; eine Wirtschaft, die den Leuten einredet, dass die zerfallende Kasernenlandschaft schick und ein innovativer Mediencluster ist; so eine Wirtschaft wird sich immer nur neu erfinden, um wieder gaenau so elend mit ihren Heerscharen zu verrecken.

Und wenn es dann vorbei ist, wenn er das Licht ausmacht und man ihm den Job ausknipst, bleibt ihm trotzdem noch der MX-5, bei dem alle Leasing Raten klugerweise schon 2000, auf dem Höhepunkt des Hypes abbezahlt wurden. Zumindest kann man damit auf der Leopoldstrasse im Sommer, in 7 Monaten cruisen, und so lange wird es vielleicht noch dauern, bis der Konzernlenker im fernen Los Angeles bemerkt, dass sie hier nur Verluste machen, und er dann trotz des Geflennes der Staatsminister eben noch ein Projekt der einzigartigen Munich Area platt macht.

Sonntag, 14. November 2004, 20:44, von donalphons | |comment

 
auch wenn sie sich in dieser Studentenschüssel inzwischen etwas peinlich fühlen

Na Sie müssen ja ein fröhlich lockeres Studentenleben gehabt haben - das waren scheinbar noch Zeiten, damals.
Oder ist es nur die vorurteilsgeschwängerte Vorstellung wie es wohl sein muss?

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ne MX5 als Studentenschüssel zu bezeichnen...
...kann auch nur in Müchen resp. Bayern passieren. Anderswo kann sich das der leitende Angestellte nimmer leisten.

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Danke
damit hab ich mit dieser Meinung ja zumindest schon eine Unterstützung - man muss hier ja sonst vorsichtig sein, mit seinen Meinungen ... da bricht ja so manches Mal ein wahrer Sturm los. ;-)

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Ausser einigen Studenten und einem auf die Fresse gefallenen Geschäftsführer einer gemeinnützigen GmbH kenne ich nur noch eine MX-5-Pilotin, aber die fährt ihn auch nur als Drittwagen neben 2 Mercedes, weil sie aus alter Verbundenheit daran hängt.

Bitte bedenken: Das hier ist das alte Modell mit den Schlafaugen, gebraucht in gutem Zustand schon ab 5.000 Euro, und das kann sich kein Studi leisten? Au weia...

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Leben Sie eigentlich noch in dieser Welt???

Da treibt's einem ja die Galle hoch.

... sich dann aber über den Vorwurf von Elitengehabe aufregen ... tststs ... soll das noch einer verstehen ...

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Ach, es gibt so viele Welten...
Dieses Blog beschreibt tagein tagaus den Wandel zwischen den Welten. Ich sehe die Ruinen im Osten, die Suffköppe in den Trinkhallen des Westens, die Chancenlosigkeit der Berliner und die Grosskotzigkeit der Müncher Bizzplan-Scheiterer, ich sehe die Eltern von chemisch gefüllten Kids bei den Juwelieren, wo die mit ihren fetten Fingern über graue Perlenketten streichen, während draussen irgendwo jemand auch noch seinen letzten Dispo verloren hat.

Ich selbst bin nur der Autor, der eine Kunstfigur namens Don Alphonso schreibt, und dieser Kerl ist ich in Unreflektiert. Was uns gemeinsam ist: Wir sind diejenigen, die immer irgendwie heil durchkommen, es wird immer ein Netz geben, wir sind beide nicht wirklich dabei, wir sitzen am Wegrand, wo die anderen in die Krisen ziehen, und finden es traurig, dass sich manche nicht einen Moment zu uns auf den Perserteppich setzen, wo wir beide, Don und ich, von Silbergeschirr Picknick machen, um uns vielleicht zu verstehen.

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500 DM waren schon zu viel für einen Studentenkarre
Aber das war ja auch nicht an einer Elite-Uni, sondern da ging so das prollige Volk wie wir hin, die zuhause nicht mit dem Silberlöffelchen großgezogen wurden. Deren Eltern dem Nachwuchs kein Studenten-Apartment in 1a-Lage und einen schicken Porsche zum Studienanfang finanzieren konnten.

Ach, und statt politische Reden zu schwingen und von der Revolution zu faseln wurde gearbeitet. Entweder für's Studium oder um das Geld zum Studieren zu verdienen.

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MX 5: Für 5000 Euro bekommt man 10 Jahre alte Rostschüsseln mit 180.000 km auf der Uhr. Aus gutem Grund wird sich kein Student sowas ans Bein binden.

Es ist schön zu hören, dass sie ihr Geld ruhig und entspannt verdienen und sich auch um die Altersvorsorge wenig Gedanken machen müssen - Stichwort Erbengeneration. Aber es soll doch noch qualifizierte Zeitgenossen geben, die länger als 38,5 Stunden arbeiten und zum Glück auch mehr verdienen als ein 38,5 Stunden-Metallarbeiter. Auch Kinder und Familie ist für manche Leute etwas Erstrebenswertes, obwohl Kinderkriegen ein sicherer Weg in die Armut sein kann.

Und: was wollen sie eigentlich - schicke Büros in architektenpreiswürdigen Bauten in netter Lage sind ihnen ein Graus, Zweckbauten in Kasernenlandschaften auch.

Ich wundere mich immer wieder einmal, wo einfach ihre kleine Welt zwischen Berlin und einzigartigen Munich Area gestrickt ist. Selbst ein fiktiver Charakter wie DonAlphonso sollte doch ein wenig mehr Hirn haben, die es ihm ermöglichen, die Komplexität des Lebens zu erfassen.

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klapp klapp klapp
*textlicher Applaus sozusagen*

Ein zweites Danke an diesem Abend.

Es gibt sie noch, die die auf dem Boden geblieben sind. *puh* bin ich erleichtert

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Sehen Sie, ich erzähle vor allem vom hier und heute, das ist vielleicht schon schlimm für manche. Aber wenn ich an die wirklich grossen Zeiten denke, Anfang der 90er Jahre, als noch nicht jeder Pickelprogrammierer mal eben schnell reich werden konnte, als es noch Türen gab und Menschen und andere eben nicht, weil sie nicht reinkamen, trotz Versace, weil sie einfach nicht passten - wenn ich davon schreiben würde, Sie würden mich wahrscheinlich wirklich nicht mögen.

Trotzdem kann es hilfreich sein, mir beim Schreiben solcher Texte ein gerüttelt Mass von Reflektionsvermögen zu unterstellen. Wirklich, ich schreibe das schon bewusst aus genau dieser Perspektive. Eigentlich sollte es ja ein wenig satirisch sein, auch wenn die gesellschaftlichen Hintergründe relativ präzise gezeichnet sind.

Ach so, ja, ich will leider nicht heiraten, sorry.

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Ach so, wegen Wohnung und Arbeitsraum: Wenn ich ihnen jetzt sagen würde, dass ich als Zentrum meines Lebens eine Wohnung in einem Stadtpalast und Baudenkmal des Jahres 1600 (zumindest die oberen Stockwerke, unten ist es 1250ff) habe, mit manndicken Dachbalken und Stuck, voller Biedermeiermöbel und einer rund 5900 Bände umfassenden handbibliothek, mitsamt 20 Quadratmeter Dachterasse für den Sommer, auf der sogar Feigen reifen - würde Sie das befriedigen, oder auch wieder auf die Palme bringen?

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Wems gefällt. Es geht doch nicht um die Neid-Frage, sondern darum, nicht jedem zu unterstellen, dass er auch ach-so-gerne im ollenehrwürdigen Stadtpalais residieren will.

Ihre Retrospektive in die Zeit Anfang der 90er Jahre hört sich so an, als wenn ein Fürst über die gute alte Zeit der Monarchie spricht, als noch nicht jeder dahergelaufene Sohn einer alleinerziehenden Mutter Kanzler werden konnte.

Klar, damals war das Leben einfacher, klarer. Um mal böse zu werden, würde ich DonAlphonso sagen: Bleiben sie in ihrem Palais, pflegen sie ihre Bibliothek, ernten sie ihre Feigen, aber machen sie sich keine Gedanken um anders Leute Kopf.

Und jetzt noch eine persönliche Kritik einer Leserin an den Autor: Die Stories sind oft sehr witzig, detailreich und mit viel Fantasie gespickt. Leider werden die beschriebenen Personen und Protagonisten nicht immer mit der notwendigen Tiefenschärfe und Vielschichtigkeit entwickelt.

Schöne Woche noch.

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Aber nein,
nicht doch, SIE, Herr DonAlphonso, haben sich das sicher - natürlich im Gegensatz zu den daher gelaufenen pickligen Programmierern - redlich verdient, und wir gönnen und wünschen Ihnen selbstverständlich nur das aller-, aber wirklich allerbeste.

Auf die Palme bringen nur diejenigen, die auch in der Position sind, etwas - evtl. das falsche - zu bewirken. ;-)

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ja, ja ... die Bilder ...
... aber die pickligen Programmierer schreiben ja auch fuer dickliche Journalisten und politisch korrekte, ehrliche Arbeitsbienen dolle Blogsoftware - damit man so lustige Threads lostreten und fuellen kann.

Insgesamt ist dieser Thread fuer meinen Geschmack hier aber doch etwas zu verheult.

- So jetzt schnell mal wieder ein Paar von diesen wirklich ekligen Dingern mit dem gelben Haeubchen ausdruecken - danach : italienische Teigfladen mit Tomaten- Kaesebelag, koeffeinhaltige Erfrischungsgetraenke und coden bis der Morgen graut.

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hey hey,
ich hab doch gar nichts gegen Programmierer - im Gegenteil.
Aber das mit der fleißigen Arbeitsbiene verklickern Sie mal meinem Chef. ;-)

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ist ja gut, ist ja gut - zurueck zum Thema
zwei Details die dem Journalisten entgangen sind
und die essentiell zum Sittengemaelde beitragen

- Kaffee nicht aus Plastikbechern sondern aus "Kaffeepoetten" mit originellen Werbeaufdrucken fuehrender Soft- und Hardwarehersteller, Medienkonglomeraten und Dienstleisterlemuren

- der Sonntagnachmittag dient der Kontemplation - keine Kunden und Kollegen am Telephon, kein EMail Gewitter, keine Meetings (oh, Entschuldigung - Besprechungen ) - also Zeit produktiv taetig zu sein.

Die Autodiskussion ist ueberfluessig, Autos fahren mit verschiedenen Geschwindigkeiten von A nach B und von B nach A, gute Autos gehen hierbei selten kaputt.

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Tiefenschärfe und Vielschichtigkeit? Ach je, die sich widerstreitenden Kräft in den Protagonisten, die zu Kaharsis oder auch zur Erkenntnis der Apokathastase führen - ne, ich weiss nicht, das ist doch nur eine Erfindung, eine Lüge derer von Courts-Mahler, die den Lesern suggerieren, dass sie selbet ebenfalls nicht so platt und blöd sein können, wenn sie mit ihrem federleichten Seelchen im Laura-Ashley-Kostum den Nöten der Protagonisten folgen können.

Die meisten Menchen sind hochgradig platt, ich mag sie auch so, wirklich, platt sein ist keine Schande, also beschreibe ich sie so. Einen Hamlet-Monolog hab ich noch von keinem meiner Bekannten gehört. Muss auch nicht.

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@ ella: nein, nicht im Sinne von "Im Schweisse meines Angesichts" verdient, natürlich nicht. Besitz ist kein Verdienst, kein Besitz aber auch nicht. Und dass es sofort in diese Richtung abgleitet, wirft kein gutes Licht auf diesen Diskurs: Sie meinten, meine simple kleine Welt, so einfach gestrickt, kritisieren zu müssen. Ich verweise auf die Alternativen - batz schon geht´s wieder los. Nun, das würde ich als "klein" bezeichnen. Aber wahrscheinlich ist Grossmut etwas, das man sich erst mal leisten können muss - wenn man es sowieso nicht bevorzugt, ein soziales Mäntlechen über Unverständnis und Neid zu packen. Übrigens, ich könnte Ihnen bei Gelegenheit mal erklären, warum historisches Tafelsilber weitaus nachhaltiger und auch wirklich günstiger als die 5 Starterpakete von Ikea sind, mit dem sich viele Menschen stets aufs Neue die Küche versauen.

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Nicht doch, nein, nicht Ihre kleine Welt, nur Ihre Vorstellung der großen da draußen. Ihren Großmut stellen Sie mit Betrachtungen der selbigen ja täglich unter Beweis.

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Das Internet beweist jeden Tag aufs Neue, dass es diese grosse weite Welt nicht gibt. Nur viele eintönige, immer gleich enge Ecken.

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Die meisten Menchen sind hochgradig platt

fast ist man geneigt zu sagen, dann haben sie den falschen Umgang.

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Aber hallo!
Es gibt wohl auch Unterschiede bei den Studenten, gibsmir beschreibt es. Ich muss zugeben, als Student bin ich 5er BMW gefahren. Weil er günstig zu kriegen war, 15 Jahre alt, Vergasermotor und ordentlich Hubraum. Die Folgekosten waren immens, hatten aber auch ihr gutes. Man lernt, dass auch Standgas und 4. Gang in der Stadt funktionieren.
Einen MX5 hätte ich mir auch bei bester Gesundheit nicht gekauft, die Ladekapazität ist einfach zu gering. Und zurück zu den Vorurteilen: der MX ist auch bereits nach dem 3. Besuch einer amerikanischen Fast-Food-Kette ruck zuck mit Papptüten, Bechern und Verpackungen übervoll. So ein 5er hat da doch viel mehr Fuß- und Kofferraum zu bieten...;-)
Und was das Silber betrifft: ich stimme (notgedrungen) zu. "Ich habe kein Geld für billiges Werkzeug" hat mal ein Bekannter gesagt, und da ist was wahres dran. Auch wenn ich mir nicht das Silber leisten kann. Noch nicht. Aber ich arbeite daran.

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@ hella
Die meisten Menchen sind hochgradig platt

Wenn Sie einmal Mitglieder des oberen Managements bestimmter Branchen kennen gelernt haben, wissen Sie, dass diese Aussage korrekt ist.
Eine Leitungsposition hat nicht im Geringsten etwas mit der Intelligenz per se zu tun. Es sind Instinkte, wage ich zu behaupten, die den Aufstieg per Ellbogen und Skrupellosigkeit ermöglichen. Nette Menschen werden selten Chef.

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@ hella: Mein Umgang hält sich selbst natürlich nur für die tollsten, besten und gleichzeitig bescheidenten Menschen mit der grössten Seelentiefe. Tut eigentlich auch jeder, der neu dazu kommt. Ich glaube das nicht, sorry. Und ich hege durchaus Zweifel, wenn derartige Ansprüche für voll genommen werden.

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Von wegen platt
Es gibt solche und solche. Ich hatte einmal einen Chef, der war staatlich anerkannter Hochbegabter, schrieb neben seinem Job Bücher mit kulturphilosophischem Inhalt, war für die tiefschürfensten Diskussionen zu haben, persönlich großzügig und anständig und zugleich VC-Abgräber und Ferrarifahrer. Und bei der BASF laufen Spitzenleute rum, die man nur als durchgeistigt bezeichnen kann, neben solchen, die Familien gründen als Flausen bezeichnen, die erfolgreiche Menschen sich nicht leisten könnnen (kam von einer beschlipsten kurzhaarigen Frau mit KV-Ausstrahlung). Aber die Mehrzahl ist platt, das stimmt.

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fett
ihr seid fett, aber das macht nichts.

vielleicht hilft teilnahme an der dschungelshow eurem saturierten, großbürgerlichen wohlstandszynismus ab.
das leben ist nur solange scheisse, wie man es zuläßt.

wer sich über ein mazda beschwert, sollte ihn verschrotten. wer sein job nicht mag, ein buch schreiben. wer ficken will, muss freundlich sein. es lebe das fahrrad, liebe münchner schickeria.

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Du hingegen bist tolerant, offen, freundlich, eher unvermögend und bleibst es auch, weil Du Dein Geld in Öko-Zigaretten anlegst. Wenn Du es den reichen Dreckschweinen mit einem Kommentar gezeigt hast, geht es Dir gut. Versteh ich ;-)

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Schön,...
... dass die alten Reflexe noch funktionieren. Das Nachleben der Bonner Republik bekommt langsam etwas deutlich Gespenstisches. Und nach und nach, vor unseren Augen, verklären sich die Ressentiments alter Zeiten und werden zu den "Goldenen Jahren der Bundesrepublik".

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