Real Life 13.12.04 - Spin in again

Es gibt hier in München einen speziellen Munich Area Account, auf dem alle Botschaften aus der Region auflaufen. Früher kamen da täglich 20, 30 Pressemitteilungen rein; inzwischen sind es in der Regel nur noch ein paar Adressänderungen, nach dem Motto: "ab jetzt im Home Office zu erreichen", "stehe als selbstständiger Berater", "bleibe meiner alten Firma aber weiterhin beratend verbunden".

Was es überhaupt nicht gibt, ist das, wovon immer mal wieder in den einschlägigen Gazetten zu lesen ist: Die erwachsen gewordenen New Economisten, die plötzlich mitsamt ihrer alten Outlook-Datenbank als Jungmanager in der Old Economy auftauchen und dort den Laden rocken. Die einzige Ausnahme aus den letzten Monaten ist jetzt bei einer Telco. Sie verkauft die Erwartungen des Business Developments, das fest an Glotze auf dem Handy glaubt, und die junge Frau mit ihrer innovativen Startup-Vita als adrette Fassade vorblendet.

Von ihr stammt der - damals auf dem Höhepunkt der UMTS-Euphorie enorm mutige - Spruch: Video auf dem Handy ist ein Exponat for the Museum of the Future that never happened. Sie hatte dafür sehr rationale Argumente, und ich frage mich, wie sie jetzt den gegenteiligen Irrsinn verkauft. Mit ihrer Schönheit, vielleicht. Sehr schade.

Montag, 13. Dezember 2004, 14:04, von donalphons | |comment

 
Mutiger Spruch
Sehe ich genau so. Gab es nicht mal seitens Telekom einen Vorstoß mit Bildtelefonen, gegen Ende der Inakzeptanzphase bei Shows wie "Wetten Dass" oder "Pleiten, Pech und Pannen" (sic!) verhökert? Und das soll nun auf dem Mobile besser sein? Kann ich mir nicht vorstellen, bei dem kleinen Display. Und selbst Videoconferencing ist und bleibt ein Exot.

Aber für Geld macht man so ziemlich alles, eine reine Frage des Preises.

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Besser wärs
wenn es endlich mal ein Handy gäbe, mit dem man auch weitertelefonieren kann, wenn der Zug, in dem man sitzt, gerade durch einen Tunnel fährt. Können die Iridium-Dinger das, oder bräuchte man dazu modulierte Gammastrahlen :-) ?

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Kein Herkommen
Sie hat eben eben kein "Herkommen", wie der alte Aristokrat, der dachte, ich hätte ein "Herkommen", mal zu mir rübergenuschelt hat angesichts einer Aufsteigerin, die dachte, es reiche schon, wenn man mit einem der Söhne ein Verhältnis hat..

"...er machte aber im Gegenteil einen ausgezeichneten Eindruck auf sie, bei dem, ohne daß sie es wußten, sein Umgang in den Kreisen der eleganten Gesellschaft indirekt im Spiele war. Tatsächlich war er selbst intelligenten Leuten, die aber nicht in der Gesellschaft verkehren, darin überlegen, daß er wie alle, die sie ein bißchen kennen, sie nicht mehr infolge einer die Phantasie beherrschenden Sehnsucht danach überschätzte oder aus Widerwillen gänzlich bagatellisierte.

Die einfache, elementare Bewegungstechnik des Weltmannes, der dem jungen Unbekannten, der ihm vorgestellt wird, liebenswürdig die Hand reicht und dem Botschafter, dem man ihm vorstellt, eine reservierte Verbeugung macht, war ihm, ohne daß es ihm bewußt war, zum Prinzip seines gesellschaftlichen Verhaltens überhaupt geworden..."

Kann man nicht lernen, weißt Du ja. Ist von Proust.

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Nun gut, die letzte Frau, mit der ich über Proust länger als ein paar Worte gewechselt habe, war eine sehr nette Gelegenheitsprostituierte Anfang der 90er, ein nicht besonders erfreuliches Schicksal, das erst nach einigen Krankenhausaufenthalten und Rückfällen eine gute Wendung nahm. Ich denke, dass Proust nicht wirklich die Lebensmodelle entwirft, die heute noch auf dem Markt bestehen können, und das ist für Menschen wichtig, die sozial überleben wollen - wenn schon vieles andere in ihrem Leben zerbrochen ist.

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Ich denke ganz im Gegenteil, dass eigentlich nur Proust die Modelle beschreibt, die den Markt überleben werden, wenn das alles mal vorbei ist, die Start-Ups zuendegezuckt haben, und der Mittelstand endgültig die Hoffnung aufgegeben haben wird, dass er von seinen fondsgesparten Kröten jemals einen komfortablen Ruhestand finanzieren kann.

Die aufstiegsorientierte "Neue Mitte" verhält sich zu dem von Proust bewunderten Grandseigneur ungefähr wie der Computerunterricht einer Bremer Berufsschule zum Lateinunterricht klassischer Prägung. Was bleiben wird, steht wohl außer Frage. Was bleiben soll - wer weiß es.

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Die Politprolle im Bremer Senat haben da sicher eine eindeutige Antwort. Und wenngleich ich auch dem klassischen Ideal nachhänge - ohne ein gewisses Umfeld, vergleichbar dem eines Proust, begibt man sich so höchstens auf die Suche nach dem verlorenen Hartz IV-Anspruch, so prosaisch ist die Welt.

Und ich selbst duelliere mich trotz meiner Herkunft mit lästiger Journaille nicht mehr mit Pistolen, sondern nur via Blog, insofern bin ich bestenfalls ein Niedergangsprodukt jener Ära.

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Archaisch
Und ich würde gerade gerne jemanden auf Bambusschwerter fordern, nur würde er darauf nicht adäquat reagieren. Das Archaische ist vor allem ehrlich, es nützt aber nicht immer. Ich erinnere an jenen alten, im preußischen Offizierskodex aufgewachsenen General, der Heinrich Himmler wg. der Shoah auf Pistolen forderte und von einem SS-Kommando liquidiert wurde.

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UMTS und sich ins Gesicht quatschen?
Die Engländer machen das schon!

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