Real Life 24.12.04 - House Cooling Party
B. verlässt Berlin. Aus den drei Monate, auf die sein Arbeitgeber das Projekt festgesetzt hat, wurden fünf. Mit dem Ergebnis, dass alles, was B. gemacht hat, jetzt in die Tonne wandert, weil sich die Rahmenbedingungen geändert haben. Die Kunden versuchen es jetzt auf die komische Tour und sagen, dass sie nur die drei Monate zahlen werden; für den Rest ist B.s Firma verantwortlich. Die will sich wehren, hat B. aber schon mal vorsorglich mitgeteilt, dass da, wo nichts ist, nichts zu holen ist. B. hasst Berlin und ist froh, wieder weg zu kommen. Und gestern Abend hat er das in seiner auf Zeit gemieteten, unpersönlichen Wohnung gefeiert.
Nur ein Dutzend Leute sind gekommen; Kollegen, die unvermeidlichen Freunde, die nach Berlin gegangen sind und sich hier durchschlagen. Sie reden viel über die Chancen des nächsten Jahres, einer will ein Buch machen, zwei andere denken über ein Webprojekt nach, nachdem Slate einen Exit geschafft hat. Sowas müsste man, runterskaliert, doch auch in Deutschland hinbekommen, lean, mean, smart. Als sie hören, dass ich privat ein paar Zeitungs-Verleger kenne, machen sie einen improvisierten Pitch, der gut klingt und chancenlos ist. Allein schon, weil ich mit ihren Zielpersonen nie geschäftlich zu tun habe. Ich versuche, es ihnen schonend beizubringen, aber sie haben mich schon als Türöffner abgespeichert. Nach drei Stunden schlägt man sich dann in die überraschend milde Nacht.
Die beiden begleiten mich noch zum Auto, durch die bröckelnden Fassaden und Baumgerippe der Lychener Strasse. Sie sehen nicht den Zerfall, sondern nur ihre Pläne und die Zukunft. In ihrer Zukunft, die sie propagieren wollen, ist alles sauber, klar, offen, hell, modern.
Wenn ihr es wirklich macht, sage ich zu ihnen, dann macht auch eine Rubrik für Vintage Computer. Sagt den Leuten, warum sie mit einem IBM T41 auch nicht wirklich schlechter da stehen. Bringt die kleinen Dinger, die wenig oder nichts kosten. Vergesst das Premium-Segment. Und schaut euch die Welt an, in der ihr lebt. Das hier ist eine Realität, für die ihr schreiben müsst. Die Idioten, die Daheimbleiber in der Provinz sind auch so eine Welt. Und versucht nicht, denen eine Welt aufzuzwingen, die sie gar nicht wollen. OK? Schöne Feiertage.
Ich steige ins Auto, und weiss, was sie jetzt gleich sagen werden: Dass sie das sowieso machen werden, der Typ sieht das alles viel zu negativ, aber sie werden ihm recht geben, weil sie ihn erst mal brauchen. Aber wenn sie dann selbst bei den Verlegern sitzen, werden sie so richtig auf den Putz hauen. Die Typen da oben, die werden Sie verstehen. Garantiert. Sie nehmen ein Taxi, in dem sie weiter planen können, ohne durch so lästige Realitäten wie die Bettler in den U-Bahnen und die Junkies an den Haltestellen gestört zu werden.
Nur ein Dutzend Leute sind gekommen; Kollegen, die unvermeidlichen Freunde, die nach Berlin gegangen sind und sich hier durchschlagen. Sie reden viel über die Chancen des nächsten Jahres, einer will ein Buch machen, zwei andere denken über ein Webprojekt nach, nachdem Slate einen Exit geschafft hat. Sowas müsste man, runterskaliert, doch auch in Deutschland hinbekommen, lean, mean, smart. Als sie hören, dass ich privat ein paar Zeitungs-Verleger kenne, machen sie einen improvisierten Pitch, der gut klingt und chancenlos ist. Allein schon, weil ich mit ihren Zielpersonen nie geschäftlich zu tun habe. Ich versuche, es ihnen schonend beizubringen, aber sie haben mich schon als Türöffner abgespeichert. Nach drei Stunden schlägt man sich dann in die überraschend milde Nacht.
Die beiden begleiten mich noch zum Auto, durch die bröckelnden Fassaden und Baumgerippe der Lychener Strasse. Sie sehen nicht den Zerfall, sondern nur ihre Pläne und die Zukunft. In ihrer Zukunft, die sie propagieren wollen, ist alles sauber, klar, offen, hell, modern.
Wenn ihr es wirklich macht, sage ich zu ihnen, dann macht auch eine Rubrik für Vintage Computer. Sagt den Leuten, warum sie mit einem IBM T41 auch nicht wirklich schlechter da stehen. Bringt die kleinen Dinger, die wenig oder nichts kosten. Vergesst das Premium-Segment. Und schaut euch die Welt an, in der ihr lebt. Das hier ist eine Realität, für die ihr schreiben müsst. Die Idioten, die Daheimbleiber in der Provinz sind auch so eine Welt. Und versucht nicht, denen eine Welt aufzuzwingen, die sie gar nicht wollen. OK? Schöne Feiertage.
Ich steige ins Auto, und weiss, was sie jetzt gleich sagen werden: Dass sie das sowieso machen werden, der Typ sieht das alles viel zu negativ, aber sie werden ihm recht geben, weil sie ihn erst mal brauchen. Aber wenn sie dann selbst bei den Verlegern sitzen, werden sie so richtig auf den Putz hauen. Die Typen da oben, die werden Sie verstehen. Garantiert. Sie nehmen ein Taxi, in dem sie weiter planen können, ohne durch so lästige Realitäten wie die Bettler in den U-Bahnen und die Junkies an den Haltestellen gestört zu werden.
donalphons, 12:24h
Freitag, 24. Dezember 2004, 12:24, von donalphons |
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external_flame,
Freitag, 24. Dezember 2004, 12:52
entrepreneur des pompes funèbres
vielleicht liegt es an solchen Menschen, dass ich das Wort "Entrepreneur" mit platten Reifen oder der Überschrift assoziiere.
wie auch immer,
friedliche Weihnachten euch allen hier.
keep on bloggin' in a free world
wie auch immer,
friedliche Weihnachten euch allen hier.
keep on bloggin' in a free world
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donalphons,
Freitag, 24. Dezember 2004, 13:25
Free World? Wo? Sind heute Nacht die Abmahnschweine dieser Erde ausgestorben, ohne dass ich es bemerkt habe?
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external_flame,
Freitag, 24. Dezember 2004, 14:09
Nein, das wäre ja einem Blutbad ohne Gleichen gewesen. (Vergleiche mit der deutschen Vergangenheit erspare ich mir und euch)
Frei ist man im Kopf oder gar nicht.
Obwohl soviel falsch läuft in dieser unserer Republik : im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern dieser Erde haben wir die Möglichkeit der halbwegs freien Meinungsäusserung. Ich glaube nicht, dass du (&ich) in z.B. China noch bloggen würdest. Und wenn doch, dann mit den blutigen Fingernägeln in den Putz der Zelle geritzt.
Frei ist man im Kopf oder gar nicht.
Obwohl soviel falsch läuft in dieser unserer Republik : im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern dieser Erde haben wir die Möglichkeit der halbwegs freien Meinungsäusserung. Ich glaube nicht, dass du (&ich) in z.B. China noch bloggen würdest. Und wenn doch, dann mit den blutigen Fingernägeln in den Putz der Zelle geritzt.
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hella,
Freitag, 24. Dezember 2004, 14:09
Danke für die schöne Story als Weihnachtsgeschenk.
Die jungen Leute haben heute halt viel um die Ohren. Da fehlt das Interesse und die Kraft, den Spagat zwischen eigener virtueller Anspruchswelt und der Realität der Märkte zu bewältigen.
Die jungen Leute haben heute halt viel um die Ohren. Da fehlt das Interesse und die Kraft, den Spagat zwischen eigener virtueller Anspruchswelt und der Realität der Märkte zu bewältigen.
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che2001,
Samstag, 25. Dezember 2004, 17:10
Ansprüche und Realitäten
Die Realität der Märkte verändert sich in halben Dekaden. Der nächste Boom wird bald da sein, die nächste Massenentlassungswelle zur "Rationalisierung" auch. Was den Meisten fehlt, ist die Kraft zu begreifen, was überhaupt abläuft und warum. Deshalb ist der Don der Don: Don Alphonso ist eigentlich ein Charakter, der in der Oper im Publikum sitzt und bei laufender Vorführung zum Ärgernis ders Ensembles erzählt, was gerade hinter den Kulissen vorgeht.
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donalphons,
Samstag, 25. Dezember 2004, 19:50
Nicht im Publikum -sondern auf der Proszeniums-Loge und immer das letzte Wort haben wollend runternörgelt. vgl. Muppets.
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