Real Life 22.03.05 - Haitransport

Sie kommt um 10 und fragt, und ob ist sie fahren kann, quer durch die Stadt zu einer Aufsichtsratsitzung eines kaputten Immobilienfonds. Klar, sage ich, und stehe pünktlich am Flughafen.

Sie kommen zu dritt, wie eigentlich immer, wie früher. Es sind immer drei. Der Jurist, der die Issues definiert und festklopft, der Analytiker, der es in einen undurchdringlichen Mantel packt, und dann noch der Kopf des Ganzen, wieder ein Jurist, eine Juristin, die das Ganze in das Ziel treibt. Sie sehen immer gleich aus, belanglos, undefinierbares Alter, übermüdet und gestresst. Es wurde mal wieder zu spät fertig. Deadline-Racer.

Die anderen wissen, wer ich bin und was ich war. Sie vertrauen mir, und während der zwanzig Minuten in den Westen der Stadt besprechen sie offen ihre Strategie. Sie sind da noch nicht am Drücker, aber wenn sie es schaffen, geht es beim Zerlegen ans grosse Geld. Sie werden die anderen Investoren schocken, denn sie haben die echten Zahlen. Das jetzt ist eine Krisensitzung, aber sich machen daraus eine Katastrophe, wenn sie die um die Unterschlagungen, unregular benefits ergänzten Bilanzen präsentieren. Ich weiss, wie sie da dran gekommen sind. Irgendwo ist in den Systemen der Verantwortlichen, in der Money Machine mit ihren Kickbacks immer ein kleiner Idiot, auf den alles geschoben werden kann, der dead man walking, mit einer booby trap unter dem Eames Chair. Eine dumme, arme Sau, die sehr hilfreich sein kann. Wenn sie keine Panik bekommt. Die Suche nach solchen Sängern ist schon wieder ein eigenes business model im emerging market der downturn economy.

Sie wollen nicht klagen, obwohl sie genug in der Hand haben, um die Typen in den Knast zu bringen. Erst mal die Folterwerkzeuge zeigen, Investoren auf die eigene Seite ziehen, dann die anderen rausbugsieren. Für sie ist das ein Spass, eine Art Sport, den sie mit einer gewissen Leidenschaft betreibt, die ich sonst kaum an ihr kenne. Sie macht das aus Überzeugung. Genauso, wie sie vor ein paar Jahren Fonds konstruiert hat, in der bösen, alten Zeit.

Sie waren damals dabei, sie sind immer noch dabei. Sie zahlen pünktlich und korrekt ihre Steuern. Sie gehen mit ein paar Anteilen rein und kommen als Verwalter wieder raus. Nach aussen hin ist alles rechtlich sauber. Sie nutzen die Chancen des Systems. Und persönliche Bindungen, wenn es um Vertraulichkeit geht. Ich fahre sie durch Berlin, das ist fast alles, was ich mit dieser Szene noch zu tun habe. Alle paar Wochen. Es passiert nicht viel. Nur ab und zu ein Eintrag im Handelsregister. Letztlich egal, zahlt alles die Bankgesellschaft.

Dienstag, 22. März 2005, 14:28, von donalphons | |comment

 
Nette Cameo-Appearance
Fast schon wie Hitchcocks Kurzauftritte: Don, der Gefälligkeits-Fahrer und heimliche Beobachter.
Ach ja. Ehe ich es vergesse: für die Liquide-Verfilmung möchte ich einen Sargträger spielen. Vorne, wenn's geht.

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Die wussten doch, was sie tun :-)

Und beim Niederballern von korrupten Fondsmanagern hilft man doch gerne, wo man kann.

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Und ich möchte das Requiem spielen. Auf einer Stalinorgel :-)

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Niederballern? Niederalbern ist nachhaltiger! ;-)
Obwohl... - Überzeugt! Ich mach mit, Che!!

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Ich frag nachher mal, ob noch Knochen zum Abnagen da sind :-)

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