Infowars

Erasmus von Rotterdam hat mal gesagt: "Süss erscheint der Krieg dem Unerfahrenen". Kein Link, leider, der Mann hatte seinerzeit zwar eine bemerkenswerte Publizität, aber das war noch auf aus Stoff gewonnenem Papier, also noch lange vor der Zeit, da Papier aus toten Bäumen gemacht wurde. Dafür halten seine Werke auch noch gut und gern 4, 5000 Jahre bei guter Lagerung. Was man von den Schützenlöchern und Latrinen der digitalen Frontlinien nicht sagen kann, da reicht schon ein kleiner Festplattencrash, und die so schön ausgemalte Zukunft ist nur noch ein Haufen rauchendes Silizium.

Nach dem Scheitern der New Economy sollte man denken, dass die Lust auf die Schützengräben und Stacheldrahtverhaue derer, die bei ihrem eigenen Giftgasangriff auf Brick & Mortar sowie totes Holz umgekommen sind, nachgelassen hat. Zumal das eine prima neben dem anderen existieren kann, die Welt gross genug für alle ist. Aber dann gibt es wieder so Propagandaschreiber, die neue Eliten ausrufen, und es geht wieder von vorne los. Diesmal sogar innerhalb der eigenen digitalen Reihen, wie ich heute morgen zufällig via hier entdeckt habe.

Wer will, den soll man ziehen lassen - an der cutting edge der technologischen Entwicklung, zwischen dem Bullshit der Medienlatrinen und den Granaten, die die VCs in die eigenen Leute feuern, in den hastig entwickelten Tieffliegern mit neuen Piloten und beim ungeübten Umgang mit Napalm wird die Süssigkeit des Kriegs schnell bitter, ganz gleich, welcher Autor da vorne neuen Lebensraum im Digitalen verspricht.

Wie auch immer: Hier meine Vorstellung der Sturmtuppen auf der einen und einiger Unbestürmbarer (es gibt sicher viele weitere in vielen Variationen) auf der anderen Seite.

Die digitale Grenzwertigkeit (nach Don Alphonso)

Das Digifrontschwein Die ruhige Etappe
Hat Firefox Internet Explorer geht auch
Kennt Doc Searls, und alles, was man sonst kennen mussKennt, was ihm Spass macht
Benutzt RSS ReaderGeht auf Webseiten, braucht kein Informationstrommelfeuer
Hat ein BlogÜberlegt sich die Anschaffung, ist aber von der Propaganda angekotzt
Informiert sich bei BoingBoing (oder Slashdot)Liest oft ein gutes Buch, weil er in der Lage ist, längere Texte zu erfassen
Gelangweilt von FlickrMacht auch Papierabzüge, die er nicht wegschmeisst, mag die Intimität von Photos, und wen gehen seine Bilder überhaupt was an?
Bekommt die Nachrichten von Google - unter anderem auch von der NationalzeitungEntscheidet sich jeden Tag neu, denkt ideologiekritisch und weiss, dass die wirklich wichtigen Informationen nicht im Minutentakt durchrauschen

So in etwa. Man lasse sie ziehen. In den Massengräbern der New economy sind noch viele Plätze frei, und da spielt es keine Rolle, welche hübsche neue Uniform sie für den Sturmlauf ins Nichts bekommen haben.


Dienstag, 10. Mai 2005, 15:46, von donalphons | |comment

 
Identitätetärä
Was bin denn ich? Habe Opera, gehe kaum zum Arzt, weiß nicht, was RSS-Dingenskirchen ist, überlege mir die Anschaffung eines Blogs, ohne von Propaganda angekotzt zu sein, lese ständig gute Bücher und bin von Kneipennächten morgens oft ziemlich boing-boing, drucke meine emails aus, bekomme die Nachrichten von diversen Investoren- und Börsentickern, denke analütisch und so und arbeite in der NE.

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Da gibt es viele Möglichkeiten, ich habe nur mal eine skizziert, die ich für lebensfähig halte, im Gegensatz zu dem Gerede des Originals, das von denen, die zurückgelassen werden, spricht.

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Ja, die Datenträger
werden auch immer schlechter in dieser schnellebigen Zeit. Damals, als alle wichtigen Dinge noch in Stelen gemeißelt wurden, hatte man Sinn für Ewigkeit. Eigentlich ist seit den Pyramiden die Bausubstanz kontinuierlich schlechter geworden. Man stelle sich vor, Gilgamesch wäre auf eine Diskette geschrieben worden, der Mythos hätte vielleicht eine Generation überdauert. Unsere Bibliotheken sollten anfangen, Hardcopies ihrer Bestände zu machen, die diesen Namen wirklich verdienen, und viele Millionen Steinmetze hätten sichere Jobs.

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Das Dach in meinem Haus steht 400 Jahre und trägt secha mal so viel gewicht wie das 25 Jahre alte dach auf dem Haus meiner Eltern. Jetzt rate mal, welcher Dachstuhl demnächst nichtrestauriert werden muss, und wo die tragenden Balken gerissen sind.

Digital ist schnell. Aber auch schnell weg. Und nicht immer hochwertig. Und wer als einziges dauerhaftes Zeugnis seines Lebens eine gemeisselte Inschrift in einem Grabstein hat, hat ohnehin was falsch gemacht.

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Mit diesem Kommentar möchte ich mir als Zurückgelassener wenigstens die Verwertungsrechte an dem Begriff "Digitale Infoelite" sichern.

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@don: Definitiv vieles richtig gemacht hat wohl, wer im Mythos weiterlebt. Niemand interessiert sich für die Grabinschrift von Moses, Odysseus oder Iphigenie.

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Die Grabinschrift von Che Guevara lautet schlicht "Che", wenn ich mich recht erinnere. Aber warum sollte das auch jemanden interessieren?

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...presente...

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*seufz*

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*ganztiefseufz*

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Im Original klingt das ein wenig wie Unterschichtsfernsehen vs. Infotainmentsucht.

Was als digitale Spaltung verkauft wird ist einfach der Neid gegenüber denen, die zwar kein blog haben und ein wenig malware auf dem Rechner, aber erheblich mehr Spass im Leben. Und: Die Berichte vom blogmich-Treffen hören sich genauso feucht-fröhlich-peinlich an, wie ein Bericht vom Landestreffen der freiwilligen Feuerwehren in Bad Kleindingeskirchen. Smalltalk, Vorlesung/Reden, Saufen und Essen. Redbull-Wodka vs. Cola-Korn ist als Hauptunterschied zwischen Info-Elite und Weissnichts-Fussvolk ziemlich mager.

Und nachher hole ich meine Leica aus der Tasche und werde ein wenig Motive suchen und am Wochende das im eigenen SW-Labor entwickeln.

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Ich bin da versucht, auf Blogmich mit einem Antville-Spruch zu reagieren: "Kann man machen". Ichj war nach längerem Überlegen nicht dort, weil ich Privatheit gerade wieder sehr schätze, und die aus einigen Gründen nicht gewährleistet sah. Im Nachhinein denke ich, dass es die richtige Entscheidung war... für Smalltalk ist Bloggen an sich zu intim.

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Danke @hella.
Da ich mich sehr oft mit offenen Meinunge unbeliebt mache (gerade vor fünf Minuten auf der andere Seite der Welt) geht mir Ihre Ansicht ein wenig gut runter. Den Unterschied zum Grillfest meiner Eltern auf dem Zeltplatz und der blogmich war mir auch nicht so ganz klar.

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