: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Dienstag, 24. Mai 2005

1 kleine wertberichtigung

Die New Economy-Postille Fast Company kostete Gruner + Jahr im Jahr 2000 360 Millionen Dollar. Ein weiteres New Economy Blättchen namens Inc. kostete Gruner+Jahr nur 200 Millionen Dollar.

Jetzt sollen beide wohl wieder losgeschlagen werden - Summen werden aber nicht genannt. Kein Wunderm, wenn bei Gruner+Jahr weiterhin gepart werden muss, mit Ausnahme vielleicht von einem "Edelmagazin" wie Park Avenue.

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Hinweis an alle: Liebe Leser,

seit heute morgen ist hier etwas anders. Irgendwer oder Irgendwas hat seit gestern mit der immer gleichen Optionseinstellung eine ziemlich grosse Suchabfrage zu meiner Person und diesem Blog hier laufen (wieso wenden die sich eigentlich nicht an die Presseabteilung vom Verlag?) und in kurzer Zeit melden sich hier Leute an und kommen mit ziemlich trolligen Kommentaren - zwei habe ich heute schon rausgeschmissen, unten kraudert schon wieder so jemand. Ich bin nicht so doof, dass ich das nicht merke. Irgendwelche Rüttgeriaden a la Wiki und ähnliches Geruckel haben ganz schnell den Ausschluss zur Folge. Wer Bilder unter Verletzung des Copyrights in Kommentaren postet, kriegt Ärger. Und ich schmeisse lieber einen zu viel als einen zu wenig raus. Geflenne von wegen, dass die Leute alle meine Bücher gelesen haben und eigentlich ja grosse Fans sind, trägt nicht wirklich zu meiner Verblödung bei.

Die nächsten Monate werden hier, wie es scheint, nicht ganz friedfertig; Eierkuchen wird eher geworfen denn gegessen. Fast mag es scheinen, als würden sich hier bald die Sitten des Heise-Forums einschleichen. Dennoch ist dieses Ding hier erst mal mein Privatvergnügen, und ich werde Sorge dafür tragen, dass das auch so bleibt. Wem meine politische Meinung nicht passt, kann seinen Kommentar ja in seinem eigenen Blog veröffentlichen, das Ding hier ist nicht ausgewogen, es ist einseitig und subjektiv und bleibt auch so. Ich bin zwar eingetragenes Mitglied der SPD, aber ohne Funktion und mit erheblich eigenem Kopf. Das sind die Regeln des Spiels. Wer nicht will, suche sich einen anderen Sandkasten, wer will, darf natürlich auch die guten, alten Bleiförmchen mitbringen.

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Sehr zu empfehlen III: Dropleaftable in der ersten Zone, 2035

Man erkennt, dass sie nicht hierher gehören. Nicht sehr viele Leute aus der zweiten Zone gehen noch in die erste Zone. Was sollen sie auch hier. Sie dürfen sich zwar auch alles kaufen, denn die Märkte sind die Grundpfeiler des Liberalismus, aber sie können es sich sicher nicht leisten. Ausserdem stören sie das Strassenbild. Menschen aus der zweiten Zone haben prinzipiell das Recht, hier zu sein, aber ob sie den Bürgersteig und die Strassen einfach so betreten können, hängt von den Eigentümern ab. Deshalb huschen die meisten Bewohner der zweiten Zone schnell, ängstlich durch die Passagen und Alleen, und es ist eigentlich an der Zeit, da etwas zu ändern. Sagt zumindest Innenminister Haedke von der CED. Was genau, steht in einem Gesetzesentwurf zum Schutz von Handel und Gewerbe, der zwar noch nicht bekannt ist, aber von SpiegelFAZBild und ihren Digitalablegern in der zweiten Zone als unverzichtbar für das wirtschaftliche Wachstum propagiert wird.

Es ist eine kleine Familie, Vater, Mutter, Tochter. Typische Intellektuelle, die man nicht unbedingt verfolgt, aber schon genau beobachtet, zumal der Vater 2006 bis 2009 in Berlin auf der Verliererseite eine Kampfgruppe im Wachstumskonflikt geleitet hat, der damals noch "Verteilungskrieg" hiess. Vor einem Antiquitätengeschäft bleiben sie stehen, und der Vater sagt zur Mutter: Schau mal Steffi, der Dropleaf-Tisch... Erinnerst Du Dich?

Was ist los, will ihre Tochter Walburga wissen. Walburga liebt solche Geschäfte, nachdem sie ihre drei Jahre kostenlosen Sozialdienst bei einer erstklassigen Familie in der Munich Area abgeleistet hat, sie kennt diese Möbel vom Putzen. Und manchmal, wenn die Familie in Urlaub war, hat sie sich sogar auf diese Möbel gesetzt. Seit sie wieder da ist, hat sie sich verändert, ist unzufrieden mit ihrer Lage und schaut den ganzen Tag nur Telenovelas wie "Gute Zeiten, Grandiose Zeiten", die von Werten, Moral, Tugend und Glück unter der Herrschaft der CED, der christlichen Einheitspartei erzählen.

Na der Tisch, sagt ihr Vater, den gleichen hatte ich mal. In der Auslage steht ein britischer Dropleaf-Tisch, mit geschwungenen Beinen, und Löwentatzen mit Rollen unten dran. So einen hatte ich mal. Das war, oh Gott, das war am 22. Mai 2005, am Tag, als der Krieg begann...



Und er erzählt. Er erzählt, wie er als Student versucht hat, sein Studium durch Flohmarkthandel zu finanzieren. Er ging zu Zwangsversteigerungen von Leuten, die sich in der New Economy oder im Immobiliensumpf Berlin verspekuliert hatten, kaufte billig Möbel, richtete sie wieder her, und verkaufte sie mit Gewinn. Ein gutes Geschäft, Berlin brach damals zusammen, das Bürgertum ging in Massen vor die Hunde, und auf den Flohmärkten trieben sich die Schnäppchenjäger aus dem Süden der damaligen Bundesrepublik herum, die solche Möbel suchten.

Er hat ihn an einen Journalisten verkauft, der für ausländische Medien hier war und bald wieder in den Süden zog. Der war begeistert von dem Tisch und wollte ihn für seine Bibliothek. Die englischen Sachen, erzählte er, hätten es ihm angetan. Weil sie so praktisch sind: Die runden Seitenteile eines Dropleafs lassen sich runterklappen, und man kann den dann kleinen, quadratischen Tisch an die Wand stellen, wo er nicht stört. Die Briten haben diese Möbel im 19. Jahrhundert für kleine Junggesellenwohnungen entwickelt. Die Form mit dem Balusterfuss, den Löwenbeinen und den hellen, schlichten Intarsien auf Mahagoni ist prächtig und trotzdem so zeitlos, dass sie durchgehend produziert wurden. Der Tisch war also kein Replika, kein Stilmöbel, sondern ein damals gut 80 Jahre altes, praktisches Gebrauchsstück.

Einen Moment haben er und seine heutige Frau, die damals auch auf dem Flohmarkt war, überlegt. Ob es wirklich eine gute Idee ist, diesen Tisch zu verkaufen. Weil er wirklich schön ist. Ausserdem - der LEKSVIK-"Leckmich"-Tisch beim heutigen Monopolisten der zweiten Zone Ikea kostete damals eigentlich das Doppelte. Der Journalist ging darauf mit dem Preis hoch, Studenten ausbeuten wollte er ja auch nicht, und so wurde man am Ende doch "pari", wie der Bayer sagte. Das war schon so ein schräger Vogel... aber eigentlich hat er einen verdammt guten Kauf gemacht, denn so ein Tisch ist eingeklappt klein genug für einen Beistelltisch beim Lesen in der Bibliothek, oder auch für ein intimes Frühstück, und ausgeklappt gross genug für einen Speisetisch für vier Gäste oder einen Teetisch für 6 Personen - ein wirklich sinnvolles Möbel, und so eine Mahagoniplatte hält locker ein paar hundert Jahre. Das war eine gute Sache für den Ausbau seiner Bibliothek an der Donau...



Damals, am Tag, als der Krieg begann...er krampft seine Hände zusammen. Warum haben sie damals nicht den Bundestag gestürmt und die Schweine verjagt, 2006, als das Wahlrecht "reformiert" wurde...

Sag mal, will Walburga wissen, Du kennst also jemanden aus der ersten Zone, aus der nördlichen Munich Area? Wow. Kannst Du mit dem nicht mal wieder Kontakt aufnehmen?

Nein, kann ich nicht. Der war im Krieg auf unserer Seite, ein Sozialdemokrat, ein Blogger, den haben sie mit Wachstumsförderungsgesetz und Medienkonformitätserlass verfolgt, der emigrierte dann in die Schweiz...

Was machen Sie da, werden sie von einem Wachmann angeherrscht. Das ist der Bürgersteig des Geschäfts, machen sie, dass sie verschwinden - die Familie zieht weiter, jetzt schneller, hastig, und der Vater denkt zurück an die Zeiten seiner Jugend, als er gegen solche Büttel mit Molis und Steinen gekämpft hat, sie hatten damals ja nichts anderes, als die Merkel den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes hat modifizieren lassen.

Am Abend ist Walburga bei ihrem Freund Karl-Gustav. Sie sitzen in seiner Wohnung in einem Hochhaus am Rande von Hamburg, mit einem grandiosen Blick über die bröckelnden Bauten der zweiten Zone hinweg, bis zur ersten Zone und der breiten, nur für Bewohner der ersten Zone gebauten Hochautobahn zu den anderen Zentren der ersten Zone, Bonn Area, Frankfurt Area, Munich Area, Stuttgart Area. Da will Karl-Gustav hin. Dafür hat er seine drei Jahre Dienst in der Dritten Zone Verwertungs AG gemacht, arbeitslose Leute aus der zweiten Zone deportiert, administrativ, und was da so getuschelt wird in der zweiten Zone stimmt alles gar nicht, sagt er. Zum Beispiel die Sache mit den Boden-Boden-Raketen. Die sind nur zur Abschreckung, wenn sich da drüben mal wieder kriminelle Banden zusammenrotten. Und man kann ja wohl nicht erwarten, dass sich Angehörige der zweiten Zone in Gefahr bringen wegen diesem Pack.

Walburga erzählt Karl-Gustav, wie dumm ihr Vater war. Karl-Gustav hält ohnehin nichts von ihm und sagt, dass das ja mal wieder typisch sei für den alten Trottel. Ohne die Fürsprache seiner Familie wäre der sicher von Anfang an deportiert worden, wegen seiner Rolle im Wachstumskonflikt. Und dann auch noch sowas, so einen Tisch könnte er dringend brauchen, um seinen Chef aus der ersten Zone zu erfreuen. Verkauft an einen Dissidenten, der nach dem Konflikt in die Schweiz emigriert ist, unfassbar. Manche von denen sind immer noch aktiv, aber das bringt denen gar nichts, ihre Blogs - wie konnte man das damals überhaupt erlauben? - sind in den Zonen nicht erreichbar. Walburga will seine Hand ergreifen, aber Karl-Gustav ist wütend und steigert sich hinein, sie sollte ihren Vater doch einfach anzeigen, dann bekäme sie einen guten Vermerk in ihrer Akte als treue Staatsbürgerin, dann könnte sie auch dauerhaft in der ersten Zone arbeiten, für Geld.


Aber er weiss, dass es ihr am Will2Success mangelt, sie würde das nie tun. Er schaut sie an und weiss, dass sie es nie schaffen wird, sie wird immer zweitzonig bleiben, und dann in 40 Jahren alt und hässlich sterben, kein Wunder bei der medizinischen Versorgung, die sie sich hier leisten können wird. Karl-Gustav geht zum Fenster und schaut hinüber in die dritte Zone, zu den Asozialen, den Arbeitsscheuen, den Kriminellen, den Fremdrassigen, die hinter dem drei Kilometer breiten Sperrgürtel leben, eingekesselt zwischen den Raketenstellungen im Westen und der Woitilla-Freihandelszone im Osten, wo manche von denen die Fussböden putzen. Erbärmliches Pack, denkt er, er will nach oben, und langsam wird es Zeit, Walburga zu verabschieden und zu versuchen, eine Frau zu finden, die ebenfalls auf dem Weg in die erste Zone ist, wo die Leute aus feinstem Porzellan echten Kaffee und Tee an antiken Tischen trinken. Die haben noch die Zeit, im Gegensatz zum Gehetze der 60-Stunden-Woche hier in der zweiten Zone, und dann noch der Milizdienst danach...

Walburga, sagt er schneidend, sie zuckt zusammen, so wie er das seit seinem Einsatz bei Frauen mag, und dann zuckt sie gleich nochmal, denn plötzlich knallt es, auf dem Grenzstreifen steigt eine Rauchsäule auf, und vor dem Haus feuert eine Raketenstellung der Dritten Zone Verwertungs AG vollautomatisch Socialpeace-Geschosse vom Typ Koch-Wulff III ab, die fauchend in den Abendhimmel ziehen.

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Dirt Picture Contest - 4 Meter sind zu weit

Coffee to go sagt eigentlich nur die Hälfte. Kaffee zum Gehen - und dann? Was tun, wenn gegangen und getrunken wurde?



Dann erfreut man die umgebende Zivilisation mit den Resten des Koffeingenusses. In etwa auf Augenhöhe, damit es niemand übersieht. Und lässt so viel drin, dass, wenn der Wind die Becher umpustet, noch ein paar Spritzer auf dem Boden sind.

Man könnte es auch in eine Ecke tun, aber die Ecken sind hier in Neukölln meist schon voll, ausserdem müsste man sich da bücken. Man könnte den Müll auch in den Mülleimer tun - aber dafür müsste man vier Meter gehen. Das kann hier keiner ernsthaft erwarten, ausserdem gehört der öffentliche Raum allen, also auch den Coffee to go Trinkern uund ihrem schnellen Leben. Danach setzen sie sich vielleicht an den Computer und sabbeln Blogs voll, deren Inhalte sie nicht begreifen.

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