: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 13. Oktober 2008

Bailout Europe

Ich bin ja nicht der grosse Freund des Daytradings, des Gaffens auf tägliche Aktiengewinne. Aber es ist vielleicht mal ganz spannend zu schauen, mit welchem irrwitzigen Bailout-Versprechen welches Land seinem Aktienindex auf die Sprünge geholfen hat. Wen das nicht interessiert: Hier ein hübsches Bild vom Umbrailpass, dem Grenzübergang von Südtirol (Italien, EU) in das Val Müstair (Schweiz).



Deutschland 470 Milliarden Euro, macht lockere 5700 Euro pro Staatsbürger, Dax +11,40, jedes Prozent kostet etwas über 41 Milliarden Euro.

Das ist viel, aber es gibt auch noch Österreich: Die stellen 100 Milliarden zur Verfügung. Pro Einwohner 12200 Euro. Wenn das der Haider noch erlebt hätte, Brüssel und die Zuwanderer wären schuld gewesen. Dafür ging der ATX aber auch 12,77% nach oben.

Unsere französischen Freunde investieren nur 360 Milliarden. Mit 5580 Euro kann sich der belastete Franzose damit noch ein paar Baguettes mehr als der Deutsche leisten. Dafür geht sein Index auch nur auf 11,18% hoch.

Besonders nett ist dann noch Italien. Berlusconi stellt a la Duce einen Blancoscheck aus; gezahlt wird, was nötig ist. Italien garantiert auf fünf Jahre für alle Bankverbindlichkeiten von heute bis Ende 2009, Banken dürfen nicht pleite gehen. Genauso könnte Italien auch dafür garantieren, dass Berlusconi ewig lebt. Damit ist der Steuerzahler bis zum Staatsbankrott dabei. Dafür sind 11,37% beim Mib 30 lächerlich.

Desineressierten möchte ich hier noch ein nettes Bild vom Grenzübergang auf dem Umbrail zeigen - wie man sieht, schon auf der Schweizer Seite:



Ach so, die Schweiz, richtig. Die Schweiz hat kein Rettungsprogramm, keinen Sonderkredit und keine Verstaatlichung beschlossen. Noch nicht mal eine bessere Einlagensicherung. Die Belastung eines Schweizers liegt damit bei 0 Franken. Der Schweizer SMI ging mit plus 11,4% aus dem Handel. Und das ist rund 1.830.000.000.000 (1,83 Billionen) Euro billiger als das, was man im restlichen Europa auf den Weg gebracht hat.

Nur falls sich jemand fragen sollte, warum die Schweiz der führende Bankenplatz des Kontinents ist. Profitieren von Paranoia seit 1929. Man muss das nicht mögen. Es ist halt so, und falls die UBS nicht über den Jordan geht, kenne ich einen Gewinner der Krise, und sehr viele Verlierer. In etwa so viele, wie es um die Schweiz herum Einwohner gibt.

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Freitag, 10. Oktober 2008

I fucking told you III

"Es wäre danach immer noch schlimm genug für alle. Es wäre ziemlich nah am Kommunismus, verwaltet und kontrolliert durch einen Haufen Idioten, die es so weit haben kommen lassen, aber ein deutscher Beamter ist mir da immer noch lieber als ein Finanzjockey, der auf die nächste Prise Koks wartet. Es wäre auch eine immense Umverteilung, die Wirtschaft würde Schaden nehmen, aber wer nur ein klein wenig Einblick in die Marktmechanismen hat, wird zum Schluss kommen, dass man dem ein Ende setzen muss. Schnell und umfassend. Ja, auch mit diesem Personal."

Schauen wir uns drei Tage nach meiner Prognose doch mal an, was die westlichen Industriestaaten gerade so andeuten.

Italien hat dank Berlusconi eine Art Ermächtigungsgesetz zur Verstaatlichung von Banken auf Verdacht hin. Die Briten haben einen über 600 Milliarden schweren Fond zur Verstaatlichung von Banken, die Spanier krebsen noch bei 50 Milliarden rum, die Franzosen haben heute die Gründung einer Auffanggesellschaft bekannt gegeben, die BeNeLux-Staaten sind mitten in der Verstaatlichung, wie auch Irland, und heute hat Merkel gesagt, sie könnte sich das auch in Deutschland vorstellen. In Japan (ich halte nichts von Intradaykursn, aber minus 10% beim Nikkei sind vollkommen inakzeptabel) arbeitet man gerade an einer Gesetzesänderung, um dem Staat Eingriffe ins Bankwesen zu sichern, und in China und Russland gehören die Banken eh dem Staat, wie auch in einer Reihe anderer Diktaturen.

Und kurz vor Mitternacht setzten die Amerikaner - heute mal wieder mit 7,3% im Dow Richtung Süden, 400 Millionen weniger in ihren Rentenkassen, ihrer heutigen Drohung, bis Ende des Monats Banken gegen Anteile mit Geld zu fluten, mit einem tollen Satz nach: "Wir werden nicht viel Zeit brauchen, um das zu tun. Die Märkte werden sehr kurzfristig gestärkt werden." An diesem Wochenende treffen sich die G7, und der amerikanische Paulson will dann auch gleich mit den G20 reden. Ganz sicher nicht über Rezepte für Himbeertorte. Leider.



Man wird über das Wochenende sehr weitreichende Beschlüsse fassen. Manche, bei denen der Boandlkramer vor der Tür steht - Island, Irland, Ungarn, Pakistan, Korea, Russland - können nicht anders, als sich unterzuordnen. Die haben schon alles probiert, die sind fertig. Die werden tun, was man von ihnen verlangt. Andere haben eine bessere Verhandlungsposition, mit gesünderen Banken und abgearbeiteten Risiken und Vermögen derjenigen, die es dort aufbewahren. Es wird welche geben, die keine Alternative haben, und andere, die nur mitspielen, wenn man ihnen gute Konditionen bietet. Gute Konditionen bedeutet: Minimale Grausamkeiten gegen den Wähler zwecks Machterhalt in den Demokratien. Je übler es ausschaut, desto mehr muss man den Idioten daheim sagen, dass sie jetzt nur ein wenig verlieren, statt alles. Je übler es einem Währungsraum geht, desto mehr wird er diese ganze Kredit- und Schuldenscheisse mit Geld runterspülen müssen. Je besser es einer Region geht, je mehr sie auf andere abwälzen kann, desto weniger wird sie leiden.

Und wer ist der Weltmeister im Abwälzen? Gestatten, mein Name ist Dr. Alphonso Strangelove, und ich lerne gerade, die Schweiz zu lieben. Und ich bin gerade unterwegs, und überlege, wie die Folgen für unsere Freunde von den Hedge Fonds ausschauen, wenn am Montag die Börsen dicht sein sollten.

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Donnerstag, 9. Oktober 2008

I fucking told you II

"Den globalen Ausverkauf verhindern, indem man die wackelnden Banken verstaatlicht, die nicht wackelnden Banken unter Notverwaltung stellt und gleichzeitig die Märkte schliesst. Nicht nur in England, sondern umfassend in allen Industrienationen. Ein Staat allein würde sich mit so einem Vorgehen a la Island und Irland den Geiern der internationalen Finanzwirtschaft vorwerfen, aber mit einer konzertierten Aktion über das Wochenende könnte man den Status quo sichern und beginnen, den Giftmüll der gegenseitigen Forderungen aufzulösen und abzurechnen, hier und da einen Währungsschnitt vorzunehmen, zu entschulden und neue, langfristige Sicherheiten zu entwickeln. Es geht nur, wenn alle mitmachen, aber eine andere Möglichkeit, die komplette Kernschmelze zu verhindern und unseren Lebensstandard zu sichern, sehe ich nicht."

Anderthalb Tage später gibt es eine gekürzte, platte, entgiftete und um Argumente beraubte Version meines Beitrags auch aus der Feder von Robert von Heusinger in der Frankfurter Rundschau, der damit eine Lösung chearleadet, von der man bis zum übernächsten Wochenende noch viel hören wird. Jaja. Wenn man die New Economy und den Berliner Betrieb kennt... Heusinger schlägt damit indirekt übrigens einen hübsch drastischen Verfall der Währungen vor, angesichts der Grösse der Aufgaben sage ich mal: 20% pro Jahr in Europa mindestens, in den USA mehr. So kann man das natürlich auch machen.

Also... hm... hört mal her, gaaanz leise.... Ich erzähle Euch jetzt noch ein kleines Geheimnis aus den allerbesten Kreisen. Nicht nur so Provinzstadttratsch, sondern obere 10.000 in Europa. Also, da gibt es eine nicht ganz unbekannte deutsche Familie, die mit einem 2:1-Hebel einen niedrig dreistelligen Millionenkredit zu niedrigen Zinsen aufgenommen, einiges Werthaltige in NichtEuro erworben hat und damit gegen den Euro spekuliert. Laufzeit des Kredits: 2 Jahre. Die Familie kann damit furchtbar auf die Fresse fallen. Aber nicht, wenn man am Wochenende meinem Szenario oder besonders dem von Heusinger folgt.

Fragt nicht. Ihr wollt es nicht wissen. Und falls es rauskommt: Hier stand es zuerst.

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Mittwoch, 8. Oktober 2008

I fucking told you I

"Während eine globale Leitzinssenkung um üppige 50 bis 100 Basispunkte und in der Folge eine zweitätige und angesichts der fundamentalen Entwicklung sinnlose Rally an den Börsen denkbar ist, ist eine Rettung Irlands sehr, sehr unwahrscheinlich."

So. Das ist jetzt mit 50 Basispunkten passiert. Es wird, wie vorhergesagt, nichts bringen. Und wir reden jetzt mal über die Frage:

Wohin gehen, wenn alles hochgeht?

Ich sage Raiffeisenbank in der Schweiz, genauer Müstair. Raibas sind Genossenschaften, haben wenige Zockergrosskunden (Bauernbank sagt man in Bayern, Erdäpfelbank in Österreich, und das sind in dieser Lage emerging markets), und durften aufgrund ihrer Struktur auch nicht so rumsauen wie die Grossbanken, sprich, sie haben relativ wenig Giftmüll. Sie haben dagegen ein unabhängiges Einlagensicherungssystem.

Schweiz aus einigen Gründen. Der Franken ist relativ gesehen die am besten mit Gold abgesicherte Währung. Der Schweizer Franken ist, was die ausgegebenen Scheine angeht, relativ zum Umlauf die begehrteste Sicherheitswährung der Erde - fast die Hälfte des Bargelds besteht aud 1000-Franken-Noten, die in irgendwelchen tresoren liegen. Wenn es ganz schlimm kommt, ist es mir immer noch lieber, die Schweiz hat nur ihre UBS an der Backe, als der Euroraum, der jetzt mit Grossbritannien und Irland und indirekt Island und Spanien und Griechenland Nationalrisiken unter der Kontrolle ahnungsloser Vollidioten an der Backe hat, von denen kein Mensch weiss, wie schlimm sie wirklich sind - bei der UBS ist das Risiko gigantisch, aber überschaubar.

Müstair, weil es eine ortskontinuität ist, Müstair hat eine hervorragende Lage zwischen der Schweiz, Italien, Österreich und Deutschland. Sollte es einmal mit dem Internetbanling nicht mehr klappen - siehe Icesave - kann man hinfahren. Ausserdem kann man dort prima essen, und das karolingische Kloster St. Johann besichtigen. Und wenn alles schon drauf geht, dann wenigstens an einem Ort, der nicht Sparkassen Hinterkaffsausen, Thüringen heisst.

Das ist keine Empfehlung, ich rate keinem, etwas entsprechendes zu tun, es ist nur eine Lösung des Problems, die ich jenseits von Geld verprassen, koksen und Roadster kaufen sehe. Andere Meinungen gern in die Kommentare.

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Jetzt muss ich alles mitnehmen

Alles, was bleibt.

Am 31. Januar war ich am Tegernsee. Auf einer Konferenz, in der alle Beteiligten ihre Risiken verglichen haben. Die Stimmung war so miserabel, dass ich zu einem Beteiligten ging, der Geld brauchte, und ihm anbot, alles, was ich zu diesem Zeitpunkt hatte, für den Erwerb seiner Wohnung am Tegernsee auszugeben, die er verkaufen musste, um Löcher zu stopfen. Danach kam einer ans Podium und redete darüber, wie man geschickterweise das Kommende, Unausweichliche kleinreden sollte, weil es für alle das Beste sei. Niemand im Saal würde in einer Welt leben wollen, die das wüsste, was man hier im Saal kenne. So eine Art "Posener Rede" der Risikospezialisten der Immobilienabsicherung. Ich habe das nicht durchgehalten, bin an den Sylvensteinspeicher gefahren, und habe dann am Abend diesen Beitrag geschrieben:

"Manche Themen da unten am See sind sehr speziell. Nur was für die Hardcore-Typen. Ich habe weder BWL noch Jura studiert, ich bin beim Aneignen langsam, und für meine Tätigkeit reicht es, wenn ich die Haifische sicher von A nach B bringe und das liefere, was sie brauchen. Ich bin eigentlich so draussen, dass ich mich frage, wozu ich mir das alles anhöre. Nichtwissen kann eine Gnade sein, und anderes habe ich schon zu oft gehört. Hinten, an der Grenze zu Tirol zeigen die Webcams schönes Wetter, drei Slots sind nur für die Betreuer von Paranoikern, Verschleierungstechniken, wenn der Kunde durchdreht, Best case Szenarien, Placebo, ich bin Fahrer, und kein Irrenarzt, ich muss mir das nicht geben. Ich fahre rauf zum Sylvenstein. Allein.



Wenn ich könnte, würde ich mir da oben überlegen, was man empfehlen kann in den kommenden Zeiten. Aber es ist nicht so einfach, wie es vielleicht beim Bankberater klingt. Was ich mitgenommen habe ist, dass auch die Cracks nicht das Ausmass des Kommenden wissen. Grob gesagt ist es so, dass die Ratingagenturen jetzt grossflächig die Finanzmarktbereiche abwerten, bei denen es ohnehin keine Hoffnung mehr gibt. Das sorgt für eine erneute Verlustwelle, Gewinnwarnungen, erhöhte Kosten für Kredite und extrem viel Misstrauen. Und die Vereinigten Staaten können aus mehreren Gründen nichts dagegen tun: Dass die Hauspreise fallen, ist auch ohne Krise ein Naturgesetz in einem Land, dessen Bauqualität hierzulande noch nicht mal für eine Hundehütte ausreichen würde. Ein normales Haus in Amerika ist nach dreissig Jahren wertlos. Dazu kommt aktuell ein enormes Überangebot an Wohnraum zum Verkauf.



Momentan berücksichtigen die Neubewertungen vor allem faule Hypotheken. Die Ratingagenturen, die amerikanische Regierungt und alle Banken tun so, als gäbe es einen Problemsektor mit armen leuten, die ihre Schulden nicht zahlen können, und einen gesunden Markt auf der anderen Seite. Das ist in der Realität nicht so, dort sind die Übergänge fliessend, und gerade in der Mitte, zwischen den Bruchbuden im Bible Belt und der Park Avenue, wird es weitere Neubewertungen geben. Vermutlich im März oder April. Und dann fliegen den Banken und dem Mittelstand die Fetzen um die Ohren. Bei diesem Personenkreis kommen auch noch die Kreditkartenprobleme dazu. Keiner da unten hat mir für dieses Szenario realitisch erklären können, welche Effekte das aufhalten können.



Es wird nicht alle treffen. Aber ich würde in dieser Zeit so wenig wie möglich mit irgendwelchen Banken zu tun haben wollen. Die Dinger sind jetzt schon kritisch wie ein Kernreaktor ohne Kühlsystem, angefangen von den grossen Vermögensverwaltern bis runter zur Kreissparkasse, die mal eben an die Reserven muss, um die Landesbank zu retten. Es wird Länder und Wirtschaftssysteme geben, die danach nicht mehr zu erkennen sind, aber in Deutschland muss man wohl zugeben, so falsch und ungerecht die zugrunde liegenden politischen Entscheidungen wie Hartz IV und die Unternehmenssteuerreform isoliert gesehen auch waren, dass die Wirtschaft und das Land gerade jetzt stabil genug sind, die kommende Delle ohne grossen Schaden zu durchstehen. Als ganzes. Aber wenn es kommt, weiss ich auch, welche Ecken des Landes gar nicht wissen, wo die Krise sein soll, und welche Ecken zwei, drei, zehn, hundert Nokias erleben werden.



Es wird wenige Gewinner geben und viele Verlierer, und wenn es dann wieder aufwärts geht, werden die Unterschiede durch die veränderten Ausgangslagen nochmal grösser. Hier oben werden dann die sein, die auf der richtigen Seite waren, auch wenn heute da unten in einem Hotel welche sitzen, die man gerade auf keine Brücke und an kein offenes Fenster im 5. Stock lassen dürfte. Ich habe hier oben einen sehr weitreichenden Beschluss für mich selbst gefasst, der Dinge beinhaltet, die in meinem Leben bis gestern keine Rolle gespielt haben: Aktive Altersvorsorge, strategische Planung, Neuorientierung. Auch in dieser Zeit gibt es Chancen, ich würde wetten, dass der DAX die 5000 Punkte im Sommer unterboten hat, dass es die chinesische Wirtschaft zerreisst, dass man Ende 2008 wieder langfristig Aktien deutscher Firmen kaufen kann, und der Finanzmarkt böte mir auch die dafür nötigen Wettinstrumente. Aber da unten sind alle kaputte Zocker, die in einenAbgrund schauen, und ich möchte auch in Zukunft über Brücken gehen können, ohne an das Stürzen zu denken. Und danach wieder meinen Garten bestellen."

Das war am 31. Januar dieses Jahres, im Februar war ich wegen der Wohnung gänzlich ohne liquide Mittel, aber jetzt bin ich sicher. Inzwichen bin ich wieder etwas flüssiger, im Gegensatz zu den banken der Vortragenden. Der Dax ist unter 5000 Punkten, die Briten verstaatlichen, weil es nicht mehr anders geht, mit 500 Milliarden Pfund ihre Banken, die Iren geben Garantien für umabschätzbare Risiken, in Spanien ist man bereit, für die Bankeneinlage von Schwarzgeld Amnestie zu gewähren, Island ist so gut wie pleite, und es kam doch etwas schlimmer, als ich dachte. Den Dax sehe ich durchaus auch auf 4000 oder 3500 Punkten, wenn sie die Märkte nicht zumachen. Raiffeisenkassen erscheinen mir in Deutschland relativ sicher, aber beim Euro habe ich inzwischen wegen der Iren und Spanier Bedenken. Es kann sehr schnell gehen, am Montag sagten die Isländer, die skandinavischen Staaten würden helfen, aber sie taten es nicht. Am Dienstag sagten die britischen Banken, sie hätten nicht beim Staat um eine Teilverstaatlichung nachgefragt, heute werden sie teilverstaatlicht. Die Lügen, über die am Tegernsee geredet wurden, haben einen Sommer lang gehalten. Inzwischen ist deren Lebenszeit runter auf ein paar Stunden. Lügen sind ein unsicheres Geschäftsmodell geworden. Vom Tegernsee aus sind es über den Sylvensteinspeicher 237 Kilometer nach Müstair in die Schweiz. Das Wetter wird auch diesmal schön sein. Es ist das einzige, was schön ist.

Das ist keine Angeberei. Es ist nur der zweite Teil der Geschichte.

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Dienstag, 7. Oktober 2008

Das Ende der Märkte und Banken

Vielleicht mache ich mich jetzt zum Affen. Aber nachdem alle Medien auf dieser Raserei auf der Passstrasse ins Verderben immer nur die nächsten stürzenden Felsen, die Eisplatten und bestenfalls die nächste Kurve im Blick haben, an deren Leitplanken entlang unser System in die nächste Serie von Gefahren schliddert -



möchte ich hier kurz anhalten und eine Vorhersage machen, wie das alles seinen Höhepunkt und gleichzeitig sein Ende findet. Und ich sage: Es dauert nicht mehr lang. Wir reden von Tagen oder bestenfalls Wochen. Konkret: Übernächstes Wochenende gibt es meines Erachtens die ganz grosse Notbremse von staatlicher Seite, das Ende der Märkte und der Privatbanken in der Form, wie wir sie kennen.

Wie vorhergesagt, hat Island fertig. Wir sehen einen bankrotten Nationalstaat mit Banken, die das geld ihrer Kunden mit in den Untergang nehmen. Die Staatsgarantie hat gerade einmal ein paar Stunden gehalten, während die Kreditlinien austrockneten und auch niemand mehr die isländische Krona handeln wollte. Ein Währungskollaps um 50% bringt jedes System in die Knie.

Es ist nur logisch, dass jetzt zwei Reaktionen kommen: Die Hoffnung auf eine globale Leitzinssenkung und die Suche nach den nächsten Kandidaten, denen ein isländisches Schicksal blüht. Man muss nicht weit gehen: Irland sieht mit seinen deregulierten Banken, seiner ansonsten irrelevanten Wirtschaft, seiner verblödeten Politikerkaste und den Billionenrisiken seiner windigen Finanzakrobaten wie ein aufgeblasenes Island aus.

Während eine globale Leitzinssenkung um üppige 50 bis 100 Basispunkte und in der Folge eine zweitätige und angesichts der fundamentalen Entwicklung sinnlose Rally an den Börsen denkbar ist, ist eine Rettung Irlands sehr, sehr unwahrscheinlich. Einfach, weil sich nach dem Debakel der Isländer jeder vom Kleinsparer bis zum Konzernchef fragt, was ähnlich wackelt. Irland ist das natürlich Opfer, und ich wäre nicht überrascht, wenn man sich am nächsten Wochenende dort ebenso vergeblich um eine Rettung bemühen würde, wie Island. Die Woche drauf kommt dann der Bankrott. Während aber Island und Irland per se politisch bedeutungslos sind, wäre die nächste Eskalationsstufe weder finanziell noch politisch zu regeln.

Das ist Grossbritannien. Nicht nur wegen seiner engen Finanzanbindungen an das irische Finanztschernobyl. Sondern weil die Banken der Insel schon heute selbst nach Geld und Teilverstaatlichung schreien. Die Insel ist nichts anderes als ein grösseres Irland, die Paralellen wären tödlich. Natürlich könnte der Staat noch die ein oder andere Bank übernehmen. Und dann von anderen Banken als reale Bank wahrgenommen werden, die zu den Verpflichtungen steht. Und unverzüglich zahlt. So viel und so schnell wie möglich, denn in dieser Lage würde die Vertrauenskrise der Banken nicht begrenzt werden. Sie würde auf den Staat überspringen.

Wie verheerend staatliche Übernahmen gerade ausgehen, geht im dummen Gegaffe der Medien auf die Aktienkurse unter, aber bei der Versicherungsgesellschaft AIG musste die amerikanische Notenbank innerhalb weniger Wochen 61 Milliarden Dollar raushauen. Und nachdem ich früher an Due Diligences mitgewirkt habe, kann ich auch sagen: Es ist selbst mit einem ganzen Eimer McKs unmöglich, eine grössere Bank innerhalb von einem Monat so zu durchleuchten, dass man grössere Risiken unwahrscheinlich macht. Es geht allein wegen der internationalen Verbindungen nicht. Es geht nicht, weil man in diesem Markt während der Due Diligence ständig alle Risiken tagesaktuell neu bewerten müsste. Das hat schon bei der Hypo Real Estate nicht funktioniert, und dem Staat fehlen dazu auch die nötigen Kapazitäten.

Durch die Verstaatlichung verhindert der Staat einen Kollaps weiter Teile des Bankensystems und der Börsen, fügt sich aber selbst eine dauerhaft blutende Wunde zu, aus der Geld zu Banken sprudelt, von denen keiner weiss, wann sie die nächste Wunde verursachen. Angesichts der läppischen Börsenwerte von ein paar Milliarden für eine grössere englische Bank bei einem zig-Fachen an Verbindlichkeiten darf man aber annehmen, dass es nicht allzu lang dauern wirs, bis die Banken an Liquiditätsmagel draufgehen. Eine Woche, würde ich sagen. Wenn es gut geht.

In der Folge würde man ein paar globale Runden Assetverkäufe sehen. Banken und Firmen und Staatsfirmen würden wie jetzt schon in Island und Korea alles mögliche verschleudern, um an Liquidität zu kommen, während oben die Notenbanken zusehen müssten, wie die reingepumpte Liquidität im System steckenbleibt. Grob gesagt: Jeder würde versuchen zu bekommen, was gerade geht. So viel wie möglich von den Staaten nehmen, um das Überleben zu sichern, aber nichts zu geben.

Ich lasse jetzt mal neben den fallenden Hauspreisen und der allgemeinen Rezession bewusst ein paar andere, bislang nur von Exoten diskutierten oder erkannten Gefahrenquellen weitgehend raus, wie unsere 45.000 Billionen Derivate, die Besitzer der britischen, deutschen und amerikanischen Staatsverschuldung, die überlegen müssen, mit welchem Staat sie ihre Staatsreserven retten wollen, oder das Ende der amerikansichen Altersvorsorge über Fonds, oder das Implodieren der Hedgefonds, oder die de-facto-Pleite amerikanischer Bundesstaaten, Städte, Wasserversorgungen und anderer Dinge, die man über den Kapitalmarkt finanzierte (Welcher Depp will eigentlich die Bahn privatisieren?). Allein schon in der Frage der Bankenkrise und Liquidität wäre das vereinigte Königreich der "Point of no return", und dann stellt sich die Frage, ob man das letzte gute Geld einer Nation dem schlechten nachwirft, obwohl die verängstigten Kunden vom Sparer bis zum Hedgefonds die Flucht antreten und rauchende Trümmer zurücklassen werden. Ich lehne mich hoffentlich nicht zu weit aus dem Fenster, wenn ich das für den kommenden Donnerstag oder Freitag in einer Woche vorhersage.

Das wiederum ist prima, denn es bleiben zwei Tage ohne Märkte, um das einzige zu tun, was bleibt und auch sinnvoll ist:

Den globalen Ausverkauf verhindern, indem man die wackelnden Banken verstaatlicht, die nicht wackelnden Banken unter Notverwaltung stellt und gleichzeitig die Märkte schliesst. Nicht nur in England, sondern umfassend in allen Industrienationen. Ein Staat allein würde sich mit so einem Vorgehen a la Island und Irland den Geiern der internationalen Finanzwirtschaft vorwerfen, aber mit einer konzertierten Aktion über das Wochenende könnte man den Status quo sichern und beginnen, den Giftmüll der gegenseitigen Forderungen aufzulösen und abzurechnen, hier und da einen Währungsschnitt vorzunehmen, zu entschulden und neue, langfristige Sicherheiten zu entwickeln. Es geht nur, wenn alle mitmachen, aber eine andere Möglichkeit, die komplette Kernschmelze zu verhindern und unseren Lebensstandard zu sichern, sehe ich nicht.

Es wäre danach immer noch schlimm genug für alle. Es wäre ziemlich nah am Kommunismus, verwaltet und kontrolliert durch einen Haufen Idioten, die es so weit haben kommen lassen, aber ein deutscher Beamter ist mir da immer noch lieber als ein Finanzjockey, der auf die nächste Prise Koks wartet. Es wäre auch eine immense Umverteilung, die Wirtschaft würde Schaden nehmen, aber wer nur ein klein wenig Einblick in die Marktmechanismen hat, wird zum Schluss kommen, dass man dem ein Ende setzen muss. Schnell und umfassend. Ja, auch mit diesem Personal. Einknasten kann man sie später immer noch. Wenn die Banken dem Staat gehören, findet sich genug Material ohne Hausdurchsuchung.

Man wird es tun, und nicht nur, weil die UdSSA sich im November einen neuen grossen Vorsitzenden des Staatsrats wählen. Ich lehne mich sehr, sehr weit aus dem Fenster, ich weiss. Wenn ich nicht recht habe, und es weder den Zusammenbruch nich die Stlllegung der Märkte gibt, werde ich behaupten, dass ich zu früh aufgestanden bin, zu lange in einer Krisensitzung mit ein paar Briten war, die nicht wussten, ob sie mit ihren Karten noch das Hotel bezahlen können ("Herr Porcamadonna, könnten Sie mal unseren Gästen etwas Geld von der Bank holen, am besten gleich bei der Commerzbank"), und mir auf dem Heimweg übernächtig ein paar schräge Gedanken gemacht habe. Falls ich aber recht habe: Schon mal an Schweizer Franken gedacht?

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Der dümmste Börsenspruch von allen

"Wenn der letzte Funken Hoffnung und der letzte Bulle verschwunden sind, soll man wieder kaufen."

Den Spruch habe ich schon im späteren Jahr 2000 gehört, als der Nemax unter 8000 Punkten blieb. Dann bei 7000. Bei 4000. Bei 2000. Als er dann unter 1000 war, stellte sich heraus, dass der Spruch in einer fundamentalen Krise nicht stimmt. In einer Krise geht der Markt zu vernünftigen Fundamentaldaten wie einem mittelfristigen Kurs-Gewinn-Verhältnis (1/15 ist fair) und Kurs-Umsatz-Verhältnis zurück. Vollkommen zurecht. Und bei den trüben Gewinnaussichten der kommenden Jahre wird das noch ziemlich abwärtws gehen. Egal was jetzt die üblichen Hypetheoretiker an Börsenbauernregeln rauslassen.

Wir kommen locker unter 4000 beim Dax und 7000 beim Dow. Wenn ich vom Noteinsatz zurück bin, erkläre ich auch, warum.

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Montag, 6. Oktober 2008

Do legt se Island nieda (UPDATE)

und schteht nimma auf,
do legt se Island nieda,
und d´Britn gengan drauf!

Idioten! Es sind solche Idioten, die Ponzi-Schemata fahren, hohe Zinsen bieten und einen winzigen Staat verpflichten, der den Kopf dafür hinhält, bis auch der letzte kapiert, was los ist, und die Katastrophe kommt. Wenn die Banken in Island erwartungsgemäss mit Schieflage vom Handel ausgesetzt werden, um die Eigner der aufgeblasenen Giftmüllfinanzfabriken zu retten, reagieren eben die Sparer in England, denen man was von "ICESAVE" und sicherem Onlinebanking für ihre 6,5 Milliarden Euro erzählt hat - und dann hat es sich mit dem save, denn das Geld ist gefroren:

Savers seeking to withdraw money from Icesave, an arm of Landsbanki, the Icelandic bank, today found they could not operate their accounts online.

A message on the Icesave website said: “We have been experiencing intermittent faults with our website over the last 12 hours. These were intermittent faults randomly affecting different groups of customers at random intervals. Our IT team has now resolved the issue.”

But Times readers said this morning that the website was allowing them to look at their accounts but not to take money out.


Heute lesen und wissen, was morgen oder nächste Woche schon in Irland mit dem Faktor 10 passiert. Ich, Don Alphonso, habe es Euch gesagt. Wir werden nicht so viel saufen können, um auf alle Gräber zu pinkeln.

Edit: Der Horror geht weiter - Island steht am Rande des Zusammenbruchs, jetzt auch nach Worten des Premierministers Haarde:

“There is a very real danger, fellow citizens, that the Icelandic economy in the worst case could be sucked with the banks into the whirlpool and the result could be national bankruptcy.”

Nun sollen die Banken, denen von britischen Banken offensichtlich schon der geldhahn zugedreht wurde, schleunigst ihre mannigfaltigen Auslandsbeteiligungen verkaufen, um den Bankrott abzuwenden. Erinnert alles sehr an Lehman Brothers, würde ich meinen. Ob die morgen in London überhaupt die Börse aufmachen?

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Montag, 6. Oktober 2008

The Good, the Bad and the ugly Slimeballs

Die Kreditkrise hat die Kraft, Gutes und Böses hervorzubringen, neben dem ganzen Übel, das sie zeitigt (zeitigen ist übrigens eines der Worter, die mehr verwendet werden sollten. Wir brauchen mehr Archaismen.). Eines der Ereignisse, über die ich mich den ganzen Tag aufregen könnte, gäbe es nicht so viel anderes, ist dieser Erklärungsversuch der Handelsblattspitze für ihre Löschung eines Beitrags, der die Einlagensicherung privater Banken bezweifelte:

"Grund für unsere Entscheidung war die Befürchtung, dass der Blog-Beitrag von Herrn Uhlig in der Öffentlichkeit irrtümlich nicht als die persönliche Meinung eines Wissenschaftlers, sondern als redaktioneller Beitrag des Handelsblatt wahrgenommen werden könnte und der Eindruck entsteht, das Handelsblatt rufe zu einem „Run“ auf die Commerzbank und andere Finanzhäuser auf."

Bernd Ziesemer, der das verantwortet hat, ist es aber nicht zu peinlich, seinen Blogversuch nach anderthalb Jahren Kreditkrise, die durch gewissenlose Verbrecher der Wall Street und anderswo ausgelöst wurde, begleitet von der Liberalisierungspropaganda von Medien wie dem seinigen, zu überschreiben mit: "Über Ökonomische Vernunft und politische Dummheit". Wie das aussieht, konnte man heute im Handelsblatt.com nachlesen: Wenn es nämlich nicht um die stinkenden Pavianärsche der Bankenfreunde des Handelsblatts geht, sondern um das Abzocken und Bescheissen des Staates mit Hilfe von Erpressung durch die Verursacher der Krise, wenn es um Panikmache für die grosse Abzocke geht, hat das Handelsblatt absolut kein Problem, einen leitenden Asien-Manager von Morgan Stanley der deutschen Politik Ratschläge erteilen zu lassen. Ganz gross, auf der ersten Seite. Da haben eine Menge Leute extreme Defizite im Bereich Anstand.

Angesichts solcher Figuren und ihrer moralisch höchst fragwürdigen Einstellung bin ich wirklich froh, dass es noch Leute wie Peer Steinbrück gibt, nach dessen Kopf unverständlicherweise manche rufen, und komischerweise den Wirtschaftsminister Glos aussparen. Steinbrück erfuhr gestern quasi aus den Medien, dass die Banken in Sachen Rettung der Hypo Real Estate einen veritablen Dolchstoss gegen die Politik geführt hatten, indem sie die Vereinbahrung unilateral aufkündigten. An solchen Geschichten zeigt sich die verkommene Zockermentalität der Privatbankenchefs, die einen Zusammenbruch des Wirtschaftssystems riskieren, um die Politik gefügig zu machen. Steinbrücks Reaktion fand ich ebenso brutal wie gut: Statt der Bagage auf den Leim zu gehen und um Gnade zu winseln, liess er die Medien wissen, dass die Einlagenabsicherung der Privatbanken vermutlich, wie schon im zensierten Handelsblattbeitrag nachzulesen, am Ende sei. Wenn schon Bank Run, dann wenigstens die Hauptlast bei denen, die damit den Staat erpressen, mag sich Steinbrück gedacht haben.

Die neue Einlagensicherungsabsicherung (so muss man das in der gesamten Krudheit wohl nennen) des Bundes ist dann ein weiterer Wink mit dem Zaunpfahl an Deutsche Bank und Co.. Im Gegensatz zum irischen Irrsinn der Absicherung jeder Form hochgiftiger Papiere oder zum neuen britischen Regierungswahnsinn ist die deutsche Lösung nämlich eine, die so stark begrenzt ist, dass sie nur den Sparern, nicht aber den Banken weiterhilft. Abgesichert werden nur Privatpersonen und kleine, inhabergeführte Firmen mit ihren Sparbüchern, Tagesgeld und Girokonten. Kleinzeug, das jeder hat und jeder braucht, nur nicht die Privatbanken, für die das lediglich nervende Performancebremser sind. Alle anderen, die global zocken und gross kassieren wollen, die besten Freunde der Privatbanken, stehen mit ihren Geschäften weiter im Regen. Bei einer Raiffeisenkasse vermutlich ein kleineres Problem als bei grosskotzigen Privatbanken, deren Einlagensicherung, siehe oben...

Ich lobe die grosse Koalition selten, aber das war ein wirklich kluger Schachzug. Die Botschaft ist deutlich: Wer sparen will, wird geschützt, wer zocken will, muss das Risiko selber tragen, wer dabei hilft, muss es selber ausbaden. Der Staat steht zu seinen Bürgern und nicht zu den Banken. Es sind solche Entscheidungen, die sowas wie Vertrauen zurückbringen können. Vertrauen entsteht sicher nicht, wenn der Staat jeden dreckigen Kriminellen rauskauft, und auch nicht, wenn er sich nicht um die Sorgen der Menschen kümmert. Mag sein, dass die grosse Koalition einfach nur Angst hat, den kompletten Osten an die Linke zu verlieren, aber ich habe zunehmend den Eindruck, dass man auch in Berlin die Schnauze voll hat von den hinterhältigen Eskapaden der grinsenden Ackermänner dieser Republik.

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Samstag, 4. Oktober 2008

Irland und das Ponzi-Schema

Wer nicht weiss, was ein Ponzi-Schema ist, möchte es erst hier nachlesen - und für den, der zu faul ist, die Kurzfassung: Die Mutter aller Schneeballsysteme, benannt nach dem italoamerikanischen Verbrecher Charles Ponzi. Offensichtlich ist der Ponziclan nicht ausgestorben, sondern hat überlebt und erfreut sich bester Gesundheit - ausgerechnet in irischen Banken und Regierungsstellen, die gerade dabei sind, den Euro - und damit unser aller Geld und Währungssysteme - zu Tode zu spekulieren.

Perverserweise, indem sie behaupten, das Geld sei bei ihnen absolut sicher. Es ist nämlich so in Irland: Banken werden dort praktisch nicht kontrolliert und können Dinger drehen, die in Frankfurt, Mailand oder London nicht möglich wären. Gleichzeitig ist Irland eine Steueroase. Dublin ist voll mit Banken und fragwürdigen Investmentvehikeln, die für ihr Treiben keine Kontrolle sehen wollen. Das führte zu einer ziemlichen Abhängigkeit des irischen Staates von seinen internationalen Heuschreckengästen, es sorgte für eine Immobilienblase und satte Wachstumsraten, naürlich auch für die irischen Banken - bis zur Kreditkrise. Und nun bekommt auch Irland das ganze Programm ab: Faule Kredite, riskante Bankgeschäfte, fallende Hauspreise, austrocknende Liquidität für Banken und ein Staat, der plötzlich mit einem kollabierenden Finanzsystem konfrontiert ist, mit Milliardenabschreibungen, Verlusten und ausbleibenden Einnahmen. Irland ist am Ende, Irland hat es verdient, und wenn die EU gerecht wäre, würde man Irland isolieren und jeden Tag exakt 100 Tonnen Kartoffeln über den Docks abwerfen - nicht mehr, um eine Vermehrung der dortigen Verbrecher auszuschliessen.

Märkte haben freundlicherweise ihre eigene Version der 100 Tonnen Kartoffeln, und diese Version heisst "Misstrauen", "Wertverlust" oder "Bank Run". Genau das geschah am 29. September nach einer Reihe von Ratingabwertungen, als an den Börsen irische Bankaktien verkauft wurden, was ging: Die Anglo Irish Bank verlor 45%, die Hypothekenbank Irish Life & Permanent 34%. Allied Irish Banks sackte um 16% ab, und die Bank of Ireland 15%. Und am kommenden Untergang liess die Financial Times wenig Zweifel:

Mr Orsi said that in current market conditions one concern was that some banks might hit liquidity problems as they found it hard to refinance term loans that come due in the next few months.

Irische Banken wären so gesehen also die letzten, in die man Geld stecken sollte. Aber diese Überlegung ist ohne die Ponzi-Vettern der Verbrecher auf den Docks gemacht, und die sitzen in der irischen Regierung. Statt sich Gedanken zu machen, wie man den Laden rettet oder zumindest über die IRA ein paar pakistanische Atiombomben kauft, um sich ehrenhalber von der europäischen Landkarte zu radieren, griffen sie zu einer anderen Lösung: Irland garantiert unbegrenzt als Staat für alle Einlagen der sechs grossen irischen Banken. Im ersten Schritt sind das Einlagen und Kredite und finanzieller Giftmüll im "Wert" von 400 Milliarden Euro - vor der Krise hatte das gesamte Land gerade mal ein Bruttoinlandsprodukt von lächerlichen 148 Milliarden. Dieses Schurkenstück war gerade erst beschlossen, da flatterten in Grossbritannien auch schon die ersten Werbeschreiben in den Emailpostkästen:

* As you may be aware on Tuesday 30th September the Irish Government put in place a guarantee arrangement to safeguard all deposits (retail, commercial, institutional and Interbank), covered bonds, senior debt and subordinated debt (lower tier II) with Irish Banks.
* As Irish Nationwide qualifies under this scheme we now represent the safest place to deposit money in Europe with a AAA guarantee from a country with the lowest national debt to GDP ratio of any AAA country.
* Irish Nationwide are offering the following GBP£ products for savers:
* Six month 6.75% fixed rate bond (Irish Government Guarantee for any amount)
* One year 7.10% fixed rate bond (Irish Government Guarantee for any amount)
* Money in these accounts are guaranteed regardless of the size of deposit and represent the best value in the UK market.


Das ist blanker Irrsinn. Es müsste ein Gesetz geben, um das zu verhindern. Die Banken, die das anbieten, sind in schwersten Problemen und bieten unbegrenzte Anlagen zu Zinsen jenseits von 6% an. Mit unbegrenzter Garantie. Zahlt im Schadensfall ja alles der irische Staat.

In England wackeln auch Banken, und die Absicherung der Einlagen ist weitaus schlechter. Also werden da viele Miliarden über die irische See gehen. Milliarden, die auf wundersame Weise mit den Anlagen die Bilanzlöcher vollkommen maroder Banken stopfen, die auf dem Interbankenmarkt kaum Geld bekämen und deren miese Geschäfte sie in ein paar Tagen oder Wochen vor die Wand gefahren hätten. Alles super, oder?

Nicht wirklich. Denn all die vielen neuen, schönen Milliarden müssen irgendwie verzinst werden. Verzinsen tut man, indem man zu höheren Zinsen selbst verleiht, und das Geld wiederbekommt. Leider haben wir es hier mit Banken zu tun, die so miserabel dran sind, weil sie genau das zu tun nicht in der Lage waren, ihr Geld mit schmutzigen Derivaten und schlechten Hypotheken vergeudeten. Allerdings dürften die ersten Ausschüttungen kein Problem sein; es kommt ja genug Geld aus dem Ausland, das man für die Zinsen verwenden kann. Schlimmstenfalls macht man ein Tauschgeschäft mit einer anderen Bank. Aber ich wüsste offen gesagt nicht, wie eine irische Bank in der aktuellen Situation mit ihren hohen Risiken in der Lage sein sollte, diese Zinsen zu erwirtschaften.

Aber egal. Wenn irgendwann mal die internationalen Geldzuflüsse vorbei sind und man kein Geld mehr für die Zinsen hat und der Rest auch verbrannt ist, gibt es ja immer noch den irischen Staat, der haftet. Sagt er. Wobei ich eher annehmen würde, dass Irland dann ganz einfach in den Staatsbankrott kippt. Irland kann sich das leisten. Mit links.

denn das kleine Irland hat den Euro. Und ich will nicht wissen, was dem Euro droht, wenn Irland pleite geht. Vielleicht wird Resteuropa diese unseriösen Aussauger retten müssen, weil ein paar hundert Milliarden dann relativ gesehen immer noch billiger sind, als das Ende des Euro. Vielleicht wird aber auch jeder Ire 92.000 Euro für die Absicherung der Konten ausgeben, oder noch mehr, je nachdem, was der Ponzi-Regierung dort noch an sonstigen Versprechungen für Anleger einfällt. Die Garantien auf zwi Jahre sind noch nicht mal legal, es ist eine grobe Wettbewerbsverzerrung, aber das juckt die Iren nicht.

Den Letzten beissen die Hunde. Und nachdem die Iren es schon geschafft haben, beim Steueroasendasein die ersten zu sein, werden sie auch diesmal wieder versuchen, andere zu den Letzten zu machen. Bitte, keinen müden Cent für einen europäischen Rettungsfonds, der solche Kreaturen begünstigt.

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