: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 15. April 2005

Rats in a cage

Schon witzig, wenn ein Blogseminar-Anbieter mutmasslich in diesem Seminar zur Abschreckung - Stichwort "wüste Beschimpfung" - auf dieses Blog hier linkt, wenn es im verlinkten Beitrag um das Unterpflügen eines anderen Blogseminars geht. Dabei wird dann die ganze Geschichte rekapituliert - ironischerweise ohne auf dieses Angebot zu sprechen zu kommen

Ich fühle mich jetzt irgendwie als stachliges Glied einer Verwertungskette, an der unten die geschlachteten Gegner derer hängen, die selbst gern Blog-PR-Interessierte verwerten.

Nur falls jemand meint, dass es bei Blogs rauh und brutal zugeht. Das ist nichts gegen die Kleinkriege der Seminaranbieter und ihren Wettlauf um die Marktherrschaft der Blogseminare. Vielleicht sollte ich jetzt doch noch den PR-Blogger Eck und sein geplantes Seminar in die Pfanne hauen, dann gibt es auch beim nächsten Termin noch aktuellen Anschauungsunterricht (kost 500 Tacken, Firma dankt, so geht´s Blog-Business).

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Dirt Picture Contest - Es ist Frühling!

Und der Berliner als solcher beschliesst, sein Microbiotop der Terasse nicht allein den Ameisen, Kakerlaken und Tausendfüsslern zu überlassen. Statt dessen will er Leben, Pflanzen, saftiges Grün vor den bröckelnden Mauern gegenüber! Blumen, Kräuter, wuchernd und bunt! Das ist ihm schon mal ein paar Euro wert, die Stadt soll ja ein wenig schöner werden. Und draussen auf dem Balkon stehen auch noch die Blumenkästen, noch vom letzten Jahr, die während des Winters als Aschenbecher so praktisch waren, also hinaus auf den Balkon und geschaut, was man denn dieses Jahr kaufen könnte, Tulpen sowieso, dann Stiefmüttterchen und...

ups. Das hat im Winter der strenge Fost die billigen Plastikkästen leider zerbrochen. Äh. Und die schwarze Erde rieselt auf den Balkon, so eine Sauerei, kein Wunder, dass sich die Kakerlaken hier so wohl fühlen. Also echt. Hm. Ist da unten auf der Strasse eigentlich gerade jemand? Nein? Prima! Nur in Richtung der kleinen Grünfläche rund um den Baum zielen ... Und schwups!



Also, Tulpen, Stiefmütterchen, neue Kästen, Erde, was noch? Ach, so viel könnte man anpflanzen, um die Stadt schöner zu machen! Es ist Frühling im Slum.

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Anstelle eigenen Contents

anlässlich des 4. Münchner Agenturgipfels ein Beispiel für den professional approach der bedeutenden Lobbygruppe FIWM, einer Organisation, der die Munich Area ihren exzellenten Ruf als Heimat des nachhaltigen Erfolges der New Economy mitverdankt:

Dieses Spannungsfeld zwischen der schleppenden Entwicklung der Gesamtwirtschaft und den positiven Nachrichten aus der Werbewirtschaft signalisiert den großen Bedarf in der Wirtschaft an verkaufsfördernden Maßnahmen."

Sprachakrobatik am Rande des Genickbruchs, von hier - und es bleibt so gut. Da werden Phrasen aus Wörtern gemörtelt, bis der Sinn knirscht. Wenig überraschend, dass einer der Vorstände des FIWM e.V. im Internet als PR-Blogger auftritt.

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Donnerstag, 14. April 2005

Selbstauferlegtes Blogverbot

Liebe Leser,

ich habe eine mir selbst gesetzte, schon weit ausgebeulte und die Gutmütigkeit meines Verlegers indiskutabel ausreizende Deadline bis Freitag nächste Woche. Ich brauche jede Minute. Es wird hier recht wenig zu lesen geben, solange.

Don Alphonso.

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Club der polnischen Gewinner

Polnische Lebensmittel - die Alternative zu Hartz IV.



Terrormarketing: Offene und direkte Ansprache der Ängste, die den Kaufreiz stimulieren. Da können Aldi und Lidl noch was lernen.

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Sieh an...

Was für ein hübsches Projekt:

Niemand & keine Partner.

Ich prophezeie denen eine grosse Zukunft, bei unseren fähigen und kompetenten Werbe- und Kommunikationsagenturen.

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Real Life 14.02.2005 - Höflichkeit

In Neukölln, wo man es m wenigsten erwarten würde, gibt es ein hervorragendes Thai-Restaurant mit für Berliner Berhältnisse gehobenem Preisniveau. Nachdem man mit Geschäftskunden schlecht in das Monsieur Voung oder ähnliche Spasslokationen voller Touristen und sich mal was leistender Eingeborenen gehen kann, landet man hier zwangsläufig, wenn man es mit Partnern aus Fernost zu tun hat. Noch dazu, wenn sie zwei Tage zu früh eintreffen, die Bekannten aber noch in München an den letzten Powerpoints frickeln und panisch versuchen, ein ferngesteuertes Abendprogramm für die überpünktlichen Gäste zu organisieren. Bis dann jemandem einfällt, dass der Don doch in Berlin ist, den kann man fragen.



Sie sind zu dritt, zwei Entscheidungsträger und eine Übersetzerin. Die Übersetzerin wäre nicht wirklich nötig; was auf Englisch vorliegen soll, wurde bereits übertragen. Die Übersetzerin ist gewissermassen die Bestätigung der ernsten Absichten; man zeigt, dass man vor hat, sich intensiv mit dem Projekt auseinander zu setzen, und nicht nur auf Firmenkosten einen Trip in das Land der hässlichen Langnasen macht, die sich sowieso nicht benehmen können. Ich hatte 2000 mal mit einer Delegation aus Thailand zu tun und habe mir beibringen lassen, dass der germanische Handschlag - beide Seiten stellen damit sicher, dass der andere in diesem Moment nicht zum Schwert greift, soviel zum Thema europäische "Zivilisation" - dort nicht üblich ist. Meine Verneigung fällt immerhin so ordentlich aus, dass man mi danach doch zart die Hände zur berührung offeriert.

Die Übersetzerin sitzt den ganzen Abend dabei und sagt fast nichts. Die beiden sagen freundliche Dinge über die Stadt, obwohl uns vor dem Lokal ein nicht ganz atypischer Alki aggresive, auch für mich unverständliche Dinge zugerufen hat, und unten an der Strassenecke ein paar Jugendliche das Schlägern üben. Wahrscheinlich sind die Gäste das gewohnt; wie sie erzählen, waren sie auch schon mal auf Standortsuche in den weniger guten Regionen Chinas unterwegs, in Birma und im Mittelwesten der USA. Morgen wollen sie den Tag nutzen, um bei den Niederlassungen von Bekannten vorbeizuschauen. Ich bin irgendwie ganz froh, dass sie mit dem Rücken zum Fenster sitzen, wo gerade ein Proll seinen Pontiac Firebird abstellt und anfängt, mit der Blondine vom Beifahrersitz zu streiten.

In meiner Heimat wohnte die Strasse runter ein anderer Clan der besseren Gesellschaft, dessen Oberhaupt Stickereimaschinen in den fernen Osten verkaufte. Die Clans verkehrten freundschaftlich miteinander, und das Oberhaupt gab sich alle Mühe, mir als Kind die Faszination des Orients nahe zu bringen. Der Weg dahin führte über den steinigen Weg des Essens mit Stäbchen. Auch, wenn ich es damals gehasst habe, nach all den westlichen Riten wie Arme anlegen, Finger spreizen, Stühle schieben und Frauen den Vortritt lassen, jetzt auch noch die Rituale eines anderen Kulturkreises zu erlernen, war gestern nach fünf tragischen Minuten die Fähigkeit im Umgang mit Stäbchen wieder da. In meinem Innersten widerstreiten die Kulturräume; die hoch aufgerichtete europäische Haltung, die man auf Biedermeierstühlen mangels Flächen zwangsweise erlernt, liefert sich einen Krieg mit der geduckten Haltung, die das Essen mit Stäbchen erfordert. Man berührt in Europa das Geschirr nicht und arrangiert alles mit Messern und Gabeln; bei Stäbchen ist man gezwungen, diese Haltung abzulegen. Das führte vor Jahren dazu, dass meine Liebste die eigentlich nie genutzten schwarzen Lackstäbchen einfach benutzte, um ihre Haare hochzustecken, was sehr hübsch asiatisch aussah, aber der Übung mit diesem Essgerät nicht förderlich war.

Nach zwei Stunden ist alles überstanden, und ich vermute, dass sie einen im Rahmen des Möglichen guten Eindruck vom Emissär des langnasigen, primitiven Kulturkreises haben, die sich zwar nicht benehmen können, aber sich zumindest Mühe geben. Am Freitag steht dann der Haifischtransport durch Berlin an. Mit dabei wird dann einer sein, der an und für sich ein herzensguter Knochenbrecher ist, lustig, joval, rund und chronisch gut drauf. Sein Markenzeichen ist das Schulterklopfen, was schon in Mitteleuropa manchmal für Erstaunen sorgt. Soweit ich weiss, haben ihn die anderen Haifische bereits gebrieft, dass die andere Seite wichtig ist, und er sich ordentlich benehmen soll. Ich wäre ja zu gern dabei, wenn dieses Mannsbild zwei Tage lang versuchen muss, sich gemäss den fernöstlichen Ansprüchen an Höflichkeit zu beugen. Es ist sein erster Kontakt jenseits des europäischen Kulturkreises.

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Mittwoch, 13. April 2005

Real Life 13.04.05 - Alle Herrlichkeit auf Erden

Du fährst diese Strasse runter Richtung Gesundbrunnen, da siehst du aus den Augenwinkeln was in einem Eingangsbereich einer Lagerhalle. Geschwungenes Holz. Spiegel, Intarsien. Anhalten - kein Problem, hier gibt es mangels Autos immer Parkplätze - aussteigen und ranpirschen ist eins. Es ist eine Kopie, handwerklich gut gemacht, aber viel zu übertrieben. Dagegen sieht Nymphenburg schlicht aus. Trotzdem, wenn du schon mal da bist, gehst du auch rein.



Drinnen könnte man problemlos Innenarchitekten ermorden, indem man sie sich einfach eine Minute umschauen lassen würde. Es ist heftig. Um die Lagerhalle herum zerfallen die Blocks, aber hier könnte man spielend Ludwig II feuchte Träume verursachen. Alles ist Gold, Glanzlack auf Obsthölzern, Rokkoko aus dem toten Hirn Walt Disneys, es ist eine Dependance von Tinseltown und wartet eigentlich nur auf einen Saddam, der sich damit einen neuen Palast einrichten würde, oder einen bayerischen Politiker, der hier Gastgeschenke für seine Reise nach Brunei kauft, weil ein Barockengerl aus Mittenwald kann man denen ja nicht mibringen.

Du stehst etwas ratlos vor dieser Ansammlung von mobiliaren Wuchtbrummen, kannst dich der Pracht nicht ganz entziehen und würdest dennoch nie so etwas in deiner Wohnung haben wollen. Auch nicht, obwohl alles erheblich reduziert ist. Auch nicht, wenn der Ramsch bei Ikea genauso teuer wäre. Obwohl, der Ramsch bei Ikea ist so teuer. Und du musst den Pressspandreck auch noch selbst holen, durch quengelnde Kinder nebst Mittemüttern schieben, transportieren und zusammenbauen. Nach drei Jahren ist die Kommode Hemnes - klingt wie eine Bazille - dann aus den Fugen. Das hier... Deine Finger gleiten über das Holz, ziehen eine kleine Schublade heraus, betasten die Maserung und messen die Dicke. Sauber. Solide. Wenn du mit denen verhandelst, kriegst du es noch billiger. Und sie liefern es. Am Stück. Mit Marmorplatte oben drauf. Und die eine Kommode da hinten, die ist schlicht, die könnte sogar echt sein, wenn man es nicht weiss. Du fühlst die Versuchung, den sportlichen Ehrgeiz, es mit dem Verhandeln zu probieren, Levante Süd gegen Levante Nord...

Du fliehst, hinaus in den Schmutz der Stadt und der Strasse, wo alles zerfällt, und Ikea perfekt passt, im Gegensatz zu dieser Pracht. Du hast es geschafft. Du bist standhaft geblieben. Du fühlst dich später ein wenig... als hättest du eine Frau nicht geküsst, und wärst jetzt allein im Bett.

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Display-Planet - Platt wie eine Flunder

Das mag ich - eine Website wie display-planet.de aufrufen, deren fetter Claim mich sofort anbrüllt: "SEE THE FUTURE". Statt, sagen wir mal: Billige Flachbildschirme in unserem Online-Shop. Oder: Günstige Monitore, platzsparend für Ihr Büro daheim. Nein, es heisst SEE THE FUTURE. Die Zukunft. Schauen. Jawoll Massa. Weil die Zukunft, die ist bei Display-Planet, und sehen muss sein, weil man in den Bildschirm ja auch schaut.

Sowas nervt bei einem Online-Shop, der im Moment nicht in die Zukunft, sondern allenfalls in die Röhre schaut. Dort steht nichts von Future, sondern nur das Aktenzeichen 2 IN 161/05 beim Amtsgericht Paderborn. Das mit dem würdevoll untergehenden Planeten, das üben wir nochmal.

Oder ne, muss eigentlich nicht sein, lasst mal. 120 Punkte reichen.

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Lesungen die Zweite

Es wird einige Leute geben, die werden auf diesen Beitrag mit Gedanken oder Postings wie "Es gibt sehr gute Gründe für das was ich tue", "Der unterstellt uns, was er selber tut", "Ich bin überhaupt nicht neidisch" und "Ich habe das Recht das zu tun, und Kritik muss man ertragen können" reagieren.

Lesungen bringen Ärger

Im vorrausgehenden Artikel wurde beschrieben, wie das Fehlen gewisser Charakteristika des Literaturbetriebs Bloglesungen zu einem grossen Spass werden lässt. Dennoch: Man sollte sich das mit den Lesungen als Organisator gut überlegen. Es wird noch eine Weile dauern, bis Lesungen aus Blogs so normal sind, dass nicht oft ein gewisses Keifen losgeht. Lesungen sind eine Ausnahmesituation, bei Lesungen wird das gleichförmige Nebeneinander des normalen Bloggens durchbrochen, man exponiert sich, und das ruft die Geiferer auf den Plan. Egal, ob im Umfeld dieses Buches oder bei anderen. mehr an der Blogbar

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Dienstag, 12. April 2005

Dressed in red

Für alle Paid-Content-Ungläubige: Das hier tragen! Und immer 120 Todespunkte für gute, tote Content Syndicatoren dabei haben.

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Dirt Picture Contest - Lolle hau ab!

Das ist Berlin Berlin ohne nette Story, ohne Lügen, ohne perfekte Ausleuchtung und ohne abgedresste Photomodells, die so tun, als wären sie die typischen Bewohner der Reichshauptslums:



Und Ihr, die Ihr in München, Frankfurt, Düsseldorf oder Sylt seid: Lasst Euch nicht verarschen von denen, die sagen, wie toll es hier ist, im Prenzlberg, im coolen LSD-Viertel. Das hier ist mitten in diesem angeblich szenigen Ausgeviertel, in der Schliemannstrasse. Dass nebenan Cocktails in 0,5-Literbechern für 4 Euro zu haben sind, ist nicht billig, sondern pure Notwendigkeit, um den Favellistas ihre eigenen Lebenslügen glaubwürdig und ihre Verkommenheit schmackhaft zu machen.

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Chemiefabrik westlich von Wittenberg II

Nachdem hier gestern der erste Teil gezeigt wurde, kommt heute der zweite Teil mit Bildern aus einem nicht genutzten Verwaltungsgebäude an der Bundesstrasse von Coswig nach Wittenberg.



Wer mit noch oben kommen will, soll auf das Bild clicken.

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Infinity Communications betritt die Unendlichkeit

Ich komme aus einer reizenden Provinzstadt, die zum Speckgürtel der "greater Munich Area" gehört. Die Menschen hier leben angenehm in einem gewissen Wohlstand, und die Stadt ist für sich auch schon wieder eine Boomregion. Die Mietpreise sind ähnlich hoch wie in den günstigeren Lagen von München, die Spiesser sind fett und die Boss-Anzüge verknittert.

Um dieses Idyll des Geldes und der politischen Einflussnahme in München herum breiten sich die fruchtbaren Hänge am Rand der Donauniederung aus, übersäht mit kleinen Dörfern, deren bäuerliche Bewohner in der Regel zwei Probleme haben: Die niedrigen Erzeugerpreise und die Lieferzeiten der S-Klasse. Ihre Söhne rasen mit ihren aufgebohrten, spoilerverunstalterten Quattros über die anmutig geschwungenen Landstrassen, und machen mein Hobby Rennradfahren zu einem aufregenden Zeitvertreib, ähnlich wie Turniertanzen auf der Märtyrerkreuzung in Ramallah.

Manchmal verfehlt so ein Bolide die Radfahrer oder Fussgänger im Altmühltal, oder sieht sich beim Überhohlen mit Tempo 180 mit einem entgegen kommenden Brummi namens Alois oder Franz-Xaver konfrontiert. In solchen Situationen bewährt es sich dann, dass ein Audi Quattro auch ganz passable Flugeigenschaften hat und wie ein Brett in der Luft liegt. Das ist sein Vorteil gegen den Golf GTI oder die Opels, die vorne über kippen und sich mit der Schnauze in den fruchtbaren Boden der Täler bohren, oder den 911ern, deren Hecklastigkeit beim Aufschlag die Fahrgastzelle knickt.

Manchmal also fährt man mit blitzenden Speichen durch die warme Luft des Tales, irgendwo zwischen Beilngries und Pappenheim, und zwischen zwei Bäumen sind die Stäucher abrasiert, und die Schneise zieht sich 50 Meter weiter schräg in ein Feld, wo dann ein Quattro steht. Am Strassenrand ist dann meist die Polizei, ein belämmerter Flugschüler, und hinten auf der Heckscheibe des Quattro liest man einen klugen Spruch wie "Vollgas - besser als ficken", "Tempo 2 x 130", oder, sehr sinnig "Ich fahre nicht schnell, ich fliege nur tief". Was man halt so von Leuten zu erwarten hat, die in der Disco mit Sprüchen wie "Hallo Praline brauchst Du ne Füllung" die Paarung anbahnen.

Und während man weiterradelt, denkt man sich: Oh Mann, wieso sind da immer diese Sprüche drauf, wenn sie dann so scheitern. Geht es nicht eine Nummer kleiner? Könnte man nicht mal sagen: Wenn es ein Problem gibt, gehe ich auch schon mal vom Gas? Oder: Ich ignoriere nicht immer die Realität, wenn sie auf der Gegenfahrbahn als Tanklastzug daher kommt? Aber nein, die Provinz ändert sich nie.

Genauso wenig wie die Zentren der schicken neuen Wirtschaft. Ich musste bei Powerpoints und Meetings oft an diese Jungs aus den Käffern meiner Heimat denken. Vollgas, Problem, schnell noch in ein anderes Business Modell gegengelenkt, und ab in die Botanik, mit dem Spruch "we make your business fly" auf dem Spoiler sponsored by VC. Alles die gleiche Bande. Kein Unterschied zu Toni, dem Rennfahrerbiberl aus Tittmoning.

Und wenn ich jetzt bei der "Mission" der verflashten Site (Flash ist der Spoiler des Webdesigns) der Marketing-Agentur Infinity Communications GmbH lese: "Wir haben das Wort "Problem" aus unserer Kommunikation entfernt." - dann habe ich sofort wieder den Geruch des Altmühltals in der Nase, mit dem Wacholder, dem Getreide, den Apfelblüten und der Kühlflüssigkeit, die aus dem zerborstenen Motorblock eines Quattros ins dunkle Erdreich sickert. Keine Probleme bei Infinity. Vielleicht nie mehr. Mit der Nummer 46 IN 29/05 beim Amtsgericht Mönchengladbach übernimmt der vorläufige Insolvenzverwalter die Probleme. 120 Punkte, bitte.

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Dienstag, 12. April 2005

Warum Bloglesungen gut sind

Nachdem es jetzt in letzter Zeit einige gut besuchte Lesungen mit mehreren Bloggern unter ganz unterschiedlichen Vorraussetzungen gab, ist es Zeit für eine kleine, dreiteilige Zusammenfassung. Warum also? Aus dem gleichen banalen Grund, warum auch Bloggen gut ist:

Weil es Spass macht.

Und das ist, wie übrigens die anderen Punkte auch, ein erheblicher Unterschied zu Lesungen, die man als Profischreiber macht. Wenn ich aus meinem Roman lese, muss ich Performance bringen. Ich bin im Wettkampf mit anderen Autoren um die Gunst des Publikums. Es ist ein Teil des Jobs. Der ist zwar schön, aber dennoch bleibt immer dieses Gefühl im Nacken, dass man hier als Schriftsteller mit einem eingebildeten, idiotischen und trotzdem zu erfüllenden Qualitätssoll konfrontiert ist. Deshalb Lampenfieber, deshalb Stress, deshalb nach der ersten Lesung tot ins Bett fallen - von wegen Literaturgroupies ficken, muahaha, alles Legende.

Natürlich sind diese Gefühle vor einer Bloglesung auch da, aber nicht so stark. Schliesslich sind es ja mehrere Leser. Es geht eigentlich um nichts, ausser um den Spass. mehr Spass an der Blogbar

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Chemiefabrik westlich von Wittenberg

Ich denke, es gibt in Deutschland eine weitgehend ausgeblendete Realität. Vielleicht erlebe ich auch nur die falschen Medien, aber ich sehe manchmal Dinge, die mir niemand zeigt, und ich verstehe nicht, warum das kein Thema ist. Vielleicht interessiert es auch wirklich niemanden, kann sein. Dennoch möchte ich hier ein paar Bilder zeigen.



Einfach auf das Bild klicken - willkommen in Deutschland. Hier ist der 2. Teil der Serie.

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Haifisch als Futter

Na da schau an - da hat es ja einen kolossalen Hai-Kadaver an das Spreeufer gespült, vielleicht verendet durch die giftigen Einleitungen des Reichshauptslums? Zuerst ahnt man es ja nur, denn wenn eine Life & Art Holding AG die Nummer 4 IN 7/05 des Amtsgerichts Charlottenburg bekommt, könnte das viel sein. Aber:

Zuerst mal ist die 98 gegründete Holding einer jener ominösen Spät-IPOs der New Economy, die eigentlich schon 2001 hätten stattfinden sollen, und dann erst ganz klein Ende 2002 über die Bühne gingen - und dann prompt auch empfohlen wurden. Schliesslich, und jetzt wird es spannend, betrieb die Holding auch denangeblich von Promis frequentierten "Shark Club" in Berlin, der letztlich weniger durch die angeblichen Exzesse gewisser Schweizer Diplomaten als vielmehr durch nicht abgeführte GEMA-Gebühren eine gewisse Berühmtheit erlangte.

Dass die Holding auch schon mal Anteile einer gewissen eMind AG und einer gewissen Mallorca Lifestyle AG hatte -nun, das gehört dann eher zu den kleinen Nettigkeiten am Rande. New Economy halt. 120 Punkte bitte.

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Montag, 11. April 2005

2do

Aircheck.
Termin finden.
Thema finden.
Studiogäste einladen.
Teaser machen.
Laufplan schreiben.
Broadcasten.

Alte Radiomacher kommen langsam zur Überzeugung, dass Bloggen auch nichts anderes ist, als On Air zu sein. Mit gewissen Call-In-Anleihen. Na denn. Mal schaun, was sich da noch alles machen lässt.

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Hadestore quietschen für die Medienport AG

oder wie sie jetzt heisst: MPH Holding GmbH. Die hat nämlich die Nummer 67e IN 85/05 beim Amtsgericht Hamburg, und in der Gründung erwischt es auch gleich noch die mpf forumrecht GmbH i.Gr mit 67e IN 82/05.

Die Holding, bei deren Vorgänger 2004 auch Lothar de Maiziere Vorsitzender des Aufsichtsrats war, bietet eine ganze Reihe von Produkten an, als ginge es darum, alle Business Modelle der New Economy auf einmal nachzuholen. Jetzt werden wohl reihenweise Webprojekte leicht bleich um die Nase - die MPH Holding zeigt Sites wie anwalt-suchseite.de, forumrecht.com, apothekenport.de, lottoport.de, paarchannel.de und den Softwareanbieter mp-office.

Überregional bekannt wurde Medienport aber noch durch die Idee, Anwaltsberatung in Supermärkten (besonders in Berlin, wo sonst, hier gedeihen ja auch Jamba und Co. prächtig) durchzuführen: 50 Euro pro Beratung oder mit Stoppuhr 1 Euro pro Minute. Die Idee war einfach - auf der einen Seite sind viele arbeitslose Rechtsanwälte - auf der anderen Seite sah die Medienport AG gegenüber der Welt: "Unsere Zielgruppe sind vor allem Arbeiter, Arbeitslose und Angestellte, aber auch andere interessierte Bürger."

Bei solchen Amtsgerichtsnummern erscheinen Arbeitslose wirklich als ein Markt mit Zukunft. 120 Punkte bitte.

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Wunderglaube in der Moderne

Manche glauben an den Break Even im vierten Quartal. Andere glauben an Börsenprospekte. Es gibt welche, die glauben den Anlegergurus, und denen, die in Seminaren Erfolg beschwören. In der Regel taucht dann immer irgendwo der relativ abstrakte Begriff "Millionär" oder auch "Million" auf. Angesichts der enormen Industrie, die sich allein um den Wunderglauben gebildet hat, sollte das hier nicht überraschen -vielleicht funktioniert es sogar.



Schliesslich lassen sich, wie das indigene Unterschichten-Marketing weiss, die Leute am Telefon alles, auch den letzten Dreck andrehen. Aktien, Versicherungen, Mehrwertdienst-Lebenshilfe, Esoterik, Zeitungsabos, Sex vom Tonband. Ein Geschäftsmodell mit Zukunft. Zwischen Rügen und Zwickau gibt es Hunderttausende, die nur darauf warten, sich von einem mit Aufbauhilfe geförderten Seriengründer die Kehlen wundzutelefonieren. Damit sie auch mal ordentlich teleshoppen gehen können, zum Beispiel. Da helfen dann auch die Landesmedienanstalten gerne weiter.

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Samstag, 9. April 2005

Dirt Picture Contest - Kein Schutzengel für Marketing

Bei Fuckedcompany gab es während des Downturns mal die Debatte, was in einer Firma mehr Schaden anrichtet: Marketing oder HR. Wer diese speziellen Firmen der new Economy kannte, weiss, dass es da keine klare Entscheidung gibt. Eine unerfahrene HR konnte mit falschen Headhuntern, korrupten Managern, den eigenen Seilschaften oder falscher Sparsamkeit einem florierenden - oder zumindest nicht gleich sterbenden - Startup eine Art septischen Schock verpassen. Wenn dann erst mal das falsche Team am Lenkrad dieser aufgemotzten Gokarts der Wirtschaft ist, kann man eigentlich nur noch den letzten Öler rufen.

Ich persönlich hatte mehr mit Marketing zu tun. Und nach meiner Überzeugung ist es nie gut, wenn an der Schnittstelle zwischen der Realität da draussen und der im Eifer der Gründung entstehenden Hyperventilations-Realität drinnen Leute sitzen, deren Realitätserfahrung sich zwischen Business Lunch, After Work Party, First Tuesday und Bizz-Abo entstand. Das Marketing ist gewissermassen der Parkwächter, der diese Firmen-Rennsemmeln bei Vollgas in die Parklücke einweisen muss. Auf dem Posten würde man sich eigentlich alles andere als chemopralle Spezialisten im Fingernagellackieren oder Praktikantinnenficken wünschen. Fakt ist - da, wo der Parkplatz sein sollte, stand in der new Economy zu oft der von den Marketeers übersehene Betonpoller namens Realität drin.

Man kann das so bildlich sagen, aber als ich gestern durch das Reichshauptslum Berlin a.d. Spree führ, da habe ich es gesehen - das Marketing, das am Realitätspoller klebt:



Wer immer das gebucht hat, hatte nur Augen für den Waschbrettbauch, und nicht für die Umgebung. Und ich habe in meinem Kopf ein sehr scharfes Bild von der Person, die das verwantwortet hat. Marketing ist schlimmer als HR.

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Media Cluster Bomb TV München

Die Keimzelle von N24, der Praktikantenstadl der einzigartigen Munich Area schlechthin, das Dauersichtumsbaby von Geburt an, der Sender, der Münchens Image als Dumpfbackenmetropole nachhaltig prägte, der Ort, wo jede noch so belanglose Äusserung von CSU-Politikern begierig aufgenommen wurde, das Paradebeispiel für das Versagen der bayerischen Privat-TV-Politik, hat eine Nummer beim Amtsgericht München. Das Stadtfernsehen Programmgesellschaft mbH, so der korrekte Name, läuft unter 1502 IN 979/05, und die 70 Mitarbeiter wohl zum Arbeitsamt, wo immer noch die restbestände der Kirchpleite anstehen. Gerüchten zufolge gibt es in München 3000 mehr oder weniger arbeitslose Journalisten oder geringstbeschäftigte, die irgendwo mit Praktika oder PR-Hilfsdiensten überleben wollen.

Die ganze Geschichte ist hier. Es hätte auch anders laufen können, aber das Ergebnis wäre das gleiche geblieben. Berliner brauchen gar nicht fett grinsen - auch TV Berlin, zur gleichen Gruppe gehörend, soll wackeln. Die 120 Punkte kriege ich noch - für TV München will ich sie gleich.

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Freitag, 8. April 2005

Nachbereitung

Zuerst mal Premium Picture Content bei Veranstalter und Special Guest Johnny Häusler Haeusler, der uns lesenden Hardcore-Singles vor Augen führte, was folgt, wenn aus Sex mal Kinder werden - ich hab es getaped, und später mal werde ich Johnnies Enkel das Zeug vorspielen, von wegen, wie ihr Grosspapa damals, und so. Wenn es dann noch Minidisc gibt.



Übrigens, meine Oma hat auch noch massenhaft alte Tonbandrollen von mir als Kleinkind, das Zeug ist echt hart, das halten auch erfahrene Headbanger nicht aus, ein Glück, dass dem alten mintgrüne Tonbandgerät irgendwann eine Röhre durchbrannte und das Quellenmaterial der Marke LAUT, VIEL und HUNGRIG nicht mehr spielbar ist. Aber ich schweife ab.

Frau Modeste beschreibt dagegen, wie es denn so war, auf der Bühne und davor und danach. Mehr Gedanken und mehr als nur 40undeinpaarzerquetschte Worte gibt es auf Zuschauerseite bei 40something. Holgi hat auf dem Heimweg ein Liedchen gesungen, das mir zumindest vom Text her sehr gefällt. Länger als 5 Minuten dauert die Partyberichterstattung von 5Minuten. Frau Engl wartet mit einem Bild auf, bei dem unsereins zum Schatten seiner selbst wird. Und ein Video - geschnibbelt aus Webcambilder - gibt es hier. Die Kritiker waren sehr angetan von der Veranstaltung und der lasziven Stimme von Modeste und hoffen auf Fortsetzung - jo, kann/soll man machen.

In 40 Jahren dann wird jemand versuchen, das alles nochmal abzurufen, aber wahrscheinlich ist es dann längst verschwunden, ge404t, weg, vorbei - nur meine Minidisc wird es bewahrt haben. Vielleicht. Und dann wird er vielleicht die Aufregung, die Freude und am Ende auch den Stolz in den Stimmen merken, es getan zu haben.

Und übrigens: Die Dame auf dem Bild, das ist sie, die Grossmutter mit den Tonbändern in jungen Jahren. Wahre Schönheit vergeht nie.

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Dirt Picture Contest - Ganz in der Nähe ist Jamba

Sollte es bei denen ganz gut laufen - also auch in China, Korea, Taiwain und Südamerika, alle Class ctions scheitern und die Politik weiterhin nur zuschauen - gäbe es für dieses Gelände vielleicht eine Zukunft. Dann würde man das hier als Erweiterungskomplex sanieren, und der Wowereit würde kommen und den Samwers die Hand schütteln.



Nur dauert das noch. Und ansonsten hat niemand daran Interesse. Früher hat man sowas schnell zu einem Loft umfunktioniert, aber die meisten ähnlichen, sanierten Objekte die Spree runter sind in etwa so begehrt und marktgerecht wie die hiesigen UMTS-Studien, Anthologien junger Berliner Bröckchenliteraten aka Betriebsschleimbatzen, korrupte Berlinbanker und Anwälte für Medienrecht - was diese Stadt halt so hervorbringt.

Immerhin bietet die Ruine den polnischen Punks Schutz und Unterkunft, und davor ist ihr Privatstrand. Mit bemerkenswert wenig Glassplittern - schliesslich wäre das nicht gut für die Hunde. Für sie ist das längst eine Art Heimat. Vielleicht empfinden sie sowas wie Glück und Zufriedenheit, wenn sie nach dem Autoscheibenwaschen über die Brücke kommen, und die leeren Fensterhöhlen und den brüchigen Schornstein sehen, im Wissen, dass der Kapitalismus bald überall so aussehen wird. Nur noch eine kleine Weltrevolution, dann ist es soweit.

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Die soziokulturelle Komponente

Bloggen ist ganz ok. Geht schon. Aber so richtig gut wird es erst, wenn es seine Fortsetzung im normalen Leben findet. Weil das etwas ist, wovon alle etwas haben, ganz im Gegensatz von so Bullshit-Ideen wie PR- oder Marketing-Blogs. Weril es die logische Fortsetzung des Textschreibens ist. Weil es verdammt viel Spass macht, draussen zu sein, Leute kennenzulernen, vorzulesen, und Nachts um 3 dann noch irgendwo bei einem türkischen Imbiss was reinzuschieben.



Es war keine einmalige Aktion. We shall return. Wahrscheinlich an einem Freitag. Neue Themen, mehr Blogs, andere Texte, mehr Charaktere, immer dressed up. Und mit einer Wild Card für die, die sich auch trauen und wollen. Und noch viele weitere Ideen. Eher bald als später, und ganz sicher bold - Futura Bold.



Danke, an alle Besucher, Chile, Modeste, Wortschnittchen, Johnny und Tanja.

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