Freitag, 4. November 2005
Real Life 03.11.05 - Tegernseeing
Zwischenzeitlich ruft dich Frau S. an und gibt durch, wo sie mit ihren Freundinnen und der Tochter ist: In einem Cafe am Südrand des Sees, in Rottach, das nicht so schnell in den Schatten der Berge getaucht wird. Ob du den Weg findest? Keine Frage, sie sind da, wo alle sind und wo deine Eltern auch immer anhalten, um das Zeug mitzunehmen, mit dem Besucher daheim gestopft werden. Die Welt ist nicht wirklich gross, was diese Lieferanten angeht.
Bis Rottach stauen sich die grossen, schweren Wägen der angeblich vom Kahlschlag betroffenen deutschen Rentner. Als du dann endlich dort bist, fährt gerade ein Opa mit seinem Cayenne aus der Parklücke direkt neben der S-Klasse von Frau S., und hinter dem Steuer liest Poldi, die Hausmischung aus Chauffeur, Diener und Sekretär ein blutrünstiges Boulevardblatt. Er begrüsst dich herzlich, geleitet dich auf die Sonnenterasse und weist darauf hin, dass der Kreis um Frau S. ein klein wenig verschnupft ist, weil du über ein Jahr nicht zu Besuch gekommen bist.
Du bist für die Gruppe sieben älterer Damen eine willkommene Gelegenheit, all die alten Geschichten des letzten Jahres nochmal zu erzählen; die beiden skandalösen Todesfälle etwa, bei denen weniger der Alkohol am Steuer als vielmehr der Ort und die Kombination zweier Menschen den - in diesem Fall durch die Windschutzscheibe - springenden Punkt bildeten, denn niemand hätte je geahnt, dass der mit jener, also nein, das muss aber schon länger gegangen sein, denn am Ende der kurvigen Strasse hatte er schon seit ein paar Jahren ein kleines Haus gemietet, wie seine Frau dann entdeckte, und da sollen ganz überraschende Dinge drin gewesen sein, die man so bei einem Herrn seines Alters nun wirklich nicht mehr erwartet hätte. Fräulein, Fräulein, bittschön noch zwei Sacher, eine Havanna, ein Powidldatschgerl, Marie, Luise und Carola haben noch, Alphonso, probiern´s die Tegernseetorte, Hannerl, magst a Tiramisu?
Das Hannerl sagt nein, sitzt stumm dabei, ignoriert die Blicke mittelalter, braungebrannter Churgäste und starrt hinaus auf den See, wo auch jetzt noch einzelne Segelboote langsam durchs Wasser kreuzen. Hin und wieder streift sie eine verwehte Strähne aus dem Gesicht, eine vorbildliche Tochter einer Mutter, die bis zum letzten Atemzug versuchen wird, ihr Leben zu bestimmen, was sie sie letzten 28 Jahre auch geschafft hat. Hannerl hat das Studium noch immer nicht fertig, wozu auch, Kunstgeschichte wird ihr bei der Verwaltung der Besitztümer nicht helfen, und Frau S. hat auch nicht vor, sich dabei helfen zu lassen. Die abgebrannte, halbe Strassenzeile in Haidhausen, die ihr Mann in den 50er Jahren zusammengekauft und schwarz hat restaurieren lassen, schmeisst sie mit Poldi allein.
Das Fräulein kommt und stellt vor dir die Tegernseetorte ab, ein rosa-champagnergelbes Meisterwerk mit vertikaler Schichtung, eine echte Bombe, sie könnte das nicht mehr, sagt Carola, aber wir jungen Leut, wir brauchen das, das Hannerl soll doch auch, aber sie schüttelt den Kopf und schweigt weiter. Frau S. wird es nach einer Weile und einem halben Dutzend weiterer Skandälchen vom Isarhochufer bis runter zum Landtag zu bunt, und fragt nachdrücklich, ob wir nicht schnell noch zu Criollo gehen wollen, ein paar Pralines für den Abend holen.
Du tauscht mit Hannerl ein paar Belanglosigkeiten aus, momentan ist sie wieder Single, weil der letzte Freund vor einem halben Jahr eingesehen hat, dass er der Mama nicht genügt. Die letzten Monate war sie hier oben, hat Tennis gespielt und war ab und zu golfen, aber das gibt ihr im Moment nicht so viel. Bei Criollo nehmt ihr ein Pfund Rottacher Busserl, ein paar Kalorien-Mininukes mit Mandellikör und Kaffeecreme in Zartbitter für die Damen und das Rommé-Spiel heute Abend, weisses Crocant, die sogenannten Wallbergspitzen und eregierte Himbeer-Trüffel, die dich fatal an gewisse, lang vermisste, ersehnte, erhoffte Brustnippel erinnern.
Poldi und die Damen sind schon vorgefahren, vor der kleinen Villa mit Blick auf den Wallberg steht auch ein älterer, roter SL wie aus der Serie Dallas und das grüne 6er-Coupé, also sind alle da. Vor dem Essen erledigst du mit Frau S. das eigentlich Geschäftliche. Später dann, als sich der klare Sternenhimmel mit seinen Milliarden Lichtern über den See spannt, kannst Du mit den 13 Karten, Klopfen, Ass als 1 und Joker stibitzen zeigen, was Du an Tricks von Tante Mammi und von den alten Schlernhexen in Südtirol als Kind gelernt hast.
Gegen zehn brechen die Damen in ihre Appartments und Häuser auf, und Poldi hat dein Zimmer schon bereitet. Aber das Hannerl sieht die Gelegenheit, jetzt schnell zu entkommen. Sie entdeckt, dass sie morgen schon um acht an der Uni sein muss, ob du Sie vielleicht nicht jetzt noch schnell reinbringen könntest? Frau S. protestiert, das könne man dir nicht zumuten, aber für dich ist es ok. Poldi bringt die Koffer und die restlichen Pralinen zum Auto, während du versicherst, nicht schneller als 120 zu fahren und auf der rechten Spur zu bleiben. Später bringst du dem Hannerl die Sachen zur Wohnung, und fährt zurück in die Provinz, nicht ganz unzufrieden, dass dir das Frühstück mit weiteren intimen Details aus der Haidhausener Grundbesitzer- und Chefarztszene erpart bleiben.
Und das Schicksal beschliesst, dich dafür zu belohnen, denn da ist bald eine Mail im Postfach von einer, die noch wach ist und nicht schlafen kann.
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BRÜLLLLL
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Coming up:
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Donnerstag, 3. November 2005
Abgerübt - der FT-Chef wird gegangen
Disclaimer: Don Alphonso empfiehlt schon immer das Handelsblatt. Wenn schon kapitalistisch, dann richtig trocken und konservativ statt Gaudi Economy und Generation Golf.
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Mitunter dafür dankbar
Die Globalisierung kam nur bis Freimann, so wie es aussieht.
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Jamba plus für Labile
*self-fullfilling prophecy, actually.
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Gestern MTV gesehen
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Mittwoch, 2. November 2005
Überhaupt München
München war immer der Meinung, mit dem Rest des Landes nichts zu tun zu haben. Nirgends wird milder untergegangen, nirgends stirbt es sich schöner, nirgends gibt es bessere Chancen und mehr Leute, die irgendwas machen können, wenn man den Firmenporsche gegen das Fahrrad eintauschen musste. Das war einmal. Heute ist das anders. Inzwischen hat sich doch weitgehend die Erkenntnis breit gemacht, dass sich München nicht vom Rest abkoppeln kann.
Mag sein, dass die Stadt immer noch stabil und solide dasteht. Es ist nichts schlechter geworden. Aber das war nicht das Versprechen. München kannte seit den 60er Jahren nur einen Weg, nach oben. Immer mehr, immer besser als alle anderen. Und so richtig knallen sollte es 1998, 99, 2000, und hätte es nicht mehrfach richtig geknallt, New Economy und 9eleven, dann wäre München heute in dem Erfolgstaumel eines Gargantua, einer Illusion, die heute unfassbar falsch und abgeschmackt erscheint. 2005, Mitte des Jahrzehnts, also jetzt und heute werden wir sehen, dass sich das Internet vollkommen durchgesetzt hat, es wird kein normales Fernsehen mehr geben und nur noch Omas werden in Geschäften einkaufen, das war die Planung.
2005 ist das dritte Jahr in Folge Stagnation. Stagnation bedeutet im internationalen Wettbewerb Rückschritt, hat man früher gesagt, heute hält man lieber die Klappe und richtet sich ein in der Mittelmässigkeit. Und ist froh, dass es die anderen, Köln, Berlin, Hamburg noch übler erwischt. Aber angesichts der ausgebliebenen goldenen Zeitalter ist das ein schwacher Trost. München ist immer noch sauber, aber innerlich, an wenigen Sympthomen erkennbar, gebrochen.
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Satz für die Ewigkeit
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Munich Network und MBPW trennen sich
Der MBPW bsorgte das Frischfleisch an Jungunternehmern, die oft genug zum Network durchgereicht werden sollten. Manche, wenige, schafften den IPO, die anderen dagegen... so viele Namen, so viele Gesichter, so viele Geschichten und Erwartungen des neuen Menschen, und keiner von uns wusste, was wir da tun. Es sollte ein Spass werden, auf den legendären Treffen in Elmau war es das auch, aber Elmau ist abgebrannt und in einem ähnlichen zustand wie die meisten Hoffnungen, die ais dem Wettbewerb hervorgingen. Und dabei war der MBPW immer noch einer der Besten seiner Art. Und jetzt auch noch das:
"Munich Network und die Münchener Business Plan
Wettbewerb GmbH (MBPW) lösen
den gemeinsamen Geschäftsbetrieb zum 1. November auf. Bisher waren die MBPW und der alleinige Gesellschafter Munich Network mit einem gemeinsamen Team tätig. Ab sofort wird der Münchener Business Plan Wettbewerb in einer neuen GmbH, der MBPW GmbH, mit breiter Gesellschafterbasis weitergeführt, der die TU München, die Ludwig-Maximilians-Universität, die FH München, die Stadt München und die LfA Förderbank Bayern angehören..."
Und dmit ist der MBPW auch umgezogen, raus aus dem anachronistischen Media Works Munich Gelände an der Rosenheimer Strasse zur FH München, was auch schon eine Menge aussagt über die Trümmer dessen, was einst von hier aus die Welt erobern wollte. Zurück bleibt das Munich Network, das, nun, sa verbietet sich eigentlich jede Kommentierung. Manche der darin vertretenen VCs kennen den Terminus: Dead Man Walking - steht für Startups, die keine Chance mehr haben, lässt sich aber auch übertragen. Danke an F. für den Tip.
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Dienstag, 1. November 2005
The place not to be
Zu eng, zu krumm, immer das gleiche, nach einer Stunde kennt man jede Strasse, und wir, die wir hier gross geworden sind, kennen jeden abgetretenen Pflasterstein. Und so ziemlich alle standesgemässen Möglichkeiten für das Eine, die Gymnasien sind ja nicht weit auseinander. Die entsprechenden Viertel liegen auch nebeneinander, von der Altstadt zum Fluss, dann raus zum ersten Kaff am Golfplatz vorbei und am Krankenhaus, durch das Ärzteviertel und dann wieder zurück an den Rand des alten Kerns. Alles ist für uns mit dem Rennrad zu machen, alles das gleiche, in allen Häusern die gleichen Andenken an die Reisen, die Doppelgaragen und immer teure Säfte im Kühlschrank für junge Gäste, das Gesundheitsgift dieser Welt, nur die Konzentrationsmittelchen sind, wenn nötig, der eigenen Brut vorbehalten.
Manche von uns kommen ganz schön rum. Mit der Tante auf die Malediven, ins Ferienhaus bei Massa oder nach Freyus mit dem Golfclub auf Turniere, mit den Brettern nach Sylt oder den Lago, mit den Ruderern zu den Rennen, und im Winter mit allen anderen nach Chamonix. Nirgends sind die Strassen so eng, die Häuser so verschachtelt wie daheim, wo der Nebel ein Dauergast ist und sich auch in die Hallen und weitläufigen Wohnräume auszubreiten droht, wenn wir im Winter lüften, damit die Eltern nichts riechen, wenn sie vom Konzertverein kommen.
Manchmal gehen wir mit der sauberen Tochter einen Bankenchefs durch diese engen Strassen, nach irgendeinem Ball, fühlen die Wärme und nehmen uns trotzdem vor, es bleiben zu lassen, denn irgendwas passt nicht: Vielleicht die Ahnung, dass es Ernst werden könnte und uns dann hier hält, was so ziemlich das Letzte ist, was wir wollen. Für die Schönheit und das Mass bleibt kein Blick, und Jahre später, irgendwo in einem Laden, der weit entfernt und bald wieder geschlossen ist, Dorian Grey, wenn das noch einer kennt, treffen wir einen, der uns erzählt, dass sie es tatsächlich nicht raus geschafft hat. War klar, denken wir uns und reden über Schalkrägen von Gaultier und die andere, die drall war und eine Granate im Bett. Nicht dass wir es erlebt hätten, aber sie sah so aus und wir waren neidisch auf die, die es zu wissen vorgaben, und dann trinken wir zum Wohle der Frau, die es ganz sicher geschafft hat, in die geschichtslose Welt und die weltumspannende Klasse, auf die wir vorbereitet wurden.
Zumindest zeitweise. Machmal dauert es ein Jahr oder länger, bis die Neuigkeiten zu uns dringen, dazu müssen wir auch erst mal eine Weile hier sein, aber dann treffen wir doch die Tochter des Bankchefs, und die erzählt uns dann etwas von der, an die wir die ganze nacht im Dorian Grey denken mussten und an die verpassten Chancen, die jetzt für immer verpasst sind, und das uns dazu bringt, ganz gegen den eigenen, vollkommen fremdartigen internationalen Ritus, an diesem Tag zu der besagten Reihe und der Nummer zu gehen, die, ironisch genug, nur durch eine Mauer von dem Areal getrennt ist, das unsereins gehört. Sogar hier sind die Viertel noch irgendwie intakt, aufgereiht wie südlich davon die Häuser der Lebenden am Fluss die grossen Namen der kleinen Stadt, die nur auf denen lasten, die sehen, wissen und vielleicht gerade deshalb hier verbleiben. Grosse Kerzen für die Rebellen wie für die Angepassten sind selbstverständlich Ehrensache, nur nicht negativ auffallen, und nichts auf dem Marmor erklärt, warum es so kam.
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Vor etwas mehr als drei Jahren
Ich denke, es war diese Fahrt, dieser Moment vor der Meute daheim, im Kernland, die der ausschlaggebende Grund dafür sind, dass Edmund Stoiber auch diesmal in Bayern bleibt. Vielleicht ist es ganz gut so, für ihn. Schade, eigentlich; ich hätte dem Merkel den Stoiber als Minister gewünscht.
und die rechte bagage wird auch das nicht dazu bringen, endlich in ihr geleastes nuttenflitscherl zu steigen und in die schweiz abzuhauen, um dort zu blochern, statt dessen werden sie jetzt wieder schwampeln
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Medientage: Der Nachtrag
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Hat irgendwer eine hübsche Geschichte
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Welche Geister?
Wie soll es schon sein. Der berühmteste Tote des Hauses liegt sicher in einem Schrein in Altötting, da kann nichts passieren. Von den anderen Verbrechern war hier nur die zweite Reihe, die Illuminaten, die hier wohnten, waren gar nicht so wie allgemein behauptet. Faustus himself wohnte nicht hier, sondern 50 Meter die Strasse runter. Johannes Neydecker hatte allenfalls lokale Bedeutung, und gerade wegen Leuten wie ihm wird doch sicher kein Umtrieb sein, ich mein, das Haus stinkt doch bis heute nach der Gesellschaft, das mögen Geister nicht. Dass die Bodenplatten früher Grabsteine waren, ist nur der Sparsamkeit der Bauherren zu verdanken, die in die Fussböden als Bauopfer eingebrachten Katzen haben wir entfernt, und die Dolche im Dach, da würde ich mir nichts denken, damit hat man wohl längst zerfallene Fledermäuse angepint, Mordwaffen versteckt man besser und ausserdem wussten die früheren Bewohner, dass Bücher viel wirksamer sind als Stahl. Und ausserdem lukrativ, nicht umsonst konnten sie sich die lebensfrohe Rokokokirche daneben leisten.
Das ging nur, weil sie so berühmt waren - dank ihrer aufgeklärten Haltung. Das waren mit die ersten im Katholizismus, die mit den Legenden über Leichen aufgeräumt haben und nachschauten, was da nun drin ist. Gut, die Sache mit den Todesurteilen für Malefizpersonen auf dem Scheiterhaufen, die in Enthauptung umgewandelt wurden, wenn sie ihren Körper zu medizinischen Zwecken freigaben, das war kein Ruhmesblatt, aber: Immerhin war man sich nach über 100 Jahren Untersuchungen und vielen toten, aufgeschnittenen Frauen recht sicher, dass Hexentum den Körper innen nicht verändert. Hey, das war damals eine akademische News, die sich von diesem Haus in die Welt verbreitete!
Bleibt nur die Sache mit dem Keller. Der lief mal voll, wegen eines Wasserrohrbruchs. Aber als dann die Feuerwehr da war, war das Wasser schon wieder verschwunden. Durch den Fussboden. Einfach so. Man geht davon aus, dass darunter noch was kommt, und man sieht auch, dass die Treppe früher noch weiter nach unten führte, ein Bogen des Zugangs ist noch erkennbar, wenn man die alten Grabsteine - ja, wir haben Grabsteine im Keller, na und? Keine Ahnung wieso, die waren schon da, als wir das Haus vor 150 Jahren, also wo war ich, genau, also, dahinter ist eine vermauerte Tür, da geht es in einen weiteren, tieferen Keller. War auch irgendwo logisch, denn irgendwo mussten Orban und seine Kumpels ja ihre alchemistischen Experimente... Orban? Nur ein weiterer Fanatiker, jedenfalls, nachdem im Convikt nebenan nichts dergleichen ist, haben sie das alles wohl da unten gemacht. Na so Sachen halt. Orban war ein echter Freak, was sowas anging, skupellos und ehrgeizig, vornerum sehr gläubig, hintenrum dagegen... Aber immerhin, das ist nun mal der Beginn der Naturwissenschaften.
Also nix unheimlich, christliche Aufklärung Galore. Du kannst ja nachher mitkommen, dann zeige ich Dir mal den Wandschrank mit der weissen Frau, die aber immer nur kommt, wenn jemand stirbt, da brauchst Du keine Angst haben, ich hab sie jetzt schon seit 5 Jahren nicht mehr gesehen... nein? Ach komm, man gewöhnt sich an alles in so einem alten Haus. A propos weisse Frau: Habe ich eigentlich schon mal die Geschichte von der grossen Tuberkoloseepedemie erzählt, als es das ganze Hinterhaus hingerafft hat, aber aber, kein Problem, ich mein, als die Toten draussen waren, hat man gleich danach wieder eine Bäckerei reingebaut, da hat sich doch kein Mensch was bei gedacht, alles locker, also ...
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Montag, 31. Oktober 2005
Nahles, Antidumping und kotzende Puppen
laut ip war da grad wieder einer von denen hier
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5 verdammte Monate
Dann noch ein paar Antiquariate ausgeräumt, etwa Georg Flegels Blumenbuch zum träumen vom Sommer. Ein paar asiatische Holzschnitte in warmen Farben aufgehängt. Und damit können die Gäste kommen, die Berliner - wenn sie denn diesmal kommen. Dann mitunter bereuen, kein Sofa zu haben.
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Lebensmittelpunkt verranden
Am Morgen dann kurzzeitig überlegt, ob damit jetzt Berlin, München, Google oder die Blogosphäre gemeint war. In Berlin bin ich nicht mehr, München werde ich sofort verlassen, und die Blogosphäre bekommt ohnehin keine Informationen, sondern nur missverständliche Literatur ohne belegbaren Realitätsbezug.
Es muss wohl Google gewesen sein. Vielleicht war sie ja die Praktikanten des Google-Pressesprechers Keuchel.
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Sonntag, 30. Oktober 2005
Real Life 30.10.05 - Vorbesichtigung
Das Schicksal ist gnädig. Vom in Berlin erworbenen Mahagonitisch ist ein sehr viel kleineres Pendant da, stark beschädigt, weitaus weniger schön gearbeitet und das Limit dennoch schon fünf mal so hoch wie der Betrag, auf den du dich in der Bergmannstrasse eingelassen hast. Allerdings war vor sechs Wochen noch woanders ein englischer Schreibtisch, den du nicht genommen hast, und dessen kleiner Cousin hier will einen Preis, bei dem du leise zu japsen beginnst.
Weiter geht es in Richtung der Asiatika, wo in den Vitrinen, weit voneinander getrennt, Netsuke und Okimono lagern, umdrängt von den jüngeren Leuten. Viele sind es nicht, die Zeiten der Jungschönreichen sind definitiv vorbei, und am Ende wird doch ein Bieter den Zuschlag erhalten, der per Telefon aus Singapur, Tokio oder Schanghai das zurückkauft, was vor hundert Jahren als Schund für die Langnasen die Reise nach Westen antrat. Vor ein paar Monaten warst du mal dabei, als ein Anonymus per Telefon eine Gruppe deutscher Händler gnadenlos überboten hat, einmal, zweimal, dreimal, irgendwann hatten die Deutschen begriffen, dass da nichts zu machen ist. Der Seidenkimono, die Lackschränkchen, der Bergkristallbuddah, die Thaibronzen, die Fayencekacheln mit den obszönen darstellungen, selbst die späteren Kopien alter Holzschnitte werden den Weg zurück antreten in Länder, die von ihrer Kultur so gut wie nichts bewahrt haben und es sich nach einem Jahrhundert der kulturellen Vernichtung leisten können, Trümmer ihrer Geschichte im Ausland zurückzukaufen.
Du liest nur interessehalber die Preise, aber ganz gleich, was es ist, es ist jenseits von gut und böse. Eine nicht mehr ganz junge Frau in Burberry verliebt sich in einen kleinen, geschnitzten Töpfer aus Elfenbein, fragt nach dem Limit und gibt sich gegenüber ihrem Freund der Hoffnung hin, vielleicht, wenn alles klappt mit dem Weihnachtsgeld, eventuell im Nachverkauf... so hat jeder hier seine Ziele, Wünsche und Hoffnungen, alles hat seine Limits und Preise und Zuschläge und Steuern, nach unten führt hier kein Weg, ganz im Gegensatz zum Leben derjenigen, die hier noch arbeiten müssen. Doch die meisten sind alt genug, um sich den Errungenschaften der privaten Altersvorsorge hinzugeben. Da blättern sie in Katalogen, begaffen mit faltengerahmten Augen das matte Glas der geschwungenen Spiegel und überlegen, ob das gebrochen funkelnde Pärchen noch über die Kommoden passt, gleich neben das Kruzifix.
Und wenn es dann ausgemessen und das Los mit müden Bewegungen morscher Knochen ersteigert ist, so wird in den venezianischen Barockspiegeln mit ihrem Gold und Kristall noch lange Dekaden kein Liebhaber eine nackte Frau bewundern und sein Glück nicht begreifen, sie so sehen zu dürfen, aufrecht, rein, bar jeder Scham und dummen Moral, vielleicht wird der ein oder andere aus Unachtsamkeit fallen und nie mehr etwas anderes in die Welt zurückwerfen als welke Haut und missmutige Blicke; und die jahrhundertealte Reise wird enden auf dem Parkett einer Rentnerwohnung, in der die Gier nie etwas anderem galt als dem kläglich Wenigen, wenn alle Lust vergangen ist.
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Manche nennen es eine Case Study
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Samstag, 29. Oktober 2005
Munich Area Deal, Medientage aufm Weg zum Klo
Kurz: Bei Pro7/Sat1 verlassen manche Kleinnager das mutmasslich nach Berlin segelnde Schiff und wollen sich kostenlos kleine Ruderboote zimmern lassen, gern auch mit finanzieller Unterstützung ohne eigenes Risiko. Tags: Tags, Podcasts, Vlogs, Blogs, Location based, User generated Content on Demand.
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Real Life 28.10.05 - Es gäbe Alternativen.
Statt dessen hat die Ursache des Deals eine Vorliebe für Sushi, und auch schon einen Lieferanten für diesen japanischen Pattex auf Spülmittel- und Reisbasis. In der neuen Schrannenhalle, die angeblich ein neues Herz der Stadt sein soll und ein gnadenlos überfülltes Verbrechen aus Glas, Resopal, Dekomaterial und Spuren bayerischer Illusionsverarsche ist. So eine Art gehobenes Käferzelt von der Wiesn in der Downtown-Edition mit multicultural Food Enhancement.
Wohl dem, der oder die ein durchdringendes Organ hat.Kreischer durch die gefilterte Luft, alles so dezent und intim wie die Multi-User-Sexualpraktiken in einem japanischen Bordellviertel. Du stocherst missmutig in den Gemüsebrocken, die angeblich eine mediterrane Vorspeisenplatte sein sollen und doch nur wie das ein verklebtes Federvieh im Ölschlick einer Tankerkatastrophe schmecken. Überall um dich herum ist Junkfood für Besserverdiende und Geschmacklose, Shrimps aus der Dose, Austern fraglicher Herkunft, Thai-Crossover mit Viel und Teuer auf grossen Tellern und in kleinen Dosen, und alles eng zusammengerückt. Den anderen gefällt der Trubel, teilweise, der Boss ist doch etwas erkennbar angewidert, aber die Untergebenen finden es grossartig.
Am Nebentisch kippt eine Flasche Wein um, das Gekreische wird gross, und erst nach etwas Gedrängel schafft es das Rettungspersonal zum Ort der Katastrophe, wo längst alles rot und schmierig ist. Alles gafft hin, ein paar höhnische Lacher gibt es auch. Zum Glück hast du schon vorher betont, dass auch jetzt noch ein weiterer Termin ansteht, und nutzt die Chance, dich hinter dem Kellner und den Resten der japanisch-französisch-cajun-whatsoever-Tischbefüllung der Nebenleute aus dem Pandämonium herauszudrängeln, vorbei an den Andenkenständen der globalen Heimatlosigkeit, in die immer noch nicht kalte Münchner Abendluft.
Gegenüber, bei Fratelli, steht der Patron an der Tür und unterhält sich mit einer Frau, die dann mit dem Fahrrad wegfährt. Auch das gibt es noch in Cayenne City, BY.
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Samstag, 29. Oktober 2005
Die Munich Area leuchtete
hätte einen nicht heute einer doppelt angehupt, weil man auf dem Bürgersteig vor einer Garageneinfahrt stand und ihn, der da reinwollte, gerade nicht beachtete, weil man damit beschäftigt war, einem Bettler, wie es das Gesetz gerade an einem Freitag vorschreibt, etwas zu geben. Das kann die alte Sau im Mercedes nicht übersehen haben. Vielleicht war das heute sein letztes Abendrot, dann könnte ich damit leben, irgendwie.
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Tu, der Du eintrittst
Es ist wieder ein ruhiges, grosses Cafe, für die Tageszeit vielleicht ein wenig leer, es sind immer noch die gleichen Tische, das alte Leder auf den Bänken, und der so typische Hall der Stimmen im Raum, der Offenheit vorgaukelt und dennoch eine schützende Mauer um intime Gespräche aufbaut, wenn man sich nur weit genug nach vorne lehnt.
Auch diesmal geht es um das Netz, um die Nutzer und das, was sie ausmacht, um diese Parallelwelt ohne Regeln und Geschichte, und die Frage, ob sich das irgendwie fassen lässt. Nicht zum Ausbeuten, sondern für das Wissen, das erheblich besser sein könnte, wie auch die, die es bislang zu erhalten hofften. Ein neuer Anfang, ein anderer Ansatz, eine kleine Hütte an der Stadtmauer der Siedlung, die auf dem Trümmermeer all der Hoffnungen entstanden sind, die hier, genau zwei Tische weiter, ihren Ursprung haben.
Ich könnte vielleicht nachher ein paar von denen mal wieder anrufen, vielleicht haben sie noch ihre alten Nummern, aber auf dem Weg zum Auto kommt dann eine entgegen, die ich entfernt von früher kannte, den Medientage-Ausweis um den Hals, hoch aufgerichtet und die Auslagen des Antiquariats keines Blickes würdigend. Ich gehe rein, kaufe ein Buch über den Spätmanierismus in Rom, und schiebe die Frage beiseite, was wohl aus einer von denen damals wurde, für die es gerade verdammt knapp wird. Denn Garantien wie früher gibt es nirgends mehr, bei ihr, die genau auf dem Scheitelpunkt des Hypes, im Winter 1999 einstieg und jetzt erst fertig ist, schon überhaupt nicht, und wahrscheinlich sind die unendlich langen Vormittage voller zerbröselter Croissants in diesem Cafe für jeden von uns schal, vergeblich, ein Schatten in den Carcieri unseres vergangenen, unwiederbringlichen Lebens in den sieben falschen Kreisen.
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See you later Alligator
Sie: (Bild haltend)
Ich: So, passt.
Sie: (Bild reichend) Sag mal...
Ich: Ja?
Sie: Hast Du schon mal ein rosa Krokodil gesehen?
Ich: (erinnernd) Ja, schon gesehen.
Sie: Ah ja.
Sie: Magst Du vielleicht mal mein neues gelbes Krokodil sehen?
Hammer: (zu Parkettboden fallend) Plonk.
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