An der Wand.
Das Gärtnerplatzviertel ist so eine Art Nobelversion des Prenzlauer Berges; die alten Kneipen, bayerisch auch liebevoll "Borzn" genannt, sind so teuer oder inzwischen von Schwulen als In-Treffs erobert, so dass sich der normale Isarvorstädter seinen öffentlichen Alkoholismus nicht mehr leisten kann, sich in seiner Wohnung die letzte Dröhnung gibt, das Bett mit der Fluppe anzündet und somit den Weg frei macht für den Spekulanten und die besseren Bürger, die für ihre Kinder hier gerne Quadratmeterpreise jenseits der 4.000 Euro zahlen.
Ebenerdig machen sich die Designer und Multimediamenschen breit, die den dritten Neustart unternehmen und inzwischen begriffen haben, dass die Atmosphäre in den sterilen Bürobauten im nördlichen Schwabing dem Geschäft mit KMUs abträglich ist. KMUs wollen in Bayern ein Mindestmass an Gemütlichkeit, und das bekommen sie hier. Und manchmal quetscht sich auch eine Galerie zwischenrein, wie Galerien heute eben so reingequetscht sind.
Klein, viel freie Wand mit wenig Bildern, hinten eine Tür zu einem kleinen Büroraum und der Toilette. Früher war das vielleicht ein kleiner Friseur, ein Schuster, ein kleiner Imbiss; jetzt ist es eben eine kleine Galerie mit einem kleinen Tisch, ganz an der Wand in der Ecke, als wage es die Besitzerin noch nicht, den Raum zu ergreifen. Sie ist jung, spezialisiert auf zeitgenössische französische Kunst; sie ist lang, dünn, schwarz gekleidet und sieht so aus, wie man sich so französische Kunststudentinnen vorstellt. Ihr kleines Reich umfasst ein paar Bilder, die sie aber kaum beachtet. Sie sitzt an ihrem Notebook und arbeitet, schaut auch nicht auf, wenn man draussen stehen bleibt und reinschaut.
Um die Ecke ist ein Haus, deren Bewohner ich inzwischen einigermassen kenne. Reich, formal gebildet, laut, auch nach Jahrzehnten Opernabonnement immer noch derb wie Onkel Johann, der Brauereibesitzer in Traunstein war. Das Haus ist neben den Studentenburgen sehr typisch für diese Gegend. Es ist vielleicht nicht die richtige Location für diese Galerie, denn man mag es hier mit Sekt, Empfang, grossen Räumen und viel zum anschaun, weil man eigentlich nicht viel zu erzählen hat. Und Galeristen, die fett, aufgedunsen, undezent und marktschreierisch sind. Selbstdarsteller, die übrigens früher gerne auch mal bei Startup-Vereinigungen dabei waren, um Kunden zu fangen. Die Mentalität war die gleiche.
Vielleicht sollte die junge Französin den Tisch etwas mehr in die Mitte des Raumes stellen. Das wäre ein Anfang. Denn was schwach und am Rand ist, wird in dieser Stadt gerne plattgedrückt. Und wenn ich das nächste Mal in dieser Gegend bin, würde ich gern mal reinschauen, wenn sie da ist. Wenn sie noch da ist.
Ebenerdig machen sich die Designer und Multimediamenschen breit, die den dritten Neustart unternehmen und inzwischen begriffen haben, dass die Atmosphäre in den sterilen Bürobauten im nördlichen Schwabing dem Geschäft mit KMUs abträglich ist. KMUs wollen in Bayern ein Mindestmass an Gemütlichkeit, und das bekommen sie hier. Und manchmal quetscht sich auch eine Galerie zwischenrein, wie Galerien heute eben so reingequetscht sind.
Klein, viel freie Wand mit wenig Bildern, hinten eine Tür zu einem kleinen Büroraum und der Toilette. Früher war das vielleicht ein kleiner Friseur, ein Schuster, ein kleiner Imbiss; jetzt ist es eben eine kleine Galerie mit einem kleinen Tisch, ganz an der Wand in der Ecke, als wage es die Besitzerin noch nicht, den Raum zu ergreifen. Sie ist jung, spezialisiert auf zeitgenössische französische Kunst; sie ist lang, dünn, schwarz gekleidet und sieht so aus, wie man sich so französische Kunststudentinnen vorstellt. Ihr kleines Reich umfasst ein paar Bilder, die sie aber kaum beachtet. Sie sitzt an ihrem Notebook und arbeitet, schaut auch nicht auf, wenn man draussen stehen bleibt und reinschaut.
Um die Ecke ist ein Haus, deren Bewohner ich inzwischen einigermassen kenne. Reich, formal gebildet, laut, auch nach Jahrzehnten Opernabonnement immer noch derb wie Onkel Johann, der Brauereibesitzer in Traunstein war. Das Haus ist neben den Studentenburgen sehr typisch für diese Gegend. Es ist vielleicht nicht die richtige Location für diese Galerie, denn man mag es hier mit Sekt, Empfang, grossen Räumen und viel zum anschaun, weil man eigentlich nicht viel zu erzählen hat. Und Galeristen, die fett, aufgedunsen, undezent und marktschreierisch sind. Selbstdarsteller, die übrigens früher gerne auch mal bei Startup-Vereinigungen dabei waren, um Kunden zu fangen. Die Mentalität war die gleiche.
Vielleicht sollte die junge Französin den Tisch etwas mehr in die Mitte des Raumes stellen. Das wäre ein Anfang. Denn was schwach und am Rand ist, wird in dieser Stadt gerne plattgedrückt. Und wenn ich das nächste Mal in dieser Gegend bin, würde ich gern mal reinschauen, wenn sie da ist. Wenn sie noch da ist.
donalphons, 13:08h
Freitag, 4. Februar 2005, 13:08, von donalphons |
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donalphons,
Freitag, 4. Februar 2005, 13:20
Die Bilder sind übrigens von Albertine Trichon.
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che2001,
Freitag, 4. Februar 2005, 13:53
Die relevanten Unterschiede
Hach ja, und in Berlin, insonderheit Kreuzberg/Prenzelberg/Mitte gehen verkrachte und auftragslose Anwälte (die mit traurigem Gesicht "kann nicht klagen" sagen) auf Vernissagen, weil es da kostenlos zu saufen gibt. Dort macht es nichts, wenn das Ambiente rund um die Galerie eher schmuddelig ist, und man lässt offen heraushängen, dass auf-Vernissagen-gehen dem persönlichen Reproduktionsbedürfnis frommt, sei es alkohol-oder kommunikationstechnischer bzw. anbaggerungsmäßiger Art. Und in Hamburg werden, man höre und staune, noch echte Bilder zu angemessenen Preisen verkauft, während junge Künstler auf dem Göttinger Kunstmarkt oder im Umfeld der Kasseler Dokumenta noch immer gegen die Kommerzialisierung der Kunst protestieren, denn dort ist die Zeit stehengeblieben, Punk gesellschaftsfähig und Kommerz ein Ausdruck, der irgendwo auf halbem Wege zwischen Zuhälterei und Faschismus angesiedelt ist. Und am Bodensee steht eine Statue von Scharping mit erigiertem Penis, und niemand stört sich dran....
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donalphons,
Freitag, 4. Februar 2005, 16:28
Vielleicht liegt es nur daran, dass Scharpings eregierter Penis nicht weiter auffällt. Hier in Bayern muss sich ein Bürgermeister beim Bischof noch wegen des Bild eines gekreuzigten Frosches entschuldigen.
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hockeystick,
Freitag, 4. Februar 2005, 16:57
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donalphons,
Freitag, 4. Februar 2005, 17:13
Lieber 10 exzeptionelle Stücke gut präsentieren und verkaufen als 50 Stücke reinquetschen und poplig aussehen. Das Zielpublikum schaut sich lieber ein Bild eine Stunde lang an, als 10 Bilder in 10 Minuten. Insofern ist das schon schlüssig - BVLGARI klatscht ja auch nicht die Schaufenster voll.
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hockeystick,
Freitag, 4. Februar 2005, 17:21
Was muss ich denn für einen dekorativen künstlerisch hochwertigen Trichon hinlegen?
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hockeystick,
Freitag, 4. Februar 2005, 14:44
die junge Französin...
...kommt übrigens aus Hamburg.
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che2001,
Freitag, 4. Februar 2005, 18:56
Scharping mit erigiertem Penis haben sich ein paar Bankdirektoren in den Park gestellt, samt ausgemustertem Uboot in kompletter Größe, aber halb geflutet (d.h. im Rasen versenkt). Wenn kein Marihuana im Spiel war, so hat wohl badischer Wein, von der Sonne verwöhnt, zur Entscheidungsfindung beigetragen. Dass man in Bayern sowas nicht macht, ist klar, aber die Unterschiede zwischen Baden, Würtemberg und Schwaben sind mentalitätsmäßig noch gewaltiger. Da wohnt der welsche Satyr neben dem Südwestpreußen und dem Narrow-minded Kleinsparer.
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