: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 4. Februar 2005

Ablachen am Freitag

Das Manager-Magazin hatte diesmal Roland "Rollkommando" Berger auf dem Cover. So persönlich ist Berger gar ned zwider, wie man in Bayern sagt. Und als Berater, mei, wer´s braucht, würde mein Old-Eco-Dad sagen, der das aber nie brauchte. Und der sich auch kaum mit der Programmatik von Berger auseinandersetzte. Das ist schade - mein Dad hätte viel zu lachen gehabt, wenn er das gelesen hätte. Ein historisches Dokument aus dem Jahr 2ooo. Wenigstens war Berger konsequent und forderte schon (seines Erachtens als Visionär) im Boom den Rückbau (Zerstörung) des Staates und die Entlastung (Geschenke) für die Reichen. Die Lage ändert sich, aber nicht die Wünsche...

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An der Wand.

Das Gärtnerplatzviertel ist so eine Art Nobelversion des Prenzlauer Berges; die alten Kneipen, bayerisch auch liebevoll "Borzn" genannt, sind so teuer oder inzwischen von Schwulen als In-Treffs erobert, so dass sich der normale Isarvorstädter seinen öffentlichen Alkoholismus nicht mehr leisten kann, sich in seiner Wohnung die letzte Dröhnung gibt, das Bett mit der Fluppe anzündet und somit den Weg frei macht für den Spekulanten und die besseren Bürger, die für ihre Kinder hier gerne Quadratmeterpreise jenseits der 4.000 Euro zahlen.

Ebenerdig machen sich die Designer und Multimediamenschen breit, die den dritten Neustart unternehmen und inzwischen begriffen haben, dass die Atmosphäre in den sterilen Bürobauten im nördlichen Schwabing dem Geschäft mit KMUs abträglich ist. KMUs wollen in Bayern ein Mindestmass an Gemütlichkeit, und das bekommen sie hier. Und manchmal quetscht sich auch eine Galerie zwischenrein, wie Galerien heute eben so reingequetscht sind.



Klein, viel freie Wand mit wenig Bildern, hinten eine Tür zu einem kleinen Büroraum und der Toilette. Früher war das vielleicht ein kleiner Friseur, ein Schuster, ein kleiner Imbiss; jetzt ist es eben eine kleine Galerie mit einem kleinen Tisch, ganz an der Wand in der Ecke, als wage es die Besitzerin noch nicht, den Raum zu ergreifen. Sie ist jung, spezialisiert auf zeitgenössische französische Kunst; sie ist lang, dünn, schwarz gekleidet und sieht so aus, wie man sich so französische Kunststudentinnen vorstellt. Ihr kleines Reich umfasst ein paar Bilder, die sie aber kaum beachtet. Sie sitzt an ihrem Notebook und arbeitet, schaut auch nicht auf, wenn man draussen stehen bleibt und reinschaut.

Um die Ecke ist ein Haus, deren Bewohner ich inzwischen einigermassen kenne. Reich, formal gebildet, laut, auch nach Jahrzehnten Opernabonnement immer noch derb wie Onkel Johann, der Brauereibesitzer in Traunstein war. Das Haus ist neben den Studentenburgen sehr typisch für diese Gegend. Es ist vielleicht nicht die richtige Location für diese Galerie, denn man mag es hier mit Sekt, Empfang, grossen Räumen und viel zum anschaun, weil man eigentlich nicht viel zu erzählen hat. Und Galeristen, die fett, aufgedunsen, undezent und marktschreierisch sind. Selbstdarsteller, die übrigens früher gerne auch mal bei Startup-Vereinigungen dabei waren, um Kunden zu fangen. Die Mentalität war die gleiche.

Vielleicht sollte die junge Französin den Tisch etwas mehr in die Mitte des Raumes stellen. Das wäre ein Anfang. Denn was schwach und am Rand ist, wird in dieser Stadt gerne plattgedrückt. Und wenn ich das nächste Mal in dieser Gegend bin, würde ich gern mal reinschauen, wenn sie da ist. Wenn sie noch da ist.

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