Real Life 09.02.05 - Oh happy Day

Es ist 11.50 Uhr, und die Sonne fällt genau senkrecht durch das Südfenster in den Raum, auf den Teppich. Die Seide wird angenehm handwarm, und in der Kanne ist frischer Tee. Die Kanne wurde Anfangs des Jahrhunderts einer gewissen Miss J. Wren geschenkt, vom Staff des Royal Societies Club, und vielleicht ist diese Kanne das einzige, was von dieser Miss J. Wren geblieben ist. Ich weiss es nicht, es ist auch nicht wichtig. Auch die Besitzer des Buches von Alberto Insua mit dem prächtigen Titel "Weib, Stier und Torero" wird schon längst dahingeschieden sein, nachdem es 1930 auf den Markt kam, in dieser wunderbaren Halblederreihe von Knaur mit dem Titel "Romane der Welt", herausgegeben von Thomas Mann. Einen etwas seltsamen Geschmack hatte Mann, das muss man schon sagen ... aber warum nicht, gestern habe ich Basilio von José Maria Eça de Queirós gelesen, und die literarische Region gefällt mir, im Winter, in der verschneiten Provinz, auf einem Teppich, den die Kunstgeschichte als "Bellini-Teppich" bezeichnet, ohne dass es etwas mit dem Cocktail zu tun hätte. Da bin ich also, in der Sonne, wie eine fette, müde Katze - Gähn.



Und ich frage mich, wo ich wohl wäre, wenn ich nicht diesen absurden Lebensweg eingeschlagen hätte, den ich mir noch nicht mal rausgesucht habe. Ich wurde eigentlich immer nur getrieben; von den Leidenschaften, wenn möglich, von leichtesten Entscheidungen, wenn nötig. Als eigentlich klar war, dass ich entweder Arzt oder Nachfolger meines Old-Eco-Dads werden würde, hatte ich schlichtweg zu schlechte Noten im Abitur, und in Folge dessen auch noch ein paar Orchideenfächer studiert, um dann zum Ende eines müssigen Studentendaseins in die höchsten Höhen der New Economy hochgeschleudert zu werden, die mir aber auch nicht gefallen haben, so dass ich mich freiwillig davon machte, während hinter mir alles zusammenbrach.

Weshalb ich jetzt hier bin, und diesen Tag geniesse. Irgendwo da unten hetzt gerade eine junge Frau in die Mensa; ich bin kein Unmensch, ich habe sie angerufen und gefragt, ob sie nicht kommen will, ich habe heute morgen auf dem Wochenmarkt frische Eier, Steinpilze und Feldsalat geholt, aber sie meinte nicht ganz unzutreffend, dass dann wohl der Nachmittag gelaufen wäre; heute nacht also, vielleicht, aber nun muss sie etwas tun für ihre Zukunft. Ich habe es nicht übers Herz gebracht, ihr die Wahrheit zu sagen, sie ist so positiv und rundum nett, und es ist nicht ausgeschlossen, dass sie vielleicht selbst irgendwann begreift, dass das Leben aus vielen Optionen, aber nur aus wenigen Möglichkeiten besteht.

Meine Option hier oben verdanke ich dem Treiben auf den Wogen des Lebens, und der Tatsache, dass ich nicht hier geblieben bin, nicht den Weg meiner Freunde marschierte, und eigentlich nichts kann und bin. Ein lieber Mensch aus München hat mich zwischendrin angerufen, wir reden kurz über die Vergangenheit, aber im Moment ist das alles sehr weit weg. Ich muss nichts tun, ausser dem Lauf der Sonne auf dem Teppich folgen, lesen, wie der Torero dem Weib verfällt, und meiner Leserschaft kurz Bescheid geben, dass hier nichts ist. Nichts. Ich bin geistig fischen. Nachher werde ich vielleicht durch die Niederungen des Tales spazieren, und noch etwas schreiben, über eine Frau und Luxusstoffe in München, aber sonst... so wäre ich vielleicht immer, wenn ich nicht doch irgendwann meinen selbst auferlegten Officiis folgen würde, sehr langweilig, das Blog hier würde schnell seine Leserschaft verlieren, denn es passiert nicht viel, und das was passiert, verdeckt der gnädige Schleier der Diskretion und die Unfähigkeit des Verfassers, geschlechtliches adäquat zu beschreiben.

To the happy few.

Mittwoch, 9. Februar 2005, 14:25, von donalphons | |comment

 
Fien de Siecle
wie der Spanier sagt.

Hmm. Junge Frau. Seidenteppich.Silberkännchen. Tee. Sonnenschein.Ein Buch zu Toreros, Weib, Stier (in DER Reihenfolge).

Und dazwischen erschlagen mich Eier, Feldsalat und Steinpilze. Die bringen mich um. Ich such verzweifelt nach Ganghofer und kram schon mal den Wildschütz raus. Oder gar Kufsteinlieder?
Du bist recht hinterlistig. Mit Verlaub.
Zu Schuhen will mir nix einfallen.
Abschliessend (um mich wieder loszumachen) ein netter Gruss aus dem Jahr 1823 (miefiges Göttingen) und Heine sagte da:

Lebet wohl ihr glatten Säle,
Glatte Herren! Glatte Frauen!
Auf die Berge will ich steigen,
Lachend auf euch niederschauen.

Ergebendst Ihr
Motu Akoth

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Es klingt fast ein bisschen, als ob bei ihnen eine Entscheidung ansteht:

Entweder erlösen Sie die, welche so positiv und rundum nett ist, vom Schicksal. Sprich, Sie heiraten sie und bereiten ihr damit eine sorgenfreie Zukunft. Oder Sie lassen sie der von Ihnen vorausgesehenen ewigen Verdammnis anheimfallen.

Schwere Entscheidung, wa? :-)

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Ganz einfach: Morgen fahre ich nach München, übermorgen nach Berlin, und sie zu ihrem Freund irgendwo anders. Das Dasein ist sehr prosaisch.

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Was ist denn hier passiert. Geht es ständig um Frauen und Situationen mit Frauen etc. Recht interessant, wie sich das hier verändert hat. Schön zu lesen, gute Fotos. Istdas mit der Teekann und dem Teppich bei Ihnen? Ein Geschmack, der auch mir gefällt.

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Ich fahre gleich nach Berlin; dort besitze ich ebenfalls schöne Teppiche und Kannen, aber die Umgebung wird das Blog wieder in den typischen Zynismus tunken. Versprochen. Allein die 5 Stunden Fahrt...

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Ja, das glaube ich , aber so ganzandere Töne..das ist auch mal schön bei Ihnen.

Hey von diesem dichten Seidenteppich könnte ich ein paar Jahre meine Miete zahlen! ;-)

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Da müssten Sie aber eine verdammt kleine Wohnung haben... Der Markt für Seidenteppiche ist ähnlich zusammengebrochen wie der Neue Markt, so ein Teppich ist teilweise billiger als Auslegware, wenn man die richtige Nase hat.

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hm nö, eigentlich reichen 135qm ..aber auf dem Land und Altbau das ist natürlich preiswert. Aber ich dachte diese Teppiche in der Größe sind so in der Größe eines Kleinwagens?

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