Es gibt hier eine bestimmte Lesergruppe

und an die möchte ich mich hiermit wenden. Bitte dreht Euch einmal um die Vertikalachse, solange ihr nicht liegt. Wenn ihr bei der Drehung mehr als 1000 Bücher gesehen habt, ist diese Proklamation für Euch geeignet.

Liebe Büchersammler, Bibliophile, Leseratten, Seitenstöberer und Antiquariatsschnüffler, liebe Staubgeplagte und Platzbesorgte, ihr Nichtweggebenkönner und unbedingt Habenmüsser, liebe Mitkranke, die Ihr wie ich Eure Krankheit in Tausenden von Folianten messt, und die Ihr alle verachtet, in deren Wohnung nicht die Bücher von Wand zu Wand reichen: Es gibt ein neues, gutes Buch für Euch, das Ihr haben müsst, denn schliesslich geht es darin um uns und unsere Leidenschaften. Es ist ein kleines Buch; eigentlich nur eine Novelle des argentinischen Schriftstellers Carlos María Domínguez, und es trägt den schönen Namen "Das Papierhaus".



Nun, es dreht sich vordergündig um eine Suche nach dem Geheimnis einer verstorbenen Geliebten, aber das ist nur der rote Faden, an dem all unsere Ängste, Alpträume, Sorgen und Nöte aufgespannt sind. Ihr kennt das, wenn Euer Antiquariat eine Bibliothek auflöst; Ihr rafft, Ihr reisst, Ihr giert nach den besten Stücken, aber gleichzeitig schaudert es Euch in diesem grossen Glück; denn einst droht auch Euren Bibliotheken das gleiche Schicksal, oder schlimmer noch, Eure Erben werden sie nicht achten und auf den Müll werfen. Oder die Frage, wie man Bücher ordnen soll, oder wie es einem die Nachtruhe raubt, wenn man ein Buch nicht mehr findet. Ihr kennt die Stapel neben dem Bett, weil die Regale schon zweifach gestapelt und gefüllt sind; die Massanfertigungen biegen sich gefährlich durch, und der Tag, an dem ihr ausziehen müsst, erfüllt Euch mit Grauen ob der Kisten, die da zu schleppen sind. Ich kann Euch sagen: Es wird schlimm, ich habe meine Bibliothek in zwei Teile gebrochen, in München und in der Provinz, und ich war lahm und krumm, als ich die 2500 Bände der Basisausstattung, darunter auch die komplette Sammlung der Photobände und alle ledergebundenen Bücher 5 Stockwerke nach oben geschleppt hatte.

Diese Sorgen und Nöte greift das Buch auf, aber vor allem die Frage, wie man die erworbenen Schätze endgültig sichert. Das Papierhaus liefert darauf eine unfassbar konsequente, radikale, grausame Antwort, und wem dabei nicht die Seele zittert, der hat keine. Unser aller Leid wird uns plastisch vorgeführt; Fragen, die wir uns und anderen nicht zu stellen wagen aus Angst, man würde uns für verrückt oder wahnsinnig halten, werden hier diskutiert und zu unserem Plaisier mit einer leichten Staubschicht aus Vernunft und Mässigung überzogen. Dennoch, das Grauen ist stets präsent.

Also geht hin und kauft es, aber nicht bei Amazon, denn dieses Buch verlangt danach, im Buchhandel bei der hübschen Azubine bestellt und erworben zu werden. Habt Ihr schon mal davon geträumt, eine Buchhändlerin auf einem Bücherstapel zu nehmen? Ach... Falls ja, kauft und lest es. Es wird Euch gefallen, allein schon wegen der köstlichen Gestaltung.

Dienstag, 15. Februar 2005, 13:36, von donalphons | |comment

 
Nette Koinzidenz, gerade hab ich überlegt, was ich beim nächsten Umzug mit meiner bislang gespaltenen Sammlung am geschicktesten anstellen soll. Die Azubine haben sie zwar wegen der Amazon-Konkurrenz abgeschafft, aber darauf kommt's nicht an (Dank gibt's noch keinen, im Voraus wäre das ja nicht ehrlich).

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Falls überzählig, libertinär und ledergebunden: ich kenne da einen Lederfetischisten, der sich sehr freuen würde....

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Überzählig, also wirklich. Wenn ich mich von meinen Büchern trennen könnte bliebe mir viel Kopfzerbrechen erspart. Ich habe ja schon Jahre gebraucht, um billigste Restposten-Taschenbücher aus der Grabbelkiste fortgeben zu können und habe selbst jetzt noch dabei ein mulmiges Gefühl; bei den "richtigen" Büchern ist mir das geradezu unmöglich. Der Vorschlag ist verständlich, aber undurchführbar.

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Man kann´s ja mal probieren... Ich mein, wer weiss, vielleicht - oder so.

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jaja
das hört sich nach einem must-have Titel an, genauso wie zig andere, über die man täglich stolpert. Habe zwischen den Tagen erst ein weiteres Ivar gekauft, um zumindest die Bücher in der Wohnung wieder einreihig präsentieren zu können. Das hielt so ca. vier Wochen. Hast du es gelesen, oder war das ein Klappentextreview?

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Hast Du schon mal was aufs Maul gekriegt, oder war die Frage der sehnliche Wunsch danach?

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Sünde
Bei dieser angenehm bedingungslos bibliophilen Gesellschaft interessiert mich Eure Meinung zu buchticket.de. Ich persönlich, die ich mich zur benannten Gesellschaft zähle, habe damit eine interessante Erfahrung gemacht:

Sich von dem einen lösen, um das andere zu haben. Ich kam mir vor wie ein Vamp, der nie genug bekommen kann und alles und jeden verschlingt und nach Benutzung doch gleich wieder eintauscht.

Auch eine Sucht.

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