Globalisierung am Beispiel

Ich denke, die wenigsten werden Cerea kennen. Cerea liegt 25 Kilometer südlich von Verona. Wenn man in Bayern gut gemachte Fälschungen alter Möbel angeboten bekommt, dürften die meisten in dieser Region entstanden sein, denn Cerea war das Zentrum der italienischen Möbelindustrie. Ich habe eine Kommode aus Cerea für eine Freundin beschafft, ein Stilmöbel, aber beste Qualität. In der gesamten Region soll es über 1000 mittelständische Firmen geben, die sich ganz dem Möbelbau für den italienischen Geschmack verschrieben haben, und das durchaus mit Intarsien und Anleihen bei den grossen Epochen der Geschichte. Das Geschäft blühte hier in den Jahren nach dem Krieg bis zu jenen Tagen, da die Möbelherstellung Bestandteil der Globalisierung wurde. Möbel, auch sogenannte Designermöbel, werden in Osteuropa und in China gefertigt, und weniger in Cerea. Und die Italiener fahren auch nicht mehr nach Cerea, wo sich ein Showroom an den anderen drängelt, und ein grosser Teil inzwischen dicht und vernagelt ist. Die Produktion ist zu teuer, die alten Stücke werden nicht mehr nachgefragt, also stirbt die ganze Region. Etwas anderes als Möbel und Landwirtschaft gibt es hier nicht.

Und so sieht das eben aus, wenn man von La Crisi spricht. Nicht so wie in Deutschland, wo man zu den wenigen Gewinnern gehört. Eine ganze Region steht am Abgrund. Das ist hier so mit Möbeln, aber auch mit Textilien, Schuhen, Rädern, Schirmen, Küchengeräte... überall, wo die Personalkosten relativ hoch sind. Manche schaffen es, sich als teure Marken zu behaupten. Aber die Mitte geht unter, zusammen mit den Menschen der Mitte. Cereas Probleme sind die Probleme Europas. Ein paar Mittelständler wird man vielleicht noch brauchen. Aber die meisten werden nicht durchkommen. Jeder hat schon Möbel. Was fehlt, ist das Geld. Manche waren grössenwahnsinng. Die meisten wurden einfach überrollt. Die Paläste stehen so leer wie die kleinen Handeslhäuser.

Und wer mir sagen kann, wo man hier etwas mit "Sparen" erreichen kann, dem werde ich aufmerksam zuhören. Das sollte dann schon ein Genie sein. Es ist eine alles umfassende Strukturkrise, und es ist nicht der Mezzogiorno, es ist Kerneuropa. Unsere nächsten Nachbarn gehen zugrunde. Ikea lässt hier jedenfalls nicht produzieren. Das ist halt die Globalisierung. Sicher, die Italiener sind auch nicht unschuldig daran. Das ist halt die Entwicklung.








































Mittwoch, 25. April 2012, 01:02, von donalphons | |comment

 
Fürchterlich!

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Ich habe noch 120 weitere Bilder.

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Der nächste Schritt ist ja, daß die italienischen Innenstädte auch durch Franchise Ketten uniformiert werden und ihre Eigenarten verlieren.
Siehe Douglas gegenüber dem Venezia.
Und dann wird es egal sein, ob man in Mantua oder Rüsselsheim durch die Fußgängerzone schlendert.

Sehen dieses Video hier, da hat es auch schon angefangen:
http://www.chronobikes.com/en/lucca

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Lucca, Mantua, Verona, Ferrara haben wenigstens noch eine Kernsubstanz. Und da wird sich auch noch vieles halten. Schlimmer sind Orte dran, die solche Kerne nicht haben. Auch da ist Cerea ein Beispiel: Im Boom der 60er Jahre gewachsen, ist da einfach nichts, was nicht auch Rüsselsheim sein könnte. Und es gibt solche Orte oft, gerade in der Poebene, Suzzara und wie sie alle heissen.

Allerdings, soweit ich die Sache verstehe, verstehen die Italiener schon, wie wichtig ihre Eigenart ist. Je mehr Tourismus, desto weniger Ketten, habe ich den Eindruck.

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So ein Video muss ich in Mantua auch mal erradeln.

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... bei obigen Bildern würde ein vorbeirollendes Tumbleweed gut dazu passen.
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http://de.wikipedia.org/wiki/Ruthenisches_Salzkraut#Symbolik
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Schönes Video, don ferrando.
Und: schönes Lucca.

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Oleander muss noch etwas austrocknen, dann rollt er auch.

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Bild 3 möchte man doch vom Fleck weg adoptieren! Das steht dort so seit den Dreharbeiten zu "L'eclisse" ...

Ein Fotoessay, das vor etlichen Jahren in einigen Gegenden Ostdeutschlands so ähnlich hätte entstehen können. Bevor man dazu überging, dergleichen konsequent zu shreddern und zu entsiegeln.

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Die Frage, die man sich durchaus auch nördlich des Alpenhauptkamms stellen sollte, denn auch das deutsche Gewinnertum könnte sich in baldiger Zukunft als höchst vergänglich erweisen, ist: Und was kommt dann? Wo kann es aus dieser Trostlosigkeit und Leere noch hingehen? Wenn im Zuge der Globalisierung und der mit ihr einhergehenden Verlagerung von Produktion und Wohlstand plötzlich nicht nur marginalisierbare und vom Betreuungsgeld ausschließbare Schichten betroffen, sondern wir alle plötzlich die Überflüssigen sind?

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Wann immer in der Geschichte mehr Leute mit dem herrschenden System mehr verlieren konnten als gewinnen und sie das auch so wahrgenommen haben (sic!), dann, ja dann war die Zeit der Laternenpfähle gekommen.

Also in Deutschland praktisch nie, die zahlen auch 1000 Jahre für ein Krieg und eine verpatzte Währungsunion, solange es Bier und Plasmaglotze mit Bundeliga drin gibt.

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von deutschem Boden darf nie wieder ein verpatzter Krieg ausgehen

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(aber mitmarschieren ist ok)

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....ikea hat mit hilfe seiner rechtsabteilung in den letzten 20 jahren in ganz europa industriebetriebe plattgemacht: riesige order-->unternehmen investiert und spaeter mit d begruendung von qualitaetsmaengeln den preis ins bodenlose druecken...

von den noch lebenden betrieben moechte kaum noch einer mit ikea....

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Naja, inzwischen sind die eh weit, weit weg. Ich warte nur darauf, dass es sie eines Tager erschleckert.

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hoffentlich. lieber gestern, als heute....ich hab in den letzten 12 jahren in ganz europa zuviele zitternde firmenbesitzer und traurig dreinschauende arbeiter gesehen, um noch ein fuenkchen mitleid mit diesem ikea-pack zu haben....

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Ökonomischer Putsch
Angesichts der immer wieder dahergebeteten Alterntivlosigkeit der Lobalisierung und der Senkung der Reallöhne und der Stützung der Banken hier ein gar nicht so altes Dossier des DLF:
http://www.dradio.de/dlf/sendungen/dossier/1701931/
(Link zum Download auf der Seite...)
Passt zur Photoreportage.

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Nur - es bleibt wenig, was etwas wert wäre.

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boooooster, im Beitrag 33mal Argentinien,
aber keinmal Nordkorea: Autor Roman Herzog erkundet das antikapitalistische Modell nur bruchstückhaft.

http://www.dradio.de/download/163906/

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Hm. Seit wann ist Nordkorea anti-Kapitalistisch? Außer in der Rhetorik. Das ist eine Feudalgesellschaft imho.
In dem Beitrag geht es doch auch gar nicht um Anti-Kapitalismus, sondern um Antidemokratische Vergemeinschaftung von (realisierten) Risiken. Und darum, dass wir drastische Reallohnverluste haben. Und dass diese Reallohnverluste zur Dämpfung der Binnenkonjunktur(en) führen.
Mit anderen Worten es geht um die Frage Hayek oder Keynes. Die wichtige Diskussion über die Abgrenzbarkeit und Anwendbarkeit der Modelle ist nicht geführt in diesem Beitrag.

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nicht ganz OT
übrigens ist heute venticinque aprile: Festa della Liberazione !

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Ja, man feierte ausgiebigst den Abzug der Wolken durch den Kauf neuer roter Mokassins.

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Mantova Centro war voll & offen. Das ist früher nicht so gewesen.

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Ödipussi!
So sah es doch in der Italien-Szene im Film damals auch aus.
Herrlich.

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Mal wieder Weltuntergang?
Da wird ja retro schick, mein altes 80erJahre-Rezessions-Palästinensertuch, die gelbe Lederkrawatte, das Bonanza-Fahrrad und Supertramp "Crisis? What Crisis?".

Ihr altwerdenden Mitleser, die Jugend wird Vollbeschäftigung geniessen im demographischen Wandel. Möbelmärkte werden zur Senioren-Tagespflege, wo die Enkel den grantelnden Opa Alfons abgeben können. ("Enkel? What Enkel?")

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