: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Freitag, 4. Februar 2005

Zeitlich passend

zur New Economy kamen Digitalkameras auf: Schnell, klein, ruckzuck online. Genau das richtige für die Party. Das meiste ist schon wieder verschwunden: Chemistry und Founders Forum etwa, leider auch vieles vomn First Tuesday. Aber zum Glück gab es ja auch Privatknipser...

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Tomboy

Es war diese Dreistigkeit. Tom war ein Entrepreneur in eigener Sache, einer der Typen, die als BWLler schon im zweiten Semester ihre Dozenten beschwatzen, ihnen beim Aufbau ihrer Coffee Shops zu helfen. Ich sage, dass ich Kult bin, also bin ich Kult.

New Journalism ist eine Gratwanderung. Es gibt kei relevant Set mehr, keine festgelegten VIPs. Ähnlich wie beim Bloggen hängt alles von der Findigkeit ab, Stories zu machen, zu erzählen, den Leser mitzunehmen. Alles andere wird dagegen irrelevant. Und das konnte er. Er konnte es direkt, im Gespräch, aber auch und besonders im Print. Ein Schauspieler, ein Journalisten-Charakter-Darsteller. Und für dieses seltsame Umfeld aus Kindern der besseren Gesellschaft, abgebrochenen Protopopliteraten und Journalisten a la Mode, die in den immer gleichartigen Münchner Cafes und Discos vor sich hindämmerten, mit Gesprächen über Allaia im Sommer und die Zeit in Chamonix im Winter (nicht Kitzbühl, wie die Boulevardpresse behauptet), waren diese Geschichten aus Amerika so etwas wie die Berichte aus Deutsch-Südwest, die vielleicht einige, aber beileibe nicht alle ihrer Vorfahren um 1890 herum gelesen hatten. Ganz grosses Kino.

Der Wahrheitsgehalt war nicht wirklich das entscheidende Kriterium. Es war vorstellbar, und damit in den Köpfen wahr, richtig und angenehm. Aus der Ferne, denn so direkt blieb nicht viel von diesem Journalisten übrig. Aber die Dreistigkeit, einfach irgendwas zusammenzuschmieren und dann grossartig zu verkaufen, zu fordern und nach Pfründen zu schreien, haben die meisten übernommen. So entstand die Popliteratur und auch Teile der Wirtschaft besserer Söhne in den späten 90er Jahre. Ohne Tom keine Elke Naters, keine Rebecca Casati, kein Florian Illies; zumindest nicht in diesen Ausmassen. Dass sich Kummer zum Comroad und sein früheres Umfeld zum Neuen Markt der jüngeren deutschen Literaturgeschichte entwickelten, ist irgendwo nur logisch.

Kummer durfte bis zum neuen Skandal wieder bei der Berliner Zeitung schreiben. Pit Kabel ist wieder bei Jung von Matt. In Amerika nennt man so was Dead Cat Bounce. Ehrlich.

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Was sie jetzt tun werden

die jungen Darmstädter der Wirtschaftsmedien, die es leider geschafft haben, auch nach der von Ihnen mitverursachten New Economy auf ihren Stühlen zu bleiben: Sie werden mal wieder das Lied des Untergangs der Mittelständler singen, die sich nicht an die neue Zeit anpassen können. Die als Lehrling angefangen haben, viel aufbauen und dann an ihrer Reformunfähigkeit zu Grunde gehen. Mit Walter Bau haben sie eine Steilvorlage.

Da wird dann die Herkunft bekrittelt, sein altbackener, authoritärer Führungsstil, die Unbeweglichkeit in der Personalpolitik und überhaupt, dieser Proll hat das verdient. Werden die parfümierten Jungelchen sagen und fordern, dass sich andere Mittelständler gefälligst zusammenreissen sollen und die Programme zur Optimierung durchziehen, die der Beraterklüngel der Journaille neben den Studien als Basis für ihr Gesudel rüberschiebt.

Da empfiehlt es sich, mal mit jemandem zu reden, der die Walter Bau als Geschäftspartner ganz gut kannte. Manchmal ist es ganz gut, so jemanden in der Familie zu haben. Der wird einem erzählen, dass der Kern des Walter-Problems ein typisches New-Economy und Consulting-Problem war. Seit Anfang der 80er hat man Leuten wie Walter zugeredet, sie sollten einfach nur wachsen; wer nicht zu den Grossen gehöre, hätte keum Chancen auf dem nationalen Markt der Grossprojekte. Also kaufte Walter zu, was günstig zu kriegen war, und wuchs unorganisch, aber die Banken waren begeistert und gaben das nötige Geld. Der Konzern machte klassische Skalierungskrisen durch, die auf Dauer nicht mehr gesteuert werden konnten, und die so nicht erwartete Flaute bei den Bauaufträgen - noch dazu gerade in und durch den Freistaat Bayern, dem zentralen Markt von Walter - zogen letztlich den Konzern runter. Walter hat nichts gemacht, was Amazon, Kabel New Media, Pixelpark und EM.TV nicht weitaus substanzloser und verschwenderischer gemacht haben. New Economy in der Baubranche.

Die überlebenden drei Internetklitschen hätten betriebs- und volkswirtschaftlich den Tod 1000 mal mehr verdient als Walter Bau. Wie übrigens auch die verlogenen Magazine, die Walter als typischen Versager des Mittelstandes anprangern und das an ein paar Äusserlichkeiten festmachen werden. Weil. an die Banken ran, ne, dazu sind sie zu feige, und ausserdem passt es ihnen so viel zu gut in die Agenda.

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