Tomboy

Es war diese Dreistigkeit. Tom war ein Entrepreneur in eigener Sache, einer der Typen, die als BWLler schon im zweiten Semester ihre Dozenten beschwatzen, ihnen beim Aufbau ihrer Coffee Shops zu helfen. Ich sage, dass ich Kult bin, also bin ich Kult.

New Journalism ist eine Gratwanderung. Es gibt kei relevant Set mehr, keine festgelegten VIPs. Ähnlich wie beim Bloggen hängt alles von der Findigkeit ab, Stories zu machen, zu erzählen, den Leser mitzunehmen. Alles andere wird dagegen irrelevant. Und das konnte er. Er konnte es direkt, im Gespräch, aber auch und besonders im Print. Ein Schauspieler, ein Journalisten-Charakter-Darsteller. Und für dieses seltsame Umfeld aus Kindern der besseren Gesellschaft, abgebrochenen Protopopliteraten und Journalisten a la Mode, die in den immer gleichartigen Münchner Cafes und Discos vor sich hindämmerten, mit Gesprächen über Allaia im Sommer und die Zeit in Chamonix im Winter (nicht Kitzbühl, wie die Boulevardpresse behauptet), waren diese Geschichten aus Amerika so etwas wie die Berichte aus Deutsch-Südwest, die vielleicht einige, aber beileibe nicht alle ihrer Vorfahren um 1890 herum gelesen hatten. Ganz grosses Kino.

Der Wahrheitsgehalt war nicht wirklich das entscheidende Kriterium. Es war vorstellbar, und damit in den Köpfen wahr, richtig und angenehm. Aus der Ferne, denn so direkt blieb nicht viel von diesem Journalisten übrig. Aber die Dreistigkeit, einfach irgendwas zusammenzuschmieren und dann grossartig zu verkaufen, zu fordern und nach Pfründen zu schreien, haben die meisten übernommen. So entstand die Popliteratur und auch Teile der Wirtschaft besserer Söhne in den späten 90er Jahre. Ohne Tom keine Elke Naters, keine Rebecca Casati, kein Florian Illies; zumindest nicht in diesen Ausmassen. Dass sich Kummer zum Comroad und sein früheres Umfeld zum Neuen Markt der jüngeren deutschen Literaturgeschichte entwickelten, ist irgendwo nur logisch.

Kummer durfte bis zum neuen Skandal wieder bei der Berliner Zeitung schreiben. Pit Kabel ist wieder bei Jung von Matt. In Amerika nennt man so was Dead Cat Bounce. Ehrlich.

Donnerstag, 3. Februar 2005, 13:26, von donalphons | |comment

 
Ein wenig mehr Gelassenheit wäre angebracht. New Journalism und New Economy haben Erwartungen bedient. Ganz grosses Kino eben.

Kummer war kein Vorreiter; das wäre zuviel der Ehre. Oder wollen wir soweit gehen: Ohne Kummer kein DonAlphonso?

Das Showbiz, das inzwischen fast alle Sparten des Lebens erfasst hat und sich vom Sport über Pop bis zum Kino erstreckt, liefert den Stoff, aus dem die Träume sind (Mario Simmel) und wovon inzwischen ganze Branchen und Berufsgruppen leben: Verlage, Schreiber, Kameraleute, Fotografen, Juristen, Wachdienste, Werbeagenturen usw. Milliarden Euros und Dollars werden Jahr für Jahr damit bewegt, verdient und umgesetzt. Niemand ist bislang auf die Idee gekommen zu hinterfragen, ob es sich bei all diesen konstruierten Nachrichten, Berichten und Interviews um facts oder fictions, Wahrheiten oder Literatur handelt.

Nur: Kummer war Konsum. Kabel war Investition. Das unterscheidet die angelegten Massstäbe gewaltig.

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Wie mans nimmt:
kursrelevant waren die Kummerschen Elaborate nicht, niemand hat darauf seine Anlegerentscheidungen gegründet oder VC locker gemacht, das stimmt schon. Aber wenn mans einfach mal aufmerksamkeitsökonomisch betrachtet, war Kummer schon irgendwie NE.

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Nehmt ihn, wie er ist
ein Begleiter der New Economy, nicht einer, der stets verneint, wie Don, sondern ein Claqeuer. Durchaus ein Begabter, denn auch Claqeuer sein muss man können. Brand 1, eMarket und gewisse Redakteure, die wir kennen und nicht mögen, waren die grellen Hurratüten der Branche, Tom eher der wohltemperierte Beifallklatscher.

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Nehmt ihn, wie er ist
ein Begleiter der New Economy, nicht einer, der stets verneint, wie Don, sondern ein Claqeuer. Durchaus ein Begabter, denn auch Claqeuer sein muss man können. Brand 1, eMarket und gewisse Redakteure, die wir kennen und nicht mögen, waren die grellen Hurratüten der Branche, Tom eher der wohltemperierte Beifallklatscher.

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@hella: Als ich mit dieser Blase unterwegs war, war ich ein Vertreter der antriebslosen Jeunesse, nicht mehr und nicht weniger. Und beim Schreiben habe ich immer versucht,, nicht so wie "die" zu sein, das Gewuzel der aufschleimenden Fäuleton-Einstecktuch-Lifestyle-Kanaille ist einfach nicht meine Welt.

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Es geht nicht um Welten, sondern um Wünsche. Bei mex werden Leser bedient, die den Unternehmertraum nicht aufgegeben haben, bei Don Leser, die ihrem Unternehmeralbtraum entronnen sind.

Es zählt nicht die Wirklichkeit, es zählt das, was das Weltbild festigt. Gerade in einer Zeit, in der Paradigmen scheinbar mühelos pulverisiert werden.

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Unser Mausilein mal wieder
Das hier ist nicht mein Blog, und daher kann ich niemandem den Mund verbieten. Aber den Wunsch, das Kind hella möge doch bitte seine altkluge Schnüss halten, darf ich doch äußern.
Über die aufs Denkverbot abzielende Drehleier, Kritik sei eine Sache von Losern, denn wären sie erfolgreich, wären sie doch von allem begeistert und mithin keine Kritiker, haben wir schon zu Dotcomtod-Zeiten nachhaltig abgegähnt.

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Ich sag´s netter als der Nörgler
aber Hella, Du solltest über mehr intellektuelle Trennschärfe verfügen, die Du zu anderer Zeit ja auch schon bewiesen hast. Mexx bedient Leser (und mehr noch Leserinnen), die auf die Codizes des Yuppietums abfahren, ob sie nun Unternehmer sind, sein wollen oder sein werden oder nicht. Rebellmarkt lesen Leute aus der Dotcomtod-Community, aus Berliner Intellektuellen- und Nachwuchsliteratenkreisen, aus Ingolstädter und Münchner Studentenmillieus und diverse Querversprengte. Unternehmer sind/waren etliche davon, dennoch eine kleine Minderheit unter der Gesamtleserschaft. Was Wirklichkeit ist, das ist nach Einstein, Freud, der Kritischen Theorie, Baudrillard und Hawking eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Aber "es geht nicht..." "es zählt nicht...", das ist Phrasendenken.

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Das Absurde an diesem Blog ist, dass die Leser aus den unterschiedlichsten Ecken kommen; der Anteil alter DCTler ist relativ gering, weil viele das Blog nicht kennen. Ich vermute, für viele berichte ich einfach aus einer weitgehend unbekannten Welt, das dürfte es wohl sein - aber eigentlich spielt es keine Rolle, weil es von mir für mich geschrieben ist. Dass die "Einschaltquote" so hoch ist, wundert mich selbst ein wenig. Eine gute Freundin meinte mal, sie liest es eher ungern, weil das alles hier schon zu sehr "Jesus" ist. Gut, sie wollte mich ärgern.

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Der Jud ist Jesus
und in Wirklichkeit: nur ein netter Kerl mit offenen Augen und spitzer Feder. Und eine kleine Clique von DCT-Insidern kocht das eigene Süppchen noch mit.Mir schmeckt es gut.

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Ich nehme mir die Freiheit ...
... und zitiere mich gewissermassen mal selbst:

"Wie Federico Fellini mal gesagt haben soll: 'Es kommt nicht darauf an, ob eine Geschichte wahr ist, sondern ob sie gut und spannend erzählt ist.'"

Das alles gab's also auch schon mal früher ... auch im Journalismus.

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Oder wie die Italiener sagen: Si non e vero, e ben trovato.

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