: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 13. April 2005

Real Life 13.04.05 - Alle Herrlichkeit auf Erden

Du fährst diese Strasse runter Richtung Gesundbrunnen, da siehst du aus den Augenwinkeln was in einem Eingangsbereich einer Lagerhalle. Geschwungenes Holz. Spiegel, Intarsien. Anhalten - kein Problem, hier gibt es mangels Autos immer Parkplätze - aussteigen und ranpirschen ist eins. Es ist eine Kopie, handwerklich gut gemacht, aber viel zu übertrieben. Dagegen sieht Nymphenburg schlicht aus. Trotzdem, wenn du schon mal da bist, gehst du auch rein.



Drinnen könnte man problemlos Innenarchitekten ermorden, indem man sie sich einfach eine Minute umschauen lassen würde. Es ist heftig. Um die Lagerhalle herum zerfallen die Blocks, aber hier könnte man spielend Ludwig II feuchte Träume verursachen. Alles ist Gold, Glanzlack auf Obsthölzern, Rokkoko aus dem toten Hirn Walt Disneys, es ist eine Dependance von Tinseltown und wartet eigentlich nur auf einen Saddam, der sich damit einen neuen Palast einrichten würde, oder einen bayerischen Politiker, der hier Gastgeschenke für seine Reise nach Brunei kauft, weil ein Barockengerl aus Mittenwald kann man denen ja nicht mibringen.

Du stehst etwas ratlos vor dieser Ansammlung von mobiliaren Wuchtbrummen, kannst dich der Pracht nicht ganz entziehen und würdest dennoch nie so etwas in deiner Wohnung haben wollen. Auch nicht, obwohl alles erheblich reduziert ist. Auch nicht, wenn der Ramsch bei Ikea genauso teuer wäre. Obwohl, der Ramsch bei Ikea ist so teuer. Und du musst den Pressspandreck auch noch selbst holen, durch quengelnde Kinder nebst Mittemüttern schieben, transportieren und zusammenbauen. Nach drei Jahren ist die Kommode Hemnes - klingt wie eine Bazille - dann aus den Fugen. Das hier... Deine Finger gleiten über das Holz, ziehen eine kleine Schublade heraus, betasten die Maserung und messen die Dicke. Sauber. Solide. Wenn du mit denen verhandelst, kriegst du es noch billiger. Und sie liefern es. Am Stück. Mit Marmorplatte oben drauf. Und die eine Kommode da hinten, die ist schlicht, die könnte sogar echt sein, wenn man es nicht weiss. Du fühlst die Versuchung, den sportlichen Ehrgeiz, es mit dem Verhandeln zu probieren, Levante Süd gegen Levante Nord...

Du fliehst, hinaus in den Schmutz der Stadt und der Strasse, wo alles zerfällt, und Ikea perfekt passt, im Gegensatz zu dieser Pracht. Du hast es geschafft. Du bist standhaft geblieben. Du fühlst dich später ein wenig... als hättest du eine Frau nicht geküsst, und wärst jetzt allein im Bett.

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Display-Planet - Platt wie eine Flunder

Das mag ich - eine Website wie display-planet.de aufrufen, deren fetter Claim mich sofort anbrüllt: "SEE THE FUTURE". Statt, sagen wir mal: Billige Flachbildschirme in unserem Online-Shop. Oder: Günstige Monitore, platzsparend für Ihr Büro daheim. Nein, es heisst SEE THE FUTURE. Die Zukunft. Schauen. Jawoll Massa. Weil die Zukunft, die ist bei Display-Planet, und sehen muss sein, weil man in den Bildschirm ja auch schaut.

Sowas nervt bei einem Online-Shop, der im Moment nicht in die Zukunft, sondern allenfalls in die Röhre schaut. Dort steht nichts von Future, sondern nur das Aktenzeichen 2 IN 161/05 beim Amtsgericht Paderborn. Das mit dem würdevoll untergehenden Planeten, das üben wir nochmal.

Oder ne, muss eigentlich nicht sein, lasst mal. 120 Punkte reichen.

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Lesungen die Zweite

Es wird einige Leute geben, die werden auf diesen Beitrag mit Gedanken oder Postings wie "Es gibt sehr gute Gründe für das was ich tue", "Der unterstellt uns, was er selber tut", "Ich bin überhaupt nicht neidisch" und "Ich habe das Recht das zu tun, und Kritik muss man ertragen können" reagieren.

Lesungen bringen Ärger

Im vorrausgehenden Artikel wurde beschrieben, wie das Fehlen gewisser Charakteristika des Literaturbetriebs Bloglesungen zu einem grossen Spass werden lässt. Dennoch: Man sollte sich das mit den Lesungen als Organisator gut überlegen. Es wird noch eine Weile dauern, bis Lesungen aus Blogs so normal sind, dass nicht oft ein gewisses Keifen losgeht. Lesungen sind eine Ausnahmesituation, bei Lesungen wird das gleichförmige Nebeneinander des normalen Bloggens durchbrochen, man exponiert sich, und das ruft die Geiferer auf den Plan. Egal, ob im Umfeld dieses Buches oder bei anderen. mehr an der Blogbar

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