Chemiefabrik westlich von Wittenberg II
Nachdem hier gestern der erste Teil gezeigt wurde, kommt heute der zweite Teil mit Bildern aus einem nicht genutzten Verwaltungsgebäude an der Bundesstrasse von Coswig nach Wittenberg.
Wer mit noch oben kommen will, soll auf das Bild clicken.
Wer mit noch oben kommen will, soll auf das Bild clicken.
donalphons, 17:03h
Dienstag, 12. April 2005, 17:03, von donalphons |
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che2001,
Dienstag, 12. April 2005, 17:24
Die Lokhalle von Göttingen, größtes Eisenbahngebäude Westdeutschlands, sah drei Jahrzehnte mindestens so schlimm aus, da wuchsen schon bis zu 6 Meter hohe Bäume drauf, dann kamen Cinemaxx und ein Kongresszentrum. Heute ist das Ding richtig chic. Und wenn ich an die Londoner Docklands denke... Aber in Wittenberg will wohl niemand investieren. Hey, braucht jemand ne Chipfabrik? Man könnte in den Hallen arbeitslose Chemiefacharbeiter zu Flasdesignern umschulen! Oder wie wär´s mit ner Eliteuni im Industriewerksambiente?
Halloooooooooooooooooooooooooooooooo*Echoverhalltinderwüste*
Halloooooooooooooooooooooooooooooooo*Echoverhalltinderwüste*
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donalphons,
Dienstag, 12. April 2005, 17:39
Die Eliteunis haben sich schon Erfurt und Ilmenau gekrallt. Wittenberg versucht, was aus seinem Namen und der Geschichte zu machen, aber das zieht nicht so richtig. Und Chemie ist wiederum dür den Tourismus schlecht. Für ein Cinemaxx bräuchte man erst mal Geld, und für Kongresse ist dieses Ding viel zu weit draussen. Wie man es anpackt - gratis zu vermieten ist das einzige, was mir da auch einfallen würde.
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franz.brandtwein,
Dienstag, 12. April 2005, 17:46
Wo sind die Anwaelte?
Ja findet sich denn partout kein Abmahnanwalt der hier mal einschreitet? "Gratis zu vermieten" - soweit kommts noch - das ist doch ein Widerspruch in sich - da muss sich doch was rausschlagen lassen... hallo ist da kein Vermietergrundeigentuemerverbandverein am Start der hier mal einschreitet?
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donalphons,
Dienstag, 12. April 2005, 17:51
Vermutlich ist gemeint: "Wer das hier nimmt und reinigt und saniert, braucht ein paar Jahre nichts zu bezahlen."
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franz.brandtwein,
Dienstag, 12. April 2005, 18:11
Quark! Das ist alles eine Frage des Marketings, in Luettich wird sowas als "a menanger" angeboten.
Und geht weg - wie aeh, aeh, aeh ... Gans mit Knoedeln und Rotkohl im Hochsommer.
Und geht weg - wie aeh, aeh, aeh ... Gans mit Knoedeln und Rotkohl im Hochsommer.
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hella,
Dienstag, 12. April 2005, 18:53
Die Fotos erscheinen mir moch viel zu verklärend. Die Wirklichkeit ist einfach trist und kaputt. Da wird niemand je wieder einziehen. Irgendwann werden Arbeitslose zwangsverpflichtet, um solche Ruinen abzureissen. Dann wird das Biosphärenreservat noch grösser. Ein paar Urwälder mehr zwischen dem wilden Russland und uns können nicht schaden.
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donalphons,
Dienstag, 12. April 2005, 20:46
Was soll ich tun? Das sind die Bilder. So sieht es aus. Kein Photoshop, kein Entfärben. Jeder kann darin sehen, was er will.
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hockeystick,
Dienstag, 12. April 2005, 21:05
An den Bildern könnte man schon noch was machen.
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donalphons,
Dienstag, 12. April 2005, 21:11
Zum beispiel den gealterten Dieckmann reinkopieren und als Headline: "Bild pleite - Dieckmann verscherbelt sogar Papst-Bibel!"
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der_immobilienmakler,
Mittwoch, 13. April 2005, 00:01
@ ruinen
Irgendwie werde ich immer sentimental wenn ich solche Objekte sehe. Auch auf Truppenübungsplätzen und OHK Trainingsgebäuden grübelte ich immer "Was haben diese Räume schon gesehen ?" Freude über Beförderungen, Trauer und Angst wegen Entlassungen. Die Räume sind geblieben, die Menschen wurden ausgetauscht oder sind gestorben. Und auch die Bilder des werten Dons sprechen Bände. Was für eine Art Verwaltung war dort ? Gab es Außendienstmitarbeiter ? Vielleicht auch Intrigen und Schleimscheißerei ? Ist der Chef über dem Schreibtisch zusammengebrochen nachdem Monika Meyer aus der Buchhaltung ihm sein mittagliches Bündla serviert hatte ?
Hm, schwer zu beschreiben das Gefühl. Ist ungefähr so, als würde man sich Filme und Fotos aus der Zeit um 1944 ansehen. Da denkt man auch immer "Was ist wohl aus dem Typen geworden ?"
Kostenlos zu vermieten finde ich witzig.
Hm, schwer zu beschreiben das Gefühl. Ist ungefähr so, als würde man sich Filme und Fotos aus der Zeit um 1944 ansehen. Da denkt man auch immer "Was ist wohl aus dem Typen geworden ?"
Kostenlos zu vermieten finde ich witzig.
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porschekiller,
Mittwoch, 13. April 2005, 02:33
Alles relativ
"Die Wirklichkeit ist einfach trist und kaputt."
Ich hab schon in den letzten 60ern in solchen Ruinen hier im Ruhrgebiet gespielt. Wenn ich heute damit zu tun habe, laber ich höchstens mal mit Handwerkern über die gute Grundsubstanz oder neue Methoden gegen Feuchtigkeit in Kellerwänden. Entweder kommt das Zeug weg oder es bleibt.
Irgendwie ist wohl an mir vorbeigegangen, dass man in den letzten 20 Jahren sowas einfach nicht mehr sehen wollte und deswegen dagegen schlechte Muzak, Soaps, Klingeltöne und die NE erfunden hat.
Ich hab schon in den letzten 60ern in solchen Ruinen hier im Ruhrgebiet gespielt. Wenn ich heute damit zu tun habe, laber ich höchstens mal mit Handwerkern über die gute Grundsubstanz oder neue Methoden gegen Feuchtigkeit in Kellerwänden. Entweder kommt das Zeug weg oder es bleibt.
Irgendwie ist wohl an mir vorbeigegangen, dass man in den letzten 20 Jahren sowas einfach nicht mehr sehen wollte und deswegen dagegen schlechte Muzak, Soaps, Klingeltöne und die NE erfunden hat.
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wittenbergerin,
Dienstag, 28. Juni 2005, 00:34
Brief eines Ehemaligen
Dank rolands Kommentar, der das hier noch mal nach oben gekickt hat, bin ich über die "schöne" Galerie unsers in der Nachbarschaft befindlichen "Klugscheisseraquariums" (so nannten es die Arbeiter des Werkes wegen seiner ehemals blauen Farbe und der sich darin befindenden Studierten) gestolpert. Habe es einem "Ehemaligen" gezeigt und er hat mich, da er des Schreibens am Computer nicht kundig ist, gebeten, die paar Zeilen für ihn einzutippen:
"Hallo Hr. Alphons,
ergänzend zu dieser Geschicht möchte ich Ihnen folgendes mitteilen:
Dieses "Verwaltungsgebäude" ist als Forschungsgebäude des Industrieinstitutes "Gummi und Asbest" 1968/69 erbaut und im Mai 1969 bezogen worden. Im Zuge der Wirtschafts- und Forschungsreform von Honecker - die Forscher sollten näher an die Praxis - wurde diese Forschungsstelle in der Gummiwerk "Elbe" Wittenberg eingegliedert und war dann für Forschung und Weiterentwicklung für 6 Gummibetriebe der DDR von Thüringen bis Frankfurt/Oder zuständig.
Der Forschungsdirekter DI O. Habicher wurde 60jährig im Jahre 1970 abgelöst, weil er im Denken "bürgerlich behaftet" war. Auf Grund seines Fachwissens und als Mitglied des Forschungsrates der DDR (kein SED-Genosse) galt er bis dahin als "Gummi-Pabst der DDR".
Vor dem 2. Weltkrieg und danach hat er maßgeblich an der Entwicklung von synthetischem Kautschuk mitgewirkt, daher erfuhr er auch eine große Wertschätzung in Westdeutschland. Er galt als Erfinder des Gumispritzgusses, durch zahlreiche Artikel in den 50er und 60er Jahren in der Fachpresse wurde O. Habicher sehr bekannt und auch zu Vorträgen ins Ausland eingeladen.
Diese Persönlichkeit hatte den Einfluss, noch in der "Ulbricht-Ära" ein solches Gebäude genehmigt zu bekommen. Auch ist es ihm gelungen, im Namen der Vorschrift, dass 5 % der Investkosten für "Kunst am Bau" auszugeben waren, diese Meißner-Fliesenwand (rechts in der unteren Ecke hinter dem Rohr ist die Fliese mit den gekreuzten Schwertern) durch einen Künstler entwerfen und in Meißen herstellen zu lassen. Motiv ist, für einen Laien nicht zu erkennen, eine Strukturformel vom Synthese-Kautschuk, den Hr. Habicher mitentwickelt hat. Vier weiße Punkte geben die chemische Wertigkeit vom Kohlenstoff "C" an. Die Anordnung ergibt zwei ineinandergreifende Benzolringe, wobei im rechten Ring ein "C"-Atom mittig eingebaut ist. Aus gestalterischen Gründen hat der Künstler die sonst übliche Kreisform verlassen.
Leider interessiert sich für diese Wand niemand. Um sie zu erhalten habe ich mich mit der TU Dresden in Verbindung gesetzt (dort hatte Hr. Habicher viele Jahre einen Lehrauftrag für "Technologie der Elastomare"). Leider gab es keine Reaktion.
Das Schicksal des Gebäudes und des Betriebes haben Sie richtig dargestellt. Von den ehemals 12 Werksteilen sind 4 erhalten geblieben, zwei davon von "Westfirmen" aufgekauft und gut am Markt platziert. Vielen Dank für Ihren Internetbeitrag. HLM"
Wir waren letztes Jahr im Oktober mal drin, meine Stimmung schwankte zwischen Faszination, Wut und Traurigkeit. Was sind das für "Menschen", die eine solche Zerstörungswut haben?
Das zerfetzt Sofa wurde vermutlich als Aufprallkissen für die schweren Gussradiatoren benutzt, die im gesamten Gebäude abmontiert und über den kürzesten Weg senkrecht nach unten durchs Treppenhaus befördert wurden.
"Hallo Hr. Alphons,
ergänzend zu dieser Geschicht möchte ich Ihnen folgendes mitteilen:
Dieses "Verwaltungsgebäude" ist als Forschungsgebäude des Industrieinstitutes "Gummi und Asbest" 1968/69 erbaut und im Mai 1969 bezogen worden. Im Zuge der Wirtschafts- und Forschungsreform von Honecker - die Forscher sollten näher an die Praxis - wurde diese Forschungsstelle in der Gummiwerk "Elbe" Wittenberg eingegliedert und war dann für Forschung und Weiterentwicklung für 6 Gummibetriebe der DDR von Thüringen bis Frankfurt/Oder zuständig.
Der Forschungsdirekter DI O. Habicher wurde 60jährig im Jahre 1970 abgelöst, weil er im Denken "bürgerlich behaftet" war. Auf Grund seines Fachwissens und als Mitglied des Forschungsrates der DDR (kein SED-Genosse) galt er bis dahin als "Gummi-Pabst der DDR".
Vor dem 2. Weltkrieg und danach hat er maßgeblich an der Entwicklung von synthetischem Kautschuk mitgewirkt, daher erfuhr er auch eine große Wertschätzung in Westdeutschland. Er galt als Erfinder des Gumispritzgusses, durch zahlreiche Artikel in den 50er und 60er Jahren in der Fachpresse wurde O. Habicher sehr bekannt und auch zu Vorträgen ins Ausland eingeladen.
Diese Persönlichkeit hatte den Einfluss, noch in der "Ulbricht-Ära" ein solches Gebäude genehmigt zu bekommen. Auch ist es ihm gelungen, im Namen der Vorschrift, dass 5 % der Investkosten für "Kunst am Bau" auszugeben waren, diese Meißner-Fliesenwand (rechts in der unteren Ecke hinter dem Rohr ist die Fliese mit den gekreuzten Schwertern) durch einen Künstler entwerfen und in Meißen herstellen zu lassen. Motiv ist, für einen Laien nicht zu erkennen, eine Strukturformel vom Synthese-Kautschuk, den Hr. Habicher mitentwickelt hat. Vier weiße Punkte geben die chemische Wertigkeit vom Kohlenstoff "C" an. Die Anordnung ergibt zwei ineinandergreifende Benzolringe, wobei im rechten Ring ein "C"-Atom mittig eingebaut ist. Aus gestalterischen Gründen hat der Künstler die sonst übliche Kreisform verlassen.
Leider interessiert sich für diese Wand niemand. Um sie zu erhalten habe ich mich mit der TU Dresden in Verbindung gesetzt (dort hatte Hr. Habicher viele Jahre einen Lehrauftrag für "Technologie der Elastomare"). Leider gab es keine Reaktion.
Das Schicksal des Gebäudes und des Betriebes haben Sie richtig dargestellt. Von den ehemals 12 Werksteilen sind 4 erhalten geblieben, zwei davon von "Westfirmen" aufgekauft und gut am Markt platziert. Vielen Dank für Ihren Internetbeitrag. HLM"
Wir waren letztes Jahr im Oktober mal drin, meine Stimmung schwankte zwischen Faszination, Wut und Traurigkeit. Was sind das für "Menschen", die eine solche Zerstörungswut haben?
Das zerfetzt Sofa wurde vermutlich als Aufprallkissen für die schweren Gussradiatoren benutzt, die im gesamten Gebäude abmontiert und über den kürzesten Weg senkrecht nach unten durchs Treppenhaus befördert wurden.
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donalphons,
Dienstag, 28. Juni 2005, 00:40
Danke für den Nachtrag. Was den Porzellanfries angeht, würde ich mich schnellstens an das zuständige Landesamt für Denkmalpflege wenden, die lassen es sicher nicht verkommen. Was die Leute treibt, das zu tun - ich verstehe es auch nicht. Aber es kümmert auch keinen. Ich bin bei solchen Sachen immer sprachlos. Deshalb auch die Galerie.
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