Wer den kleinen Grenzverkehr zwischen BRD und DDR gut fand, kann die Touristenvisa-Regelung für Osteuropäer eigentlich nicht schlecht finden. Schengen-Europa schottet sich, wenn auch ohne Stacheldraht und Selbstschussanlagen, gegen Migranten so ab, wie die alte DDR ihre Bürger drinnen behalten wollte. Die Visa-Regelung sollte da eine kleine humane Entlastung darstellen. Das ist offensichtlich von zahlreichen Armutsflüchtlingen, wer mag es ihnen verdenken, dazu benutzt worden, um von Deutschland nach Portugal weiterzureisen, um dort zunächst schwarz zu arbeiten und sich dann sukzessive dort eigene Existenzen aufzubauen. Andere, die Angehörige oder Freunde in Deutschland hatten, leben hier als sans papiers, als Heimliche Menschen, die allein schon deshalb keine Straftaten begehen, weil jede Auffälligkeit, jedes über eine rote Ampel gehen, ihre Festnahme und Abschiebung zur Folge haben könnte. Die echten kriminellen Schleuser arbeiten mit ganz anderen Mitteln, mit gefälschten Pässen und einem Dreieckshandel Prostituierte nach Deutschland, geklaute Autos (mitunter in der Größenordnung von Containerschiffsladungen) nach Russland oder Sonstwasstan, dafür wieder Waffen und Drogen nach Deutschland. Aber an deren Hintermänner scheint man sich nicht ranzutrauen (man müsste dann auch mal bei osteuropäischen Geheimdiensten oder russischen Neu-Milliardären und ihren deutschen Verbindungsleuten vorbeischauen). Demgegenüber erscheint die Visaaffäre niedlich.

Und: Wenn es stimmen soll, dass Einwanderung an bürokratischen Regelungen vorbei oder Gesetzeslücken nutzend bereits ein Verbrechen ist, wären beide Amerika und Australien Schurkenkontinente.