: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Mittwoch, 1. März 2006

Fasten und entsagen

tut man in Bayern ganz rustikal und schlicht mit Fisch: Matjes, Viktoriabarsch, Forelle, Karpfen, Zander und Waller. Klar, die Donau ist ja keinen Kilometer entfernt.



Im besten Haus der Stadt. Dazu Unmengen Starkbier saufen, um den Kater zu ertränken. Nachher redet hier der örtliche Staatsparteimensch zu den rosa und waldgrün bekleideten, fetten und verkropften Machthabern, die schon immer da waren. Hund sans scho, de Bayern. Und zum Nachtisch a la Infarct bekommt der Teufel so viele bonbonfarbene TartuffInnen, dass Moliere die Austern wieder hochkommen würden.

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Real Life 22.02.06 - Kö

Sie ist auch ohne die hohen, mittelbraunen Schuhe ein paar Zentimeter grösser als du. Alles an ihr ist lang, gerade, geradezu beängstigend dünn. Selbst der kurze, üppige Pelzmantel kann nicht verhüllen, dass sie vermutlich nur Sonnenblumenkerne und Salatblätter isst, ohne Essig, Öl und Salz. Noch nicht magersüchtig, vielleicht, aber knapp davor. Und immer noch genug Kraft im Körper, um die Schuhe auf dem Marmor knallen zu lassen. Einen Moment kommt dir die böse Assoziation von den SS-Wärterinnen in B-Movies, dann klappert sie um eine Ecke des messinggoldglänzenden Einkaufspalastes, in eine Richtung, wo auf dem Samt der Schaufenster viel zu dicke Goldarmreifen protzige Steine umklammert halten, kalt und gierig, und darum buhlen, am faltigen Handgelenk einer Düsseldorfer Metzgersgattin oder dem sehnenverknoteten Arm einer ansonsten gut erhaltenen, scheckheftgepflegten, immer noch vorzeigbaren Endvierzigerin vom Reichtum des Mannes zu künden, der den viel zu hohen Preis für diese Geschmacklosigkeit zu zahlen bereit ist.

Während die Schritte in den Gängen verhallen, überkommt dich der Wunsch, bei all denen anzurufen, die sich für zu klein und zu dick halten und ihnen zu sagen, dass es genau so richtig ist, dass diese Hungerkünstlerinnen in der Horizontalen die Pest und in der Vertikalen unzufriedene, im Kern lustfeindliche Spassbremsen sind, dass Essen gut ist und Ausgezehr schon immer was für die Dummen war. Aber während du an dem Schaufenster der Confisserie einen Gedanken daran verschwendest, wie es wohl wäre, wenn du der Elitesse eine geschmacklos grosse Tüte von der zartbraunen Verführung mitbringen würdest, erscheint schon die nächste Harpye, die schon seit Monaten keinen Seefahrer mehr abbekommen hat. Im perfekten Landhausstil, mit hellbraunem Mantel und aufrecht wie eine Standarte in einem Riefenstahl-Film rauscht sie an dir vorbei, den Geruch eines säuerlich-kühlen Parfums hinterlassend.

In München in der Theatinerstrasse gibt es ähnliche Erscheinungen zwischen Theresa und den fünf Höfen, aber nicht so gross, so extrem dünn, so knallig, ein wenig menschlicher vielleicht, weil etwas breiter und fülliger als der heroin chick erlaubt. Das liegt in den Genen, aber auch in der Art; auch wenn sie alle der gleichen Klasse angehören, die gleichen marktradikalen Idiotien äussern, die sie nicht verstehen, und mit allem zufrieden sind, solange nur ihre 10% 90% von Allem besitzen, und sie die Einkäufe in solchen Goldbunkern machen können, während draussen der Mann wartet. Es ist überall das gleiche, kennst du eine Passage, kennst du alle, du hast zu viel Zeit deines Daseins an solchen Orten verbracht, und so gehst du den gleichen Weg, den auch schon die Standarte langmarschiert ist, links, zwo drei vier fünf, und bist in Gedanken ganz beim warmen Fleisch einer Frau, die ganz anders ist und nach Wärme duftet.



Draussen, vor der Passage steht ein Rolls Royce Cabrio von der Baureihe, wie ihn auch der Bauunternehmer eine Querstrasse weiter in der Provinz hat, neben seiner Ferrarisammlung. Der Mann am Steuer macht keinerlei Anstalten, aufzustehen und der Standarte den Wagen zu öffnen; statt dessen reisst sie selbst die Tür auf und lässt sich, ungelenk wie viele dieser dürren Menschen sind, auf den Sitz fallen. Er redet, aber nicht mit ihr, sondern in sein Handy, auch noch später, als du schon ein paar Häuser weiter bist und er immer noch dort steht, ein dummer schwarzer Rolls mit einem Handynierer am Steuer und einer klapperdürren, hellbraunen Standartenfrau neben sich, die vielleicht gar nicht begreift, dass Geld nicht zwingend Manieren ersetzt, als sich nichts verändert und die Zeit festgefroren auf dem Asphalt hinter der Kö ist, greifst du zur Kamera und drückst ab.

Du musst lächeln, und bist in diesem Moment sehr verliebt.

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