Real Life 22.02.06 - Kö

Sie ist auch ohne die hohen, mittelbraunen Schuhe ein paar Zentimeter grösser als du. Alles an ihr ist lang, gerade, geradezu beängstigend dünn. Selbst der kurze, üppige Pelzmantel kann nicht verhüllen, dass sie vermutlich nur Sonnenblumenkerne und Salatblätter isst, ohne Essig, Öl und Salz. Noch nicht magersüchtig, vielleicht, aber knapp davor. Und immer noch genug Kraft im Körper, um die Schuhe auf dem Marmor knallen zu lassen. Einen Moment kommt dir die böse Assoziation von den SS-Wärterinnen in B-Movies, dann klappert sie um eine Ecke des messinggoldglänzenden Einkaufspalastes, in eine Richtung, wo auf dem Samt der Schaufenster viel zu dicke Goldarmreifen protzige Steine umklammert halten, kalt und gierig, und darum buhlen, am faltigen Handgelenk einer Düsseldorfer Metzgersgattin oder dem sehnenverknoteten Arm einer ansonsten gut erhaltenen, scheckheftgepflegten, immer noch vorzeigbaren Endvierzigerin vom Reichtum des Mannes zu künden, der den viel zu hohen Preis für diese Geschmacklosigkeit zu zahlen bereit ist.

Während die Schritte in den Gängen verhallen, überkommt dich der Wunsch, bei all denen anzurufen, die sich für zu klein und zu dick halten und ihnen zu sagen, dass es genau so richtig ist, dass diese Hungerkünstlerinnen in der Horizontalen die Pest und in der Vertikalen unzufriedene, im Kern lustfeindliche Spassbremsen sind, dass Essen gut ist und Ausgezehr schon immer was für die Dummen war. Aber während du an dem Schaufenster der Confisserie einen Gedanken daran verschwendest, wie es wohl wäre, wenn du der Elitesse eine geschmacklos grosse Tüte von der zartbraunen Verführung mitbringen würdest, erscheint schon die nächste Harpye, die schon seit Monaten keinen Seefahrer mehr abbekommen hat. Im perfekten Landhausstil, mit hellbraunem Mantel und aufrecht wie eine Standarte in einem Riefenstahl-Film rauscht sie an dir vorbei, den Geruch eines säuerlich-kühlen Parfums hinterlassend.

In München in der Theatinerstrasse gibt es ähnliche Erscheinungen zwischen Theresa und den fünf Höfen, aber nicht so gross, so extrem dünn, so knallig, ein wenig menschlicher vielleicht, weil etwas breiter und fülliger als der heroin chick erlaubt. Das liegt in den Genen, aber auch in der Art; auch wenn sie alle der gleichen Klasse angehören, die gleichen marktradikalen Idiotien äussern, die sie nicht verstehen, und mit allem zufrieden sind, solange nur ihre 10% 90% von Allem besitzen, und sie die Einkäufe in solchen Goldbunkern machen können, während draussen der Mann wartet. Es ist überall das gleiche, kennst du eine Passage, kennst du alle, du hast zu viel Zeit deines Daseins an solchen Orten verbracht, und so gehst du den gleichen Weg, den auch schon die Standarte langmarschiert ist, links, zwo drei vier fünf, und bist in Gedanken ganz beim warmen Fleisch einer Frau, die ganz anders ist und nach Wärme duftet.



Draussen, vor der Passage steht ein Rolls Royce Cabrio von der Baureihe, wie ihn auch der Bauunternehmer eine Querstrasse weiter in der Provinz hat, neben seiner Ferrarisammlung. Der Mann am Steuer macht keinerlei Anstalten, aufzustehen und der Standarte den Wagen zu öffnen; statt dessen reisst sie selbst die Tür auf und lässt sich, ungelenk wie viele dieser dürren Menschen sind, auf den Sitz fallen. Er redet, aber nicht mit ihr, sondern in sein Handy, auch noch später, als du schon ein paar Häuser weiter bist und er immer noch dort steht, ein dummer schwarzer Rolls mit einem Handynierer am Steuer und einer klapperdürren, hellbraunen Standartenfrau neben sich, die vielleicht gar nicht begreift, dass Geld nicht zwingend Manieren ersetzt, als sich nichts verändert und die Zeit festgefroren auf dem Asphalt hinter der Kö ist, greifst du zur Kamera und drückst ab.

Du musst lächeln, und bist in diesem Moment sehr verliebt.

Mittwoch, 1. März 2006, 12:41, von donalphons | |comment

 
SS-Wärterinnen in B-Movies?
müsste es nicht eher: Sexsüchtige SS-Wärterinnen vom Mars heißen?
*frag ja nur*
:-)

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Keine Ahnung - ich habe ja keine Glotze, und kenne das alles nur vom Hörensagen:-)

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axso
aber auch eine nette ausrede.
so filme leiht man sich doch nur in der 18er fassung hinten im dunklen abteil der videothek des vertrauens aus, p-movies.
-)

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Die kann man dann aber auch nicht gucken, wenn man keinen Fernseher besitzt. Insofern muss sich unsereins aufs Hörensagen verlassen. ;-)

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hörguck
es gibt auch hörpornos, hab ich gehört?
allerdings soll der inhalt recht einsilbig sein, so die kritiker.

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Na ja, wer "Gib mir Tiernamen 1-4" durch hat, kann dann schon als Zoologe anfangen.

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Kommt darauf an - das Vorlesen der 120 Tage von Sodom ist sicher sehr wortreich. Und auch die Blogosphäre hat da einiges zu bieten.

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und wofür gibts das internet ;-)
http://users.skynet.be/osmo/uNF/blas.swf/

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Dann doch bitte lieber vorlesen.

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Ach Don,
der Rolls ist nichts anderes als ein Manta, wenn die entsprechenden Leute am Steuer sitzen. DDorf, München, Turin, Genf, die Unterschiede werden demnächst wahrscheinlich von Citymanagern als regionales Kolorit ersonnen und designt werden. Andererseits sind die Zeiten des Prunks just for nothing unwiederruflich vorbei, wie ich gerade feststellen konnte:
http://che2001.blogger.de/stories/397510/

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Werbegeschenke... ein Thema für sich. Aber mach Dir keine Sorgen, die oberen 23% und obersten 10% wird es immer geben, und diese 1/3-Gesellschaft hat sowas doch gar nicht nötig. Ausser wenn mal wieder ein Immofond crasht.

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und wenn die obersten 10% meinen, ihre rollies selber fahren zu müssen, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn man sie für neureiche knallprotzen hält. von der sorte, die auto fahren, weil sie bei der strassenbahn bar zahlen müssten.

richtiges, d.h. vererbtes vermögen geht anders: wers hat, der hat und zeigts nicht her, ausser vielleicht bei sich daheim.

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Dafür sind die, die es zeigen, aber auch Aushängeschilder des Geiselgeberverbandes :-)

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Was mich an den von Don geschilderten Kreisen ärgert, ist nicht das Geld. Geld macht nicht glücklich. Es ist die Ignoranz gegenüber der Gesellschaft. Und da sind wir wieder bei Dons gestrigen Beiträgen (Ostimmobilien/Merkel).

Die 1/3-Gesellschaft definiert sich nicht durch das Geld, sondern durch die Ausblendung der sozialen Realitäten.

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"Ich wollte nur neue Zähne für meinen Bruder und mich" - ein Lied, das von seiner Aktualität nichts eingebüsst hat.

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Passt hervorragend.
Strappato, mail mich mal an, wg. Hannover!

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Was mich an den von Don geschilderten Kreisen ärgert, ist nicht das Geld. Geld macht nicht glücklich. Es ist die Ignoranz gegenüber der Gesellschaft. Und da sind wir wieder bei Dons gestrigen Beiträgen (Ostimmobilien/Merkel).

Die 1/3-Gesellschaft definiert sich nicht durch das Geld, sondern durch die Ausblendung der sozialen Realitäten.
strappato hat das für mich auf den Punkt gebracht. Danke.

Ich hatte mal ne Freundin, der Vater hatte zwei Autohäuser aufgebaut. Fing als Lehrling an, war dann in der Welt usw usw. Der Typ hatte Geld aber es war nie ein Aushängeschild für ihn. Eher das Gegenteil.
Scheiße war nur seine Frau. Kneipen- und Solariumgegerbt. Täglich zu Ihren Tennisdamen und mir erklärt das es wirklich nötig ist sich jede Woche einen Wollpullover (zB an den Teddybären drangenäht sind ) für 1000 DM zu kaufen.
Ich habe das gefühl, wer sich die Kohle selbst erarbeitet hat kann damit meißt gut umgehen. Wer hineingeboren wird, der merkt nicht wenn er Neid erzeugt, weil er nicht weiß wieviel das ist.
Wer sich aber da einheiratet (und dumm wie scheiße ist) der wird so ein richtiges Arschloch.

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Dem ist nichts hinzuzufügen.

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@ rollinger & strappato

Geld macht schon glücklich, wenn man es gut zu behandeln weiss.

Schlimmstenfalls ist man damit auf hohem Niveau unglücklich.

Und:

"Money don't buy you friends. But if you spend enough, it's hard to know the difference."

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@che
Meine E-mail-Adresse findest du auf meinem blog ganz unten.

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Schlimmstenfalls ist man damit auf hohem Niveau unglücklich.

Oder man ruiniert sich - auch solche Fälle gibt es bei der Suche nach Freunden. Und selbst, wenn einem dann eine Million bleibt, ist es doch nicht mehr das gleiche.

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Sorry, Strappato, wenn ich auf Dein Kontakt-Link klicke, öffnet sich mein Routenplaner. Das müssen wir anders lösen.

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Volkskultur des industriellen Menschen
McLuhan, der alte Mann, schrieb in seiner "Mechnischen Braut" ein ´paar wundervolle Sätze in seinem Abschnitt die armen Reichen:

In der Vergangenheit befreite ein großes Vermögen seine Besitzer oft von der Ausübung niedriger Tätigkeiten und von schlechter Gesellschaft und sorgte für ein Gefühl öffentlicher Verantwortung. Heute hat sich diese Tendenz umgekehrt. Die allermeisten Reichen sind die alltäglichen Fronochsen, in denselben Tretmühlen unterwegs wie die Draufgänger, die noch am Reichtum arbeiten. Wie jeder Krämer arbeiten sie unermüdlich, pflichtbewußt, ohne die Wirkung ihres Vermögens und ihrer Macht zu überblicken.
[...]
Haben sie erst genug Geld für alle Konsumgüter, sind sie am Ziel. An diesem Punkt läßt sie der Schlüssel zum Erfolg ins Leere laufen. Es gibt keine Bäume mehr, die sie erklettern können. Am Gipfel angekommen finden sie keine Hochebene, auf der sie sich eine umfassende und nützliche Existenz einrichten könnten. Als Gipfelstürmer erben sie eine Ethik für Arbeit und Freizeit, die sich in nichts von den tief unter ihnen stehenden Toms, Dicks und Harrys unterscheidet. Hatte der englische oder europäische Geschäftsmann ersteinmal die Spitze erklommen, versuchte er, seine Existenz im Verlauf von ein oder zwei Generationen dem Adel anzugleichen. Er konnte seine Freizeit für Politik, Bildung und direktes persönliches Mäzenatentum nutzen. Heute aber ist das anders. Für uns hat der Vorgang des Ankommens Bedeutung, nicht mehr das erklärte Ziel, uns selbst zu bestimmen und die eigene und fremde Erfahrung durch unseren Wohlstand und unsere Freizeit zu bereichern.


Man könnte es nicht besser formulieren. Aber es gibt die alten Reichen immer noch: George Soros z.B. auch wenn er Politik für seine offenen Gesellschaft macht, er macht wenigstens was aus seinem Spielgeld. Der Stiftungsführer des Maecenata Instituts ist voll Leuten von kleinerem Kalliber aber mit dem gleichen Anliegen.

Es gibt noch Hoffnung, vielleicht auch für die Kinder von dem beschriebenen Paar.

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Ach, die gehen sicher nach St. Galle, gründen dann was freakiges, fliegen auf die Schnauze und machen einen Yacht- und Nobelkarossenverleih auf Fuerte auf.

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als ich kurz nach weihnachten in bayern notschlafen musste, dank der schnefälle, da hatte ich nachts auch einen süssen text im kopf, der einzig und allein auf meinen beobachtungen beruhte, dass ich keinen einzigen schlanken ( schlank, nicht dürr ) menschen sah, und abends an der speisekarte in dem gasthaus kapitulierte, weil es über seiten hinweg nur fleisch gab. ( dem einzigen quotenfischgericht traut man dann auch nciht wirklich. ) der laden war gerammelt voll, und alle waren adipös bis fett, stopften sich mit gesottenem, bier und zigaretten voll und viele hatten die physiognomie der tiere, die sie schon ihren lebtag lang gefuttert haben.
nur eine beobachtung, nur eine schublade, und ich habs dann doch nicht geschrieben, weil vielleicht ist der rest bayerns ja gar nicht so ;-)

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@olimdevona: Jan Philip Reemtsma wäre so ein Beispiel, oder der Aga Khan.
@ lu: geh mal in den Watzmann-Klettersteig, da findest Du genug extrem schlanke, extrem drahtig-muskulöse Leute, die zumindest bayerisch reden - wobei ich selbstkritisch sagen muss, dass Don ausgenommen, meine Wahrnehmung des alpinen Menschen (was unterschiedlos Bayern, Österreicher, Schweizer, Südtiroler und Piemontesen bis zur Dauphiné meint) hauptsächlich diese Art Leute betrifft (Motto: "Bazi bist, zum Jack wechseln muaßt nit extra stehenbleibn" - gesprochen im angeseilten Zustand in senkrechter Wand), abgesehen von aufgequollenen Monstern a`la FJS mit angeleintem übergroßen Dackel.

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Das und die positive Bewertung dessen spiegelt sich auch in Begrifflichkeiten wieder, wie:

A Bummerl - ein männlicher Jungstier, also ein kompakter, kraftvoller junger Mann
Guad beanand - Gut beisammen, also nicht zu dürr
a gschtandns Monsbuild - ein gestandenes Mannsbild

"Schiach" dagegen ist ein Begriff, der meist mit dünnen Menschen assoziiert wird.

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@don, che: Da würde mich mal lebhaft interessieren, wie die Herren den Hessen als Solchen einschätzen würden.

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Der Hesse (Ausnahmen wie Andrea oder Zorra nicht eingerechnet) wird rund um den Taunus angebaut und zur Rippschebekämpfung und Bembeldrainage eingesetzt.

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Schön;-)
Ich habe nie einen deutschen Volksstamm erlebt, der wie die Hessen regelrechte Selbstverständnisdebatten führt, Nord-versus Südhessen und so. Hier in Kassel gibt es sogar die Unterscheidung zwischen Kasselanern und Kasselänern. Richtig verstanden habe ich das nie, aber Kasseläner sind wohl Zugezogene, die in Kassel geboren wurden, also zweiter Generation. Als gebürtige Buxtehuderin bin und bleibe ich hingegen Migrantin.

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Diese Debatten führen doch nur die armen* Nordhessen, weil sie von den anderen mehr oder weniger ignoriert werden (wenn nicht gerade Dokumenta ist). Und Buxtehude existiert nur als Kuriosum oder in Konzertprogrammen. ;-)

nix Neues: Der Landgraf von Hessen-Kassel pflegte früher ja seine Landeskinder zwecks Geldbeschaffung als Soldaten zu vermieten.

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Als zugezogener Südhesse
hatte ich es bislang völlig verdrängt, dass es auch Nordhessen gibt. Aber warum sollte es den Hessen da anders gehen als Bindestrich-Bundesländern. Im nördlichsten Nordbaden, wo ich herkomme, musste ich den schwäbischen Eltern meiner Ex auch erst mal verklaren, dass ich mit Badensern überhaupts nichts am Hut habe, sondern mich bitteschön als Kurpfälzer verstehe. Immer wieder ein interssantes Feld, die Heimatkunde...

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Soweit ich weiß ist doch auch Hessen ein Konstrukt aus amerikanischer Besatzungszeit, bestehend aus (Teilen von) Nassau, Kurhessen-Waldeck und einigem anderen plus einem Haufen Flüchtlingen wie überall.

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Badisch-Sibirien
Das nördlichste Baden ist ja auch eine russische Exklave. Beweis: Die Gegend heißt Badisch-Sibirien. Ich kannte mal ein Frau aus dem hessisch-bayerischen Grenzgebiet (Aschaffenburg), die nannte die Gegend dort "Gazastreifen".

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Gazastreifen,
das is ja geil. Kannte ich noch nicht. Dann wär die Neckarspitze bei Mannheim sozusagen die Sinai-Halbinsel - oder Ludwigshafen die West Bank? ;-)

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Genau wie Niedersachsen: Von den Briten aus dem früheren Königreich Hannover, dem früheren Herzogtum Braunschweig sowie Oldenburg, dem bremischen Ostfriesland und dem historisch eher mit Münster und Paderborn verbundenen Osnabrück sowie der Häfte des Fürstentums Schaumburg-Lippe konstruiert. Welfen und Osnabrücker in einem Bundesland, das ist wie Bayern und Berliner. Das rächt sich heute z.B. dadurch, dass der Osnabrücker Christian Wullf eine gezielt braunschweigfeindliche Standortpolitik betreibt, z.B. Schließung traditionsreicher Göttinger Lehrstühle und deren Neugründung in Osnabrück. Die niedersächsische CDU macht gerade erfolgreich Wahlkampf für Jüttner und Gabriel :-)

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Viele Grenzen sind hat auch Glaubensgrenzen. So auch zwischen den prostestantischen oldenburgischen Friesland und den Katholiken im oldenburger Münsterland. Dort schwelt der Konflikt seit 200 Jahren als der Grossherzog von Oldenburg sich die Ämter Vechta und Cloppenburg schnappte und "Oldenburger Münsterland" nannte. Da können die Briten nix dafür.

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Es ist wirklich erstaunlich,
wie langlebig längst abgeschaffte und umgepflügte politisch-regionale Gebilde doch sein können im Bewußtsein (oder Unterbewusstsein) der Bewohner. Von Süden aus betrachtet schien mir Niedersachsen eher als monolithischer Block. Aber vermutlich stößt man überall auf die psychologischen Spätfolgen der Kleinstaaterei, wenn man mal näher rangeht. Die Kurpfalz hat ja schon vor mehr als 200 Jahren aufgehört zu existieren als politische Einheit, und dennoch identifizieren sich viele Bewohner noch damit. Warum sollte das im ehemaligen Kgr. Hannover oder im früheren Großkalifat Göttingen anders sein? Über Bayern und Franken ließe sich sicher auch noch manches anmerken.

@strappato: Die Glaubensgrenzen waren meistens Produkt weltlicher Herrschafts-Strukturen (cuius regio, euis religio)...

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Und wage uns einer als Preußen zu bezeichnen! Gegen Bayern hat Hannover noch 1864 Krieg geführt, als Bayern schon auf Reichskurs war, und die Schlacht von Langensalza ist dem traditionsbewussten Welfen noch immer im Gedächtnis. Ein Freund von mir hisst am Mast seiner Schaluppe sogar die hannöversche und nicht die deutsche Flagge, wenn er auf See und kein Polizeiboot oder Marineschiff in der Nähe ist.

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Ich dachte,
wer gegen Bayern Krieg führte, wäre damit automatisch Preuße (genauer gesagt: a Saupreiss, dreckerter) *wegduck*

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Diese Definition umfasst noch lange nicht die bayerische Vorstellung der preussischen Gesamtpopulation. So ist etwa die Formulierung "Saupreiss, japanischer!" auf dem Münchner Marienplatz durchaus akzeptabel.

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Bayern ist genau genommen von Preissen umgeben: Von preussischen, schlawackischen, hinterfotzigen österreichischen, dreckigen schwäbischen und abbelwoisaufenden hessischen Preissen. Isoliert von unseren Verbündeten, den oberitalienischen Langobarden und den Franzosen, an deren Seite wir noch jede Schlacht verloren haben.

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Dann geht es uns Welfen ganz ähnlich. Wir sind umgeben von preussischen Preußen, von rheinisch-münsterländischen Preußopapisten und von den Hessen sowie den mecklenburgischen Küstennebelpreußen, auch Eisenlebern genannt. Nur im Norden sitzen unsere hanseatischen und friesischen Freunde. Der Hauptfeind aber steht im eigenen Land, sei es der Kapitalist oder der Osnabrücker...

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Dabei hat's in dieser unseren bayrischen Provinz sogar ein eigenes Wort für den ausgezehrten Heroin-Schick sehr junger Mädchen: "Zepfad" werden sie genannt.

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das mit der hannöverschen geschichte hat auch seine ecken und kanten.

aufschlussreich hierzu oppermann, hundert jahre. arno schmidt hat ihn (oppermann) gelobt, und das zu recht.

bio: http://guten berg.spiegel.de/autoren/opperman.htm

hundert jahre: http://guten berg.spiegel.de/opperman/100jahre/100jahre.htm

einfach gut, die hundert jahre. z.b.
sechstes buch, wer göttingen mag, wird es lieben.
achtes buch, ganz anders als karl may

zu hannover: neuntes buch.
man beachte hier die ausführungen zu einem damaligen new-economy projekt, der eisengewinnung und verhüttung des aufgefundenen eisenerz mit torf.

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