4 Monate

Früher gab es eine Zeit, da sollte es möglich sein, in vier Monaten eine Firma so weit aufzubauen, dass sie reif für die erste Finanzierungsrunde war. Mit Geschäftsidee, Website, Team, Technik, Server, URL, Marketing und Produkt.



Das waren keine guten Zeiten, es war zu schnell und oft nicht sauber, und man hätte sich gewunschen, dass einfach ein wenig mehr Zeit da ist, wenn schon all das Engagement nicht ausreicht. Immerhin gab es welche, die sich wirklich reingehängt haben, und wenn es übel kam, auch mal durcharbeiteten. Weil: Irgendwer muss es ja machen. Das harte Arbeiten gab es neben dem harten Feiern auch.

Es gab durchaus so etwas wie von persönlichen Interessen geleitetes Verantwortungsbewusstsein. Man ahnt es vielleicht: Im Abstand von 10 jahren fange ich an, gewisse Erscheinungen jener Epoche im Kontext und damit auch milder zu beurteilen.



Genutzt hat es am Ende kaum jemandem, weil die Grundlagen falsch waren: Die Burn Rate war zu hoch, die Gewinnentwicklung zu langsam,der Business Plan mit falschen Zielvorstellungen versehen, esgab unerwartete Konkurrenz und fehlerhafte Markteinschätzung. Das war nicht ganz unerwartet, man wusste das, und das hat sicher aiuch geholfen, den Druck hoch und die Geschwindigkeit am Limit zu halten. Wenn ich die martialischen Mails heutiger Investoren und Entwickler lese, weiss ich, was dahinter steckt. Das macht der Druck. Vier Monate können eine Ewigkeit sein, so viel Arbeit steckt drin. Und ein Augenblick, so schnell können sie sinnlos sein.

Aber es war unvorstellbar, nach vier Monaten immer noch mit banalen Bugs aus der Anfangszeit zu kämpfen, die allgemein bekannt waren, und die Performance einschränkten. Das konnte man sich damals nicht leisten, wenn man überleben wollte; und vor gut 10 Jahren ging es ausschliesslich darum: Ums Überleben. Für Startups, aber auch für Investoren, Medien und andere Geldgeber, die die Krise auf falschem Fuss erwischt hatte. Es gab auch die Idioten, die vor die Wand fahren wollten: Da ging es in weniger als vier Monaten.



Ich hätte gedacht, dass man aus dieser sicher nicht erfreulichen Zeit der Streichungen etwas lernt. Aber ich sehe gerade einige wieder mit ihren Grossprojekten vor die Wand fahren, mit absoluten Anfängerfehlern bis runter zum Kommandogerät, das ganz toll sein muss und nachher keiner bedienen kann, und teilweise dem inkompetenten Pack am Ruder, das damals auch schon Projekte vergeigt hat. Ich sehe welche, die durchmarschieren, und andere, die nach vier Monaten noch immer nicht mal ansatzweise dort sind, wo sie vor vier Monaten sein wollten.

Bei einem Müncher Verlagshaus wird deshalb gerade kahlgeschlagen. Das mag unerfreulich sein, und die Printler, die sich darüber wieder zurück an die Macht putschen, sind auch nicht schlechter als die Onliner, die jetzt irgendwohin gehen. Das ist die eine Methode. Die andere ist es, Projekte vor die Wand zu fahren und die Leute zu belassen, damit sie das nächste Mal wieder in vier Monaten nicht in der Lage sind, etwas vernünftig umzusetzen. Und alle zusammen haben sie keine Antwort darauf, dass das eine Geschäftsmodell nicht abheben will, und das andere einbricht. Und das wird für die Überlebenden auch in vier Jahren nicht anders sein.

Samstag, 4. Februar 2012, 00:20, von donalphons | |comment

 
Och...
Der Deathmarch ist doch der Normalzustand für viele Softwareprojekte. Der Rest wird normalerweise von irgendwelchen Wasserfällen belegt, die nach 4 Jahren das erreichen was man vor 3,7 Jahren benötigt hätte. Man gewöhnt sich irgendwie daran, solange der Tagessatz stimmt. Wer meint damit als Gründer reich oder nicht bankrott zu werden, sollte etwas anderes rauchen.

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