: : : denn sie wissen nicht was sie tun sollen : : :

Montag, 6. Dezember 2010

Erster Blick ins neue Jahr

Man könnte es eine Art Selbsthilfegruppe nennen. Nicht immer nämlich ist Besitz eine Freude, oft betritt man Räume, in denen man noch nie war und die einem trotzdem irgendwie gehören, und wünscht sich nach dem Rundgang ein Leben zur Miete, irgendwo in einer grossen Stadt, ein Telefon und die Möglichkeit, wegen jeder Kleinigkeit den Vermieter rauszusprengen. Und aus Rache ihm auch mal so ein abgewohntes Loch zu hinterlassen. Nicht immer ist so eine Entwicklung die reine Schuld der Mieter; wir hatten auch einen Fall, bei dem der Mieter sehr schwer krank wurde und starb - mangels Erben blieb es dann an uns hängen, die Wohnung zu räumen. Eine ganze Wagenladung Platten brachte ich damals nach München zu einem Händler.Trotzdem, es gibt so Begehungen nach dem Auszug, die nicht die reine Freude sind. Und dafür braucht man eine Selbsthilfegruppe.



Eine Selbsthilfegruppe, der man die Bilder des neu entdeckten Objekts zuschicken kann. Die anderen Mitglieder haben ein ähnliches Schicksal geerbt und wissen, was es bedeutet. Und kosten wird. Da schaut man schon, was noch erhalten werden kann: Die Türen zum Beispiel. Abschleifen und selbst streichen: 20 Euro und ein halber Tag pro Tür. Es sind 15 Türen. Die Decke ist schlimm und muss isoliert werden, am besten mit einem darüber luegenden Dachgarten. Kostet aber. Mehr als 20 Euro. Dafür sehen die Böden richtig gut aus.



Manche Entdeckung ist auch ganz nett. Betrachtet man etwa diese zauberhafte Lampe, die ich sicher nicht wegwerfen werde, sieht man beispielsweise die Wand im Rücken nicht. Dort geht der Schimmel zwei Meter die Wand hoch. Wie tief er im glatten Fussboden ist - man wird sehen. Aber die Lampe macht Freude. Im Mai 2011 will ich fertig sein. Die Selbsthilfegruppe lacht.



Im Übrigen bin ich durchaus der Meinung, dass Mieter selbst gekaufte Dinge mitnehmen können. Den kleinen Küchenboiler hat meine Grossmutter vor knapp 35 Jahren installiert, die Mieter haben dann beim Einzug kurz darauf ein Waschbecken darunter erworben. Und es jetzt ausgebaut und wieder mitgenommen. Muss man sich mal vorstellen. Immerhin sind die Heizkörper noch da, wo sie sein sollen. Ist man nur lang genug in der Selbsthilfegruppe, ist man froh, wenn es noch Decken und Böden gibt. Manche Mieter bauen auch Türbeschläge aus und nehmen sie mit. Alte Alubeschläge aus den 60er Jahren, auf die man auch verzichten könnte, wäre da nicht der hohe Farbrand, der an der Tür bleibt. Nochmal abschleifen und steichen. Der Lieblingsweg der Selbsthilfegruppe geht vom Objekt zum Heimwerkermarkt und zurück.



Früher (im Sinne von 20. Jahrundert früher, nicht Mittelalterfrüher) war hier hinten die Verwaltung eines Tapetengeschäfts, dessen Besitzer grössenwahnsinnig wurde und seinen - an sich gut eingeführten Betrieb - in den Ruin führte, mit schnellen Autos, Frauen, einem skandalerregenden Pool und zwischenzeitlich auch dem Plan, der Familie den ganzen Komplex abzukaufen. Der hat den Boden machen lassen, damit er auch schwere Büromaschinen aushält, und die Reste seines Geschäfts wurden gar nicht faul von den Nachmietern benutzt, um alles im damaligen Stil zu tapezieren. Da kommt was auf mich zu, mag mir scheinen. Ich bin gespannt auf den Zustand der Mauer dahinter. Aber das Himmelblau von ca. 1910, das würde mir schon gefallen, als Farbe. Die Bilder mit vielen schrecklichen Details, die jeden Tag neu entdeckt werden, gehen an die Selbsthilfegruppe, alle kennen viel schlimmere Dinge und gratulieren zur leichten Aufgabe. Die müssen ja auch nicht im Winter ran.

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Machtverlust

Sehr hellsichtiger Kommentar zur Weltlage nach Wikileaks unter besonderer Berücksichtigung der USA in der New York Times.

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